Über den Autor:
Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur für Theater und Rundfunk und studierte anschließend Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Seit 1990 lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin Er veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften und organisiert Veranstaltungen wie seine mittlerweile international berühmte »Russendisko«. Mit der gleichnamigen Erzählsammlung sowie zahlreichen weiteren Büchern avancierte er zu einem der beliebtesten und gefragtesten Autoren Deutschlands. Alle seine Bücher gibt es als Hörbuch, von ihm selbst gelesen.
"Kaminer ist, was nur selten bemerkt wird, ein großer Stilist, ein Meister seiner Form, einer kleinen Form natürlich, die der Romanform in manchem überlegen ist. Wladimir Kaminer, soviel steht fest, ist ein großer Gewinn für die deutsche Literatur."
Süddeutsche Zeitung
Hörprobe: Hörprobe
Quelle: Random House
Bericht:
Pünktlich begann der aus Russland stammende Autor mit seiner Lesung. Sofort wurden mir die Unterschiede zu den vielen anderen Lesungen, die ich zum Teil in derselben Lokalität besuchte, deutlich. Herr Kaminer saß nicht etwa an einem Tisch, um nun abwechselnd den Blick vom Buch ins Publikum zu wenden, sondern verzichtete auf jegliche Sitzgelegenheit. Der Vorteil bestand darin, dass man ihn auch aus der letzten Reihe sehen konnte. Die Buchhandlung konnte vermutlich gestern ihren diesjährigen Besucherrekord verzeichnen. Daher war die Idee mit dem stehenden Vortrag sicher gut. Auch kam dadurch natürlich das schicke Outfit von Herrn Kaminer besser zur Geltung, das ich – nebenbei bemerkt – auch eine gute Idee fand.
Angekündigt war die Lesung aus „Meine russischen Nachbarn“. Tatsächlich hörten wir ein paar Abschnitte aus dem Buch über Andrej und Sergej, den Nachbarn aus dem vierten Stock mit teilweise gewöhnungsbedürftigen Eigenarten. Doch zunächst resümierte der Autor ein wenig über aktuelle Ereignisse aus seinem Leben. Mit der Neuigkeit, dass der Fernsehsender Arte einen Film mit ihm gedreht hat, begeisterte er das Publikum. Schnell wurden auch hier einige Szenen aus dem Kaukasus beschrieben, die uns Zuhörer zum Lachen brachten. Damit war das sowieso nur sehr dünne Eis gebrochen und alle klebten förmlich an Kaminers Lippen. Auch andere Bücher kamen nicht zu kurz. So hörten wir auch Episoden aus „Mein Leben im Schrebergarten“, „Salve Papa“ und „Es gab keinen Sex im Sozialismus“. Damit wurde jedes Familienmitglied von Ehefrau über Kinder zur Schwiegermutter erwähnt und wir Zuhörer praktisch auf den neuesten Stand gebracht. Der krönende Abschluss war ein Reisebericht des letzten Sommers aus Münster. Auch ich war heute schon verleitet, unter Wetter.de nachzugucken, ob es auch heute in Münster regnet.
Herr Kaminer nahm sich 90 Minuten für seine begeisterte Leserschaft und signierte anschließend noch seine Bücher. Zweimal stellte er während der Lesung die wohl eher rhetorische Frage: „Soll ich noch eine Geschichte vorlesen? Ich finde, die passt hier sehr gut.“ Jedes Mal erntete er fast frenetischen Jubel. Man merkt ihm den Spaß bei der Sache an und das wirkt überzeugend. Seine Texte, in denen er prägnant alltägliche Geschehnisse aufgreift und sie mit spitzer Feder kommentiert oder auch nur ein offenes Ende lässt, sind quasi Medizin gegen gedrückte Stimmung. Zum Abschluss versprachen sowohl Geschäftsführer als auch Autor, dass auch im nächsten Jahr eine Lesung organisiert werde. Darauf freue ich mich schon heute. Diese Lesung war wirklich ein Erlebnis.