Martin Amis, "Yellow Dog"

  • Alexander Meo, genannt "Xan", Schauspieler und Buchautor, begibt sich
    einmal im Jahr in eine Kneipe namens "Hollywood", um sich zu besaufen -
    mit Drinks, die u.a. "Ständer" heißen. Aber dieses Mal wird er
    zusammengeschlagen, auf dem Weg in die Bar. Im Anschluß an den
    Krankenhausaufenthalt stellt sich nach und nach heraus, daß nicht nur Xans
    Motorik angeschlagen ist, sondern sein Moralempfinden völlig außer Kraft
    gesetzt zu sein scheint. Ehefrau Russia muß Xan aus dem Haus werfen, um
    die beiden sehr jungen Töchter zu schützen. Xan ist zum asozialen und
    moralfreien Monstrum geworden. Henry, König von England, sieht sich mit
    der Problematik konfrontiert, daß ein unbekannter Erpresser mit der
    Veröffentlichung eines Videos droht, das die jugendliche Prinzessin - und
    Kronfolgerin - nackt im Badezimmer zeigt, augenscheinlich nicht alleine.
    Clint Smoker, der unter dem Pseudonym "Yellow Dog" Stammtischkolumnen für
    ein Männermagazin schreibt, dessen Redaktion die Leser liebevoll- ehrlich
    "Wichser" nennt, lernt per Internet eine Frau kennen, die seinen
    Vorstellungen absolut zu entsprechen scheint - und sich nichts daraus
    macht, daß Clint eher spärlich ausgestattet ist. Und dann ist da noch 101
    Heavy, die Maschine auf dem Landeanflug, die in Turbulenzen gerät, was
    fatale Folgen für eine Leiche und ein paar Fässer Giftmüll im Gepäckraum
    hat.


    Martin Amis macht es dem Leser nicht gerade leicht, und das ist ein
    Euphemismus. Die skizzierten vier Handlungsstränge und einige weitere
    bilden das fadenscheinige Gerüst von "Yellow Dog", einem verwirrenden,
    sehr anstrengenden Buch über Pornographie, Moral, unterdrückte Wünsche und
    die Grundregeln des gesellschaftlichen Zusammenseins. Amis versteckt eine
    Unzahl Anspielungen in diesem Roman, der sprung- und wechselhaft
    daherkommt und seinem Leser eine hohe Konzentration abverlangt, das
    Durchhalten allerdings nur ungenügend belohnt. Letztlich lassen sich
    mehrere Ebenen finden, je nachdem, wie tief man einzusteigen bereit ist,
    und als Folge dessen bietet "Yellow Dog" auch verschiedene Lesarten,
    abhängig davon, wie weitgehend die Rätsel und Andeutungen entschlüsselt
    werden. Gelingt das jedoch nicht, hat man es mit einem ermüdenden Buch zu
    tun, das den Leser völlig verständnislos zurückläßt. Amis war schon
    besser, vorsichtig ausgedrückt, und in "Gier" nach wie vor unübertroffen.

  • Schlecht ist das Buch nicht, aber Martin Amis hat schon bessere Bücher abgeliefert. Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, als wenn der Autor hier versucht sich selbst zu übertreffen und dabei verkrampft. Manches in diesem Buch wirkt etwas steif. Er war schon spritziger. Natürlich ist es nicht immer leicht, die Rolle auszufüllen, in die man gedrängt wurde. Martin Amis wurde in die Rolle des „etwas außergewöhnlichen“ Autors gedrängt und ganz langsam merkt er wohl auch die Mauern dieses „Gefängnisses“. Die Lektüre lohnt sich, gar keine Frage und ich kann es ohne Bauchschmerzen empfehlen. Vielleicht sollte man aber hier auf die Taschenbuchausgabe warten, so es denn überhaupt eine gibt. Wären wir in der Schule, so würde ich für dieses Buch ein glattes "befriedigend" geben, mit der Tendenz zum "ausreichend".

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hallo, Voltaire.


    Wenn ich es mit "Gier", "1999 (London Fields)" oder "Information" vergleiche, die ich allesamt sehr genossen habe, kann ich diesem Buch keine Drei minus geben. Es ist einfach irgendwie ... daneben. Im Sinne des Wortes. Einigen wir uns auf eine Vier mit Tendenz zur Vier plus? :grin

  • Zitat

    Original von Tom
    Einigen wir uns auf eine Vier mit Tendenz zur Vier plus? :grin


    Das trifft es sehr gut. Mehr kann der gute Martin Amis beim besten Willen nicht erwarten. Ich fand gerade "Information" genial und dann dagegen "Yellow Dog" - irgendwie doch enttäuschend.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.