Droste-Verlag stoppt Islam-Krimi wg. Sicherheitsrisiko

  • Hallo,


    es ist nicht das erste Mal, das eine Kulturinstitution in vorauseilendem Gehorsam Selbstzensur übt: Nahm vor einiger Zeit die Deutsche Oper Berlin den Neuenfels-"Idomeneo" aus Angst vor verletzten religiösen Gefühlen und Rachakten vom Spielplan, ist es diesmal der Droste-Verlag, der die Veröffentlichung des Buches "Wem Ehre gebührt", aus Angst vor islamistischen Übergriffen gestoppt hat.


    Siehe mehr dazu [URL=http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,653054,00.html]hier bei SPIEGEL ONLINE![/URL]


    Wie seht Ihr das? (auch angesichts der gegenwärtigen Diskussion um Herrn Sarrazin)


    Eine richtige Entscheidung, die Verlagsmitarbeiter und religiöse Gefühle schütz, oder die stückweise Preisgabe unserer kulturellen Identität aus Angst vor Übergriffen und verletzten Befindlichkeiten?



    Lg, Siorac :wave

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Siorac ()

  • Hallo,
    ich seh den Fall des Droste Verlags kritisch, da einerseits die islamische Kultur berücksichtigt werden muss, andererseits gibt es in Deutschland die Meinungsfreiheit (und die so genannte Kunstfreiheit). Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, dass das besagte Buch juristisch geprüft wurde und als nicht zu öffentlichen eingestuft wurde. Inwieweit dieser Konflikt entschärft werden kann, in dem ein Buch nicht veröffentlicht wird, lässt sich als Außenstehende nicht unbedingt beantworten. Möglicherweise wird auch eine Entschärfung des Buches gereicht. Wer allerdings liest schon gerne ein Buch aus dem ganze Abschnitte entfernt wurden, oder aber geschwärzt? Meiner Meinung nach hat dies nichts mit irgendeiner Angst vor Übergriffen zu tun, da man auch durch ein Arrangement dieser Art den Konflikt nicht entschärft. Im Gegenteil man gibt dem Thema kritisch neue Bezüge und heizt eine Diskussion an, welche die Öffentlichkeit auf ein Problem hinweist. Da dies möglicherweise neues Konfliktpotenzial gehabt hätte, hat man das möglicherweise nicht aus Angst, sondern aus Toleranz zurückgezogen. Meiner Meinung nach muss man beide Kulturen, also sowohl die eigene, als auch eine andere respektieren und akzeptieren. Vielleicht war die Zurückhaltung des Islamkrimis nicht unbedingt die schlechteste Wahl, obwohl das sicherlich die Diskussion in der Gesellschaft anheizen könnte, da das Buch bereits beworben worden war.
    Edit: Fehlerkorrektur!

  • Ich halte es für falsch religiöse Gefühle einzelner über das Recht auf Meinungsfreiheit zu stellen, auch wenn diese Freiheit beleidigend sein mag.
    Das Christentum, der Shintoismus oder der Hinduismus nehmen Kritik durchaus an. Nicht das sie Verschwörungen lieben, aber sie akzeptieren Meinungsäusserung und setzen sich damit auseinander.
    Dan Brown ist ja auch nicht mit dem Leben bedroht worden, weil er einen Papstanwärter als Täter zum Leben erweckte. Und sein Verlag erst recht nicht.
    Der Islam als Weltreligion sollte Toleranz üben (lernen).


    Salman Rushdie ist ein Beispiel, das man nie vergessen sollte.

  • Ich weiß nichts über das Buch, aber ich finde es problematisch, wenn man aus Angst vor islamischen Übergriffen auf ein Buch nicht veröffentlichen möchte.
    Ist denn etwas über den Inhalt bekannt? Muss ich mal googeln.
    Aber wenn wir schon soweit sind, dass man sich fürchten muss, etwas zu veröffentlichen, weil Racheakte kommen können, tut mir die Welt und die Sicht mancher Menschen mehr als leid.


    Edit: Dank Spiegel online weiß ich jetzt, dass ein Ehrenmord-Krimi ist. Ok. Aber man scheint ja nicht wegen des Themas an sich das Ganze abzublasen, sondern eher, weil bestimmte Sätze einfach zu "hart" erscheinen. Gut, "schiebt euch eure Bibel doch in ...." würde wohl vielen Christen auch nicht gefallen, aber würde man deswegen Übergriffe befürchten? Glaub ich nicht.


    Ich find die Entscheidung aber auch nicht so einfach. Wenn das Leben meiner Mitmenschen auf dem Spiel stehen würde, würd ich mir das mit der Veröffentlichung wohl auch dreimal überlegen. :gruebel


    nochmal Edit: Oryx, du hast vollkommen recht.

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    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Gummibärchen ()

  • Ich stimme euch zu.
    Wenn man anfängt Islam Krimis von den Veröffentlichungslisten zu streichen kann man sicherlich auch bald damit anfangen genau das bei diversen anderen Themen ebenso zu machen.
    Natürlich sollte man sich nicht das Ziel setzten ein Buch zu schreiben welches besonders gegen eine bestimmte Glaubensgruppe/ Einrichtung etc. geht nur um diese schlecht zu machen.
    Aber, dass ein Buch nur nicht veröffentlicht wird, weil es ein kritisches Thema in verschärftem Ton anschneidet kann ich nicht nachvollziehen.

  • Ich seh das ganz ähnlich, wenn die Industrie beginnt sich solchen Diktaten zu unterwerfen, gibt es bald keinen einzigen Krimi mehr, weil wenn die Praktiken der Katholischen/Christlichen Kirche angeprangert werden, muss man auch Racheakte befürchten ... usw.


    Wir hatten im österreichischen Fernsehn so ein "Problem". Ein Tatort hat in einer Tiroler Gemeinde gespielt und es ging um muslimische Famlien. Da hat es auch einen riesen Aufstand deswegen gegeben.


    Ich denke auch, dass Meinungsfreiheit sein muss, sonst können wir gleich wieder eine Zensur einführ - nur wer kontrolliert das?

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  • Es ging hauptsächlich um die Formulierung "Schiebt euch den Koran doch in den ...", die von einem "Experten" beanstandet wurde. Er schlug vor, diese Formulierung zu ändern und antizipierte Probleme - bis hin zu möglichen "Sicherheitsgefahren" für den Verlag, dessen Angestellte und deren Angehörige. Dass es noch keinen einzigen Fall dieser Art gab - also "islamistischen Terror" gegen einen Buchverlag -, scheint in diesem Zusammenhang keine Rolle zu spielen. Im Frühjahr war es ein amerikanischer Verlag, der so agierte. Im vergangenen Jahr sollte in Berlin eine Opern-Aufführung ausgesetzt werden. Undsoweiter. Das nennt man heutzutage "Appeasement" oder "vorauseilenden Gehorsam". "Religiöse Gefühle" sind nicht verletzt worden, könnten es aber. Ob dieser Roman jemals eine so große Leserschaft gefunden hätte, dass statistisch gesehen ein rasch religiös beleidigter Muslim darunter hätte sein können, der das möglicherweise weitergegeben hätte, ist nicht untersucht worden. Es spielt auch keine Rolle. Seit dem opferreichen Krieg um die Mohammed-Karikaturen entwickelt sich kritischer Umgang mit religiösen Fanatikern - auch in der Prosa - immer mehr zu einem No-Go. Und das mögliche Resultat - Angst, Schrecken, Terror, Gewalt - nennt man euphemistisch "Verletzung religiöser Gefühle". Dass "religiöse Gefühle" sehr schnell verletzt sein können, auch die von Christen, scheint mithin eine feststehende Tatsache zu sein.


    Es geht dabei auch nicht um juristische Implikationen. Meinungs- und künstlerische Freiheit gestatten den kritischen Umgang mit Religionen, und solche Religionen, die vom Wesen her aggressiv und missionarisch sind und einen Anspruch auf absolute Wahrheit erheben, schreien nachgerade nach Gegenwehr, auch auf dem literarischen Gebiet. Wenn ein Autor eine Figur sagen lässt, eine andere Figur möge sich bitte ihren Koran rektal einführen, dann ist das zulässig und keine Beleidigung, Volksverhetzung oder etwas anderes dieser Art. Eine entsprechende Äußerung mit der Bibel als Objekt würde keinen Menschen interessieren, weil Christen seltener mit Terror, Fahnenverbrennungen, Sturm auf Botschaften oder andere Formen von Gewalt auf Kritik reagieren. Den Islam aber behandelt man besser nicht (mehr) kritisch, weil das genau diese Reaktionen auslösen könnte. Das hat es bisher in einem solchen Fall, wie gesagt, nicht getan.


    Nun könnte man auch sagen: Belangloses Buch, eher nicht so bekannte Autorin, keiner von den großen Verlagen. Who cares? Na ja. Der vorauseilende Verzicht auf demokratische Rechte ist eine Vorstufe dessen, wofür wir unsere Großelterngeneration so harsch kritisiert haben: Das Wegsehen aus Angst. Wer etwas nicht mehr kritisiert, weil er Angst vor den Konsequenzen hat, verzichtet auf Werte, für die andere gestorben sind.

  • Zitat

    Original von Tom


    Nun könnte man auch sagen: Belangloses Buch, eher nicht so bekannte Autorin, keiner von den großen Verlagen. Who cares? Na ja. Der vorauseilende Verzicht auf demokratische Rechte ist eine Vorstufe dessen, wofür wir unsere Großelterngeneration so harsch kritisiert haben: Das Wegsehen aus Angst. Wer etwas nicht mehr kritisiert, weil er Angst vor den Konsequenzen hat, verzichtet auf Werte, für die andere gestorben sind.


    :write
    Das scheint mir das Wichtigste in diesem Zusammenhang zu sein.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Die von Voltaire zitierte Passage halte ich auch für das Wesentliche an Toms Aussage.

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  • Ich hoffe doch, daß alle, die in diesem Thread so von Herzen für Meinungsfreiheit und künstlerische Freiheit eintreten, sich mit dem gleichen Enthusiasmus für die Abschaffung des sog. Tendenzschutzes hierzulande einsetzen.


    Was mir an diesen 'Debatten' um den Islam auffällt:


    1. was ist DER Islam? Gibt es den überhaupt? Allein in Berlin stehen Moscheen sieben verschiedender Denominationen, die sich alle auf den Koran berufen.


    2. wie kann man feststellen, daß es um Kunst geht? Weil es Zeichnungen oder fiktionale Texte sind? Ist 'Schiebt Euch das Neue Testament in den A...?' eine künstlerische Aussage? Und wenn ja, warum?


    3. wem nützen Vorgänge, wie die oben genannten, von den sog. Mohammed-Karikaturen, dem Aussetzen der Idomeneo-Aufführung, dem Nicht-Veröffentlichen zweier Manuskripte?
    Wenn man genau hinschaut, bislang vor allem denen, die gegen 'den' Islam wettern. Hier wird Bildern in den Köpfen gehuldigt und keine/r fragt sich mehr, wie die Bilder dort überhaupt hingekommen sind.


    Die Aufregung ist künstlich generiert, sie führt allein zur Frontenbildung und zur Verhärtung dieser Fronten.
    Wer hat übrigens protestiert, als Herr Sarrazin seine geschmackvolen Bemerkungen abließ?
    Na also.
    Das ist Meinungsfreiheit, oder?



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hallo, Magali.


    Der "Tendenzschutz" gewährleistet, dass ein (politisches) Medium eine bestimmte Richtung hat, wenn es die Eigner denn so wollen. Der Herausgeber kann von seinen Mitarbeitern, den tätigen Journalisten, verlangen, dass sie eine bestimmte politische Richtung einhalten. Dieserart sichern sich z.B. die "Konkret"-Herausgeber dagegen ab, dass plötzlich neokonservative Texte im Magazin erscheinen, wohingegen die FAZ-Herausgeber Mittel und Wege zur Verfügung haben, um linke Kommentare zu unterbinden. Die Meinungsfreiheit gilt für das Medium, nicht für die Journalisten dem Medium (bzw. dessen Herausgeber) gegenüber. Sie sind Lohnschreiber, die sich an Richtlinien zu halten haben. Gleichzeitig würde aber zum Beispiel das Antidiskriminierungsgesetz einem linken Journalisten den Weg zum Arbeitsgericht eröffnen, würde er - bei gleicher Qualifikation - von der FAZ abgelehnt werden. Bekäme er dann den Job, müsste er trotzdem eher rechte Texte schreiben.


    Zitat

    1. was ist DER Islam? Gibt es den überhaupt? Allein in Berlin stehen Moscheen sieben verschiedender Denominationen, die sich alle auf den Koran berufen.


    Natürlich gibt es "den Islam". Das ist diese Weltreligion mit einigen hundert Millionen Anhängern, die auf dem Koran basiert und Mohammed als Propheten kennt. Du hast sicher schon davon gehört. Die Anhänger nennt man Muslime. Das wiederum sind sicher Individuen. Aber viele von ihnen folgen dem, was die Imame sagen.


    Zitat

    2. wie kann man feststellen, daß es um Kunst geht? Weil es Zeichnungen oder fiktionale Texte sind? Ist 'Schiebt Euch das Neue Testament in den A...?' eine künstlerische Aussage? Und wenn ja, warum?


    Ein fiktionaler Text ist immer Kunst. Die Aufforderung, ein beliebiges religiöses Werk anal zu inhalieren, ist ebenso - und zwar ganz selbstverständlich - Kunst. Und es dann zu tun, das auch.


    Zitat

    3. wem nützen Vorgänge, wie die oben genannten, von den sog. Mohammed-Karikaturen, dem Aussetzen der Idomeneo-Aufführung, dem Nicht-Veröffentlichen zweier Manuskripte? Wenn man genau hinschaut, bislang vor allem denen, die gegen 'den' Islam wettern. Hier wird Bildern in den Köpfen gehuldigt und keine/r fragt sich mehr, wie die Bilder dort überhaupt hingekommen sind.


    Dieser vorauseilende Gehorsam nützt fraglos denjenigen, die hier ein Gespenst herbeizurufen versuchen, das es möglicherweise in dieser Form überhaupt nicht gibt. Wie gesagt, Anschläge auf Buchverlage oder ähnliches haben bisher noch nicht stattgefunden. Die Vorfälle um die Mohammed-Karikaturen aber gab es tatsächlich. Jeder sei aufgefordert, sich die Geschichte dieses kaum fassbaren Vorgangs mal genau durchzulesen. Da ist viel manipuliert worden. Das ändert aber am Ergebnis nichts: Es ist gelungen, einen Aufstand zu inszenieren, und damit ist bewiesen worden, was machbar sein kann, wenn man die "religiösen Gefühle" instrumentalisiert. Es gab große Sachschäden, Tote und Verletzte. Firmen haben sich aus Dänemark zurückgezogen. Usw.


    Zitat

    Wer hat übrigens protestiert, als Herr Sarrazin seine geschmackvolen Bemerkungen abließ?


    Ziemlich viele haben das getan. Der Mann steht unmittelbar vor dem Rücktritt.


    Zitat

    Das ist Meinungsfreiheit, oder?


    Sarrazin kann nicht für das belangt werden, was er gesagt hat, es sei denn, jemand käme auf die Idee, ihn wegen Volksverhetzung anzuzeigen - was einen ungewissen Ausgang hätte, denn seine Äußerungen, so deppert er das auch formuliert hat, basieren zumindest teilweise auf Fakten oder Faktenähnlichem (was nichts daran ändert, dass seine Schlussfolgerungen - vorsichtig ausgedrückt - sehr merkwürdig waren). Aber seine Arbeitgeber, immerhin öffentliche Körperschaften, können sich von ihm trennen, und das werden sie vielleicht auch tun. Wogegen er dann wiederum klagen könnte. Wahrscheinlich mit Erfolg.


    Ansonsten, ja. Die Meinungsfreiheit schützt Sarrazins Aussagen.

  • Der Verleger hat sich in der "taz" geäußert:


    http://www.taz.de/1/leben/buch…okation-ist-zu-billig%5C/


    Das ist schon ein bisschen merkwürdig. Da kauft ein Verlag ein Buch ein und nennt es später dann "mittelprächtig", bezeichnet die Äußerungen der Autorin als "sexistisch" und attestiert dem Buch "Ausländerfeindlichkeit". Außerdem habe der Verlag eine lange Tradition, "keine Religion zu beleidigen".


    Wenn ich meine eigenen Erfahrungen zugrundelegte, käme ich zu dem Schluss, dass es sich um einen extrem unprofessionell arbeitenden Verlag handelt.

  • Tom


    Den Islam gibt es ebensowenig, wie es das Christentum gibt. Was ein Imam entscheidet, kann sich von der Entscheidung eines anderen Imam genauso grundlegend unterscheiden, wie die eine Entscheidung des Kardinalskollegiums von einem der evangelischen Bischofskonferenz zur gleichen relogiösen Frage.
    Wobei wir hier nur von den Schiiten sprechen, in allen anderen Fällen sind Imame nämlich nur die Vorbeter. Deswegen gibt es inzwischen ja auch weibliche Imame.
    Solltest Du an eine Fatwa denken, so stammt diese von einem Mufti, nicht vom Imam.


    Daneben gibt es noch Kriminelle, die einen 'Islam' als Begründung für Mord und Totschlag zusammenfantasieren.
    Die Unterscheidung ist wichtig. Falls einer/einem an einer echten Auseinandersetzung mit dem, was 'Islam' beinhaltet, liegt und nicht an Pauschalurteilen.



    Was die sog. Mohammed-Karikaturen angeht: es ist nicht neu, daß man religiöse Gefühle anheizen und instrumentalisieren kann. Ein Gutteil der Konflikte weltweit wird auf diese Weise am Kochen gehalten. Was der Vorfall im Gegenteil zeigt, ist, wie schwach das Konfliktpotential in dem Fall noch ist. Es hat nämlich Monate gedauert, bis man irgendwelche Leute so aufgehetzt hatte, daß es endlich richtig brannte. Und das trotz Palästina, Irak und Afghanistan.


    Sarrazin kann nur auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand ausscheiden, wenn ich das recht sehe. Er gehört doch zu den Mitgliedern, die die Bundesländer entsenden, oder? Nach meinen Erfahrungen hier in Berlin mit ihm, schreibe ich ihm ein recht dickes Fell zu. Ich glaube an den Rücktritt, wenn ich es sehe.
    Da das, was er sagt, Deiner Meinung nach auf Fakten und Faktenähnlichem basiert (was ist das? Ist ein Faktum noch ein Faktum, wenn es einem Faktum ähnlich ist? :gruebel), hat er doch gar keinen Grund, sich zu verabschieden, nicht wahr?


    Danke für die Definition von Kunst.
    Jeder fiktionale Text ist Kunst.
    Wie einfach es doch sein kann.
    Ich beneide Dich.



    Was ich immer noch nicht kapiert habe, ist der Vorfall in diesem Verlag. Da liegt ein MS, in dem Sätze stehen, die eventuell gefährlich für Verlag, Autorin und all die sein können, die damit zu tun haben.
    Ergo: man posaunt die gefährlichen Stellen wortwörtlich in alle Welt. Damit sie auch niemanden entgehen?
    Soll das Auflagenfördernd sein?
    Beats me.


    Ich möchte noch erwähnen, daß ich, wäre mir ein solcher Satz in einem MS zum Lektorieren untergekommen, diesen Satz angestrichen hätte. Dick rot.
    Wegen mangelnder Originalität im Denken wie im schriftlichen Ausdruck.
    Was so manche AutorInnen für den Fanfarenschall der Freiheit halten, ist im besten Fall pubertäres Wortgeklüngel, sprachliche Großmannssucht und Muskelprotzen, abgedroschen und keine drei Cent wert.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali: Was ich immer noch nicht kapiert habe, ist der Vorfall in diesem Verlag. Da liegt ein MS, in dem Sätze stehen, die eventuell gefährlich für Verlag, Autorin und all die sein können, die damit zu tun haben.


    Meinem Verständnis nach (bezüglich des verlinkten Textes) wollte der Verlag den Text aus den bereits bekannten Gründen nicht veröffentlichen und hat ihn zurückgegeben, woraufhin die Autorin sich mit ihrem Anliegen an die Presse gewandt hat. Was dahinter steckt, kann nur gemutmaßt werden (Abwicklung eines Vertrages, finanzielle Interessen, Eitelkeit der Autorin, Anprangern der Rückhaltlosigkeit eines Verlages).
    Näheres erfährt man sicherlich, wenn man dem hauseigenen Verweis von Spiegel Online zum Spiegel folgt und die gedruckte Ausgabe liest ;-).

  • Zitat

    Ich möchte noch erwähnen, daß ich, wäre mir ein solcher Satz in einem MS zum Lektorieren untergekommen, diesen Satz angestrichen hätte. Dick rot.
    Wegen mangelnder Originalität im Denken wie im schriftlichen Ausdruck.


    Verblüffende Aussage, da Du - wie alle anderen hier auch - den Kontext und den Rest der Geschichte nicht kennst. Es gibt also "Signalsätze", die Du "rot anstreichen" würdest, ganz egal, in welchem Zusammenhang sie von Romanfiguren geäußert werden. Das nenne ich "Schere im Kopf". Mit einer solchen Lektorin würde ich nicht zusammenarbeiten wollen.


    Man sollte sich auch mal vergegenwärtigen, wie das Verlagsgeschäft funktioniert. Viele scheinen zu glauben, der Text eines Autors sei so etwas wie "ein Vorschlag zur Veröffentlichung", aus dem Lektoren dann etwas Lesbares machen. So ist es aber nicht. Der Autor ist Urheber. Und er bleibt es auch. In Verlagsverträgen (Standardvertrag) tritt der Autor so gut wie niemals irgendwelche "Bearbeitungsrechte" an einen Verlag ab. Wenn ein Autor darauf beharrt, dass ein Text in der von ihm selbst vorgelegten Form erscheint, dann muss das auch geschehen. Das ist das Risiko auf Verlagsseite, wenn Manuskripte eingekauft werden, die noch nicht fertig sind.

  • Komisch. Man darf Romanfiguren morden, brandschatzen, vergewaltigen und missbrauchen lassen, man darf Nazis als Romanfiguren nutzen, Linksextreme und was weiß ich noch alles. Aber eine Figur, die etwas gegen den Islam sagt (oder gegen eine andere gefühlsduselige Religion), die ist ein No-Go. :pille

  • Zitat

    Original von Tom: Wenn ein Autor darauf beharrt, dass ein Text in der von ihm selbst vorgelegten Form erscheint, dann muss das auch geschehen. Das ist das Risiko auf Verlagsseite, wenn Manuskripte eingekauft werden, die noch nicht fertig sind.


    Genauso wie es der Autor/ die Autorin hinnehmen muss, dass der Verlag am Ende sagt: "So wird es nicht gedruckt."


    Edit: Rechtschreibung.

  • Zitat

    Genauso wie es der Autor/ die Autorin hinnehmen muss, dass der Verlag am Ende sagt: "So wird es nicht gedruckt."


    Unsinn! Dafür müsste der Verlag den Vertrag kündigen oder aufheben (lassen), und das ist im Normalfall schwierig.


    Wenn ein Verlag ein Buch auf Basis des Standardvertrags kauft, muss er es auch publizieren, es sei denn, der Autor verstößt gegen Klauseln des Vertrags, und die sehen zum Beispiel "political correctness" nicht vor. Wenn ein Verlag ein Buch unbesehen kauft, kann er nicht einfach sagen: Nee, das gefällt uns jetzt nicht, wir publizieren es nicht. Vielleicht wollte Droste genau das tun und schiebt jetzt nur die religiöse Provokation vor.

  • Salonlöwin : Verlagsverträge sind "Projektverträge". Der Verlag kauft ein Buch und veröffentlicht es anschließend. Es gibt keine im Normalfall denkbare Situation, die zur Kündigung eines solchen Vertrags führen könnte, schließlich liefert der Autor ein Buch und der Verlag veröffentlicht es dann. Wenn der Verlag dies auf Basis eines Exposés oder sogar ohne irgendein Stück Text tut, geht er damit ein Risiko ein. Das ist übrigens kein Ausnahmefall - erfolgreichere Autoren verkaufen Bücher, von denen es keine einzige Zeile gibt. Für den Fall, dass der Autor nicht zu liefern in der Lage ist, gibt es entsprechende Klauseln. Und für den Fall, dass der Verlag nicht mehr zu publizieren in der Lage ist, auch. Worauf in fiktionaler Literatur geachtet werden muss, ist die Nichtverletzung von Persönlichkeitsrechten (Figuren werden als Abbilder von Realpersonen erkennbar). Alles andere ist "künstlerische Freiheit". Nun muss aber auch kein Verlag Bücher unbesehen kaufen (es sei denn, viele Verlage reißen sich um einen Autor). Wenn er das tut und dann keine Rücktrittsklausel bei Nichtgefallen einbaut (worauf sich wiederum kein Autor einlassen dürfte), muss er publizieren. Verlagsverträge sind im Prinzip Kaufverträge. Man ist ja kein Angestellter als Schriftsteller.


    Insofern dürfte Frau Brinkmann gute Chancen haben, würde sie auf Veröffentlichung klagen. Dann aber erschiene das Buch erst in ein, zwei Jahren, frühestens. Sie hat jedenfalls mit den genannten Formulierungen ganz sicher nicht erstens gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen und zweitens auch ganz sicher nicht gegen andere Verlagsklauseln.