Titel: Pauschaltourist
Autor: Tom Liehr
Verlag: Aufbau-Taschenbuch-Verlag
Erschienen: Oktober 2009
Seitenzahl: 320
ISBN-10: 3746625335
ISBN-13: 978-3746625331
Preis: 8.95 EUR
Nikolas und Nina, zwei Zeitungsredakteure, werden auf eine ganz besondere Mission geschickt. Man setzt sie auf die Spuren der pauschalreisenden, „sich-all-inclusiv-bewegenden“ Touristenhorden, die – wie der Klappentext sagt – in „Bettenburgen des Grauens“ zusammen gepfercht sind. Nina ist zwar Reisejournalistin, ist aber bisher über Urlaubsreisen nach Sylt nicht hinausgekommen. Nikolas betreut die Leserbriefseite und darf sich dazu noch um die Rätselecke der Zeitung kümmern. Und eigentlich mögen sich beide auch nicht so sehr. Nina leidet dazu nicht nur unter ihrer Flugangst, zu allem Überfluss schleppt sie auch noch ihren Pudel Bimbo überall mit – so eben auch ins Flugzeug. Eigentlich sind die beiden durch nichts dazu prädestiniert, in einer sechswöchigen Reisetour die Bedingungen von Pauschalreisen auszutesten und in ihrer Zeitung über ihre Erfahrungen darüber zu berichten.
Wer die Absicht hat dieses Buch zu lesen, der kann sich auf einige Stunden sehr ansprechende Unterhaltung einstellen. Und es ist ja ein offenes Geheimnis, dass es wirklich nicht leicht ist, Menschen gut zu unterhalten. Und gute, wirklich ansprechende Unterhaltung bietet Tom Liehr mit diesem Buch. Die Geschichte wird mal humorvoll, mal etwas melancholisch, durchaus auch pikant, dazu an einigen Stellen gewürzt mit Sarkasmus und böser Ironie, erzählt. Gerade diese Mischung ist es, die den Reiz dieses Buches ausmacht. Liehr macht nicht den Fehler und reiht billige Witzchen und Kalauer sinnleer aneinander, nein, vielmehr gewichtet er geschickt, schafft die verschiedenen Stimmungen und Stimmungsbilder eben dorthin wo sie eben in die Geschichte hinpassen. Witze um der Witzewillen scheinen sein Ding nicht zu sein. Und dort, wo Ernsthaftigkeit angebracht ist, dort wird sie auch in die Geschichte eingestellt.
Seine handelnden Figuren wirken zutiefst menschlich. Menschen mit all ihren Schwächen und Stärken, die halt so handeln, wie Menschen auch im realen Leben handeln würden. Auch wenn es eine erfundene Geschichte ist, wenn alles nur Fiktion ist, so wird sicher der eine oder andere sich oder seine Urlaubsaufenthalte wiedererkennen.
Tom Liehr bedient sich eines lockeren, eines sehr flüssig zu lesenden Schreibstils und meidet dabei aber irgendwelche aufgesetzten Oberflächlichkeiten. Sehr gut schafft er es, pikante und ggf. auch anzügliche Szenen so darzustellen, dass Zotigkeiten und billige Effekthaschereien vermieden werden. Und auch kritische Seitenhiebe auf die Tourismusindustrie und die sie benutzende Klientel fügen sich sehr schön in die erzählte Geschichte ein. Und soviel sei noch verraten: Auch das Gefühl kommt in diesem Buch nicht zu kurz.
Mit diesem Buch dürfte sich Tom Liehr wohl endgültig als Autor für gute, zeitgenössische und unterhaltende Literatur freigeschwommen haben. In meinen Augen ist „Pauschaltourist“ sein bestes Buch.
Wirklich zum Lesen empfohlen.