Wladimir Kaminer - Lesung am 21. Oktober 2009 in der Buchhandlung Graff in Braunschweig

  • Über den Autor:


    Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk und studierte anschließend Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin Er veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und organisiert Veranstaltungen wie seine mittlerweile international berühmte »Russendisko«. Mit der gleichnamigen Erzählsammlung sowie zahlreichen weiteren Büchern avancierte er zu einem der beliebtesten und gefragtesten Autoren Deutschlands. Alle seine Bücher gibt es als Hörbuch, von ihm selbst gelesen.


    "Kaminer ist, was nur selten bemerkt wird, ein großer Stilist, ein Meister seiner Form, einer kleinen Form natürlich, die der Romanform in manchem überlegen ist. Wladimir Kaminer, soviel steht fest, ist ein großer Gewinn für die deutsche Literatur."
    Süddeutsche Zeitung


    Hörprobe: Hörprobe
    Quelle: Random House


    Bericht:


    Pünktlich begann der aus Russland stammende Autor mit seiner Lesung. Sofort wurden mir die Unterschiede zu den vielen anderen Lesungen, die ich zum Teil in derselben Lokalität besuchte, deutlich. Herr Kaminer saß nicht etwa an einem Tisch, um nun abwechselnd den Blick vom Buch ins Publikum zu wenden, sondern verzichtete auf jegliche Sitzgelegenheit. Der Vorteil bestand darin, dass man ihn auch aus der letzten Reihe sehen konnte. Die Buchhandlung konnte vermutlich gestern ihren diesjährigen Besucherrekord verzeichnen. Daher war die Idee mit dem stehenden Vortrag sicher gut. Auch kam dadurch natürlich das schicke Outfit von Herrn Kaminer besser zur Geltung, das ich – nebenbei bemerkt – auch eine gute Idee fand.


    Angekündigt war die Lesung aus „Meine russischen Nachbarn“. Tatsächlich hörten wir ein paar Abschnitte aus dem Buch über Andrej und Sergej, den Nachbarn aus dem vierten Stock mit teilweise gewöhnungsbedürftigen Eigenarten. Doch zunächst resümierte der Autor ein wenig über aktuelle Ereignisse aus seinem Leben. Mit der Neuigkeit, dass der Fernsehsender Arte einen Film mit ihm gedreht hat, begeisterte er das Publikum. Schnell wurden auch hier einige Szenen aus dem Kaukasus beschrieben, die uns Zuhörer zum Lachen brachten. Damit war das sowieso nur sehr dünne Eis gebrochen und alle klebten förmlich an Kaminers Lippen. Auch andere Bücher kamen nicht zu kurz. So hörten wir auch Episoden aus „Mein Leben im Schrebergarten“, „Salve Papa“ und „Es gab keinen Sex im Sozialismus“. Damit wurde jedes Familienmitglied von Ehefrau über Kinder zur Schwiegermutter erwähnt und wir Zuhörer praktisch auf den neuesten Stand gebracht. Der krönende Abschluss war ein Reisebericht des letzten Sommers aus Münster. Auch ich war heute schon verleitet, unter Wetter.de nachzugucken, ob es auch heute in Münster regnet.


    Herr Kaminer nahm sich 90 Minuten für seine begeisterte Leserschaft und signierte anschließend noch seine Bücher. Zweimal stellte er während der Lesung die wohl eher rhetorische Frage: „Soll ich noch eine Geschichte vorlesen? Ich finde, die passt hier sehr gut.“ Jedes Mal erntete er fast frenetischen Jubel. Man merkt ihm den Spaß bei der Sache an und das wirkt überzeugend. Seine Texte, in denen er prägnant alltägliche Geschehnisse aufgreift und sie mit spitzer Feder kommentiert oder auch nur ein offenes Ende lässt, sind quasi Medizin gegen gedrückte Stimmung. Zum Abschluss versprachen sowohl Geschäftsführer als auch Autor, dass auch im nächsten Jahr eine Lesung organisiert werde. Darauf freue ich mich schon heute. Diese Lesung war wirklich ein Erlebnis.

    aktuelles Buch: Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf von Oliver Pötzsch
    A Killer Closet von Paula Paul

    Bingo 2017

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  • Kaminer Lesungen sind immer ein Erlebnis- aber ob ich in Leipzig noch eine erleben werde ?( Kommt der Autor da unbeschadet wieder raus, wenn er eine Lesung in eier Stadt veranstaltet, die es nicht gibt :gruebel


    Im Ernst: Schreibst du bitte eine Rezi zu dem Buch- bitte unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache ob es auch ohne Lesung für dich "funktioniert" hätte. Ich meine einige Bücher von Kaminer brauchen den "Event" im Hintergrund, andere funktionieren auch nur als Buch.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zitat

    Original von beowulf
    ...
    Im Ernst: Schreibst du bitte eine Rezi zu dem Buch- bitte unter besonderer Berücksichtigung der Tatsache ob es auch ohne Lesung für dich "funktioniert" hätte. Ich meine einige Bücher von Kaminer brauchen den "Event" im Hintergrund, andere funktionieren auch nur als Buch.


    Das habe ich bei "Ich bin kein Berliner" schon probiert und bin konsequent auf Hörbücher des Autors umgestiegen. Ich brauche diesen russischen Akzent und die Sprechpausen, um die Texte genau so zu verstehen, wie sie wohl auch gemeint sind. Du selber hattest mal erwähnt, dass du die Stimme beim Lesen hörst. Mir geht dieser Effekt nach einigen Seiten verloren. Daher kann ich keine Rezension zu einem gedruckten Buch schreiben, sondern immer nur begeisterte Kommentare zu den Hörbüchern.


    Leipzig kommt zumindest auf der RandomHouse-Seite nicht vor. :-(

  • @ Büchersally:
    Toller Bericht!
    Bereits zweimal durfte ich bei einer Lesung von Kaminer dabei sein, einmal gab es im Anschluss eine recht unterhaltsame Russendisco.
    Die Veranstaltungen habe ich genau wie Du erlebt, hervorragende Stimmung bei Autor und Publikum und man merkte, dass Kaminer Profi ist.
    Und Kaminer ist einer der Autoren, die mich vom Medium Hörbuch überzeugt haben. Sein Akzent und der Humor machen die Bücher zum Hörgenuss.

  • Das klingt ja wirklich viel versprechend. Da freue ich mich auf Ende November, wenn ich dann wohl auch mal in den Genuss der Live-Darbietung komme.


    Edit kann besser mit Anglizismen umgehen ...

    Sieben Stunden waren's immer - jetzt nimmer

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