Kurzbeschreibung:
England 1147: Eingesperrt in einer verfallenen Inselfestung, fristen sie ein menschenunwürdiges Dasein, weil sie nicht zu den Kindern Gottes zählen: Simon hat die Fallsucht. Edmund hält sich für einen toten Märtyrerkönig. Regy ist ein Mörder und so gefährlich, dass er an einer Kette gehalten werden muss. Losian hat sein Gedächtnis und seine Vergangenheit verloren. Ausgerechnet Letzterem fällt die Führung dieser sonderbaren Gemeinschaft zu, als eine Laune der Natur ihnen den Weg in die Freiheit öffnet. Er bringt die kleine Schar zurück in die "wirkliche" Welt, wo Hunger, Not und Rechtlosigkeit herrschen. Auf ihrer Reise gelangt er zu erschreckenden Erkenntnissen über den Mann, der er einmal war. Und gerade als er einer Frau begegnet, mit der ein Neuanfang möglich scheint, beginnt Losian zu ahnen, dass er die Schuld an dem furchtbaren Krieg trägt, der England zugrunde zu richten droht...
Über die Autorin:
Rebecca Gablé, geboren 1964, studierte Literaturwissenschaft, Sprachgeschichte und Mediävistik in Düsseldorf, wo sie anschließend als Dozentin für Mittelalterliche englische Literatur tätig war. Heute arbeitet sie als freie Autorin. Sie lebt mit ihrem Mann am Niederrhein, verbringt aber zur Recherche viel Zeit in England.
Meine Rezension:
Der Name Rebecca Gablé weckt unter den Fans historischer Romane große Erwartungen und das ist natürlich auch bei ihrem neusten Roman "Hiobs Brüder" der Fall. Dieser eher untypische Roman hat meine Erwartungen voll erfüllt, gerade weil mich die Autorin mit dem ungewöhnlichen Anfang positiv überrascht hat. Ihre Protagonisten sind eine Gruppe von Menschen, die von der Gesellschaft und der Kirche aufgrund ihres Äußeren oder ihrer Persönlichkeit ausgeschlossen und auf einer Insel eingesperrt wurden. Neben Losian, der sein Gedächtnis verloren hat, gibt es den jungen Simon, der an der Fallsucht leidet, den kindlichen Oswald, den alten Luke, der glaubt, eine Schlange wohne in seinem Bauch und den Mörder Regy. Ihre Geschichte beginnt fernab der Burgen und Stallungen, in denen die Romane von Rebecca Gablé sonst angesiedelt sind und gerade das hat für mich den Reiz dieser Geschichte ausgemacht. Insbesondere Losian hat mich von Beginn an fasziniert.
Eingefleischten Gablé-Fans muss jedoch nicht bange sein, auch sie kommen ab dem zweiten Drittel voll auf ihre Kosten, denn dann begeben wir uns in altbekannte und geliebte Gefilde: inmitten des britischen Hochadels und hinein in die Ränke, Kämpfe und Intrigen um die englische Krone. Wie immer gelingt es der Autorin auch hier, das englische Mittelalter farbenprächtig und eindrucksvoll lebendig werden zu lassen, ihre fiktiven Figuren interagieren absolut glaubwürdig und harmonisch mit den historischen Persönlichkeiten, von denen wir in "Hiobs Brüder" einigen begegnen. Deshalb verspricht der Roman nicht nur ein echtes Lesevergnügen, sondern auch neue Ideen, ohne auf lieb gewonnene Erzählstränge verzichten zu müssen. Und ganz nebenbei lernt man auch noch, wie das damals eigentlich war, mit König Stephen, Kaiserin Maud, ihrem Sohn Henry und der berühmt-berüchtigten Alienor von Aquitanien.
Von mir gibt es für diesen tollen Schmöker 9 Punkte!