Diebstahl - oder nicht?

  • Danke Lizard, du hast es mit deinen Kommentaren auf den Punkt gebracht.


    Und jetzt für die anderen, die meinen, daß Diebstahl gleich Diebstahl ist.


    Beispiel: Ich kaufe mir Gummibärchen. Lege die Tüte auf der Arbeit hin. Alle Kolleginnen bedienen sich (weil ich es ihnen vorher erlaubt habe). Der Chef bedient sich auch.
    Nur IHM habe ich es vorher NICHT ausdrücklich erlaubt. Also ein Grund für eine fristlose Kündigung meinerseits?
    Denn wer ein Gummibärchen "klaut", dem ist auch zuzutrauen daß er auch bei anderen Dingen ungefragt zugreift. Es geht ja hier ums Prinzip und nicht um einzelne Gummibärchen ;-).
    Das Vertrauensverhältnis ist gestört. Denn wer Gummibärchen klaut, bedient sich vielleicht auch an meiner Geldbörse, die sich während meiner Arbeitszeit in einem nicht abzuschließenden Fach im Umkleideraum befindet.


    Ich finde die Möglichkeit der Kündigung, weil mein Arbeitgeber mich bestohlen hat, recht interessant. Die Kündigung wäre berechtigt und das Arbeitslosengeld dürfte somit nicht gekürzt werden.


    Und bevor ich jetzt angegriffen werde. Natürlich darf sich mein Chef auch an meinen Süßigkeiten vergreifen (ohne rechtliche Konsequenzen), denn er schmeißt oft genug auch eine Runde Süßkram. Ich denke in einem normalen Arbeitsverhältnis ist das auch kein Thema. Alles hält sich dort die Waage.


    Aber wahrscheinlich (das sind meine Bedenken) hat sich das die Sekretärin auch so gedacht und ist irgendwann damit auf die Schnauze gefallen.

  • Hallooo =)
    Ein sehr interessanter Thread, muss ich schon sagen :) Ich habe in der letzten Zeit auch schon häufiger darüber nachgedacht und muss ebenfalls sagen, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass einem bei einem normalen Arbeitsverhältnis direkt gekündigt wird....man kann über alles reden finde ich.


    Bei mir in der Firma ist auch vorher gesagt worden, was erlaubt ist und was nicht. Wir dürfen Private Gespräche führen, solange wir das nicht zu lange oder zu oft tun, genau so dürfen wir uns aus dem Materiallager (mit kurzer Ankündigung) Materialien wir Stifte, Papier etc mit nach Hause nehmen. Auch privat ins Internet dürfen die richtigen Mitarbeiter, solange es eben nicht überhand nimmt oder die Arbeit beeinträchtigt. Also ich kann mich nicht beschweren =)


    Und ganz konkret zu der Frage....klar, nüchtern betrachtet ist Diebstahl gleich Diebstahl...andererseits kann es ja wirklich sein, dass man den Kuli mal vergisst oder den Block etwas verwirrt in die eigene Tasche steckt. Ich würde das als Arbeitgeber, wenn es denn ein Einzelfall ist, nicht so eng sehen.

  • Genau das stört mich irgendwie, Pilvi.


    "Privatgespräche sind erlaubt, solange wir das nicht zu oft oder zu lange führen"


    Was ist zu oft und was ist zu lang???


    Ich bin der Meinung, daß ich ein ziemlich gesundes Verhältnis für "zu oft und zu lang" habe. Also meine Privat-Telefonate beschränken sich auf maximal fünf Minuten und auf zwei Gespräche pro Monat. Das halte ich persönlich nicht als übertrieben oder geschäftsschädigend.
    Aber das ist nur meine Meinung. Wenn nun ein Gericht beschließt, daß nur EIN privates Telefonat im Monat für den Arbeitgeber zumutbar ist, stehe ich mit meiner eigenen Meinung ziemlich dumm da und muß die evtl. deswegen ausgesprochene Kündigung hinnehmen.

  • Zitat

    Original von Pilvi


    Und ganz konkret zu der Frage....klar, nüchtern betrachtet ist Diebstahl gleich Diebstahl...andererseits kann es ja wirklich sein, dass man den Kuli mal vergisst oder den Block etwas verwirrt in die eigene Tasche steckt. Ich würde das als Arbeitgeber, wenn es denn ein Einzelfall ist, nicht so eng sehen.



    Wenn du ihn ausversehen eingesteckt hast handlst du ohne Vorsatz, somit kannst du gar keinen Diebstahl begehen. Dass du wirklich stehlen wolltest muss dir dein AG erstmal beweisen.




    Und zu der Telefonatsache Charlotte : Wenn dir dein Chef erlaubt zu telefonieren, wenn auch nicht oft, so hast du schonmal bessere Karten vor Gericht als wenn er es dir verbietet. Die gericht sind nicht dso AN-feindlich wie die Medien hier behaupten.
    Daher habe ich ja auch den Link auf der Seite vorher gepostet. Natürlich gibt es AG die willkürlich die Leute feuern, aber meist liegt auch schon vorher was vor, wie im Beispiel des Maultaschenfalls. Da haben die Medien auch die Hälfte für sich behalten und Stimmung gemacht!

  • Ich habe das auch nicht persönlich aufgefasst. Ich frage mich nur, wo die Grenzen zwischen Toleranz und Gesetzwidrigkeit liegen.


    Ich z. B. "darf" privat telefonieren. Manchmal ist es aber auch nötig. Ich arbeite in einer Arztpraxis. Meine Hausarzt hat z. B. exakt die gleichen Öffnungzeiten, die meiner Arbeitszeit entsprechen. Benötige ich nun dort einen Termin, dann MUSS ich während der Arbeitszeit ein Privattelefonat tätigen.
    Das darf ich natürlich auch. Und das finde ich auch normal.


    Aber was wäre, wenn mein Arbeitgeber mir grundsätzlich private Telefonate verbieten würde? Müßte ich mir dann einen Tag Urlaub nehmen, um einen Termin (telefonisch) bei meinem Hausarzt zu vereinbaren?
    Das würde ich etwas übertrieben finden, aber rein rechtlich wäre mein Arbeitgeber wahrscheinlich auf der "richtigen" Seite.


    Es sollte einfach normal menschlich zugehen in der Arbeitswelt. Und wenn ich dann lese, daß eine Sekretärin (die über 30 Jahre zufriedenstellend gearbeitet hat) wegen einer blöden Frikadelle gekündigt wurde, dann geht es eben nicht mehr menschlich zu.
    Und wenn es schon vorher erhebliche Vorfälle für eine Kündigung gegeben hat, warum wurde sie dann letztendlich wegen so einem Bagatellfall gekündigt?

  • Ich überlege gerade, was sich in einem Arbeitszeugnis besser macht:


    Gekündigt wegen Diebstahl (von 1000 Euro, einem Frikadellenbrötchen oder eines Gummibärchens) - wir erinnern uns - Diebstahl ist Diebstahl - es geht um das Prinzip und nicht um den Wert.


    Oder:


    Einreichung der Kündigung wegen Diebstahl des Arbeitgebers am Arbeitnehmer



    Ist wohl beides nicht so ein perfektes Zeugnis für den Arbeitnehmer (obwohl er im zweiten Fall völlig unschuldig ist)


    Fazit: Wenn ihr unbedingt gekündigt werden wollt, dann bereichert euch lieber vorher an eurem Arbeitgeber ;-).
    Arbeitslos seid ihr danach so oder so ;-)

  • Zitat

    Original von Charlotte
    Genau das stört mich irgendwie, Pilvi.


    "Privatgespräche sind erlaubt, solange wir das nicht zu oft oder zu lange führen"


    Was ist zu oft und was ist zu lang???


    Na ja natürlich ist das wieder ein Ermessensspielraum, aber wenn mir mein Arbeitgeber sowas vorher sagt, dann kann ich entweder nachfragen oder aber ich handel so, wie du in deinem Beispiel erläuterst, nach eigenem Gewissen (übrigens deckt sich deine Vorstellung von Häufigkeit und Dauer ungefähr mit meiner ;)). Wenn das dem Chef dann aber doch zu viel wird, glaube ich, wird er zunächst auf mich zukommen und mit mir darüber sprechen. Denn in den meisten Fällen ist doch ein Chef, der mir diesen Freiraum lässt, auch zu einem Gespräch bereit.

  • Bei uns sind Privatgespräche "in einem angemessenen Rahmen" erlaubt. Wir haben eine Pin, die wir für Privatgespräche vorwählen sollen, dann werden die Gebühren privat abgerechnet.


    Ich finde das völlig in Ordnung, denn warum sollte z.B. der Arbeitgeber das bezahlen, wenn ich mal tagsüber Behördenkram zu erledigen habe oder vielleicht gar mal im Ausland was wegen eines Urlaubsquartiers anrufe? Nicht alles kann man abends oder am Wochenende erledigen.


    Ich bekomme allerdings im Monat vielleicht maximal 2 EUR zusammen, mehr ist das nicht. Das meiste kann man doch eh am Feierabend erledigen. Ich telefoniere auch lieber abends privat - meine Kollegen müssen, bei aller Liebe, nun wirklich nicht mein gesamtes Privatleben mitbekommen.


    Ich denke, diese ganze "Diebstahls-Geschichte" beruht auf ungesunden Arbeitsverhältnissen. Entweder ist in diesen Firmen das Betriebsklima für den A..., oder der Chef mag seinen Mitarbeiter nicht oder will ihn aus anderen Gründen loswerden, oder der Mitarbeiter taugt nicht viel und man sucht deswegen nach Gründen, ihn loszuwerden. Da gibt es viele Gründe.


    Bei einem soliden, partnerschaftlichen Arbeitsverhältnis in einer "anständigen" Firma und bei fairen Vorgesetzten kann ich mir sowas nicht vorstellen. Da würde der Chef im Zweifelsfall zum Mitarbeiter sagen, daß etwas nicht in Ordnung ist und der Mitarbeiter würde sich dran halten.


    Ich denke, solche Vorfälle, die irgendwann in den Schlagzeilen landen, passieren nur da, wo eh so einiges im Argen liegt.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Mir kam es im ersten Augenblick auch lächerlich vor, wegen einem Fleischpflanzerl eine langjährige Mitarbeiterin gleich fristlos zu kündigen. Andererseits weiß ich nicht, ob das wirklich so stimmt. Gerade die "Angst-Hass-Titten-und-Wetterbericht-Zeitung" ist ja nicht unbedingt für eine objektive Berichterstattung bekannt. Vielleicht sind schon andere Dinge vorher gelaufen, die der Chef "verziehen" hat und jetzt ist ihm halt die Hutschnur geplatzt. Außerdem heißt es in meinen Augen noch nichts, dass die Beschuldigte behauptet, sie hätte nicht gewusst, dass es Unrecht ist. Würde ich in ihrem Fall vermutlich auch behaupten, egal, ob es stimmt oder nicht. :rolleyes


    Zitat

    Original von IsjoeckelDie oben genannten Kekse und die Leckereien in der Schublade werden meines Erachtens auch teilweise absichtlich so deponiert, das andere sich (ungefragt) bedienen, weil man etwas Gutes tun möchte (vielleicht blöd ausgedrückt, mir fällt keine bessere Umschreibung ein - Sinn: Freundlichkeit des "Bestohlenen").


    Das kann ich nun gar nicht nachvollziehen. Wenn ich etwas in meine SCHUBLADE lege, dann geht das keinen meiner Arbeitskollegen auch nur irgendetwas an. Mein Schreibtisch (wenn ich einen hätte) samt seiner Schubladen sind für alle anderen tabu, wenn ich nicht da bin. Bin ich da, dann haben sie mich gefälligst zu fragen. Stehen meine Leckereien auf meinem Schreibtisch, dann will ich auch gefragt werden. Bin ich nicht da, hat auch keiner seine Finger da rein zu stecken. Es sei denn, ich habe meinen Kollegen erklärt, sie dürften sich da jederzeit bedienen. Argumentationen wie "Naja, er/sie hat es ja so hingelegt, dass da jeder ran kommt, also dürfen wir uns auch ungefragt bedienen" erschließen sich mir zu Null Komma Null Prozent und zeigen in meinen Augen auch den mangelnden Respekt für anderer Leute Eigentum.


    Lieben Gruß
    Larna

  • Zitat

    Original von Batcat


    Bei einem soliden, partnerschaftlichen Arbeitsverhältnis in einer "anständigen" Firma und bei fairen Vorgesetzten kann ich mir sowas nicht vorstellen. Da würde der Chef im Zweifelsfall zum Mitarbeiter sagen, daß etwas nicht in Ordnung ist und der Mitarbeiter würde sich dran halten.


    Ich denke, solche Vorfälle, die irgendwann in den Schlagzeilen landen, passieren nur da, wo eh so einiges im Argen liegt.


    Genau so sehe ich das auch!

  • Zitat

    Gerade die "Angst-Hass-Titten-und-Wetterbericht-Zeitung" ist ja nicht unbedingt für eine objektive Berichterstattung bekannt.


    Soweit es mir bekannt ist, hat sich diese Nachricht nicht nur durch die BILD verbreitet. Und mal ganz davon abgesehen, ob da nun etwas im Argen lag oder nicht, muss sich meines Erachtens automatisch die Frage stellen, was es über unsere Arbeitswelt und über den Menschen als Ressource in derselben aussagt. Die doofen Mitarbeiter wollen sich nur verteidigen und lügen deshalb, die haben bestimmt schon vorher geklaut. Alles Anschuldigungen und Theorien, die hier bereits diskutiert wurden. Und das finde ich wesentlich wichtiger als die Frage, ob da vorher etwas im Argen lag. Wie schon öfter bemerkt : Der Chefposten ist im Laufe der Jahre neu besetzt worden. Auch etwas, was man nicht völlig außer Acht lassen sollte.

  • Mal ein anderer Fall, der garantiert nicht von der Bildzeitung hochgeputscht wurde:


    Meine Tante, die mit 16 Jahren eine Ausbildung als Bürokauffrau in einem kleinen Familienbetrieb absolviert hat und dann weitere 33 Jahre dort beschäftigt war, wurde nicht direkt gekündigt. Aber ihr war klar, daß man sie loswerden wollte, als man ihr ein "Arbeitsverbot" erteilte.
    Blöderweise konnte ihr kein "Frikadellenklau" nachgewiesen werden ;-) und so hat man ihr einfach nach und nach die Arbeitsbereiche entzogen.
    Irgendwann kam sie dann zur Arbeit und durfte nichts mehr machen. 8 Stunden täglich!!
    Mobbing der feinsten Art. So kann man Menschen zermürben.


    Bis dahin war sich meine Tante eigentlich auch immer sicher einen fairen Arbeitgeber zu haben. So kann man sich leider täuschen.


    Sie hat zwar dann, weil sie sich dagegen gewehrt hat, eine Abfindung bekommen, aber ihren Arbeitsplatz war sie los. Und das mit 52 Jahren. Zwei Jahre später war sie auf Hartz IV angewiesen. Und das wird sich auch bis zu ihrer Rente nicht mehr ändern.
    Das macht mir Angst!

  • Charlotte


    In der kapitalistischen Welt wirst du eines ganz sicher nicht finden: Ein fairen Arbeitgeber. :wave


    Alles, aber auch alles wird dem Profit untergeordnet.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das verstehe ich mittlerweile auch, Voltaire ;-)


    Ich habe mich nun auch endlich auch an das Profitdenken angepasst. In meinem Fall ist es so, daß ich einen 40-Stunden-Vollzeitjob mache, bei dem genau so viel rausspringt, als wenn ich Arbeitslosengeld II beziehen würde und dazu einen 400,- Euro-Job (mit maximal 15 Stunden pro Woche) machen würde.


    Ich habe mich nun endgültig für die 15-Stunden-Woche entschieden.
    Nun fehlt mir nur noch ein plausibler Grund für die Kündigung. Gummibärchenklau käme mir da gerade recht ;-).

  • Zitat

    Ich habe mich nun endgültig für die 15-Stunden-Woche entschieden. Nun fehlt mir nur noch ein plausibler Grund für die Kündigung. Gummibärchenklau käme mir da gerade recht Augenzwinkern .


    Und dabei macht es Spaß, seine finanziellen Verhältnisse vor den Behörden offen zu legen?


    Die obige Diskussion hat letztlich doch nur gezeigt, was wir bereits seit langer Zeit wissen. Die Welt ist ungerecht, und zwar für Arbeitnehmer (und Arbeitgeber).

  • Zitat

    Original von Salonlöwin
    Die obige Diskussion hat letztlich doch nur gezeigt, was wir bereits seit langer Zeit wissen. Die Welt ist ungerecht, und zwar für Arbeitnehmer (und Arbeitgeber).


    Mein Arbeitgeber verteilt gerade fröhlich Weihnachtsgelder und ich frage mich warum der das tut. Wahrscheinlich hat der den Kapitalismus nicht verstanden. :grin

  • Zitat

    Mein Arbeitgeber verteilt gerade fröhlich Weihnachtsgelder und ich frage mich warum der das tut. Wahrscheinlich hat der den Kapitalismus nicht verstanden. Grinsen


    Oder es handelt sich um eine Tätigkeit für Herrn Gysi oder Lafontaine.
    Aber bevor ich hier Kollektivkloppe wegen politischer Andeutungen bekomme, verschwinde ich schnell ;-).