Odette Toulemonde

  • Am vergangenen Freitag wollte ich mal die Video-Ausleihfunktion von iTunes ausprobieren. Leider hat das ganze zweieinhalb Pferdefüße. Erstens dauert der Download eines Films (knapp zwei Gigabyte) je nach Bandbreite schon mal ein paar Stündchen (bei uns: fünfzig Minuten), während derer man den Film noch nicht ansehen kann (!), zweitens ist die Auswahl zumindest bei iTunes noch etwas mager und drittens (zweieinhalbtens) hat der interne Player (bei iTunes 9.1) offenbar noch ein paar Probleme. Jedenfalls hielt die Wiedergabe auf einem durchaus solide ausgestatteten Rechner immer mal wieder an, für einige Sekunden, ohne erkennbaren Rhythmus. Oder Szenen wurden übersprungen. Technisch ist es so, dass Filme im Verleih um die drei Euro kosten, dann hat man 28 Tage Zeit, um sie sich anzusehen, aber sobald die erste Wiedergabe gestartet ist, muss man den Film innerhalb von 48 Stunden zuendegucken. Das kann man in dieser Zeit aber auch mehrfach tun.


    Jedenfalls entschieden wir uns nach der Beschreibung und dem Trailer für "Odette Toulemonde", eine französische Produktion aus dem Jahr 2007, von der ich bis dato nichts gehört hatte - in Frankreich wurde er immerhin von fast einer Million Menschen gesehen. Der Film ist das Regiedebüt von Éric-Emmanuel Schmitt, der u.a. "Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran" geschrieben hat. Das Drehbuch und die Vorlage zu "Odette Toulemonde" stammen auch von ihm.


    Der Film wird damit beworben, dass er "Die fabelhafte Welt der Amelie" ähneln würde. Das scheint mir bei französischen Filmen aber inzwischen Standard zu sein, wie auch jeder Fantasy-Roman mit "Der Herr der Ringe" verglichen wird. So viel vorweg: Der Vergleich ist Unsinn.


    Wir haben diesen Film ausgesucht, weil es u.a. um Bücher und Schriftstellerei geht. Die Hauptfigur Odette ist Verkäuferin in einem Kaufhaus, und wie alle Verkäuferinnen dort arbeitet sie in der völlig falschen Abteilung. Odette ist Büchernärrin, aber sie schminkt sich nie. Folgerichtig arbeitet sie in der Kosmetikabteilung. Odette (Catherine Frot) ist eine auf etwas bäurische Art gutaussehende Mittvierzigerin. Sie lebt mit ihrer etwas zerrupften Tochter, deren Asi-Freund und ihrem schwulen Sohn, der gleichzeitig ihr Friseur ist, in einer mit Krimskrams vollgestopften Dreizimmerwohnung im hässlichen belgischen Charleroi. Abends, vor dem Schlafengehen, liest sie aus den Büchern von Balthazar Balsan, die und den sie vergöttert. Danach schaut sie noch ein bisschen auf die Fototapete, die einen Sonnenuntergang in der Karibik zeigt, vor dem die konturen eines nackten Pärchens zu sehen sind.


    Dann erscheint der neue Roman von Bestsellerautor Balthazar Balsan (Albert Dupontel). Odette fährt nach Brüssel, um sich ihr Exemplar signieren zu lassen, und sie hat sich viel zurechtgelegt, das sie dem Erfolgsautor unbedingt sagen möchte. Als es so weit ist, bekommt sie nicht einmal ihren Namen heraus (sie sagt stattdessen: Dette), aber Balsan hat sowieso nur Augen für seine neue, hübsche Pressesprecherin. Mit der vögelt er am gleichen Abend, während im Fernsehen die bekannte und reichweitenstarke Literatursendung mit seinem Erzfeind läuft, der Balsans neuestes Werk verreißt und nicht nur metaphorisch in die Mülltonne wirft. Als Balsan von der Lesereise nach Hause kommt, muss er feststellen, dass seine Frau ihn ausgerechnet mit diesem Widersacher betrügt. Der eigene Sohn verleugnet ihn, um nicht von den Schulkameraden verprügelt zu werden. Der kritikempfindliche Balsan versucht, sich das Leben zu nehmen, wird aber gerettet. Etwas später findet er Odettes Brief in der Jackentasche, den sie ihm bei einem zweiten Treffen übergeben hat. Kurzerhand fährt er zu ihr, um sich bei ihr einzuquartieren und über das eigene Leben nachzudenken. Denn Odette ist offenbar die einzige Person, die erstens weiß, was Glück ist, und zweitens Balsan ehrlich liebt.


    Der Film ist ganz schön kitischig und quietschbunt. Es gibt auch einige phantastische Elemente - Odette trifft immer wieder Jesus, außerdem hebt sie hin und wieder ab, im wörtlichen Sinn, wenn sie glücklich ist. Das wirkt manchmal ziemlich überzogen und fast ein bisschen peinlich, und auch die Story des Streifens funktioniert gen Ende nicht mehr so richtig. Aber insgesamt ist das ein sehr fröhlicher, lustiger und lebensbejahender, schön besetzter Film, der eine Lanze für die Unterhaltung zu brechen versucht, für das, was Bücher mit Menschen machen - und für die einfachen Dinge im Leben. Für einen bibliophilen Filmabend zu zweit (m/w) genau richtig, aber man muss schon eine Antenne für Kitsch, Josephine Bakers Musik, leisen Humor und nicht ganz stimmige Plots haben.

  • Text auf DVD
    Odette Toulemonde macht das Beste aus Ihrem Allerwelts-Leben: Stets gut gelaunt und wie aus dem Ei gepellt, wirkt sie rundum zufrieden. Tagsüber steht sie sich zwar in der Kosmetkabteilung eines Kaufhauses die Beine in den Bauch und in ihrer kleinen Mietwohnung drängeln sich ihr liebenswerter schwuler Sohn, ihre picklige, arbeitslose Tochter und deren ordinärer Freund. Aber es gibt etwas Größeres und Berührendes in ihrem Leben: die Romane des Schriftstellers Balthazar Balsa.........

    Fast wie ein Märchen, ein schöner Film für Weihnachten.K.Sarnes

  • Ich fand den Film überhaupt nicht kitschig, mich hat er angerührt. Nach dem Film habe ich das Buch gelesen und war nochmals zutiefst gerührt. Aber ich liebe auch französische Rührseligkeit und überhaupt!