'Die drei Lichter der kleinen Veronika' - Seiten 001 - 058

  • Also gut, dann fang ich mal an. :-]


    Ganz zu Anfang noch was Organisatorisches: Wolke hat in den Threads sehr schön die Seitenzahlen angegeben, aber da wir wahrscheinlich mehrere verschiedene Ausgaben haben, schreib ich hier noch mal - um Missverständnisse zu vermeiden - die Kapitel dazu.


    Dieser erste Abschnitt geht bis Ende Kapitel 2
    Der zweite Abschnitt fängt an mit Kapitel 3 (Aron Mendels Bürde) und geht bis Ende Kapitel 5
    Der dritte Abschnitt fängt an mit Kapitel 6 (Das Wunder der Eule) und geht dann bis zum Ende.


    Ich weiß gar nicht, wie oft ich das Buch in den letzten zwanzig Jahren schon gelesen habe, aber ich genieße es immer wieder. Heute mit Himbeertee und Vanillekerze (es ist saukalt in der Hütte, die Heizungen tun noch nicht so richtig). Obwohl so oft gelesen, finde ich immer wieder was Neues. Heute z. B. fiel mir auf, wie Kyber den Garten der Geister beschreibt, an dessen einem Ende Onkel Johannes wohnt und an dessen anderem Ende das "Haus der Schatten" steht. Mir war nie bewusst aufgefallen, dass Kyber hier schon klar macht, dass Johannes sich deutlich von den bewohnern im Haus der Schatten (ausgenommen Veronika) unterscheidet. Doch dazu später.
    Ich bin im ersten Kapitel immer ein bissl wehmütig, weil ich es so schade finde, dass die himmlischen Augen (oder inneren Augen) sich am Ende schließen. Und ich bin froh, dass Veronika wenigstens die Verbindung zu Mutzeputz und Magister Mützchen bleibt. Magister Mützchen erinnert mich übrigens immer daran, dass mein Stiefsohn als er klein war immer ein Männchen um die Stuhlbeine rennen sah, wenn wir am Esstisch saßen. Man schreibt so was allzu leicht der kindlichen Fantasie zu (das ist halt die Art der Erwachsenen, dieses Phänomen wegzuerklären) und nimmt es nicht ernst, weil es nicht in unser aufgeklärtes Weltbild passt. Meine Tochter hat in ihrer frühen Kindheit auch einige Sprüche losgelassen, wo ich aufgemerkt habe und wusste, die himmlischen Augen sind noch offen. Aber inzwischen, mit 14, hat sich das auch erledigt, und wenn ich sie daran erinnere, weiß sie es gar nicht mehr.


    Kyber erklärt ja hier schon im ersten Kapitel eine ganze Menge anhand von Metaphern - er benutzt die Tiere dazu, so dass man sich fast an eine Fabel erinnert fühlt. Amüsant finde ich, wie z. B. der Käfer den Kleingeist verkörpert: "Die Welt geht bis zur Mauer, alles andere sind Vermutungen", oder auch die Igelmutter, die zu bequem ist, Umwege zu machen und lieber dort bleibt, wo sie ist.


    Auf Seite 18 erklärt er schon die Beschaffenheit des Menschen; die drei Körper, die auch schon in der Matheson-Leserunde (der vorletzten - "Das Ende ist nur der Anfang") zur Sprache kamen. So sagt die Baumelfe zu Veronika: "Dein Erdenleib ist nichts weiter als ein Kleid, und darin steckt ein feineres Kleid, und in dem feineren Kleid steckst du selbst. So steckt - wie bei Matheson - in dem materiellen Körper der Ätherkörper, und in dem Ätherkörper der Astralkörper. Die Baumelfe erklärt, dass im Astralkörper das Ich-Bewusstsein sitzt.


    So, ich denke, das reicht mal für den Anfang. :-)

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • @ Britt
    Die Einteilung, die Du gepostet hast, stimmt mit der, die ich in mein Buch übertragen habe, überein. :wave



    Ich habe bisher das erste Kapitel gelesen.


    Zitat

    Original von Britt
    Meine Tochter hat in ihrer frühen Kindheit auch einige Sprüche losgelassen, wo ich aufgemerkt habe und wusste, die himmlischen Augen sind noch offen. Aber inzwischen, mit 14, hat sich das auch erledigt, und wenn ich sie daran erinnere, weiß sie es gar nicht mehr.


    Solche Erfahrungen kenne ich gar nicht bzw. nur aus Büchern. Ob es bei mir als Kind so war, weiß ich nicht (mehr?); zumindest kann ich mich an nichts erinnern. Bei meiner Tochter (ca. 13 1/2) ist mir solches auch in der Kleinkindphase nie aufgefallen.



    Das Buch ist so ganz anders als die zuletzt gelesenen und ich tue mich noch etwas schwer damit. Sicher verstehe ich (bzw. glaube zu verstehen), worauf Kyber hinaus will, aber irgendwie hat mich die Sprache noch nicht so ganz erreicht. Dazu kommt bei mir eine massive „Leserundenmüdigkeit“. Nach derzeitigem Plan ist das meine vorletzte Leserunde (außerhalb von Darkover) und ich werde mich zumindest vorerst mal aufs reagieren auf Eure Posts beschränken. Vielleicht bin ich heute aber auch einfach nur zu K.O. und es geht ab morgen besser. (Ich habe vorgestern das zweite Mal in meinem Leben Rasen gemäht, eine nicht unbedingt kleine Fläche. Mir tut immer noch alles weh. Für dieses Jahr wars das wohl, doch ab nächstem kommt das vermutlich immer auf mich zu. Dabei mag ich Gartenarbeit überhaupt nicht.)
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die alte Sprache ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, man bedenke, das Buch hat fast hundert Jahre auf dem Buckel. Setz dich nicht unter Druck, das bringt ja auch nichts, und erhole dich erst mal vom Rasenmähen. Ich hoffe, du hast das Landhaus des Käfers verschont! ;-)

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  • Zitat

    Original von Britt
    Ich hoffe, du hast das Landhaus des Käfers verschont! ;-)


    Keine Ahnung. Ich wollte fertig werden und habe nur auf Äste, die ggf. die Messer beschädigen könnten, geachtet. ;-) Und vorher einige kg Eßkastanien aufgehoben. Wenn man bedenkt, wie teuer die im Laden sind, war der Stundensatz gar nicht so schlecht. :chen

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    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Habe den ersten Teil heute gelesen und nochmals nachgeschaut, von wann der Text eigentlich ist - lt. meiner Ausgabe 1929, also vor 80 Jahren. Eine Zeit, die doch von Okkultismus, Theosophie, Anthroposophie und der Entdeckung fernöstlicher Weisheiten nicht unwesentlich geprägt war.


    Grundsätzlich finde ich es für mich schwer, etwas dazu zu sagen, da der Roman auf eine sehr eigene, sehr persönliche Ebene einwirkt und dies sehr schwer in Wort zu fassen ist, zumindest für mich.


    Die Neugier und andere Sichtweise eines Kindes wird sehr schön dargestellt. Ebenso das Haus mit seinen Stufen und Schwellen als Allegorie auf das Erwachsenenleben, kann ich nachvollziehen.


    Allerdings sollte man bei diesem Roman der Reinkarnationslehre doch schon recht nahe stehen.


    Allein der immer wieder durchscheinende Hinweis, dass Leben - die Wanderung - sein mühsam, schwierig und leidvoll, stößt mich etwas ab, da er mir zu sehr in der religiösen Überzeugung „das Leben ist Leiden“, wurzelt.
    Wobei dies ja schon unser ganzes heutiges Leben beherrscht. Wenn etwas einfach und leicht ist, kann es nichts sein. Werte, die nicht hart, unter Leiden, erschaffen werden, taugen nichts.


    Ich merke aber schon, dass sich diese 170 Seiten nicht so zwischendurch „einatmen“ lassen. Sie haben es verdient etwas länger in Gedanken hin und her gerollt zu werden,


    meint Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Allerdings sollte man bei diesem Roman der Reinkarnationslehre doch schon recht nahe stehen.


    Stimmt, ohne die macht das ganze Buch wenig Sinn. Wenn man allerdings - und sei es nur für die Dauer des Lesens - die Möglichkeit zulässt, dass wir alle immer wiederkehren, dann kann man in dem Buch, so dünn es ist, viel über den 'möglichen' Sinn des Lebens erfahren.


    Stimmt, die Zeit, zu der das Buch erschien, war eine Blütezeit der Theosophie und Anthroposophie - Rudolf Steiner fällt ja auch in diese Epoche. Allerdings denke ich nicht, dass das Interesse an diesen Themen nachgelassen hat - damals war es vielleicht neu und hat deshalb mehr Aufsehen erregt. Heute ist es eigentlich schon gesellschaftsfähig und normal, darüber zu reden. Oder kommt mir das nur so vor, weil es für mich normal ist? :gruebel
    Ich denke, an der Lehre hat sich im Lauf der Zeit nichts verändert, vielleicht nur an der Ausdrucksweise und der Art, sie anderen nahezubringen.


    Zitat

    Allein der immer wieder durchscheinende Hinweis, dass Leben - die Wanderung - sein mühsam, schwierig und leidvoll, stößt mich etwas ab, da er mir zu sehr in der religiösen Überzeugung „das Leben ist Leiden“, wurzelt.


    Ich glaube nicht, dass das die Aussage sein soll, dass das Leben ausschließlich Leiden ist. Sondern vielmehr, dass den Menschen, die leiden und nicht verstehen wieso, nahegebracht wird, dass es nicht sinnlos ist, dass sie leiden. Das wird später im Kapitel "Aron Mendels Bürde" noch genauer erklärt. Auch werden Fragen behandelt wie "Wieso lässt Gott so viel Leid zu?", oder "Was ist eigentlich Wahrheit"? Zum Letzeren gab es ja schon in Kapitel 1 eine Allegorie, als es darum ging, wer denn nun recht hat: Die Amsel, die den Käfer und die Regenwürmer gern fressen würde, oder Käfer und Regenwürmer, die sich über die Amsel empören. Jeder hat auf seine Weise recht, denn jeder hat seine eigene Wahrheit, die immer auf dem jeweiligen Standpunkt beruht. Richtig und Falsch werden bedeutungslos, wenn man das so sieht, ebenso gut und böse. Da steht so viel hinter dem sichtbaren Körper der Geschichte. Ich hab sie schon so oft gelesen und finde immer wieder was neues.


    Zitat

    Ich merke aber schon, dass sich diese 170 Seiten nicht so zwischendurch „einatmen“ lassen. Sie haben es verdient etwas länger in Gedanken hin und her gerollt zu werden...


    Ja, genauso würde ich das auch ausdrücken. :-)

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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  • Zitat

    Original von dyke
    Allein der immer wieder durchscheinende Hinweis, dass Leben - die Wanderung - sein mühsam, schwierig und leidvoll, stößt mich etwas ab, da er mir zu sehr in der religiösen Überzeugung „das Leben ist Leiden“, wurzelt.


    Na ja, „mühsam, schwierig und leidvoll“ ist das Leben auch dann, wenn man es von der rein säkularen und nicht von der religiösen Seite her betrachtet. Insofern stößt mich das nicht ab, sondern bringt etwas Offensichtliches zum Ausdruck.



    Mit der Reinkarnationslehre habe ich mich seit meiner Jugend immer mal wieder beschäftigt. Eine abschließende Meinung habe ich bis dato noch nicht; doch hoffe ich nicht, daß sie stimmt. Wenn ich dran denke, all das nochmals ... :yikes Einmal ist völlig ausreichend.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Obwohl das Buch ja relativ wenige Seiten hat, werde ich vermutlich recht lange brauchen, es zu lesen. Ich merke, daß ich nach einigen Seiten aufhören muß, um das Gelesene erstmal zu "verdauen", bevor ich mich in neue "Bilder" stürze.
    Das Buch fängt an wie die alten Märchen - wobei ich die "alte" oder "veraltete" Sprache ganz gerne lese. Das Landhaus des Käfers hat mir gut gefallen - bei der Besichtigung des Hauses der Baumelfe fühlte ich mich etwas an Alice im Wunderland erinnert...


    Die "himmlischen" Augen gefallen mir sehr gut - wobei ich glaube, daß es Menschen gibt, die diese Augen ihr lebenlang behalten (wobei sie natürlich sehr, sehr selten sind)! :wave

  • Zitat

    Original von bibliocat


    Die "himmlischen" Augen gefallen mir sehr gut - wobei ich glaube, daß es Menschen gibt, die diese Augen ihr lebenlang behalten (wobei sie natürlich sehr, sehr selten sind)! :wave


    Ja, oder sie wiederfinden, weil sie sich erinnern. Das sind dann die sehr Sensitiven unter uns, die z. B. "grundlos" an einem Ort Beklemmung empfinden, und später erfahren, dass dort mal jemand zu Tode gefoltert wurde, z. B. Ich glaube, das kann Fluch und Segen zugleich sein.


    Ich finde auch den Vergleich mit Schneewittchen im gläsernen Sarg sehr schön. Das hat mir mal wieder ins Gedächtnis gerufen, in wie vielen alten Märchen das Thema "Erlösung" eine Rolle spielt.

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  • Schade, dass bei mir etwas mit der Verlinkung nicht geklappt hat und ich bis eben dachte, es hätte sich noch niemand zu Wort gemeldet. Stattdessen muss ich nun feststellen, wie viel schon ausgetauscht wurde und dass ich völlig hinterherhinke.


    Ich mag das Buch sehr und finde, es ist in seiner alten Sprache wunderschön geschrieben. Richtig ist in jedem Fall, dass man an der Reinkarnationslehre schon sehr interessiert sein muss, dann aber denke ich, kann man durch das Buch tiefe Einblicke gewinnen, weil es so verständlich geschrieben ist und die vielen Allegorien und Metaphern alles intensiv veranschaulichen.


    Ich bin wie Britt der Meinung, dass ich nicht glaube, dass die Aussage sein soll, das Leben sei ausschließlich Leiden. Sondern vielmehr, dass den Menschen, die leiden und nicht verstehen wieso, nahegebracht wird, dass es nicht sinnlos ist, dass sie leiden.


    Ich glaube auch nicht, dass SiCollier allzu sehr befürchten muss, in seinem nächsten Leben alles noch einmal durchstehen zu müssen. Die Wanderung geht ja immer weiter und sicherlich werden dann so neue Lernaufgaben anstehen, dass dieses Leben völlig anders wird. Vielleicht leichter, vielleicht noch schmerzlicher als dieses, aber dann könnte ja wenigstens das übernächste Leben Anlass zur Hoffnung geben. :-)


    Mal eben "einatmen" lässt sich dieses Buch wirklich nicht, mir geht es so, dass ich zwischendurch ganz viel nachdenken und verinnerlichen muss, bevor ich weiterlese.


    dyke schreibt: "Allein der immer wieder durchscheinende Hinweis, das Leben - die Wanderung - sei mühsam, schwierig und leidvoll, stößt mich etwas ab. Wenn etwas einfach und leicht ist, kann es nichts sein. Werte, die nicht hart, unter Leiden, erschaffen werden, taugen nichts." Mich hat das bisher im Leben auch immer sehr abgestoßen. Ich finde aber, dass das Buch diese Ansicht gar nicht vermittelt, sondern es zeigt ja neben Aaron Mendels bürdevollem Leben auch andere Lebensbeispiele auf. Das von Johannes Wanderer zum Beispiel. Dessen derzeitiges Leben ist doch ziemlich leidlos und sehr schön. Er hat sich vervollkommnet durch viele Reise und hilft seinen Mitmenschen, ihr Leben besser zu verstehen. Eine schöne Lebensaufgabe. Und ich kenne durchaus in meinem Freundeskreis solcherlei Beispiele. Das Buch hilft mir, manche Dinge jetzt besser einzuordnen und zu verstehen.


    Leider habe auch ich keinerlei eigene Kindheitserinnerungen oder Überlieferungen meiner Eltern aus der Zeit, als meine "himmlischen Augen" noch sehen konnten. Das finde ich unglaublich schade, weil ich fest daran glaube, dass jedes Kind das anfangs noch kann. Und da ich auch keine eigenen Kinder habe, werde ich das leider nie erleben. Es wäre schön, Britt, wenn Du mir irgendwann mal von den Sprüchen Deiner Tochter berichtest.

  • Zitat von Britt


    Magister Mützchen erinnert mich übrigens immer daran, dass mein Stiefsohn als er klein war immer ein Männchen um die Stuhlbeine rennen sah, wenn wir am Esstisch saßen. Man schreibt so was allzu leicht der kindlichen Fantasie zu (das ist halt die Art der Erwachsenen, dieses Phänomen wegzuerklären) und nimmt es nicht ernst, weil es nicht in unser aufgeklärtes Weltbild passt.


    Schön, dass Du das schreibst, denn ich habe zu Magister Mützchen eine Frage. Ich kann all das zwar zutiefst nachvollziehen, weiß aber nicht so genau, was dieses Phänomen bedeutet? Ist es ein Kontakt zum sog. Jenseits? Soweit ich es verstehe, ist er ja kein Schutzengel, was aber ist er? Eine Art Lebenswegbegleiter? Ein Lehrmeister? Ich habe von dieser "Rolle" bislang nie etwas gehört, die er da in Veronikas Leben spielt.


    Auch ist es mir völlig neu, dass ein Tier, in unserem Falle Kater Mutzeputz, so eine lehrreiche Rolle für ein Kind spielen kann - wie genau muss ich das einordnen? Ich dachte bislang immer, dass Tiere auf ihrer Wanderung weiter zurück liegen als Menschen - da scheint es aber wohl doch noch ein ganz anderes Phänomen zu geben, das ich gern näher verstehen würde, falls Du Rat weißt?

  • Zitat von Britt


    Auf Seite 18 erklärt er schon die Beschaffenheit des Menschen; die drei Körper, die auch schon in der Matheson-Leserunde (der vorletzten - "Das Ende ist nur der Anfang") zur Sprache kamen. So sagt die Baumelfe zu Veronika: "Dein Erdenleib ist nichts weiter als ein Kleid, und darin steckt ein feineres Kleid, und in dem feineren Kleid steckst du selbst. So steckt - wie bei Matheson - in dem materiellen Körper der Ätherkörper, und in dem Ätherkörper der Astralkörper. Die Baumelfe erklärt, dass im Astralkörper das Ich-Bewusstsein sitzt.


    Ich habe genau wie Du an dieser Stelle sofort an Mathesons "Das Ende ist nur der Anfang" gedacht. Wie auch öfter mal bei dem jetzigen Buch. Zum Beispiel bei der grauen Frau. Das erinnert mich an Ann, die ja gefangen war zwischen der irdischen Welt und Sommerland durch ihren Suizid. Auch bei der grauen Frau geht es ja wohl um Gift, das sie am Ende eingenommen hat. Über welche Schwelle kann die graue Frau nicht gehen, das ist mir nicht wirklich klar? Ist meine Paralle hier richtig oder liege ich völlig falsch? Ist mit der grauen Frau vielleicht nur symbolisiert, dass sie völlig in der Vergangenheit lebt, sich nicht lösen kann, sondern völlig stillsteht und sich nicht mehr weiterentwickelt?

  • Zitat

    Original von C.N.
    ... ich habe zu Magister Mützchen eine Frage. Ich kann all das zwar zutiefst nachvollziehen, weiß aber nicht so genau, was dieses Phänomen bedeutet? Ist es ein Kontakt zum sog. Jenseits? Soweit ich es verstehe, ist er ja kein Schutzengel, was aber ist er? Eine Art Lebenswegbegleiter? Ein Lehrmeister? Ich habe von dieser "Rolle" bislang nie etwas gehört, die er da in Veronikas Leben spielt.


    Ich denke, dass Mützchen wahrscheinlich der Welt der Elementargeister zuzuordnen ist, da wo auch die Elfen, Gnome, Zwerge hingehören. Und wenn wir davon ausgehen, dass jeder Mensch das aus der geistigen Welt anzieht, was seinem Entwicklungsstand/Denken, Fühlen entspricht, so sind diese Art von Wesen wohl die idealen Begleiter für Kinder, sie entsprechen ihrer Art der Wahrnehmung und kommen so in ihre Welt, da wir uns ja durch unsere Wünsche, Leidenschaften, Fantasien mit genau den Wesenheiten verbinden, die eine Affinität zu uns haben (siehe auch Schloss Irreloh).
    Die Baumelfe sagt ja sinngemäß, dass sie nicht zur Welt der Menschen und nicht zur Welt der Engel gehört, sondern aus einer Welt kommt, die der menschlichen noch sehr nahe ist, ich denke, dass wir ihr auch Magister Mützchen zuordnen können.


    Zitat


    Auch ist es mir völlig neu, dass ein Tier, in unserem Falle Kater Mutzeputz, so eine lehrreiche Rolle für ein Kind spielen kann - wie genau muss ich das einordnen? Ich dachte bislang immer, dass Tiere auf ihrer Wanderung weiter zurück liegen als Menschen - da scheint es aber wohl doch noch ein ganz anderes Phänomen zu geben, das ich gern näher verstehen würde, falls Du Rat weißt?


    Ja, das habe ich tatsächlich auch immer geglaubt, und Kyber hat mich hier auch zum Nachdenken gebracht. Aber wenn wir bedenken, dass Delfine ja auch sehr intelligente und spirituelle Tiere sein sollen, muss man diese Ansicht wohl überdenken. Ich musste bei den Schilderungen von Mutzeputz öfters an das Musical Cats denken, das Katzen ebenfalls als hochgeschätzte Persönlichkeiten darstellt. Wahrscheinlich hat sich T.S. Eliot, auf dessen Gedichtesammlung das Musical basiert, zu dem Thema auch schon seine Gedanken gemacht.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von C.N.
    Ich habe genau wie Du an dieser Stelle sofort an Mathesons "Das Ende ist nur der Anfang" gedacht. Wie auch öfter mal bei dem jetzigen Buch. Zum Beispiel bei der grauen Frau. Das erinnert mich an Ann, die ja gefangen war zwischen der irdischen Welt und Sommerland durch ihren Suizid. Auch bei der grauen Frau geht es ja wohl um Gift, das sie am Ende eingenommen hat. Über welche Schwelle kann die graue Frau nicht gehen, das ist mir nicht wirklich klar? Ist meine Paralle hier richtig oder liege ich völlig falsch? Ist mit der grauen Frau vielleicht nur symbolisiert, dass sie völlig in der Vergangenheit lebt, sich nicht lösen kann, sondern völlig stillsteht und sich nicht mehr weiterentwickelt?


    Ich glaube schon, dass man die graue Frau mit Ann vergleichen kann. Sie glaubt nicht an die geistige Welt und ein Fortbestehen nach dem Tod, kann sich deshalb nicht lösen - genau wie Ann. Und auch hier haben wir das Thema Suizid. Sie ist ein erdgebundener Geist, der erlöst werden muss, weil er es allein nicht schafft, hinüberzugehen (auch hier wieder der Erlösungsgedanke - bei Matheson hat die Erlösung durch Chris stattgefunden).
    Mit der Schwelle, über die sie nicht gehen kann, ist sicher der Weg ins Licht gemeint - sie kann sich nicht von der irdischen Welt lösen.
    Auch das In-der-Vergangenheit-leben und Nicht-weiterentwickeln passt ja dazu, denn für die graue Frau wäre eine Weiterentwicklung das Anerkennen des Jenseits, um den Weg ins Licht antreten zu können, und das schafft sie nicht, denn es ist zu dunkel in der Kirche von Halmar - aber das kommt später. ;-)

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  • Zitat

    Original von C.N.
    (...) weil es so verständlich geschrieben ist und die vielen Allegorien und Metaphern alles intensiv veranschaulichen.


    * Hüstel * Also mit Allegorien habe ich es überhaupt nicht; sowohl was die Wortdefinition betrifft (ich habe welche gelesen, nur noch keine, die mir das hätte nahe bringen können) bis hin zur Übersetzung des Gemeinten. :rolleyes


    Was eine Metapher ist, habe ich dank Joseph Campbell zwar verstanden, was aber nicht heißt, daß ich die immer „übersetzen“ bzw. deuten kann; obwohl ich immer wieder mal Bücher über Mythologie lese.



    Zitat

    Original von C.N.
    Ich glaube auch nicht, dass SiCollier allzu sehr befürchten muss, in seinem nächsten Leben alles noch einmal durchstehen zu müssen. Die Wanderung geht ja immer weiter und sicherlich werden dann so neue Lernaufgaben anstehen, dass dieses Leben völlig anders wird.


    Das „nochmals“ bezog sich vor allem auf Kindheit und Jugend. Ein Mal reicht wirklich, mir jedenfalls. Ich bekomme heute noch Depressionen, wenn ich zum Elternabend in die Schule und ins Klassenzimmer meiner Tochter muß. Und Hoffnung vermag ich, wenn ich mich so umsehe und die Tageszeitung lese, für die Zukunft nun wirklich nicht zu sehen.



    Zitat

    Original von C.N.
    Leider habe auch ich keinerlei eigene Kindheitserinnerungen oder Überlieferungen meiner Eltern aus der Zeit, als meine "himmlischen Augen" noch sehen konnten. Das finde ich unglaublich schade, weil ich fest daran glaube, dass jedes Kind das anfangs noch kann.


    Solche Erinnerungen habe ich auch nicht; und Erfahrungen von meiner Tochter kann ich auch nicht beisteuern. Denn zumindest hat sie nie von solchen „Erlebnissen“ gesprochen. Ich bin mir durchaus nicht sicher, ob jedes Kind noch solche „inneren Augen“ hat, oder nur die, welche eine bestimmte Veranlagung haben. Als ich mich vor ein paar Jahren mit dem Thema beschäftigt habe, fand auch das hier verlinkte Buch den Weg in mein Bücherregal, wo es seither allerdings noch ungelesen steht. Irgendwie muß man ja zu einem ordentlichen SuB kommen. :grin



    Bei der Grauen Frau liegt es mE etwas anders als bei Ann. Letztere hat das Jenseits und den (eigenen) Tod verleugnet. Hier weiß sie schon, daß sie tot ist. Kann jedoch die Schwelle zum endgültigen „Jenseits“ nicht überschreiten, weil sie noch zu sehr ans Diesseits gebunden ist bzw. den Weg nicht sieht. Als ob sie vor einer unsichtbaren Mauer steht, die erst fallen muß, bevor sie den nächsten Schritt tun kann.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Bei der Grauen Frau liegt es mE etwas anders als bei Ann. Letztere hat das Jenseits und den (eigenen) Tod verleugnet. Hier weiß sie schon, daß sie tot ist. Kann jedoch die Schwelle zum endgültigen „Jenseits“ nicht überschreiten, weil sie noch zu sehr ans Diesseits gebunden ist bzw. den Weg nicht sieht. Als ob sie vor einer unsichtbaren Mauer steht, die erst fallen muß, bevor sie den nächsten Schritt tun kann.
    .


    Ich sehe da trotzdem deutliche Parallelen. Ich denke, dieses "Zwischenreich", in dem die erdgebundenen Seelen festhängen, ist bei beiden sehr ähnlich - nämlich die vertraute Umgebung, in der sie zuletzt gelebt haben. Die graue Frau in dem Zimmer, wo sie das Gift genommen hat, Ann in ihrem Haus, das in ihrer Wahrnehmung nur völlig verändert ist.
    Ich wette, wenn ein hellsichtiger Mensch wie Veronika in das Haus von Ann kommen würde, könnte er sie dort wahrnehmen, so wie Veronika die graue Frau wahrnimmt. Beide können nicht loslassen.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt
    Die graue Frau in dem Zimmer, wo sie das Gift genommen hat, Ann in ihrem Haus, das in ihrer Wahrnehmung nur völlig verändert ist.


    :gruebel Wobei ich immer der Meinung war, daß die „Jenseitswelt“ bei Matheson eben (räumlich) nicht identisch ist mit unserer „Diesseitswelt“, während das hier der Fall zu sein scheint. (Zumindest habe ich das so verstanden.) Wenn man das so sieht, hast Du natürlich recht. Andererseits, Ann ist sich überhaupt nicht bewußt, tot zu sein; die graue Frau hier schon.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")