Mitternachtsmädchen - Tanja Wekwerth

  • Kurzbeschreibung:
    Die Zwillinge April und May werden kurz nach ihrer Geburt von ihrer Mutter fortgegeben und getrennt. May wächst in einem Hotel an der Küste des englischen Kilborough auf, April, die Margarethe genannt wird, bei einem deutschen Ehepaar in Berlin. Im Laufe ihres Lebens treibt es sie an die verschiedensten Orte der Welt, immer auf der Suche nach sich selbst, während May in Kilborough auf die Heimkehr ihrer Schwester wartet. Werden die „Mitternachtsmädchen“ einander wiedersehen?


    Meine Meinung:
    Wer den heiteren, lustigen Ton der Kolumnen der Autorin erwartet, wird von diesem Buch enttäuscht sein. Ernsthaft und tiefgreifend schildert sie die Geschichte der Zwillingsmädchen April und May. Man erfährt zu Beginn des Buches viel über die Hintergründe, die dazu führten, dass die Mädchen nach ihrer Geburt getrennt wurden und so unterschiedlich aufwuchsen. Der Anfang zieht sich leider etwas in die Länge, es gibt einige Passagen, die mit der Haupthandlung nur wenig zu tun haben. Andere Stellen hingegen werden recht kurz abgehandelt, man hätte sich als Leser jedoch noch mehr Informationen gewünscht.


    Ab dem Zeitpunkt der Geburt der Mädchen wird die Geschichte sehr interessant. Ausdrucksstark und detailliert beschreibt Tanja Wekwerth das Leben von May im Old Inn und das Aprils in Berlin und Afrika. Durch ihre Schreibkunst kann man sich sehr gut in die Handlung hineinversetzen, die raue Landschaft an der englischen Küste kann man sich beinahe bildlich vorstellen. Der Leser wird hineingezogen in die Räume des Old Inn zur blauen Stunde, man möchte die Hand ausstrecken und bei Miss Molly einen Tee bestellen. Liebhabern Englands ist dieses Buch alleine schon wegen der wunderbaren Landschaftsdarstellungen zu empfehlen!


    Das Ende kam für meinen Geschmack etwas zu abrupt. Ich hätte mir ein bisschen weniger „Vorspann“, dafür aber ein ausführlicheres und weitreichenderes Ende gewünscht. Dies tut der Geschichte jedoch keinen Abbruch. Mit „Mitternachtsmädchen“ hat Tanja Wekwerth einmal mehr bewiesen, dass sie auch in der Lage ist, über ernste Themen zu schreiben und einen wunderbaren Roman geschaffen.

  • Ein Ehepaar mietet sich in der Pension „Old Inn“ an der Küste Englands ein. Doch dann trennt sich der Mann von seiner schwangeren Frau und verschwindet. Mary Freeman bleibt zunächst im „Old Inn“. Einige Zeit später kommen die Mädchen, die April und May genannt werden, als Mitternachtsmädchen auf die Welt. Doch die Mutter hat keine mütterlichen Gefühle und will ihre Kinder nicht. Mary möchte eine Karriere als Schauspielerin machen. April wird von einem deutschen Ehepaar adoptiert und das Stubenmädchen Molly behält die kleine May bei sich und wird ihr eine Mutter. Die Mädchen wachsen heran, ohne von der anderen zu wissen und haben doch stets das Gefühl, dass ein Teil von ihnen fehlt.

    Der Schreibstil von Tanja Wekwerth ist leicht und flüssig zu lesen. Die Charaktere sind gut und authentisch geschildert, aber trotzdem blieben mir die meisten fremd. Aber auch über das Leben zur Zeit des Krieges wird gut dargestellt. Es hat Einfluss auf die Protagonisten.

    Man erfährt eine ganze Menge über Molly, die ihren Vater nie kennengelernt und die Mutter früh verloren hat. Ihrer Mutter gelang es gerade noch, der fünfzehnjährigen Tochter einen Job im „Old Inn“ zu verschaffen, dann starb sie. Die Besitzer der Pension, das Ehepaar Mill, gingen nach London und ließen sich kaum mehr blicken und so fühlte sich Molly bald als Pensionsbesitzerin. Als sie dann May zu sich genommen hat lebt sie lange in ständiger Angst, dass ihr jemand das Kind wieder wegnimmt. Sie erzählt May nicht die Wahrheit über ihre Geschichte.

    April hat es nicht so gut getroffen. Dorothee hatte Vorstellungen von ihrem Kind Margarethe und wurde enttäuscht. Es kommt keine Beziehung zustande, doch die Kleine fühlt sich zu Hermann hingezogen. Als er mit seiner Schwester, seiner Geliebten Tilly und dem Kind von Berlin zurück nach Tansania geht, kommt Dorothee nicht mit.

    Obwohl sie in sehr unterschiedlichen Verhältnissen aufwachsen und nicht voneinander wissen, besteht ein Band zwischen den Zwillingen und sie haben Sehnsucht nach der anderen. Das ändert sich auch im Laufe der Jahre nicht. Es beginnt eine Suche nach der anderen Hälfte des Ichs, die lange dauert. Werden sie sich jemals finden und werden sie erfahren, was damals geschehen ist?

    Es ist ein berührender und trauriger Roman.