'Madame Bovary' - Teil 1, Kapitel 06 - 09

  • Tja. Was stand wirklich in den Büchern, die Emma gelesen hat? Ich bin eher davon ausgegangen, dass es seichte Liebesromane waren, die mit der Realität nicht viel zu tun hatten. :gruebel



    "Groom" ist mir schon mal in einem anderen Buch begegnet. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass es sich tatsächlich im Deutschen eingebürgert hatte. :gruebel

  • Nur macht Groom nicht wirklich viel Sinn. Denn warum wird der Postkutscher in Kap 9 als Groom in Kniehosen bezeichnet?
    Groom kenne ich nur aus dem Englischen als Braeutigam.
    Sie unterrichtet das neue Dienstmaedchen in Plaetten und Bügeln.
    Plaetten ist Bügeln.

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    Wendy Wasserstein

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  • Ich glaube, man hat damals noch mehr Unterschiede gemacht.
    "Geplättet" hat man Bettlaken, Handtücher, Geschirrtücher etc, alles was "platt" werden sollte. Es gab aber auch kompliziertere Wäschestücke zu pflegen wie Hauben mit Rollfalten, Rüschen, Biesen vorne an Männerhemden ... und dafür gab es auch unterschiedliche Sorten von Bügeleisen, kleine "Tolleisen", rollenförmige Bügeleisen ... das war damals eine ganze Wissenschaft.
    Emile Zola, ein Zeitgenosse von Flaubert, hat einen Roman geschrieben, in dem eine Büglerin die Hauptrolle spielt, und dafür regelrechte Studien in Pariser Bügelstuben betrieben.


    "Groom" bezeichnet laut Wiki nicht nur den Bräutigam, sondern auch den "Beifahrer auf der Pferdekutsche beim Geländefahren". Ich vermute, so jemand wurde gebraucht, wenn bessergestellte Damen einander per "eigene Kutsche" besuchen wollten und nicht selbst kutschieren konnten. Mit anderen Worten, feinere Familien als Charles und Emma es sind. Der Groom gehört zu dem ganzen Paket von Wunschträumen, die sich Emma vorgestellt hat.

  • Ich kenne Groom nur aus dem Amerikanischen.
    Geplaettet wird die Waesche in Berlin während in Hessen gebügelt wird.
    Früher gab es noch die Mangel für Bettwäsche und Handtücher, sie wurden gemangelt.
    So kenne ich das.

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  • Zitat

    Früher gab es noch die Mangel für Bettwäsche und Handtücher, sie wurden gemangelt.


    Die gibts auch jetzt noch, ich gebe meine Tischtücher immer in die Mangel. Meine Mutter hatte früher eine eigene, aber die ging schnell kaputt.
    Zu Flauberts Zeiten gab es allerdings diese Art Mangel noch nicht, höchstens viellecht in der Industrie. Die Hauswäsche musste ganz normal mit Bügeleisen behandelt werden. Dazu hatte man ein Plätteisen, das auf dem Ofen erhitzt wurde.

  • Elektrische Mangeln gab es damals nicht, aber Handmangeln.
    Heute gibt es Bügelmaschinen. Allerdings steht meine seit Jahren rum, da die Wäschetrockner Handtücher schrankfertig auswerfen. :lache

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  • Zefira, ich hätte ja nie gedacht, dass eine Leserunde meine Kenntnisse im Bügeln vervollkommnen könnte :lache


    Ich fürchte, Emmas größter Problem ist, dass sie überhaupt keine Ahnung davon hat, womit sie sich sinnvollerweise beschäftigen könnte. Nur von irgendwelchen romantischen Abenteuern zu träumen, ist auf die Dauer auch langweilig.

  • Also ich kenne das Wort "groom" auch aus dem Reitsport. In unserem Reitstall wird das Wort auch häufiger ironisch verwendet für jemanden der nur die Hilfsarbeiten im Stall macht aber selber nicht reitet. Also zum Beispiel jemand der nur das Pferd putz und striegelt, die Reitstiefel poliert und säubert, den Stall ausmistet usw.
    So eine Hilfsperson hätte sich Emma bestimmt gerne gewünscht. ;-)

  • Ich habe jetzt groom bei google eingegeben und es zeigt mir zig Übersetzungseiten mit Braeutigam an. Wiki gibt nur Ort und Menschen an die Groom heißen bei google.


    Mit Reitsport kenne ich mich nicht aus.
    Über einen "Verlobten" gibt es ja auch so ähnliche Witze, analog Rouge ihre Hilfsarbeiter im Stall.

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  • Emma wirkt auf mich wie ein schwärmerischer Teenie, der auf den Traumprinzen mit weißem Pferd und Märchenschloss wartet, alle ihre Vorstellungen sind nicht wirklich realistisch. Wird eigendlich irgendwo erwähnt, wie alt sie ist?
    Lied tut sie aber schon auch.


    Edit: Hoppla, ich hatte den Abschnitt noch gar nicht fertig :wow
    Aus der Träumerei nach dem Ball ist eine handfeste Depression geworden, die Ärmste :-(

  • Zitat

    Original von made
    Groom in wikipedia:
    hier am Ende nach den Familiennamen


    Da bin ich am Ende des Buches auch noch Pferdeexpertin. :lache Da kenne ich mich überhaupt nicht aus, obwohl ich früher oft zum Pfingstturnier in Wiesbaden gegangen bin.


    Ich habe gar nicht weiter geschaut, nach den Namen.


    Heute wissen wir, dass es Depressionen gibt. Früher waren die Leute schwermütig und man konnte halt nichts machen, außer zu versuchen, ihnen eine Freude zu machen.

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  • Zitat

    Original von Zwergin
    Emma wirkt auf mich wie ein schwärmerischer Teenie, der auf den Traumprinzen mit weißem Pferd und Märchenschloss wartet, alle ihre Vorstellungen sind nicht wirklich realistisch. Wird eigendlich irgendwo erwähnt, wie alt sie ist?
    Lied tut sie aber schon auch.


    Sicher ist Emma noch sehr jung, für unsere Verhältnisse. Aber für damals bestimmt im richtigen Alter zum Heiraten. Alles andere wäre sicher erwähnt worden.
    Leid tut sie mir in der Hinsicht, dass die Umstände damals so waren, dass eine Heirat immer ein Sprung ins kalte Wasser war, aus dem es dann schwer war zu entkommen.

  • Für mich ist es nicht nur Emmas Heirat, die sie unglücklich macht. Ihr Leben auf dem Hof ihres Vaters hat ihr genausowenig gefallen.
    Für sie war einfach schon der Besuch dieser Schule nicht das Richtige. Anstatt ihr ein Standbein und Interessen im realen Leben zu verschaffen, sind dort ihre Neigung zu Schwärmerei und Träumereien noch verstärkt worden.
    Selbst wenn sich der Mann ihrer Träume gefunden hätte (keine Ahnung wie, in einem Kaff in der französischen Provinz, da sind Märchenprinzen selten), auch mit ihm wäre ihr nach 3 Monaten langweilig geworden.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Für mich ist es nicht nur Emmas Heirat, die sie unglücklich macht. Ihr Leben auf dem Hof ihres Vaters hat ihr genausowenig gefallen.


    Es ging Emma ja nie wirklich um Charles, sondern um eine Hochzeit, von der sie sich ewige Flitterwochen erträumt hat.

    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Für sie war einfach schon der Besuch dieser Schule nicht das Richtige. Anstatt ihr ein Standbein und Interessen im realen Leben zu verschaffen, sind dort ihre Neigung zu Schwärmerei und Träumereien noch verstärkt worden.


    War es die Schule? War es die Lektüre, an die Emma über die Näherin kam? Viele Mädchen sind in Klosterschulen gewesen und haben sich danach irgendwie im Leben zurecht gefunden. Emma nicht.


    Vielleicht hätte sie einen Mann gebraucht, der ihr etwas Respekt eingeflößt hätte.

  • Das hat sicher viele Ursachen. Bestimmt auch, dass ihre Mutter früh verstorben ist, die hätte sie womöglich ganz anders anleiten können.


    Was ich nicht weiß ist, wie weit Flaubert auch ganz einfach die bürgerliche Lebensweise kritisieren wollte, ein Leben, gerade für Frauen, das einfach nur langweilig war und ihnen kaum eine Möglichkeit ließ, sinnvolle Dinge zu tun.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Was ich nicht weiß ist, wie weit Flaubert auch ganz einfach die bürgerliche Lebensweise kritisieren wollte, ein Leben, gerade für Frauen, das einfach nur langweilig war und ihnen kaum eine Möglichkeit ließ, sinnvolle Dinge zu tun.


    Emma drückt es ja später so aus: ein Mann hat seine Freiheiten und eine Frau nicht.

  • Zitat

    Original von made


    Es ging Emma ja nie wirklich um Charles, sondern um eine Hochzeit, von der sie sich ewige Flitterwochen erträumt hat.


    War es die Schule? War es die Lektüre, an die Emma über die Näherin kam? Viele Mädchen sind in Klosterschulen gewesen und haben sich danach irgendwie im Leben zurecht gefunden. Emma nicht.


    Vielleicht hätte sie einen Mann gebraucht, der ihr etwas Respekt eingeflößt hätte.


    Und wenn Emma im Kloster geblieben wäre? Wäre sie als Braut Jesu glücklich geworden?

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