Lehmanns große Vampirnacht Leipzig Nina Blazon, Victoria Schlederer, Ulrike Schweikert 25.09.09

  • Ein Leseabend mit drei Autorinnen und ein "biss"chen Beiwerk dazu stand bei Lehmanns Leipzig auf dem Programm- ein Biss- Quiz und eine Kostümprämierung für alle die im Vampirkostüm erschienen und eine Bar mit Getränken in Rot sowie eine Filmvorführung des Kinski- Klassikers Nosferatu stellten das Beiprogramm dar.


    Wer weiß, wie gerne ich Knoblauch esse und dass mein Lieblingssmiley zu Vampiren :kreuz dieser hier ist wird sie wundern, dass ich Besucher einer solchen Veranstaltung gewesen bin, aber mit Nina Blazon und Ulrike Schweikert waren zwei Autorinnen zu erwarten, die einen Schwerpunkt nicht in der Schmachtliebesgeschichte, sondern im historischen Bezug erhoffen liessen.


    Gut gestärkt durch eine Portion Spagetthi aglio, olio bei Leipzigs neu eröffneten Vapiano machte ich mch also auf zu Lehmanns um Festzustellen, dass ich offenbar nicht der einzige Mann mit Berührungsproblemen zu diesem Genre bin. Etwa fünfzig Besucherinnen zwischen 14 und sechzig teilten sich den Platz mit fünf männlichen Wesen, davon drei als Begleitung abkommandiert, wie man ihren Mienen deutlich ansah, ein als Vampir maskierter angehender Jungautor und der Berichterstatter.


    Vampire scheinen eher spontane Geschöpfe zu sein, so hatten viele ihre Karten nicht im Vorverkauf erworben sondern standen an der Abendkasse an, weshalb es mit 15 Minuten Verspätung losging, eine Zeit die ich zu einem ersten Gespräch mit Nina nutzte.


    Um halb neun begann dann eine Lesung von Victoria Schlederer, die als Vorpremiere aus ihrem Roman "Des Teufels Maskerade" las. Das Bureau für occulte Angelegenheiten Prag ermittelt, der Herr Baron persönlich erzählt die Geschichte der Ermitlung über den Fluch der Familie Turic. Mit ihrem charmanten Wiener Akzent las die zunächst sichtlich nervöse Jungautorin schnell und hastig und schwer verständlich, als sie sicherer wurde und langsamer las, konnte sie aber ihr Publikum fesseln mit einem humorvollen Vortrag einer skurillen Geschichte im Prag des Jahres 1905. Dank seltsamer Organisation des Abends konnte ich nicht bis zum Ende lauschen, da es zu einer Überschneidung mit der


    um 21.00 Uhr beginnenden Lesung von Nina Blazon kam. Diese (mein Geldbeutel nahm es dankbar zur Kenntnis) las als einzige aus einem bereits veröffentlichten Buch, nämlich der Totenbraut. Sie las mit aus dem ersten Kapitel- und bei ihr merke mn die routiniert Vortragende, die Betonunug der sebischen Namen kam fehlerfrei, die Stimmlage wechselte bei dialogen zwischen den Personen und binnen kurzen waren alle Zuhörer in der düsteren Situation einer Gewitternacht in dem einsam gelegenen Haus als wären wir selbst eines der drei kleinen Kinder, die die Szene von unter der Treppe verfolgen. Mit Erklärungen und Überleitungen zu anderen Abschnitten des Buches führte Nina Blazon dann zu einem spannenden Schluß ihres Vortrages- wer wissen will wie es weiter geht muss selber lesen (sagte sie zwar nicht, war aber den Zuhörern anzusehen, dass sie das vorhaben) und so gingen mit mir etliche das Buch erwerben um es sich dann noch signieren zu lassen, was die Autorin mit jedem ein paar nette Worte wechselnd auch geduldig tat.


    Fragen gab es keine, weil anders als bei anderen Lesungen alle drei Autorinnen den ganzen Abend anwesend waren und sich auch jederzeit von Besuchern ansprechen liessen und für Fragen zur Verfügung standen- auch einer neugierigen Eule wie mir oder besagtem hoffnungsvollen, unveröffentlichten Jungvampir.


    Interessant auch für mich, der ich die ersten zwei Kapitel mittlerweile gelesen habe, wie die Autorin ihre Kürzungen gesetzt hat, welche Halbsätze sie beim Lesen weglies- so kurz nach der Lesung ist das noch erinnerlich.


    Nach einer kurzen Pause in der das BissQuiz veranstaltet wurde- im Erdgeschoss und ich blieb im ersten OG- las dann


    Ulrike Schweikert aus ihrem sehr demnächst erscheineden Buch "Das Herz der Nacht", dabei handelt es sich um eine Erzählung der "Vorgeschichte" ihres Romanhelden Peter von Borgo, der in der Hamburger Jetztzeit als Vampir in zwei Romanen ermittelt hat und uns hier 1840 als András Báthory in der Wiener Gesellschaft begegnet. So viel Spannung vorweggenommen, wie der Klappentext das tut hat Ulrike Schweikert nicht, sie zeigt vielmer auf, welche Dynamik und Spannung sie ihren Figuren einhaucht und führte uns nicht nur durch den nächtlichen Prater auf einen gefährlichen Ausritt mit durchgehenden Pferden vor einer Kutsche, verbunden mit dem dramtischen Auftritt des Protagonisten als Retter in höchster Not, sondern auch in die berühmte Michaelergruft, in der Särge aus dem 17. Jahrhundert mit ncht verwesenden mumifizierten Leichen noch heute zu betrachten sind.


    Meine Erwartungen daran, dass ich einen Abend mit historischem Schwerpunkt und interessanten Autorinnen erleben werde wurde also voll erfüllt. Ein gelungener Abend bei dem ich jedem der nicht dabei war nur mein Bedauern ausdrücken kann.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Hallo Beowulf!


    Vielen Dank für den Bericht und für die lobenden Worte. :-) Freut mich, dass die Vampirnacht Dir gefallen hat, ich fand auch, dass es ein toller Abend war. Es war schön, mal eine Eule live kennenzulernen! Und man hat als Schreiberling ja selten genug die Gelegenheit, auch mal eine Lesung von Kollegen am selben Abend zu hören. Zur wunderbaren Ulrike Schweikert muss ich ja nicht mehr viel sagen, und Victoria Schlederer war auch für mich eine Entdeckung - in der Lesung blitzte schon durch, dass ihr Buch ein mit feinem Humor geschriebenes, intelligent gemachtes Stück phantastischer Literatur ist, und ich freue mich darauf, den Roman bald zu lesen. Großes Kompliment auch für das Team der Grimmaischen Buchhandlung (das Skelett mit cooler Sonnenbrille und Hut war klasse - und auch die Suppe neben dem Sarg, in der die Augen herumschwammen, jaha!). Ein Erlebnis waren natürlich auch die vielen Vampire, wow, so viel Blut auf Lippen und bleiche Gesichter habe ich noch nie an einem Fleck gesehen.


    Zu Deiner Frage (Totenkronen und der Brauch der Totenhochzeit im deutschen Raum), die ich Dir noch beantworten wollte: Habe mal in meinen alten Aufzeichnungen gewühlt und Folgendes gefunden:


    Den Brauch der Totenhochzeit pflegte man nicht nur verstärkt im Schwäbischen, sondern in vielen Gegenden. Vor einiger Zeit gab es dazu auch mal die Ausstellung „Totenhochzeit mit Kranz und Krone“ im Sepulkralmuseum in Kassel. Ein Auszug aus der Ankündigung: „Die Vorstellung von einer nachtodlichen Vermählung zählt zu den geheimnisvollsten Erscheinungen im Bestattungsbrauchtum. Totenkronen, die sich seit dem 16. Jahrhundert erhalten haben, belegen, dass eine Vermählung der ledig Verstorbenen auch in der Neuzeit zu den gängigen Ritualen zählte.“ Wenn man mal in Heimatmuseen nachfragt, zaubern die durchaus die eine oder andere Totenkrone aus dem Bestand. In manchen Museen sind sie ohnehin ausgestellt.


    Liebe Grüße!
    Nina