Ben Elton, "Tödlicher Ruhm"

  • Als die britische Big-Brother-Variante "Hausarrest" in die dritte
    Staffel geht, scheint festzustehen, daß die Quoten sinken werden -
    ein Problem für die extrem engagierte Produzentin, die die Serie
    eigenverantwortlich herstellt. Doch am 27. Tag wird Kelly ermordet,
    vor laufender Kamera. Ein Polizistenteam, geleitet von einem Beamten, dem
    nichts fremder sein könnte, als der prollige Voyeurismus neuzeitlicher
    Fernsehunterhaltung, sieht sich gezwungen, tonnenweise Bildmaterial zu
    sichten, um den Mord aufklären zu können. Währenddessen setzen die
    "Bewohner" das "Verhaltensexperiment" fort - das nun natürlich mörderische
    Einschaltquoten hat und längst nicht mehr nur die Zuschauer in England
    fesselt, sehr zur Freude der Produzentin.


    Eine Karrikatur kann man nicht karrikieren, sollte man meinen, und
    was ist "Big Brother", wenn nicht eine Karrikatur, eine Satire auf
    das, was Fernsehen eigentlich sein sollte, nämlich Unterhaltung,
    Bildung und Information, jedenfalls wenigstens interessant? Nun,
    diese rhetorische Frage beantwortet "Tödlicher Ruhm" nicht, aber
    dafür zeichnet Elton heiter-ironisch jene Figuren, deren gehaltloses
    Geschwafel, Imponiergehabe und nihilistisches Debattieren jeder
    Fernsehzuschauer weltweit mindestens aus Versehen einmal zur Kenntnis
    nehmen mußte. Eine Überzeichnung der Kandidaten ist nicht erforderlich;
    den Witz bezieht das Buch aus der Haupthandlung, der Suche nach dem Mörder
    - auf der anderen Seite des Bildschirms. Genaugenommen ist der Roman ein
    simpler "Whodunnit", aber Elton, der Schöpfer von "Black Adder" und des
    wunderbaren Buches "Seitensprünge", fährt einiges an Wortwitz und
    Überraschungen auf, verbunden mit intimen Kenntnissen aus der eigenen
    Geschichte beim Rundfunk. Das witzige und spannende Buch weckt zwar -
    glücklicherweise - kein Interesse für seinen Gegenstand, aber es ist
    mindestens ein Manifest für die schweigende Mehrheitsfraktion jener, die
    den Versuchen der Produzenten, jede noch so dusselige Idee zum
    Fernsehformat zu entwickeln, kritisch gegenüberstehen. Und: Es macht
    großen Spaß.