Der deutsche Freund - Christian Dorph und Simon Pasternak

  • 458 Seiten
    Suhrkamp Verlag, 2009
    Originaltitel: Afgrundens Rand
    Übersetzt von Ulrich Sonnenberg


    Kurzbeschreibung
    Kopenhagen, Sonntag, 28. Oktober 1979: Der dänische Finanzminister Knud Heisen gibt seinen Posten auf und erklärt in den Nachrichten, daß Dänemark sich auf dem Weg in den Abgrund befindet. Einige Stunden später liegt der Großunternehmer Keld Borch tot in der Sauna des Kopenhagener Men's Club. Eine Spur führt die Ermittler um Ole Larsen in das Netzwerk eines geheimen Männerbundes und in höchste politische Kreise. Eine dramatische Verfolgungsjagd beginnt, von Kopenhagen nach Ostberlin und von Ostberlin nach Danzig, und endet mit einer Begegnung mit einem Totgeglaubten in der dänischen Provinz.
    - Auftakt einer Serie, die sich dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts widmet
    - Für Leser von Stieg Larsson und Sjöwall/Wahlöö


    Über die Autoren (von der Suhrkamp-Homepage übernommen)
    Christian Dorph, geboren 1968, schreibt Gedichte und Kriminalromane. Er lebt in der Nähe von Aarhus.


    Simon Pasternak, geboren 1971, arbeitet als Lektor in Dänemarks größtem Verlag Gyldendal. Er lebt in Kopenhagen.


    Meine Meinung
    Die Geschichte, welche aus den unterschiedlichen Perspektiven der Beteiligten erzählt wird, spielt in den 70er Jahren in Dänemark, was eigentlich ganz interessant ist. Der Krimi ist ein typischer skandinavisch, das heißt, es das ganze Buch hinweg düster und depressiv. Keine einzige Figur hat ein halbwegs normales oder gutes Privatleben, es strotzt nur so vor Problemen. Leider hatte ich während des Lesens große Probleme mit den Namen der Figuren, sind sie mir als Ausländer doch nicht gerade geläufig
    Zu Beginn werden erst mal alle Personen beschrieben, mit alle ihren Problemen, und das dauert erst mal was. Bis also das im Klappentext angekündigte Mordopfer gefunden wird dauert es etwas länger als bei anderen Autoren. Dann kommt aber Tempo rein, die erste Hälfte las sich sehr gut, dann jedoch stockte es bei mir und ich musste mich schon fast zwingen, um es dann auch zu Ende zu lesen. Am Ende hat es mich auch nicht mehr wirklich interessiert, warum und wieso eine bestimmte Person gemordet hat, oder wie es mit den anderen weitergeht.


    Für mich war es ein nettes Experiment, was ich jedoch nicht wieder holen werde, sollten noch weitere Bücher dieser beiden Autoren von Suhrkamp auf deutsch veröffentlicht werden. Noch mal möchte ich nicht in diesen depressiven und hoffnungslosen Sumpf eintauchen.
    Mit den Büchern von Stieg Larsson möchte ich es nicht vergleichen, dazu ist der Schreibstil zu unterschiedlich. Die Bücher von Sjöwall und Wahlöö kenne ich nicht und kann daher nicht beurteilen, ob ein Vergleich angebracht ist.

  • Du verpasst wirklich nichts, außer eine Depression, wenn du dieses Buch hier nicht liest. :grin Kein Vergleich mit Stieg Larsson.


    Dagegen hat mir der Krimi "Erbarmen" des dänischen Autors Jussi Adler-Olsen richtig gut gefallen! Es sind also nicht alle dänischen Krimiautoren depressiv. :wave

  • Ich mag düstere Plots, habe auch nix gegen unsympathische Charaktere, aber das "gewisse Etwas" sollten Plot und Charaktere haben, was sie interessant macht.


    Der Plot von "Der deutsche Freund" klang eigentlich vielversprechend und auch dass die Geschichte in den 1970ern spielt. Ich habe das Buch aber relativ schnell abgebrochen, weil ich es uninteressant und eher nervig fand. Bisher war ich aus Erfahrung sowieso schon der Meinung, dass skandinavische Krimis eher nix für mich sind und bin hiermit leider bestätigt worden.

  • Au weia, das klingt aber gar nicht gut, dabei soll der so gelobt worden sein und ist der bestverkaufteste Krimi der ganzen neuen Suhrkamp Reihe :wow
    ähh, dann wohl eher nicht



    abgeschreckte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Hm,


    es ist zwar schon gut drei Monate her, seit ich das Buch gelesen habe, aber ich möchte die Kritik tatsächlich mal ein wenig relativieren. Ich fand den "Deutschen Freund" jetzt zwar auch nicht großartig, aber schon durchaus lesbar - wenn man mit dieser seltsam kaputten Atmosphäre klarkommt, versteht sich.


    Ich bin kein Skandinavien-Leser und kenne wirklich entsprechend wenig in dieser Richtung, weder die neueren Sachen (Mankell, Larsson & Co.) noch die Klassiker a la Sjöwall/Wahloo. "Der deutsche Freund" scheint mir dennoch kein wirklicher Mainstream-Krimi zu sein, dafür ist er zu tief in seiner Handlungszeit (dem politischen und sozialen Mief der 70er) und im schwulen Milieu einiger seiner Charaktere verankert. Vor allem ist "Der deutsche Freund" für mich KEIN Krimi im eigentlichen Sinne - er beginnt als solcher, wechselt aber mittendrin zum (Polit-)Thriller und kurvt dann über den Drama-Umweg geradewegs hinein in ein Spionage-Szenario aus den kältesten Tagen des Kalten Krieges, um am Schluss wieder auf heimischem Boden anzukommen. Das ist ein seltsames Stilgemisch, und vermutlich muss man zur Riege junger, unangepasster Popliteraten zählen (Pasternak/Dorph rechnet man in ihrem Heimatland nach meinem Verständnis genau zu dieser Kategorie), um mit dieser unbekümmerten Unkonventionalität durchzukommen.


    Letzten Endes ist "Der deutsche Freund" damit natürlich weder Fisch noch Fleisch, aber auf eine sehr morbide Art faszinierend (wenn man ein gutes Namens- und Personengedächtnis hat). Die Milieubeschreibungen jedenfalls (selbst die etwas klischeebehaftete Schilderung der alten und paranoiden DDR oder das Ambiente der zwielichtigen Schwulen-Sauna) sind gut getroffen, auch wenn der eigentliche Kriminalfall schnell bedeutungslos wird. In Erinnerung bleiben vor allem ein, zwei etwas härtere Szenen. Das aus der Vergangenheit heraufbeschworene Bild der "Kaufmann von Venedig"-Bestie beispielsweise ("Ein Pfund aus deinem Fleische für dein Leben!") und die Dopplung dessen in der Gegenwart ist ziemlich schauerlich. Das extrem düstere Ende erwähnt lakonisch das Schicksal eines fast vergessenen, kleinen Charakters vom Buchanfang und drückt einen geradezu beiläufig noch einmal tiefer in den Sessel, wenn man den Ausgang dieses Nebenplots in seinem ganzen Ausmaß begreift. Ein wirklich fieser Magendrücker.


    Dorph/Pasternaks Debüt ist David Pearce auf skandinavisch, und auch der ist ja bekanntlich Geschmackssache.


    Um einen filmischen Vergleich zu bringen: "Der deutsche Freund" ist eher ein Fall für die Anhänger von Abel Ferraras "Bad Lieutenant" oder Scorseses "Taxi Driver" als für Fans der großen Mainstream-Thriller a la "Bourne" & Co. - zu welcher Fraktion man gehört, möge man selbst entscheiden. ;-)


    Nach Möglichkeit reinlesen ist bei diesem Buch tatsächlich die sicherste Methode.

    Der Macintosh ist katholisch: das Wesen der Offenbarung wird in einfachen Formeln und prachtvollen Ikonen abgehandelt.
    Jeder hat das Recht auf Erlösung.
    (Umberto Eco)

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  • Zitat

    Original von Bildersturm
    Ich fand den "Deutschen Freund" jetzt zwar auch nicht großartig, aber schon durchaus lesbar - wenn man mit dieser seltsam kaputten Atmosphäre klarkommt, versteht sich.


    Dem stimme ich zu, ich kam nur mit dieser Atmosphäre nicht klar bzw. ich empfand sie als zu depressiv. Ich glaube, die letzten 50 Seiten habe ich mir dann auch geschenkt, weil ich es gar nicht mehr ausgehalten habe. Die erste Hälfte las sich super weg, aber danach ging es einfach immer schlechter.


    Zitat

    Nach Möglichkeit reinlesen ist bei diesem Buch tatsächlich die sicherste Methode.


    :write Das hätte ich besser mal gemacht, dann hätte ich das Buch wohl doch nicht gelesen.

  • Habe mir dieses Buch gestern gekauft auf die Empfehlung der Buchhaendlerin hin, die ich fragte, ob sie mir etwas Aehnliches wie Stieg Larsson nennen könne.
    Nun lese ich die Rezensionen hier und bin etwas ernüchtert....
    Echt, dieses Buch wurde mir gestern im Laden von mehreren der Buchhaendlerinnen dort allerwaermstens als Geheimtipp an's Herz gelegt .... ????? :gruebel

  • Zitat

    Original von Sirrpa
    Habe mir dieses Buch gestern gekauft auf die Empfehlung der Buchhaendlerin hin, die ich fragte, ob sie mir etwas Aehnliches wie Stieg Larsson nennen könne.


    Ich habe bisher nur das erste Buch von Stieg Larsson gelesen, aber "Der deutsche Freund" hat mich auf keinen Fall daran erinnert, dafür ist es viel zu düster und zu depressiv. Auch die Handlung wie auch die Figuren unterscheiden sich erheblich. Daher trieft der Vergleich meiner Meinung nach überhaupt nicht zu.
    Aber probiert das Buch selbst, vielleicht geht es dir ja ganz anders als mir. :grin

  • Zitat

    Original von Wiggli


    Ich habe bisher nur das erste Buch von Stieg Larsson gelesen, aber "Der deutsche Freund" hat mich auf keinen Fall daran erinnert, dafür ist es viel zu düster und zu depressiv. Auch die Handlung wie auch die Figuren unterscheiden sich erheblich. Daher trieft der Vergleich meiner Meinung nach überhaupt nicht zu.
    Aber probiert das Buch selbst, vielleicht geht es dir ja ganz anders als mir. :grin


    Ah ja, danke! Gespannt bin ich auf jeden Fall, aber das Buch muss noch etwas warten, bis meine eigene Stimmung nicht mehr so trübe ist.

    Liebe Grüsse von Sirrpa!
    SuB 207
    Splitterherz von Bettina Belitz

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