Tom Liehr - Pauschaltourist

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  • Hallo, Krokus.


    Zitat

    die vergleiche (an einer stelle zB der sich nach dem pipipausenadler umschauende geier) sind einfach nur köstlich, wenn ich mich auch manchmal fragte, ob tom wirklich wissen kann, wie es um die zehenzwischenräume eines marathonläufers geschmacklich bestellt ist.


    Selbstverständlich weiß ich das. Ich war jahrzehntelang der stellvertretende Zehenzwischenraumauslecker eines baltischen Amateurmarathonläufers.


    Zitat

    will sagen, gelegentlich wandelte der ausdruck sehr hart an meiner persönlichen grenze zum übertrieben-finden.


    Von welcher Seite aus betrachtet? ;-)


    Zitat

    diese grenze fand ich an manchen stellen auch überschritten und zwar hauptsächlich, was die beschreibungen älterer und übergewichtiger mitbürger betrifft.


    Okay, jetzt mal Spaß beiseite (warum eigentlich? :gruebel). Natürlich ist es ein Unding, sich über Alte und Dicke lustig zu machen. Äh. Über Senioren und Abweichendgewichtige. Aber das macht ja auch mein Protagonist; ich tue das nicht. Und Nikolas macht im Buch eine Wandlung durch. Sein aufgesetzter Zynismus kapituliert irgendwann.


    Andererseits, stimmt schon. Die bildhaften Vergleiche sind nicht gerade dünn gesät, aber erstens mag ich sie einfach unglaublich gerne (und sie dürften Dir auch aus den vorigen Büchern bekannt gewesen sein) und zweitens sagen sie viel in wenigen Worten, ohne Tempo aus der Sache zu nehmen, ganz im Gegenteil. Mag sein, dass es nach dem Geschmack des einen oder anderen Lesers in "Pauschaltourist" ein bisschen überhand nimmt, aber es war, wie ich finde, einen Versuch wert. ;-)


    Zitat

    manchmal ertappte ich mich dabei, mich - wie ich dann feststellte zu sehr - vom locker-lustig-eloquent-frechen stil mitreißen zu lassen und dabei fast kritiklos zu werden.


    :grin

    Zitat


    woher, fragte ich mich dann, will der autor wissen, dass es in einem mobilfunkladen nach angestellten- (und nicht nach kundenschweiß) müffelt.


    Es sind immer die Verkäufer, die schwitzen. Kunden haben keinen Gründe dafür (dass es warm ist, lasse ich nicht gelten :grin).


    Zitat

    und unmittelbar danach der käsegesichtige rütli-schüler. nein, ich habe diese schule nicht besucht, kenne aber jemanden, der dies getan hat - und trotzdem ein geschätztes mitglied meines realen bekanntenkreises ist. mir ist auch klar, dass der autor hier nicht bewusst beleidigen wollte, sondern nur eine charakterisierung vornehmen, ein bild vermitteln wollte. aber gerade, dass das klappt, macht mich ebenso betroffen wie skeptisch.


    Mit dieser Formulierung habe ich tatsächlich gehadert, und wenn ich mich recht erinnere, wollte sie mein Lektor streichen. Selbstverständlich tut man den Leuten unrecht, wenn man solche Vergleiche benutzt. Andererseits entsteht das Bild in Dir - Du bist es, der assoziiert! Und wenn das trotz allem funktioniert, war es wieder richtig.


    Zitat

    aber gerade, dass das klappt, macht mich ebenso betroffen wie skeptisch.


    Das sollte es auch. Das Rütliding ist ein gutes Beispiel dafür. Wenn man (Vor-)Urteile einfach annimmt und verallgemeinert, macht man etwas falsch. Das hat auch etwas mit dem Thema des Buches und, wie erwähnt, Nikolas' Wandlung zu tun. Möglicherweise habe ich das nicht gut genug herausgearbeitet. Aber ich werd's nicht ändern. ;-)


    Danke für den Hinweis mit "San Agustin". Das kommt davon, wenn man zu faul für die Recherche ist und "gefühlte Erinnerung" einfließen lässt. Ich werde veranlassen, dass das in der nächsten Auflage geändert wird.


    Und herzlichen Dank für die ausführliche Kritik. :wave

  • Zitat

    Original von Tom
    Hallo, Krokus.


    Selbstverständlich weiß ich das. Ich war jahrzehntelang der stellvertretende Zehenzwischenraumauslecker eines baltischen Amateurmarathonläufers.


    :rofl


    Zitat

    Von welcher Seite aus betrachtet? ;-)


    im positiven sinne, meistens jedenfalls. wenn es anders war, hab ich es oben erwähnt


    Zitat


    Okay, jetzt mal Spaß beiseite (warum eigentlich? :gruebel). Natürlich ist es ein Unding, sich über Alte und Dicke lustig zu machen. Äh. Über Senioren und Abweichendgewichtige. Aber das macht ja auch mein Protagonist; ich tue das nicht. Und Nikolas macht im Buch eine Wandlung durch. Sein aufgesetzter Zynismus kapituliert irgendwann.


    Andererseits, stimmt schon. Die bildhaften Vergleiche sind nicht gerade dünn gesät, aber erstens mag ich sie einfach unglaublich gerne (und sie dürften Dir auch aus den vorigen Büchern bekannt gewesen sein) und zweitens sagen sie viel in wenigen Worten, ohne Tempo aus der Sache zu nehmen, ganz im Gegenteil. Mag sein, dass es nach dem Geschmack des einen oder anderen Lesers in "Pauschaltourist" ein bisschen überhand nimmt, aber es war, wie ich finde, einen Versuch wert. ;-)


    abweichendgewichtige... :lache
    stimmt. offenbar habe ich - hier vielleicht entschuldbar durch die ICH-form des romans - protagonist und autor zu sehr vermischt. die wandlung von nikolas habe ich bemerkt.
    zustimmung auch zu dem, was du zu den bildhaften vergleichen schreibst.
    der pipiadlerfürchtegeier war unschlagbar und nötigt mir jetzt schon wieder ein schmunzeln ab. man sieht den hektisch um sich blickenden nikolas vor sich, wie er die hotelanlage verlässt. :grin


    über deine rütliausführungen denke ich noch nach, habe aber jetzt schon das gefühl, dass du recht hast.


    ähm... san agustin... war das jetzt konstruktive kritik? (ich mag nicht im wattethread mitmischen, denke aber noch über deine dortigen ausführungen zu dem thema nach. wenn diese frage hier stört, bitte ignorieren).

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Ich habe gerade Besuch aus Deutschland und hab meiner Tante als Urlaubslektuere den Pauschaltouristen gegeben. Sie amuesiert sich koestlich! Vor allem die Sache mit den Handtuechern brachte sie zum Lachen. Auf einer ihrer ersten Reise nach der Wende ging es in die Tuerkei, und sie waren sehr ueberrascht all die Handtuecher auf den Poolliegen zu sehen, wo sie selber doch mit kleinem Kind an der Hand SEHR frueh zum Fruehstueck kamen. Wann sind die denn aufgestanden?????


    Allerdings ist sie als stolze Leipzigerin nicht so begeistert, dass Tom ausgerechnet die Sachsen so auf dem Kieker hat :rolleyes

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Zitat

    Allerdings ist sie als stolze Leipzigerin nicht so begeistert, dass Tom ausgerechnet die Sachsen so auf dem Kieker hat


    Hat er? :wow


    Okay, die Diebin und ihr gut aussehender Begleiter stammen aus Sachsen, aber - auf dem Kieker? Nee. ;-)


    Freut mich, dass Deine Tante ansonsten Spaß hatte!

  • Zitat

    Original von Tom


    Hat er? :wow


    Okay, die Diebin und ihr gut aussehender Begleiter stammen aus Sachsen, aber - auf dem Kieker? Nee. ;-)


    So ganz glaubt sie dir die Neutralitaet nicht. Berliner und Sachsen - das ist doch ein Thema fuer sich ;-)

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • „Pauschaltourist“ ist ein locker geschriebener Roman - nicht nur für den Urlaub - der das Thema „Pauschalreisen“ mit spitzer Feder aufs Korn nimmt. Er ist unterhaltsam, vergnüglich und ohne große Anstrengungen zu lesen, und wer wie ich eine leichte Lektüre zum flüssigen „Durch“lesen sucht, kommt damit auf seine Kosten.


    Natürlich wird bei diesem Thema kein Vorurteil ausgelassen und so kommt das Koma saufen genauso vor wie die Handtuchpoolliegenbesetzer. Obwohl so das Buch größtenteils vorhersehbar war (genauso wie die persönliche Geschichte der Hauptpersonen), war es doch erstaunlich kurzweilig. Zwar hab ich mich schon beim 2. Hotel genervt gefragt: „Kommen jetzt wirklich noch vier Hotels mit den gleichen Geschichten?“ doch schaffte der Autor es dann doch, mich mit interessanten Episoden bei der Stange zu halten.


    Die Protagonisten waren gerade am Anfang sehr nervig und hatten – abgesehen von Nicolas, der Hauptperson – auch keine große Entwicklungsmöglichkeit. Nicolas ist ein arroganter Schnösel, der aber teilweise genau die gleichen Verhaltensweisen an den Tag legt wie die von ihm verachteten Pauschaltouris. Im Laufe des Buches mehren sich seine positiven Seiten, die ihn zumindest ansatzweise sympathisch machen.
    Immer noch frage ich mich, warum so viele Fremdwörter in dieser Art von Buch? Auch viele Jugendkulturbegriffe habe ich einfach nicht verstanden. Die verwendete Sprache ist direkt, sehr direkt, doch mehr als diese deftige Sprache haben mich die verbalen Rundumschläge gestört, die hier ausgeteilt wurden. Dabei fand ich oft die Grenze zur Beleidigung überschritten.


    Das Buch ist witzig geschrieben, zum Teil kamen mir die Pointen bemüht vor und es gab die typischen Schenkelklopferwitze, zum Teil hatte es aber einen wirklich feinen, hintersinnigen Humor zum Schmunzeln, der mir gut gefallen hat. Davon hätte ich gerne mehr gehabt, wobei es etliche Anspielungen gab, die der Leser wohl auch nur versteht, wenn er die Ansichten des Autors zumindest teilweise kennt.


    Als Büchereule habe ich mich über das Nachwort natürlich sehr gefreut! :-)


    Fazit: Leichte Unterhaltung zum Abschalten, der trotz seiner ganzen Kritik Lust auf Urlaub weckt.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Es ist ja nun schon ein bisschen was her, dass die letzte Rezi zu diesem Buch hier gepostet wurde, ich puste nur mal eben kurz den Staub vom Thread. *husthust*


    Ja, das Buch ist schon ein bisschen älter und eigentlich wollte ich es ja auch schon seit 2009 lesen, aber wie es immer so ist, es gibt einfach ZU VIELE Bücher und zu wenig Zeit. Kurzgeschichten von Tom und Ausschnitte aus vielen seiner Romane kannte ich ja schon. Nur Roman hatte ich eben noch keinen gelesen. Ich hatte ja kurzzeitig auch überlegt einfach mit einem anderen anzufangen, wie z.B. Sommerhit, aber ich hatte mir in den Kopf gesetzt: Wenn ich meinen ersten Liehr lese, dann muss es dieser sein. Und nun war es also endlich soweit.


    Ich hatte themenbedingt etwas Lustiges, durchaus auch Überspitztes und Ironisches erwartet, was ich auf jeden Fall bekommen habe. Außerdem habe ich aber auch noch eine Geschichte bekommen, die, im Gegensatz zu den meisten anderen Romanen in denen es um missglückte Urlaubserlebnisse geht, einen mitschwingenden Tiefgang und einen trotz seines vorgeschobenen Sarkasmus erstaunlich warmherzigen und sympathischen Protagonisten aufweist. Es hat vielleicht 50 Seiten gedauert und ich konnte wirklich und wahrhaftig sagen: Ich mag diesen Nikolas.
    Er ist nicht perfekt, dabei sich selbst gegenüber was das und viele andere Dinge betrifft so wunderbar ehrlich. Er kann seine Klappe nicht mal halten, wenn er befürchten muss, dafür Dresche zu kriegen, einfach weil er so ein verdammt anständiger Kerl ist. Klar trifft er nicht immer die richtigen Entscheidungen, aber zum Glück denkt er doch eben meistens nach bevor er sich in irgendwelche Situationen stürzt.
    Mit Nina hatte ich am Anfang etwas mehr Schwierigkeiten (sie zeigt sich ja auch erst mal etwas spröde, bzw. wird von Nikolas so wahrgenommen), aber letzten Endes entpuppt auch sie sich als jemand, der da ist, wenn es wirklich wichtig ist.


    Die manchmal sehr bildhaften Vergleiche von Umgebung und Umgebenden fand ich treffend und auf jeden Fall plastisch. Letzten Endes auch, weil man doch selbst so oft im Kopf Vergleiche anstellt, wenn man an neue Orte kommt oder Menschen das erste Mal trifft. Und nicht immer sind diese Vergleiche sehr schmeichelhaft. Was mir gefallen hat, war in dieser Hinsicht auch, dass Menschen, die auf den ersten Blick eine eher abschätzige Beschreibung von Nikolas verpasst bekommen haben sich im weiteren Verlauf durchaus als sehr liebe Leute herausgestellt haben (und umgekehrt). Da wurden nicht einfach irgendwelche stupiden Klischees bedient.


    Was die Reiseziele angeht, war ich noch in keinem der geschilderten und das Buch hat jetzt auch ehrlicherweise nicht uuunbedingt die große Lust geweckt, da jemals hinzufliegen, aber unterhaltsam war es allemal. Trotzdem war da die Kritik an dem was der Massentourismus der Authentizität der Länder antut und wie die Bevölkerungen dort darauf regiert. Und Andererseits gab es durch Nikolas' Blickwinkel aber auch wieder das Verständnis für die Menschen die das ganze Jahr sparen nur um einfach mal aus ihrem tristen Alltag rauszukommen. Eine ganz tolle Figur fand ich in diesem Zusammenhang auch Hugo Marques aus dem Hotel in Portugal. Ein Mann mit Durchblick und einer gewissen Melancholie, weil er trotz des Durchblickes ja nicht allzu viel an der Situation ändern kann. Aber er tut, was in seiner Macht steht.


    Ergänzend möchte ich noch hinzufügen
    [sp]... wie froh ich war, dass eben NICHTS zwischen Nikolas und Nina passiert ist. Das hätte mir echt ein bisschen was vom Buch genommen. Klar gab es Spannungen und es ist auch okay, dass die beiden sich dessen bewusst waren. Aber da war die Freundschaft und das neu aufgebaute Vertrauen ihnen einfach wichtiger als mal eben so eine schnelle Nummer ohne große Bedeutung. Auch, dass für Nikolas nicht auf Teufelkommraus eine neue feste Partnerin her musste, hebt sich angenehm ab von den meisten anderen.


    Den Epilog fand ich eine coole Idee, auch wenn es ganz schön auf-und-ab ging. Erst freut man sich mit Jens, weil er wieder gesund wird, dann lässt der A... seine Frau sitzen, die die harte Zeit mit ihm durchgestanden hat.


    Ach ja, und ich hätte am Schluss doch so gerne gewusst, was Nikolas am Tisch zu Steini und Silke noch so gesagt hat, das war eine echt fiese Stelle um Schluss zu machen![/sp]


    Fazit: Das was ich erhofft hatte und noch etwas mehr. Unterhaltsam und lustig, aber deshalb noch lange nicht oberflächlich. Pauschaltourist bleibt sicher nicht der letzte Liehr, den ich gelesen habe.


    P.S. Nein, ich frage jetzt nicht, ob da was autobiographisch war. :lache

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Eigentlich für die Rätsel-Sektion zuständig, werden Magazinredakteur Nikolas Sender und mit seiner Kollegin Nina Blume dazu verknackt, sechs Wochen lang verschiedene Pauschalurlaub-Angebot vor Ort zu testen. Die Freude hält sich in Grenzen, zumal Niko privat mit Beziehungsproblemen zu kämpfen hat und auch seine ältere Kollegin Nina nicht besonders mag. Beides löst sich relativ schnell, indem Niko von seiner Freundin verlassen wird und sich Kollegin Nina als gar nicht so schlimm entpuppt. Gemeinsam reisen die zwei unter anderem nach Gran Canaria, nach Mallorca und später sogar nach Ägypten. Selbstverständlich geht bei den Reisen alles schief und auch die Urlaubsbekanntschaften sind nahezu durch die Bank durch skurril. Das führt zu etlichen Verwicklungen und ebenso vielen Schmunzelmomenten. Dennoch (oder gerade deswegen) stellt vor allem die erste Hälfte des Romans ein kontinuierliches Ablästern über Billigurlaube und schlechtes Essen dar. Das fand ich etwas ermüdend, weshalb ich froh war, als sich der Fokus im zweiten Teil der Geschichte auf andere Ereignisse richtete. Mit „Pauschaltourist“ ist Tom Liehr ein amüsanter Roman für Zwischendurch gelungen, der zwar nicht mit vielen Überraschungen aufwartet, aber zu unterhalten weiß.