Wie schreibt man einen Bestseller?

  • Ein sehr interessanter Artikel, besonders auch für Branchenfremde.


    Nach dem Lesen habe ich mich allerdings gefragt, weshalb gerade Herr Schorbs Buch begleitet wurde oder was sonst der Anstoß zu diesem Artikel war. Das generelle Interesse der Leute am Buchhandel?


    Leider lässt der Artikel auch offen, wie es mit einem Autor wie Schorb im Anschluß an die Veröffentlichung weitergeht. Erhält er neue Auf-/Verträge, wenn sich sein Erstling gut verkauft?


    Ich habe beobachtet, das viele Autoren nach ihrem ersten Buch jedes Jahr wieder ein neues hinterherschieben, meist im selben Genre und meist auch im gleichen Verlag. Liegen dem Langzeitverträge zugrunde oder endet die Geschäftsbeziehung zwischen Autor und Verlag grundsätzlich, wenn sich ein Werk schließlich nicht soundsoviel Mal verkauft?


    (Zwar etwas off-topic, aber dieser Artikel hat bei mir eine ganze Reihe Fragen aufgeworfen).

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
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  • Zurzeit wird das Thema mächtig publik gemacht. Vielleicht hilft das ein bisschen, dass manche Buchkäufer mit geöffneten Augen und Interesse fürs Detail in die Buchläden zu gehen.


    Heute im Fernsehen (SWR): [URL=http://www.tvspielfilm.de/tv-programm/sendung/wie-wird-man-bestseller,1036519129.html]Wie wird man Bestseller?[/URL]


    Grüßle,
    Judith

    Toni und Schnuffel / Tricks von Tante Trix / Papino und der Taschendieb / Das Dreierpack und der böse Wolf
    Tanz mit Spannung / ... und jetzt sehen mich alle! / Voll drauf / Die Kellerschnüffler u.a.

  • Hallo, Alice.


    Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, aber meistens werden am Anfang nur Einzelverträge für jedes Buch gemacht. Bei Debütanten kommt von Verlagsseite gleich als erstes die Frage, ob mehr zu erwarten wäre, weil man weiß, dass Debüts nur ausnahmsweise gleich zu Erfolgen werden - es kostet Zeit und Geld, neue Autoren aufzubauen, und nicht wenige Verlage rechnen bei einem Erstling bestenfalls mit einem Achtungserfolg. Wenn das erste Buch aber nicht völlig floppt und schon in der ersten Auflage makuliert wird, drängen die Verlage oft darauf, dass der Autor schnell nachlegt, was heißt: Ein neues Buch innerhalb von einem, anderthalb Jahren. Den Vorlauf berücksichtigend heißt das, dass der Autor im Prinzip schon kurz nach dem Erscheinen des ersten Titels einen neuen in der Mache haben muss. Mit wachsendem Oeuvre verkaufen sich erfahrungsgemäß auch ältere Titel ("Backlist") besser - mein Erstling "Radio Nights" war ein Achtungserfolg, aber es hat fast drei Jahre gedauert, bis die erste Auflage verkauft war. 2008 ist das Buch dann wiederveröffentlicht worden, und diese Fassung ist schon in der zweiten (insgesamt also dritten) Auflage auf dem Markt. Analog ziehen die auch die neuen älteren Titel mit jeder Neuerscheinung wieder an - vorausgesetzt, der Verlag behält sie im Sortiment. Nicht jeder Verlag gönnt sich den Luxus, zwei- oder dreitausend Exemplare nachzudrucken.


    Manchmal werden aber auch gleich Verträge für mehrere Bücher gemacht, wenn der Verlag wirklich Großes erwartet. Das ist bei Debütanten aber eher die Ausnahme.


    Edit: Meistens findet eine Bindung an den Verlag nicht statt (es sei denn, es sind Verträge gleich für mehrere Bücher gemacht worden). Autoren erhalten auch keine "Aufträge" vom Verlag - sie selbst schlagen neue Projekte vor. Und wenn ein Titel halbwegs erfolgreich war, kann es auch sein, dass ein anderer Verlag mit größerer Kriegskasse auf den Plan tritt und den Autor von seinem Debütverlag abwirbt. Das geschieht sogar ziemlich oft.

  • Danke für den Hinweis, Judith.


    Möglicherweise ist auch die aktuelle Buchmesse in Frankfurt der Auslöser für diese Fokussierung.


    Danke auch Dir, Tom. Nun bin ich wieder ein Stück schlauer. :-)
    Gibt es eigentlich so etwas, wie den Supergau, der einen Autor zu "Kassengift" machen kann und ihm neue Verträge erschwert?


    Sehr traurig finde ich jedenfalls, dass es in der Buchbranche sehr ähnlich zugeht wie in allen Bereichen, wo das Handelsgut eine schöpferische Arbeit ist (was für mich nicht unbedingt auf Kohlköpfe und Sahnepudding zutrifft): die Kreativen stehen ganz am Beginn der Wertschöpfungskette und leisten den größten Einsatz - zumindest zeitlich und (hoffentlich) intellektuell - erhalten hierfür jedoch eine verhältnismäßig geringe Vergütung.
    Natürlich ist nachvollziehbar, dass Verlage ungern ein Risiko eingehen und ihre Kosten schnell wieder einfahren möchten, aber € 8.000,00 halte ich doch für verhältnismäßig wenig für den Aufwand, ein Buch zu schreiben (wobei dieser bei Werken mit wissenschaftlichen Bezügen und Auswertungen sogar noch größer sein dürfte). Das sind gerade mal 3 Monatsgehälter für Otto Normalverbraucher, und ich mutmaße, dass viele Angestellte dafür weniger schaffen/leisten.


    (Fußballer, die nur durch die Gegend rennen und überhaupt nichts Kreatives hervorbringen, erhalten dagegen sechstellige Beträge. Von Politikern ganz zu schweigen).



    edit: Tippfehler

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    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Alice Thierry ()

  • Hallo, Alice.


    Zitat

    Gibt es eigentlich so etwas, wie den Supergau, der einen Autor zu "Kassengift" machen kann und ihm neue Verträge erschwert?


    Natürlich. Flops. Ausschließlich Verrisse in der Presse. Klagen wegen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts (aber: die können auch werbewirksam sein). Beratungsresistenz. Überarbeitungsunwilligkeit. Themeneinerlei. Schreibblockaden. Undsoweiter.


    Acht Riesen als Vorschuss für ein Debüt sind in Ordnung. Schorb verdient dann mehr Geld ab 5.000 verkauften Exemplaren, was im Sachbuchbereich allerdings fast schon ein Bestseller ist. Und man darf den enormen Aufwand auch nicht vergessen, den Verlage betreiben. Es ist teuer, ein Buch auf den Markt zu bringen und dessen Erfolg zu forcieren. Wer seine Kunst nicht in dieser Maschinerie sehen will, muss per BoD veröffentlichen. Und ganz so schlimm, wie es zuweilen dargestellt wird, ist es ja auch nicht. Die Zusammenarbeit mit meinem Verlag zum Beispiel gestaltet sich in der Hauptsache orientiert an meinen Interessen.

  • Hallo Tom,


    noch eine letzte Frage: wann genau wertet ein Verlag ein Buch als Flop? 500 verkaufte Exemplare oder weniger?


    Man sollte meinen, dass sich für jedes Buch zumindest ein paar hundert Käufer finden, wenn es erst einmal gedruckt ist...

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  • Hallo, Alice.


    Im Artikel ist die Rede davon, dass Dumont ab fünftausend Exemplaren schwarze Zahlen mit dem Buch schreiben würde. Das ist viel. Nach meiner Kenntnis rechnen größere Verlage mit dem Break-Even bei zwei- bis dreitausend verkauften Einheiten. Das hängt aber auch davon ab, wie viel in Werbung investiert wird - wenn das ein großes Budget ist, rechnet sich das Buch später. 500 Exemplare sind bei kleinen Verlagen ein Erfolg. Im Bereich Belletristik nennt man etwas schon "Bestseller", das sich in kurzer Zeit zehntausend Mal verkauft, und ab dreißig- bis vierzigtausend Exemplaren redet auch die Allgemeinheit davon.


    Ein Flop ist ein Buch, das sich nicht auszahlt. Manchmal werden Bücher aufgelegt, von denen man weiß, dass sie aller Voraussicht nach floppen werden (siehe oben - Nachhaltigkeit und Longseller). Aber bei 500 Exemplaren dürfte so gut wie jeder größere Verlag von einem Flop sprechen.

  • Zitat

    [i]Heute im Fernsehen (SWR): [URL=http://www.tvspielfilm.de/tv-programm/sendung/wie-wird-man-bestseller,1036519129.html]Wie wird man Bestseller?[/URL]


    In Frankreich gibt es keine Literaturagenten? Steht so in dem Beitrag. Das war mir neu. Wieder was gelernt!

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    aber € 8.000,00 halte ich doch für verhältnismäßig wenig für den Aufwand, ein Buch zu schreiben (wobei dieser bei Werken mit wissenschaftlichen Bezügen und Auswertungen sogar noch größer sein dürfte). Das sind gerade mal 3 Monatsgehälter für Otto Normalverbraucher, und ich mutmaße, dass viele Angestellte dafür weniger schaffen/leisten.


    Oh, dann verdienen mein Mann und ich wohl nur einen Bruchteil von Otto. :wow
    Wenn es gut läuft, bekommt er ja mehr. Und die acht Riesen hat er auf jeden Fall sicher.


    Zitat

    Original von Thom
    500 Exemplare sind bei kleinen Verlagen ein Erfolg.


    Toll, dann sind meine Hundeküsse ein großer Erfolg. :-]


    Grüßle,
    Judith

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  • Zitat

    Oh, dann verdienen mein Mann und ich wohl nur einen Bruchteil von Otto.


    Soweit ich weiß, liegt das monatliche Bruttoeinkommen in Deutschland (West) bei rund € 2.400,00. Also kommt es ungefähr hin. Die € 8.000,00 müssen schließlich auch noch versteuert werden. Aber das ist jetzt doch etwas themafremd. :-)

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  • Die Fernsehsendung fand ich nun nicht so doll; die Artikel sind da informativer.


    Grüßle,
    Judith

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  • Stimmt. War irgendwie so kruschtelig.


    Da wurde unter Befragung von Leuten auf der Straße, Autoren und Verlagsleuten versucht, die Titelfrage zu beantworten, was allerdings nicht recht gelang. Wahrscheinlich, weil es dafür keine Antwort gibt - sonst könnten Verlage ihre Bestseller ja nach Patentrezept kochen und müßten nicht mehr bangen, ob sie da nun das Richtige eingekauft haben oder nicht.


    Das französische Lesepublikum schien mir literarisch anspruchsvoller als das deutsche. Sehr bemerkenswert fand ich, dass eigentlich kein Buch mehrmals genannt wurde und auch Klassiker vielfach erwähnt wurden. Die Leute lesen anscheinend querbeet und greifen eben nicht zur zu den Bestsellern.


    Interessant auch die Aussage von Julia Franck (war es, glaube ich), dass das, was die Masse liest, (qualitativ) nicht gut/anspruchsvoll sein kann, eben weil es die Masse liest. Ganz genau kann ich es aus dem Kopf nicht mehr wiedergeben.


    Schön fand ich den Schluss mit dem Herrn in der Bücherei (oder sollte das woanders sein?). Er sah sich das Regal an, zog das eine oder andere Werk hinaus (teilweise schon jahrzehnte alte Bücher) und meinte, dass man das wieder einmal lesen müsse.
    - Irgendwann stehen eben alle Bücher einmal in einer Reihe und keiner weiß oder fragt mehr, wie oft sie sich verkauft haben.
    Auch Bestseller haben ein Verfallsdatum...

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