Zoé Ferraris lichtet mit Totenverse ein wenig den Schleier für einen Blick auf Saudi Arabien, einen Staat zwischen kaufkräftiger Modernität und strenger muslimischer Tradition
Eine junge Filmemacherin wird tot am Strand von Dschidda in Saudi Arabien aufgefunden. Ist sie wegen ihres Filmprojektes umgebracht worden, in dem sie über die absurde Sexualmoral des streng muslimischen Königreichs berichten wollte? Und in welchem Zusammenhang steht das plötzliche Verschwinden des Ehemanns der jungen US-Amerikanerin Miriam Walker zu dem Todesfall?
Die staatliche Pathologin Katya und ihr männlicher Begleiter, der strenggläubige Wüstenführer Nahir, gehen der Sache nach und stoßen auf einen Fall, der sich ganz anders entwickelt, als anfänglich angenommen.
Mein Fazit:
Strikte Geschlechtertrennung und allgegenwärtige Glaubenswächter, doch auch unverhohlene Doppelmoral und kreative Schlupflöcher für Verliebte: Wie schon in ihrem Debütkrimi „Die letzte Sure“ beschäftigt sich Zoe Ferraris in „Totenverse“ (im englischen Original: City of Veils – Stadt der Schleier) mit der besonderen gesellschaftlichen Situation im Wüsten- und Ölstaat Saudi Arabien, dem strenggläubigsten muslimischen Land der Welt. Erst jüngst schlug dort die Eröffnung einer gemischt-geschlechtlichen Universität durch den pro-westlichen König Abdullah hohe politische Wellen.
Neben ihrem clever inszenierten Kriminalfall beschreibt sie das alltägliche Leben aus der Sicht der Frauen, die weder Autofahren noch alleine einkaufen dürfen und dennoch nach Wegen aus der häuslichen Isolation suchen. Zoe Ferraris, die selbst ein Jahr in Dschidda am Roten Meer verbrachte, lichtet ein wenig den Schleier für einen Blick auf einen Staat zwischen kaufkräftiger Modernität und strenger muslimischer Tradition - spannend und lesenswert zugleich.