'Die Gottessucherin' - Seiten 387 - 461

  • Mich hat es etwas gewundert das Frauen zu dieser Zeit ohne Anstandsdame oder Begleiter Reisen konnte. Oder war das eine ausnahm


    Schön das Samuel wieder auftaucht auch wenn mit einer schlechten Nachricht. Das Diogo tot ist hab ich fast geahnt.


    Ich kann Brianda verstehen das sie endlich mal über ihr leben bestimmen möchte. Auch wenn sie sehr naive gründe hat. Aber wenn sie Tristan heiratet könnte er einfach so vom Ghetto in die Stadt ziehen?


    Wenn Gracia flieht wird bestimmt Brianda recht auf das Erbe bekommen. Was passiert dann mit der Firma Mendes?


    Cornelius führ mit dem Glaubensgericht in Venedig seinen Persönlichen Rachefeldzug gegen Gracia weiter. Dieser Mann ist mit einfach zuwieder.

  • Jetzt sind sie zwar in Venedig, aber ich bin überrascht. Es ist hier auch wieder für die jüdische Bevölkerung ein Ghetto vorgesehen und sie müssen nachts zurückkehren und werden bewacht. War ihnen das vorher bewußt?


    Garcia ist jetzt begeistert von ihrer neuen Entdeckung, der Glaswaren aus Murano. Immer Geschäftsfrau, die ständig nach neuen Varianten Ausschau hält, um geschäftlich vorwärts zu kommen.


    Diogo ist tot - ich hatte es auch befürchtet.


    Reyna und Jose wollen noch nach jüdischen Riten heiraten.


    Gut beschrieben war für mich Tristan - verbohrter Ghettojude, der keinen Sinn für das Schöne hat genau das Gegenteil von Brianda, nichtsdestotrotz sind sie verliebt. Hier frage ich mich schon, wo das noch hinführt?


    Jetzt wird es wieder richtig spannend, denn der Sultan unterstützt die Einwanderung von Garcia, Brianda will aber nicht und verklagt Gracia vor dem Ausländergericht wegen der Erbschaft.


    Das Buch läßt mich einfach nicht mehr los :lesend

  • Zitat

    Original von spike
    Mich hat es etwas gewundert das Frauen zu dieser Zeit ohne Anstandsdame oder Begleiter Reisen konnte. Oder war das eine ausnahm


    Deine Verwunderung ist berechtigt. Normalerweise reisten Frauen nur in Begleitung. So wie Brianda. Die ja von einem ganzen Konvoi beschützt wird. Doch Gracia ist ja - historisch gesehen - eine geradezu unglaubliche Ausnahmeerscheinung. Fast alles, was sie in ihrem Leben getan hat, ist vollkommen untypisch für eine Frau der damaligen Zeit. Das hat mich vom ersten Moment so sehr an ihr fasziniert. Die erste Info, die ich über sie erfuhr, war, dass der Sultan angeblich eine jüdische Kauffrau am Hof empfangen habe - eine Ungeheuerlichkeit für die damalige Zeit. So bin ich überhaupt auf ihre Spur gelangt.

  • Zitat

    Original von spike


    Ich kann Brianda verstehen das sie endlich mal über ihr leben bestimmen möchte. Auch wenn sie sehr naive gründe hat. Aber wenn sie Tristan heiratet könnte er einfach so vom Ghetto in die Stadt ziehen?


    Wenn Gracia flieht wird bestimmt Brianda recht auf das Erbe bekommen. Was passiert dann mit der Firma Mendes?


    Der Konflikt zwischen den beiden Schwestern war mir auch und vor allem aus heutiger Sicht wichtig. Es ist der Konflikt, in den jeder Mensch gerät, der - aus welchen Gründen auch immer - in einer ihm fremden Kultur lebt. Soll er sich anpassen? Oder soll er alles daran setzen, seine eigene Identiät zu wahren? Beide Optionen sind gleichermaßen verständlich und berechtigt. - Ich bin mit einer Türkin verheiratet und kenne sehr viele Türken, die in Deutschland leben. Und genau unter diesem Zwiespalt ihr Leben lang leiden.

  • Was mich hier wundert, ist, dass Gracia zögert in das Ghetto zu ziehen! Müsste doch eigentlich genau ihr Ding sein, unter Gleichgläubigen zu leben und für ihren Glauben nicht verfolgt zu werden...


    Schade, dass sich die Schwestern so entzweien, aber so kommt Spannung auf ob Gracia die Flucht gelingen wird.


    Und über Scheppering könnte ich mich ja aufregen! Was muss der denn Brianda auf so eine Spur hetzen, man könnte ja glatt glauben, der hätts gewusst...


    Was mir nicht so gefiel, war der Beginn von Kapitel 11: "Ein Gespenst geht um in Europa [...]"). Spontan hab ich gedacht, was hat jetzt der Kommunismus damit zu tun und dann bei näherer Betrachtung festgestellt, dass es zum einen um Luther geht und das kommunistische Gespenst ja erst dreihundert Jahre später spukt...


    So jetzt muss ich mehr über diese Flucht lesen...

    Liebe Grüße :wave


    Waldmeisterin


    Every day I give my family two choices for dinner: take it or leave it!


    Nulla unda tam profunda quam vis amoris furibunda

  • Bis jetzt hab ich ja klammheimlich mitgelesen, bin leider wie immer eine Schnecke.
    Ich finde Gracia faszinierend, aber mögen kann ich sie trotzdem nicht. Sie riskiert eine Menge und bewirkt eine Menge, aber sie kann nicht einsehen, dass es auch andere Lebenskonzepte gibt als ihres. Ich meine jetzt nicht, dass sie Brianda das Geld der Firma überlassen sollte, aber zumindest sollte sie über ihr Leben selbst entscheiden können. Wenn das am Ende beinhaltet, dass Brianda stirbt, dann ist es halt so, zumindest hat sie aber ihre eigenen Entscheidungen getroffen und nicht die aufgezwungenen. Eigentlich konnte es ja nur so kommen, dass es zwischen den beiden mal einen großen Streit gibt.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Waldmeisterin
    Was mich hier wundert, ist, dass Gracia zögert in das Ghetto zu ziehen! Müsste doch eigentlich genau ihr Ding sein, unter Gleichgläubigen zu leben und für ihren Glauben nicht verfolgt zu werden...


    Aber das wäre mit Einschränkungen verbunden. Zu Anfang des Abschnittes gibt es einen Gedankengang von ihr zu dieser Entscheidung. Ihr wäre der Handel in dem Ausmaß, den sie sich vorgenommen hat, nicht möglich gewesen. Außerdem wäre sie dann endgültig als Jüdin "gebrandmarkt" und das hätte sie Ansehen gekostet. Kein Handel, kein Geld, keine Schiffe mit Flüchtlingen. Also war sie auch hier wieder gezwungen, unter dem Deckmäntelchen der getauften Jüdin zu agieren.


    Ihr Verhalten in diesem Abschnitt hat mir übrigens gar nicht gefallen. Anmaßend, so über das Leben der Schwester bestimmen zu wollen und einer Frau, die die gleichen Rechte hat wie sie, etwas verbieten zu wollen.


    Hier ist dann auch klar geworden, dass sie Tristan und Brianda gegeneinander ausgespielt hat, um deren Hochzeit zu verhindern. Hier drängt sich mir wieder der Eindruck auf: Die Sache ist wichtiger als der einzelne Mensch.


    Wer einen einzelnen Menschen rettet, rettet die ganze Welt.


    Das gilt aber offenbar nicht für die Menschen in ihrer näheren Umgebung. Die setzt sie sogar, siehe Diogo, der Gefahr aus, mit dem Leben zu bezahlen.


    Ich versuche noch immer, die Denkweise der damaligen Christen zu verstehen. Es geht ja getreu dem Motto: Tod den Juden, denn sie haben Christus ans Kreuz gebracht. Das Christus aber auch ein Jude war, es das Christentum ohne das Judentum nicht gegeben hätte, beide sich das alte Testament teilen und die Juden aus diesen Gründen zumindest als gleichwertige Religion anzuerkennen - gab es eigentlich damals irgendeinen, nur einen, der diese Gedanken gehabt haben könnte?


    Ich habe beim Lesen manchmal das Gefühl, Gracia zieht das Unglück bzw. die Judenhasser durch ihre ständige Präsenz an. Wie wäre ihre Leben oder ihre Geschichte verlaufen, wenn sie im "geheimen" gehandelt hätte, ohne dieses riesige, immer präsente Handelshaus, das man ja nicht übersehen kann.


    Die Schilderung von Venedig im Nebel weckt übrigens eine große Sehnsucht, das mal mit eigenen Augen sehen zu wollen. :-)

  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Bis jetzt hab ich ja klammheimlich mitgelesen, bin leider wie immer eine Schnecke.
    Ich finde Gracia faszinierend, aber mögen kann ich sie trotzdem nicht. Sie riskiert eine Menge und bewirkt eine Menge, aber sie kann nicht einsehen, dass es auch andere Lebenskonzepte gibt als ihres. Ich meine jetzt nicht, dass sie Brianda das Geld der Firma überlassen sollte, aber zumindest sollte sie über ihr Leben selbst entscheiden können. Wenn das am Ende beinhaltet, dass Brianda stirbt, dann ist es halt so, zumindest hat sie aber ihre eigenen Entscheidungen getroffen und nicht die aufgezwungenen. Eigentlich konnte es ja nur so kommen, dass es zwischen den beiden mal einen großen Streit gibt.


    Das ist wahrscheinlich einerseits der Wunsch, die Familie zusammenhalten zu wollen, andererseits offenbar der Gedanke, dass ausschließlich sie die richtigen Entscheidungen treffen kann, weil die anderen nicht in der Lage dazu sind. Eigentlich erstaunlich in Anbetracht ihrer ständigen Selbstzweifel.

  • Zitat

    Original von Peter Prange


    Deine Verwunderung ist berechtigt. Normalerweise reisten Frauen nur in Begleitung. So wie Brianda. Die ja von einem ganzen Konvoi beschützt wird. Doch Gracia ist ja - historisch gesehen - eine geradezu unglaubliche Ausnahmeerscheinung. Fast alles, was sie in ihrem Leben getan hat, ist vollkommen untypisch für eine Frau der damaligen Zeit. Das hat mich vom ersten Moment so sehr an ihr fasziniert. Die erste Info, die ich über sie erfuhr, war, dass der Sultan angeblich eine jüdische Kauffrau am Hof empfangen habe - eine Ungeheuerlichkeit für die damalige Zeit. So bin ich überhaupt auf ihre Spur gelangt.


    Wenn ich Deinen Ausführungen über den Talmud folge, muss ihr Verhalten für die männlichen Juden doch ein Frevel gewesen sein. Einerseits setzen Sie Gracia auf einen Thron, andererseits sagt der Talmud, dass ein Weib, das seine Stimme vor den Männern erhebt, eine Hure ist. Warum hat man ihr ihr Handeln nachgesehen? Weil man sie für eine wiedergeborene Esther gehalten hat?

  • Zitat

    Original von Peter Prange
    Der Konflikt zwischen den beiden Schwestern war mir auch und vor allem aus heutiger Sicht wichtig. Es ist der Konflikt, in den jeder Mensch gerät, der - aus welchen Gründen auch immer - in einer ihm fremden Kultur lebt. Soll er sich anpassen? Oder soll er alles daran setzen, seine eigene Identiät zu wahren? Beide Optionen sind gleichermaßen verständlich und berechtigt. - Ich bin mit einer Türkin verheiratet und kenne sehr viele Türken, die in Deutschland leben. Und genau unter diesem Zwiespalt ihr Leben lang leiden.


    Der Konflikt zwischen den beiden Schwestern spiegelt für mich den Konflikt in Gracias Persönlichkeit wider. Brianda steht für die Anpassung, das sesshaft werden wollen. Eine Art Wandel, das Annehmen von Neuerungen. Wesenzüge, die Gracia im Ansatz auch hat, die aber durch das tradtionsbewusste Denken, das Festhalten an der Religion, in die sie hineingeboren wurde, immer verdrängt werden.


    Ich weiß nicht, welchen Weg ich wählen würde, ob ich mein Leben lang bereit wäre zu kämpfen, auf meinen inneren Frieden zu verzichten oder ob ich nicht irgendwann doch sagen würde: ich passe mich dem Land, in dem ich lebe, an. Heute würde einem das vermutlich leichter gemacht. Damals gab es nur das entweder oder, wobei das entweder ja meist mit dem Tod endete.

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Wenn ich Deinen Ausführungen über den Talmud folge, muss ihr Verhalten für die männlichen Juden doch ein Frevel gewesen sein. Einerseits setzen Sie Gracia auf einen Thron, andererseits sagt der Talmud, dass ein Weib, das seine Stimme vor den Männern erhebt, eine Hure ist. Warum hat man ihr ihr Handeln nachgesehen? Weil man sie für eine wiedergeborene Esther gehalten hat?


    Genau dieser "Widerspruch" macht ja einen Teil von Gracias Größe aus, aber sicher auch von ihrer permanenten inneren Gefährdung, über das Ziel hinaus zu schießen und jedes Maß zu verlieren. Obwohl sie eine Frau ist, lebt sie in dem BEwusstsein, dass die Vorsehung ihr eine Mission auferlegt hat, an der auch jeder Mann zugrunde gehen würde. Dieses Gefühl der Erwähltheit entgegen ihrer Stellung als Frau, ist eine Bürde, die immer wieder viel zu schwer für sie ist - und die sie nur glaubt, mit doppeltem Glaubenseifer tragen zu können. Das ist ihr ewiges Dilemma - weshalb wir sie gleichzeitig bewundern für ihre Kraft und ihren Mut, und gleichzeitig an ihr verzweifeln, wenn sie für Ihre Mission alle Rücksichten außer Acht lässt..

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Aber das wäre mit Einschränkungen verbunden. Zu Anfang des Abschnittes gibt es einen Gedankengang von ihr zu dieser Entscheidung. Ihr wäre der Handel in dem Ausmaß, den sie sich vorgenommen hat, nicht möglich gewesen. Außerdem wäre sie dann endgültig als Jüdin "gebrandmarkt" und das hätte sie Ansehen gekostet. Kein Handel, kein Geld, keine Schiffe mit Flüchtlingen. Also war sie auch hier wieder gezwungen, unter dem Deckmäntelchen der getauften Jüdin zu agieren.


    So, hab auch mal wieder ein paar Minuten Zeit, um hier weiterzumachen:


    Klar wäre das mit Einschränkungen verbunden gewesen, aber es ist so verlogen, das passt gar nicht zu ihr. So à la "Ich muss ja hier draussen bleiben und all meinen Luxus geniessen, um all die anderen zu retten..." Wundert mich auch, dass da niemand von den Ghettojuden prostestiert hat!

    Liebe Grüße :wave


    Waldmeisterin


    Every day I give my family two choices for dinner: take it or leave it!


    Nulla unda tam profunda quam vis amoris furibunda

  • Es bleibt weiter spannend. Gracia hat sich mit Brianda gestritten. Was wohl aus dem gemeinsamen Vermögen wird ?


    Zitat

    Original von Bouquineur:


    Ihr Verhalten in diesem Abschnitt hat mir übrigens gar nicht gefallen. Anmaßend, so über das Leben der Schwester bestimmen zu wollen und einer Frau, die die gleichen Rechte hat wie sie, etwas verbieten zu wollen.


    Hier ist dann auch klar geworden, dass sie Tristan und Brianda gegeneinander ausgespielt hat, um deren Hochzeit zu verhindern. Hier drängt sich mir wieder der Eindruck auf: Die Sache ist wichtiger als der einzelne Mensch.


    Das ist mir bei Gracia auch schon aufgefallen.