Wo fahren wir hin, Papa? - Jean-Louis Fournier

  • Klappentext / Kurzbeschreibung des Buches:
    Wie gerne hätte der Vater seinen Söhnen ›Tim und Struppi‹ geschenkt – aber leider können Sie nicht lesen. Wie gerne wäre er mit ihnen auf Berge gestiegen, hätte mit ihnen Musik gemacht, hätte mit ihnen Volleyball gespielt – aber leider können sie immer nur mit Holzklötzchen spielen. Thomas und Mathieu sind behindert und waren nie das, was sich der Vater gewünscht hätte: normale Kinder.
    Pointiert und mutig schildert Fournier das Leben mit seinen zwei Söhnen, die zu lieben nicht leicht war. Für die beiden wäre eine Engelsgeduld nötig gewesen, doch Fournier, so bekennt er offen, war kein Engel. Jean-Louis Fournier erzählt von einem Vater, der sich andere Söhne gewünscht hätte – und diese Erfahrung können sicher viele mit ihm teilen – mit einem Witz, der verstörend und sehr berührend ist, und mit einer Aufrichtigkeit, die großen Respekt verdient.


    Angaben über den Autor:
    Jean-Louis Fournier, 1938 in Arras geboren, ist Schriftsteller und Humorist und arbeitet zudem als Regisseur für das Fernsehen. Er hat eine Vielzahl von Büchern veröffentlicht. ›Wo fahren wir hin, Papa?‹ wurde in Frankreich zu einem großen Besteller und 2008 mit dem renommierten Prix Femina ausgezeichnet.


    Eigene Meinung:


    Durch eine Leseprobe entsprechend erwartungsvoll habe ich schon gestern das Buch beendet und kann nur sagen, dass meine Erwartungen nicht enttäuscht wurden.


    Jean-Louis Fournier verleiht seinen Gedanken in kurzen, knappen Sätzen Ausdruck, so dass ich kaum merkte, wie die Zeit verging. Beeindruckend ist, mit welcher Präzision er schreibt, wie treffend er in wenigen Worten das Verhalten der Menschen analysiert. Gerade durch diesen Schreibstil hat das Buch mich zutiefst berührt. Dazu beigetragen haben auch die kurzen, episodenartigen Abschnitte, aus denen das Buch besteht. Störten mich diese anfangs noch, desto mehr brauchte ich sie, je länger ich las. Ich brauchte sie, um innezuhalten, um das Gelesene zu verdauen, um zu reflektieren und nachzudenken. Wer jetzt denken mag, dass 12,90 € für 155 spärlich bedruckte Seiten etwas viel sei, den möchte ich beruhigen. Ich persönlich habe nämlich für das Buch entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten erstaunlich lange gebraucht, gerade wegen der Pausen, und auch jetzt, nach Beendigung der Lektüre, beschäftigt mich die Erzählung noch und wird dies sicherlich auch noch eine Weile tun.


    Das Buch macht wütend, traurig, nachdenklich, aber es gibt auch Hoffnung und kann einem zum Schmunzeln bringen, nicht zuletzt auf Grund des ironischen Untertons.


    "Wo fahren wir hin, Papa?" schockiert letzendlich auch, weil es uns einen Spiegel vor Augen hält, uns unsere Schwächen und Stärken aufzeigt und das schonungslos und ehrlich. Vielleicht hat gerade das mich immer wieder für einen kurzen Augenblick unterbrechen lassen, denn vieles musste ich wegen dem hohen Wahrheitsgehalt erstmal verdauen. Ein Satz, der meines Erachtens nach schon viel über das Buch aussagt, ist dieser: " Er (Mathieu) sieht nie fern, ist auch nicht nötig, er hat's auch so zum geistig Behinderten gebracht." (S.22).


    Was mich jedoch etwas gestört hat, ist, dass das Versprechen, mit einem Lächeln über seine zwei behinderten Söhne zu sprechen, nur teilweise gehalten wurde. Denn oftmals beklagte der Autor bloß seine Situation, Pessimismus kam nicht zu kurz, der zynische Wunsch, dass seine beiden Söhne sterben mögen, leider auch nicht. Trotzdem hat es mich im Gesamtwerk beeindruckt, denn genauso wie Verbitterung merkt man ihm auch die Zuneigung zu seinen Söhnen an!


    Gerade weil es mich ein Stück weit verändert hat, kann ich nur die volle Punktzahl vergeben! Chapeau, Jean-Louis Fournier !

  • Jean-Louis Fourniers "Wo fahren wir hin, Papa?" beschreibt die Gedanken und Gefühle eines Vaters, der gleich zwei behinderte Kinder hat. In kurzen Abschnitten erfahren wir, wie schwer es sein muss, mit diesem Schicksal zu leben, aber auch, dass eine gute Portion Galgenhumor die Situation für den betroffenen Vater so manches Mal einfacher macht. Immer wieder vergleicht er Seine Kinder mit "normalen" Kindern, wobei seine Beiden gar nicht mal so schlecht wegkommen. Immerhin werden sie niemals in der Lage sein, sich scheiden zu lassen oder mit Drogen zu dealen.


    Für mich war es teilweise schwierig, mich auf den Humor einzulassen. So wird es wohl fast jedem gehen, der kein behindertes Kind hat. Man ist irgendwie befangen, neigt dazu, Mitleid zu empfinden. Man hält es für unpassend, Witze "auf Kosten behinderter Kinder zu machen". Aber man sollte sich auch fragen, ob es nicht für einen selber auch die einzige Möglichkeit wäre, mit diesem schweren Schicksal (Ist es das wirklich, ein so schweres Schicksal?) umzugehen.


    Das Buch ist schnell gelesen, aber nichts, um mal eben abzuschalten. Ganz im Gegenteil! Es ist viel eher harter Tobak, der den Kopf anschaltet und zum Nachdenken anregt.

  • Habe es gestern in einem Rutsch und schnell durchgelesen.


    Auch ich war zwischendurch sehr unsicher was den Humor angeht, aber es war gut, denn es war ehrlich.
    Fournier ist 1938 geboren, muss man auch die Zeit bedenken, in welcher Zeit seine Kinder aufgewachsen sind. Erst in den letzten Jahren versucht man auch ENtlastungen für Eltern geistig behinderter Kinder zu schaffen und auch die behinderten Menschen zu fördern---


    Allerdings fand ich den Preis für 2 Stunden Lesespaß etwas hoch. Hätte ich dies gewusst hätte ich es lieber als WB oder Bücherreibuch gehabt.


  • Ich habe eine Leseprobe gelesen und war schockiert....das ist nicht unbedingt negativ gemeint, eher in dem Sinne von "aufrüttelnd".
    Und genau so soll das Buch ja vermutlich sein....ich glaube, dass man sich über diese Situation keine Vorstellung machen kann, bis man selbst mitten drin steckt.


    Und gerade weil die Leseprobe so gut war, werd ich mir auch das Buch kaufen =)

  • Meine Rezension:


    Bei einer Schwangerschaft denken sicher die wenigsten Eltern daran, dass das eigene Kind auch behindert zur Welt kommen könnte. Soetwas passiert schließlich immer nur den anderen. Doch genau diese "anderen" dachten vermutlich einmal ganz ähnlich.


    Das ist es auch, was Jean-Louis Fournier, dem Autor von "Wo fahren wir hin, Papa?", passiert ist. Nur "traf" es ihn und seine Frau gleich zwei mal. Ihre ersten beiden Söhne sowohl geistig als auch körperlich behindert.


    In seinem Buch beschreibt er den Schock darüber, dass die eigenen Kinder nicht gesund sind und niemals ein selbstständiges Leben führen werden. Dies tut er mit einem wirklich bösen schwarzen Humor. Er öffnet damit dem Leser die Augen, denn häufig verhält sich jeder von uns - oft auch unbewusst - unangebracht gegenüber behinderten Mitmenschen.


    Jean-Louis Fournier nimmt sich und seine ganze Familie auf die Schippe, und gerade seine extreme Ehrlichkeit hat mich so überzeugt. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, spricht aus, was andere kaum zu denken wagen, und doch merkt man, dass er seine Kinder über alles liebt. Vermutlich ist es genau sein Humor, der ihn über die Traurigkeit darüber, dass seine zwei Söhne krank sind und einer sogar ziemlich früh verstirbt, hinwegträgt.


    Wie soll man es ertragen, dass die eigenen Söhne niemals werden lesen können, niemals zur Schule gehen werden, niemals selbstständig werden leben können...? Sich jetzt aber im Selbstmitleid zu vergraben und seine kompletten Gedanken auf die Krankheit der Kinder zu konzentrieren, das kann einen Menschen auf Dauer nur kaputt machen.


    So ist Fourniers Prinzip, alles mit Humor zu nehmen und sei er auch noch so rabenschwarz, eine gute Möglichkeit - zumindest für ihn.


    Mathieu und Thomas, Jean-Louis Fourniers Söhne, können stolz auf ihren starken Vater, aber auch auf sich selbst sein. Trotz ihrer Behinderung geben sie ihren Eltern so viel Liebe, dass sie all die Schwierigkeiten in ihrem Leben mehr als nur aufwiegt. Und obwohl die Wortwahl des Autors zunächst schockiert, merkt man zunehmend, wie viel Liebe aus seinen Worten spricht.


    Durch die extrem kurzen Kapitel, wird der ganz besondere Sog der Geschichte noch verstärkt. Außerdem trifft der Wortwitz den Leser wirklich tief - manchmal unerbittlich tief. Oft ist es nämlich so, dass man liest, weiterliest, ein paar Sekunden überlegt und plötzlich erreicht der Witz das Gehirn mit voller Wucht. Er muss sich nur erst entwickeln.


    "Wo fahren wir hin, Papa?" ist ein herrlich ironisches Buch voll Wortgewalt.

  • Ich habe gestern auf der Arbeit kurz in das Leseexemplar geschaut und mich entschieden, es jetzt statt Schätzing zu lesen. Der ist eh so dick, da hab ich ja noch länger was von... :grin

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ich bin gerade durch und kann die positiven Meinungen leider überhaupt nicht teilen. Bei Vorablesen sind inzwischen einige negative Kritiken aufgetaucht, mit denen ich mehr übereinstimme. Aber insgesamt komme ich einfach nicht klar damit, dass der Autor das Buch überhaupt und dann so geschrieben hat. Meine Rezi:


    Mir viel zu intim


    Jean-Louis Fournier schreibt einen offenen Brief an seine beiden schwerbehinderten Söhne, von denen einer bereits verstorben ist, und lässt den Leser auf diese Weise Anteil nehmen an den Schwierigkeiten, die Autor mit der Entwicklung seines Lebens hat und der Trauer über seine Söhne, zu denen er nie den rechten Zugang gefunden hat.


    Um es vorwegzunehmen: Mich hat dieses Buch sehr berührt, wie schon lange keines mehr - das allerdings nicht unbedingt positiv. Ich fühlte mich von Anfang an deplatziert darin. Der Autor hat schwere Probleme und versucht diese in einer Art Selbstironie, die er allerdings auf seine behinderten Kinder erweitert, zu lösen. Ich kam weder mit der Art dieser Verarbeitung klar, noch konnte ich irgendeine Sympathie für den Autor aufbauen. Ich hatte Mitleid von der ersten bis zur letzten Seite mit diesem gebrochenen Mann und empfand es selten bereichernd, Teil seiner defekten Welt zu werden. Meiner Meinung nach war es oft nicht in Ordnung, wie er über seine Söhne gesprochen hat. Einen Großteil der beschriebenen Details fand ich außerdem viel zu intim, als dass die Welt sie lesen sollte. Behindert oder nicht – ich wäre entsetzt, wenn mein Vater derart über seine Gefühle zu mir ein Buch schreiben würde, zumal die Einwilligung der Söhne dazu wohl nicht vorliegt.


    Wie gesagt, die Details waren traurig, Humor konnte ich persönlich fast nie empfinden, aber viel Verzweiflung, Zerrissenheit, Trauer, Enttäuschung, die der Autor statt auf sich selbst, auf seine Kinder schiebt. Ob das Buch jetzt gut ist oder nicht, soll jeder für sich entscheiden. Ich mag nicht darüber werten. Vielleicht hat es dem Autor geholfen, es geschrieben zu haben – ich hoffe es sehr für ihn.

  • Aufreger Literatur. Immerhin. Jean Louis Fournier schreibt über das Leben mit seinen beiden behinderten Kindern. So einfach kann man den Roman inhaltlich zusammenfassen. Was zu Anfang noch recht warmherzig klingt, in angenehm reduzierter Sprache rübergebracht wird, entwickelt sich schnell zu einem vor selbstmitleidtriefenden Anklageschrift, die sich vor allem gegen die Existenz seiner Kinder richtet. Das wird wohl auch von vielen Lesern, als der eigentliche Skandal begriffen und alle kaufen fröhlich.



    Ich kann das Buch aus zweierlei Gründen nicht empfehlen. Zum Einen gehen mir nach kürzester Zeit diese Abhackkapitel auf die Nerven, die nie länger als eine Seite sind, die geschickt auf zwei Seiten aufgegliedert werden, um den Roman aufzublasen. Zur Erklärung das Buch ist lediglich 155 Seiten lang, wenn man die vielen Leerstellen mitzählt handelt es sich um nicht mehr als Hundert Seiten Literatur. Der zweite Aspekt, der viel tiefgreifender ist: Mir ist selten ein Buch in die Quere gekommen, bei dem ich mehr Ekel vor dem Ich-Erzähler gefühlt habe. Es trieft nur so von hedonistischem Selbstmitleid und selbstherrlicher Arroganz. Durch die Behinderungen seiner Kinder hat Fourniers Selbstbild offensichtlich ernsthaft Schaden genommen. Jammerlappen Literatur vom Schlimmsten! Er wünscht sich förmlich den Tod der Kinder herbei, weil sie nicht in seine Norm passen, weil sie Arbeit machen. Geld kosten, nicht vorzeigbar sind. Seinen Status nicht erhöhen, sogar ankratzen. Schliesslich arbeitet Fournier beim Fernsehen, wie er mehrfach betont, um sich ins rechte Licht zu setzen. Das Buch hat Null Humor. Selbst die eigentlich Hundert Buchseiten fand ich zu viel für diese Art der Vergangenheitsbewältigung, in der vor allem die Schwächsten die Schuld tragen. Fournier, der noch ein drittes Kind gezeugt hat, obwohl die Risikofaktoren ihm da ja nun hinlänglich bekannt waren ist der Types eines modernen Menschen gelungen, dem jede ausserberufliche Anstrengung zu viel ist. Bei dem nur der Schein zählt. Ein selbstverliebter Zyniker, der jeden lieber Tod wissen möchte, der seinem Blick nicht Stand hält. Nichts für mich.

  • Also vor Selbstmitleid triefend habe ich den Autor nicht empfunden.
    Er war ehrlich. Vielleicht ist manchen nicht klar, wie es ist mit einem schwer behinderten Kind durch die Gegend zu laufen - und dann noch mit zwei... Klar kratzt das am Selbstbewusstsein. Jeder schaut einen an, "du kannst also keine gesunden Kinder auf die Welt bekommen..." Das ist die Realität. Der Mensch definiert sich über die Kinder und wird auch darüber definiert. Heutzutage immer mehr. UND GERADE weil Fournier in der Medienwlt gearbeitet hat ist es für ihn noch schwerer. Wie sollen denn zwei sabbernden Jungs in die Glamourwelt passen?
    Dennoch merkt man die Liebe zu seinen Kindern, er kümmert sich um sie, bedacht sie fast zärtlich.


    Wie du das mit seinem dritten Kind Marie meinst weiß ich nicht. Findest du er hätte keins mehr bekommen dürfen?


    Alllerdings hatte ich ja oben schon geschrieben, dass ich es auch zu aufgebläht fand. Es war mir auch zu abgehackt.

  • Zitat

    Original von Luc
    Selbst die eigentlich Hundert Buchseiten fand ich zu viel für diese Art der Vergangenheitsbewältigung, in der vor allem die Schwächsten die Schuld tragen. Fournier, der noch ein drittes Kind gezeugt hat, obwohl die Risikofaktoren ihm da ja nun hinlänglich bekannt waren ist der Types eines modernen Menschen gelungen, dem jede ausserberufliche Anstrengung zu viel ist. Bei dem nur der Schein zählt. Ein selbstverliebter Zyniker, der jeden lieber Tod wissen möchte, der seinem Blick nicht Stand hält. Nichts für mich.



    Das verstehe ich auch nicht! Wo steht denn, dass es ihm ausserberuflich zu viel war? Es ist ganz normal dass man manchmal nicht kann. Ich erwähne nochmal, dass man selbst heute kaum Hilfe im Alltag bekommt und dieser Alltag laugt einen aus. Wenn manche schon von einem "normalen" Baby gestresst ist, ein behindertes Kind fordert um vieles mehr. Die Kinder von Fournier konnten nichts allein. Warum hätte er so tun sollen, als sei es nicht so? Es würde betroffenen Eltern vielleicht helfen, wenn die auch mal sagen dürften, dass ihnen manchmal alles zuviel wird, ohne dann als "lieblos" abgekanzelt zu werden.

  • Zitat

    Original von Luc
    Aufreger Literatur. Immerhin. Jean Louis Fournier schreibt über das Leben mit seinen beiden behinderten Kindern. So einfach kann man den Roman inhaltlich zusammenfassen. Was zu Anfang noch recht warmherzig klingt, in angenehm reduzierter Sprache rübergebracht wird, entwickelt sich schnell zu einem vor selbstmitleidtriefenden Anklageschrift, die sich vor allem gegen die Existenz seiner Kinder richtet. Das wird wohl auch von vielen Lesern, als der eigentliche Skandal begriffen und alle kaufen fröhlich.



    Ich kann das Buch aus zweierlei Gründen nicht empfehlen. Zum Einen gehen mir nach kürzester Zeit diese Abhackkapitel auf die Nerven, die nie länger als eine Seite sind, die geschickt auf zwei Seiten aufgegliedert werden, um den Roman aufzublasen. Zur Erklärung das Buch ist lediglich 155 Seiten lang, wenn man die vielen Leerstellen mitzählt handelt es sich um nicht mehr als Hundert Seiten Literatur. Der zweite Aspekt, der viel tiefgreifender ist: Mir ist selten ein Buch in die Quere gekommen, bei dem ich mehr Ekel vor dem Ich-Erzähler gefühlt habe. Es trieft nur so von hedonistischem Selbstmitleid und selbstherrlicher Arroganz. Durch die Behinderungen seiner Kinder hat Fourniers Selbstbild offensichtlich ernsthaft Schaden genommen. Jammerlappen Literatur vom Schlimmsten! Er wünscht sich förmlich den Tod der Kinder herbei, weil sie nicht in seine Norm passen, weil sie Arbeit machen. Geld kosten, nicht vorzeigbar sind. Seinen Status nicht erhöhen, sogar ankratzen. Schliesslich arbeitet Fournier beim Fernsehen, wie er mehrfach betont, um sich ins rechte Licht zu setzen. Das Buch hat Null Humor. Selbst die eigentlich Hundert Buchseiten fand ich zu viel für diese Art der Vergangenheitsbewältigung, in der vor allem die Schwächsten die Schuld tragen. Fournier, der noch ein drittes Kind gezeugt hat, obwohl die Risikofaktoren ihm da ja nun hinlänglich bekannt waren ist der Types eines modernen Menschen gelungen, dem jede ausserberufliche Anstrengung zu viel ist. Bei dem nur der Schein zählt. Ein selbstverliebter Zyniker, der jeden lieber Tod wissen möchte, der seinem Blick nicht Stand hält. Nichts für mich.


    Ich habe damals die Leseprobe bei vorablesen auch gelesen und ich war wirklich negativ schockiert über die Geschichte oder besser gesagt über den Autor. Seine sehr negative und ich bezogenen Gedanken über seine Kinder, die ihm eher ein Klotz an den Beinen ist bzw war.
    Natürlich wünscht sich jeder gesunde Kinder, wenn man nun ein behindertes Kind bekommt braucht dieses mehr Liebe und Verständnis als ein gesundes Kind. Und das bringt der Autor leider gar nicht auf.
    Mir haben, nach dem ich die Leseprobe gelesen habe, sehr die Kinder leid getan und ich hoffe das wenigstens die Mutter ihnen mit mehr Liebe und Respekt begegnet.
    Wenn die Väter solcher besonderen Kindern schon eine solch negative und selbstbemitleidende Meinung haben, wundert es nicht sehr das so manch einer Menschen mit Behinderung nicht in der Gesellschaft aktzeptiert.

  • Aber man wird doch nur, wenn man plötzlich ein behindertes Kind bekommt kein besserer Mensch? Es ist ein Unterschied, sein Kind zu lieben, das werden auch die meisten Eltern behinderter Kinder tun, oder das Schicksal nicht zu verfluchen. Jeder will einen Sonnenschein und nicht jeder hat die Kraft dies auch in seinem kranken Kind zu sehen.


    Man ist müde, ausgelaugt, voller Verzweiflung und voller Zukunftsangst. Meist belastet ein krankes Kind auch noch mehr finanziell - wie soll man bei all dem noch positiv durch die Zukunft gehen?? Nein, wenn man mal die Wahrheit sagt, dann wird man so dargestellt als würde man seine Kinder hassen.



    Ich selbst habe zum Glück kein krankes Kind, aber viel mit Eltern zu tun, die ihr Leben GERNE für ihre Kinder aufopfern, aber manchmal einfach am Ende sind und gerade an der Gesellschafft kapitulieren!

  • Der Autor ist meiner Meinung nach einfach fertigt mit sich und seinem Leben. Sicherlich kann ich den Schock nachvollziehen, zwei schwerbehinderte Kinder zu bekommen. Was mich eben absolut stört ist, dass er die beiden Söhne für alles Schlechte in seinem Leben verantwortlich macht, und zwar für alles! Und das dann auch noch in Form einer öffentlichen Anklageschrift, gegen die die Betroffenen nicht einmal Einspruch erheben können. Das ist meiner Meinung nach keine Art.


    Ich hatte wirklich auf einen humorvoll, meinetwegen auch satirischen, selbstironischen Ton gehofft, aber was Fournier hier abegliefert hat ist einfach über das Ziel hinausgeschossen, wie ich finde.


    Wen es interessiert, bei Vorablesen.de sind meiner Meinung nach einige sehr gelungene kritische Rezensionen abgegeben worden. Besonders spannend war es für mich, eine Rezension zu lesen, die von einem körperlich behinderten User geschrieben wurde - relativ weit am Anfang und sehr lang im Text.

  • Da haben wir es einfach anders wahrgenommen. Klar, ich war auch schockiert zwischendurch, aber wo hat er sie denn für das Schlechte im Leben verantwortlich gemacht?


    Ich hatte gar nicht den Eindruck, dass er soviel über sein anderes Leben redet... Meinst du, weil viele seiner Freunde sich abgewendet hätten? Wenn ja, kann ich nur sagen: Ist leider so.



    Vielleicht sollte ich es nochmal lesen, vielleicht habe ich diese Aspekte überlesen.

  • Mir fiel irgendwann immer wieder auf, dass er schrieb: "Wenn ich gesunde Söhne gehabt hätte, dann..." Schade, ich habe das Buch nicht da, sonst könnten ich besser zitierten (hole ich nach). Bei mir kam es eben so an, dass er nur wegen seiner Söhne eine gescheiterte Ehe hatte, von den Leuten schief angeschaut wird, keinen Spaß am Leben hat, nicht glücklich sein kann, und ja, da war doch auch was mit den Menschen um ihn herum, da hast Du recht.


    Nach dem Lesen des Buches kann ich mir allerdings gut vorstellen, dass der Autor, wenn er im Alltag auch so heftig drauf ist und auf eine solche Art mit seinen Mitmenschen spricht, ihn so mancher Zeitgenosse auch einfach deshalb links liegen lässt... Ich meine so nach dem Motto "Wie man in den Wald hineinruft..." Verstehst Du, was ich meine? :gruebel

  • Ja, auf jeden Fall verstehe ich dich. Ich habe es einfach anders empfunden und denke auch, dass sich das Leben komplett ändert und somit auch das Umfeld und ich denke eben nicht, dass die Betroffenen selbst Schuld sind. (Manche natürlich schon...)


    Viele Ehen zerbrechen an einer solchen Situation, nicht nur wenn das Kind behindert ist, sondern auch wenn es schwer erkrankt.
    Sehr oft kann das Umfeld nicht mit der Dauerbelastung umgehen und wendet sich ab.
    Man wird mit einem behinderten Kind sehr oft angeschaut - das ist Fakt.



    Das heißt aber nicht, dass Fournier nicht vielleicht doch zu weit gegangen ist, wie du es eben geschrieben hast. Dafür war das Buch nicht tief genug, als das ich das bewerten könnte. Ich habe es eben nur anders empfunden :-)

  • Ja, ich bin ganz Deiner Meinung was die Probleme angeht, die Du beschreibst. Mir haben einige Sätze im Buch nur einfach richtig weh getan, die Art, wie er seine Kinder bezeichnet. Ich habe die ganze Zeit wenigstens auf eine Stelle gewartet, an der er auch mal was nettes über sie schreibt... Aber anscheinend kann man die Dinge wirklich unterschiedlich auffassen, wie man an uns sieht ;-)

  • Habe eben auf Amazon mal die Rezensionen gelesen und die schwanken genau wie hier :-]



    Achja, er hat doch auch liebe Worte für sie, oder? "Goldene Engelchen" und so.
    Ausserdem gehte es ja nicht um seine Kinder, sondern um ihn!



    Auf jeden Fall sind wir uns einig: Das Buch bleibt im Gedächtnis! :wave