Der Polarforscher - T.C.Boyle

  • Dhv der Hörverlag
    1 CD, ca. 55 Minuten


    Produktion:
    Rundfunk Berlin-Brandenburg
    Regie: Martin Heindel


    Kurzbeschreibung:
    Was für eine schaurige Expedition! Ein Segelschiff voller Polarforscher macht sich von Brooklyn aus auf zum Nordpol. Doch die "Endeavor" wird von Eisbergen zermalmt, die Proviantvorräte fallen den Hunden zum Opfer, die Besatzung kämpft vergeblich gegen erfrorene Gliedmaßen bei minus 47 Grad. Und wer versteht schon die eigensinnig blutrünstigen Bräuche der neufundländischen Eskimos...


    Über den Autor:
    T. Coraghessan Boyle wurde 1948 in Peekskill, New York im Hudson Valley geboren. Er war Lehrer an der dortigen High-School und publizierte während dieser Zeit seine ersten Kurzgeschichten. Heute lebt er in Kalifornien und unterrichtet an der University of Southern California in Los Angeles Creative Writing. Sein 1987 erschienener Roman "World's End" brachte ihm höchstes Lob der Kritik. Noch im selben Jahr erhielt Boyle den PEN/Faulkner-Preis.


    Über die Sprecher:
    Matthias Matschke, David Nathan, Hans-Peter Hallwachs und Oliver Stritzel


    Matthias Matschke ist Schauspieler und war u.a. in den Filmen Vollidiot, Soloalbum und Sonnenallee zu sehen.


    Hans Peter Hallwachs, Jahrgang 1938, studierte an der Fritz-Kirchhoff-Schauspielschule in Berlin. Von 1963 bis 1967 arbeitete er in Bremen bei Kurt Hübner und spielte Rollen in zahlreichen Inszenierungen von Peter Zadek und unter der Regie von Hans Hollmann die Titelrolle in Peter Weiss' „Hölderlin“. An den Münchner Kammerspielen wirkte er in der Faust-Inszenierung von Dieter Dorn mit. Hans Peter Hallwachs verkörperte die großen Rollen auch bei den Salzburger Festspielen, den Luisenburg-Festspielen und ist in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen zu erleben. Für den Hörverlag war er u. a. in „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ von Peter Høeg und in „Otherland“ von Tad Williams zu hören und liest die Trilogien „Elfen“ und „Elfenritter“ von Bernhard Hennen.


    David Nathan (* 16. März 1971 in Berlin) ist Synchronsprecher, Synchronautor, Dialogregisseur, Hörspielsprecher und Rezitator. Seine Stimme ist bekannt durch die Synchronisation von Johnny Depp und Christian Bale, auch Val Kilmer und Leonardo DiCapiro hat er schon seine Stimme geliehen. Er gehört zu den gefragtesten und vielbeschäftigsten Sprechern Deutschlands.


    Oliver Stritzel hat schon in Das Boot mitgespielt, aber auch in Tatort und in dem Film Der geköpfte Hahn.


    Meine Meinung:
    Es sind T.C.Boyles kraftvolle Sprache und der lineare Handlungsverlauf, die diese Kurzgeschichte um eine Polarexpedition so geeignet machen für eine Hörspielbearbeitung.
    Die Kurzgeschichte ist schon 1979 geschrieben, aber doch aufgrund der gewählten Zeit ohne jede Einschränkung zeitgenössisch.
    Es gibt zwei Handlungsebenen. Einmal die der Polarexpedition, also der Mannschaft der Endeavor, geführt von Captain John Pennington Frank (grandios gesprochen von David Nathan!) und dann die Welt der Eskimos, bei denen der Jäger Kresuk im Mittelpunkt steht.


    Diese beiden Welten sind Gegensätze, die sich zwar berühren, aber nie zusammenfinden.
    Ein geistig behindertes Eskimokind wird ausgesetzt, vom Captain aber gefunden und aufgenommen, doch dessen Überleben kann er auch nicht gewährleisten.
    Wenn es anfangs noch gelingt, die Eskimos mit wertlosen Perlenketten und Knöpfen deren Lebensmittel abzukaufen, wird das später schwieriger. Und teurer!


    Nachdem die Endeavor im Packeis gefangen ist, geht es mit der Mannschaft Schritt für Schritt einem kalten Tod entgegen. Frostbeulen, Skorput und Hunger sowie Langeweile zwingen die Mannschaft in die Knie. Nur der Captain hält lange durch, seine Logbucheintragungen durchziehen das Hörspiel.
    Musik- und Soundeffekte unterlegen die Abschnitte. Dabei sind sie je nach Lager der Mannschaft oder der Eskimos sehr unterschiedlich.


    T.C. Boyle hat eine beeindruckende Sprache. Trotz der Kälte des Schauplatzes wirkt sein Text nie kühl oder trocken. Einzelne Sätze möchte man am liebsten gleich noch einmal hören. Aufgrund der Komplexität seiner Sätze, sprechen die Erzähler teilweise übertrieben betont und überdeutlich, aber das kann der überzeugenden Story nicht schaden.

  • Ich habe dieses Hörspiel am Wochenende gehört und bin ganz angetan.


    Die Atmosphäre ist wirklich gut, die arktische Kälte wird wirklich spürbar. Dazu trägt sicherlich neben der eindrucksvollen Sprache auch die Musik bzw die Klangeffekte bei.
    Mit knapp einer Stunde ist das Hörspiel aber relativ kurz. Die Geschichte endet offen und m.E. auch recht abrupt.


    Insgesamt durchaus empfehlenswert.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Meine Meinung: Ich war nicht ganz so angetan von dieser Hörspielbearbeitung. Als Fan von Boyle und besonders von seiner "Wassermusik" messe ich jedes seiner Werke daran und diese Kurzgeschichte kann da nicht mithalten - ihr fehlt einfach der Humor, die Dichte, die man von diesem Autor so gewohnt ist, und das Ganze wirkte als Hörspiel auf mich wie eine dieser langweiligen Deutschlandfunk-Bearbeitungen. Die Sprecher leben die Geschichte nicht, sie lesen ihre Dialoge und Monologe auch nicht - sie rezitieren sie. Die Art und Weise, wie sie überdeutlich sprechen, dazu die "bedeutungsvollen Pausen", nimmt das wenige an Interessantem und lässt sich angestrengt anhören.


    Die Geräuscheffekte, die zur Untermalung dienen, sind teilweise ebenfalls sehr nervig, z.B. wenn über lange Zeit ein dumpfer Pfeifton den arktischen Wind simulieren soll und die ohnehin schon trockenen Dialoge nervend wie ein Tinnitus stört. Besonders unangenehm waren auch noch einige andere Geräuscheffekte, die mich, da ich die CD beim Autofahren hörte, an ein Motorproblem denken ließen.
    Die Handlung selbst wirkt ein wenig unfertig, Anfang und Ende zu plötzlich und der Sinn des Ganzen erschließt sich mir leider nicht.


    Mein Fazit: Ich war von der Geschichte enttäuscht, hätte durch Lesen ganz sicher mehr Zugang zu Boyles Sprache bekommen, und fand die Hörspieleffekte nicht besonders gelungen.
    5 von 10 Pünktchen...