'Madame Bovary' - Teil 1, Kapitel 06 - 09

  • In diesem Abschnitt wird deutlich, wie sehr Emma unter ihrem Leben, ihrer Ehe und der Eintönigkeit leidet. Ein Schimmer am Horizont ist die Einladung beim Marquis, wo sie richtig aufzublühen scheint und wo deutlich wird, das sie für Charles immer weniger übrig hat. Ihr Leben ist lange nicht so, wie sie es sich zurechtgeträumt hat. Schließlich erklärt sich Charles bereit umzuziehen und Emma ist schwanger....
    Ob sie nun zufriedener wird? Charles kann einem fast leidtun, er liebt seine Frau ja wirklich...

  • So, die Hochzeit ist vorbei.
    Am Anfang dachte ich Emma würde sich freuen, dass der Herr Doctor so oft kommt und dann eine Heirat... Mensch, muss sie eigentlich glücklich sein. Scheinbar hat sie sich etwas anderes vorgestellt. Das ist gut zusehen, als sie zu dem Fest eingeladen wird.


    Am Anfang haben mich die langen Ausführungen Flauberts genervt. Nun muss ich zugeben, dass diese Beschreibungen super das innerliche Bild von Emma beschreiben, und man ihre Gefühle dadurch gut nachvollziehen kann.


    Ende der 1. Teils, muss ich zugeben, dass das Buch zu unrecht so lange im SUB weit unten lag.

  • Zitat

    Original von Anahid
    Am Anfang haben mich die langen Ausführungen Flauberts genervt. Nun muss ich zugeben, dass diese Beschreibungen super das innerliche Bild von Emma beschreiben, und man ihre Gefühle dadurch gut nachvollziehen kann.


    So gings mir auch. Jetzt bin ich froh das man als Leser so ein gutes Bild von Emmas "Innenleben" bekommt.

  • Mir persönlich gefallen die dataillierten Beschreibungen und der Stil allgemein. Nur bleibt echt im Moment nichts haften. Habe Probleme mit der sTeuer, das spukt im Kopf rum.

  • Die Beschreibung von Emmas Innenleben und ihren Vorstellungen vom Leben hat mir auch gut gefallen. Schön, dass man sie besser kennenlernt und mehr von ihr erfährt. Dass sie so unglücklich ist mit der Ehe, hätte ich nicht gedacht.
    Jetzt wollen sie umziehen und Emma ist schwanger. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass sie jetzt glücklicher wird...

  • Ich habe nun auch den 1. Teil beendet.


    Ich kann nun auch besser nachempfinden, was Emma fühlt. Sie träumt von Abenteuern und einem Märchenprinzen. Ich kann es nachempfinden, aber zeige wenig Verständnis für ihre Träumereien. Das mag wohl daran liegen, daß Emma noch eine junge Frau ist und ich schon im mittleren Alter.
    Ihr eigenes Leben erscheint ihr also öde und langweilig. Teilweise habe ich es so verstanden, daß sie sogar an einer Depression leidet.
    Ihr Mann liebt sie aufrichtig und tut alles mögliche, damit sie zufriedener wird. Er ist sogar zu einem Umzug bereit. Gleichzeitig wird Emma schwanger.
    Man sollte eigentlich meinen, daß sich jetzt alles zum Besseren wendet. Aber daran glaube ich nicht....bin gespannt, wie es weitergeht.


    Noch eine kleine Anmerkung zu dem Hündchen, das Emma von einem Patienten ihres Mannes geschenkt bekommt:
    Der Hund heißt Djali und dieser Name kam mir gleich bekannt vor.
    Genau auf den gleichen Namen hört die Ziege der Esmeralda in Victor Hugos Der Glöckner von Notre Dame.
    Madame Bovery wurde 1856 veröffentlicht und Der Glöckner von Notre-Dame 1831.
    Man könnte also annehmen, daß Flaubert das Werk von Hugo zuvor gelesen hat und die Namensgleichheit der Tiere kein Zufall ist, zumal sich die grobe Handlung der Liebenden auch ein wenig ähnelt.


    Edit: aus daß ein das gemacht

  • Flaubert hat den Glöckner von Notre-Dame als Schuljunge gelesen und war, wie auch seine Schulkameraden, begeistert davon. Mit Sicherheit hat er den Namen der Ziege bewusst gewählt.


    Als ich "Madame Bovary" das erste Mal las, war ich anfangs total verwirrt, weil mir nicht klar wurde, von wem der Roman überhaupt handeln soll. Die erste Madame Bovary, die das Buch erwähnt, ist Charles' Mutter, die zweite Madame Bovary seine erste Frau, die alsbald stirbt. Erst ab Kapitel 4 wird nach und nach klar, wer mit "Madame Bovary" eigentlich gemeint ist. Ein erzähltechnisches Kuriosum ist auch die Einführung des Ich-Erzählers im ersten Satz, ein Schulkamerad von Charles, der sich dann sozusagen im erzählerischen Nebel auflöst und weitere Verwirrung beim Leser stiftet. Da Flaubert sehr intensiv und sorgfältig am Stil seines Romans gefeilt hat, müssen das beabsichtigte Effekte sein. Ich denke, dass diese Kniffe dazu beitragen, dass man sich als Leser zumindest anfangs nicht alzu intensiv auf die Hauptpersonen einlässt, weil der Autor seine Absichten, was er über wen erzählen will, so gekonnt verschleiert. Dieser Effekt war beim Erscheinen des Romans sicher noch weit intensiver als heute, weil die Leser damals auktoriale Erzähler gewohnt waren, die ihre Zustimmung oder Entrüstung über das Romangeschehen ständig eingestreut haben - was Flaubert streng vermieden hat.


    Was haltet ihr nun von der Ballszene? Ich finde sie eigentlich rührend; hier zeigt sich zum ersten Mal, wie sehr Emma "dazugehören" möchte.


    Schönen Gruß von Zefira

  • Danke, Zefira. So ein Insiderwissen wie deines macht so eine Leserunde noch interessanter.
    Ich hätte jetzt nur vermuten könne, daß Flaubert Den Glöckner von Notre-Dame gelesen hat.


    Ehrlich gesagt, habe ich es nicht bewußt wahrgenommen, daß die Geschichte mit einem "Ich-Erzähler" beginnt.
    Aber mein Buch beginnt tatsächlich mit dem Satz: "Wir saßen an unseren Aufgaben. Da trat der Direktor ein, hinter ihm ein Neuer.....
    Ich finde es unheimlich spannend, wenn mich ein Mitleser auf solche Kleinigkeiten aufmerksam macht.


    Die Ballszene...
    Ich fand Emma da zuerst einmal total unsympathisch. Sie verbannt ihren Mann in eine Ecke, weil sie sich seiner schämt.
    Gleichzeitig nimmt sie für sich das Recht heraus, "gut" genug zu sein, um am Ball teilzunehmen.


    Sie kam mir dabei vor, wie eine, heutzutage würde ich sie als Tussi bezeichnen, die sich von der "High-Society" blenden lässt und unbedingt dazugehören will.

  • Zitat

    Ich fand Emma da zuerst einmal total unsympathisch. Sie verbannt ihren Mann in eine Ecke, weil sie sich seiner schämt.


    Ich bin nicht so sicher, ob sie sich Charles' schämt. Eher scheint es mir, als wolle sie ihn nicht in ihrer Nähe haben, um sich als ungebundene Frau zu fühlen. Natürlich schämt sie sich ihrer Position als "Bürgerliche", aber dieses Gefühl hat wohl weniger mit Charles als Person zu tun, sondern mit ihrem gesamten normalen Lebensumfeld.
    In meiner Ausgabe heißt es von der Nacht nach dem Ball:
    "Der Morgen dämmerte. Sie schaute lange zu den Fenstern des Schlosses hinüber und suchte zu erraten, in welchen Zimmern wohl all die Leute schliefen, die ihr am vergangenen Abend aufgefallen waren. Sie hätte gerne gewusst, wie sie lebten, hätte gerne zu ihnen gehört und ihr Leben geteilt."
    Sie fühlt sich also von diesen Leuten abgetrennt, als Fremdkörper, wie eine Hochstaplerin, die sich in einem Kreis bewegt, in den sie nicht gehört. Dabei sind die anderen ja zunächst einmal nur Ballgäste wie sie. Es gibt keinen Beweis dafür, dass nicht einige oder sogar viele davon im Leben nicht mehr vorstellen als Emma selbst.


    Eben das finde ich an diesem Roman so zeitlos zeitgemäß. Man geht irgendwo hin, wo sich die vornehmen Leute treffen, und hält automatisch diese Leute für "irgendwie was Besonderes". Dabei ist man ja selbst auch da. Vielleicht denken die anderen über einen selbst das gleiche. Ich habe das selbst ein paarmal so empfunden, wenn ich z.B. im Urlaub an irgendeiner Nobelecke vorbeikam und die Leute dort am Strand mit ihren Juwelen rasseln sah ...


    Amüsierten Gruß von Zefira

  • Ich stimme mit dir überein. Das kommt aber nicht nur bei der Ballszene so rüber. Ich hoffe, ich greife jetzt inhaltlich nicht vor, wenn ich diese Gedanken Emmas auch schon anderswo gelesen habe. Sie denkt häufig, daß es andere "besser" getroffen haben als sie selbst.


    Und natürlich ist das bestimmt ein Gedankengang, den jeder von uns so oder ähnlich schon einmal empfunden hat.

  • Zitat

    Original von Charlotte
    Sie kam mir dabei vor, wie eine, heutzutage würde ich sie als Tussi bezeichnen, die sich von der "High-Society" blenden lässt und unbedingt dazugehören will.


    Das hätte nicht besser formuliert werden können!
    Mir geht es derzeit ähnlich wie Findus, ich quäle mich mehr durch das Buch als das ich es genieße. Ich versuche durchzuhalten...

  • Zitat

    Original von Charlotte
    Ich stimme mit dir überein. Das kommt aber nicht nur bei der Ballszene so rüber. Ich hoffe, ich greife jetzt inhaltlich nicht vor, wenn ich diese Gedanken Emmas auch schon anderswo gelesen habe. Sie denkt häufig, daß es andere "besser" getroffen haben als sie selbst.


    Und natürlich ist das bestimmt ein Gedankengang, den jeder von uns so oder ähnlich schon einmal empfunden hat.


    Ich glaube sie erinnert sich an ihre zeit im Kloster und ihre damaligen Freundinnen. Sie fragt sich da ja auch, warum sie überhaupt geheiratet hat.


    Ich glaube ich muss nur kurz pausieren, irgendwie interessiert mich der Roman ja schon. Und zefiras erklärungen dazu sind hochinteressant..

  • Wiederaufnahme der Leserunde ab dem 02. Mai 2016


    Je länger ich das Buch lese um so besser gefällt es mir.
    Emma stellt also in diesem Teil fest, dass sie doch nicht die große Liebe für Karl/Charles empfindet und dass sie von ihm eher genervt und gelangweilt ist. Ein bisschen wundert mich das zuerst schon, weil sie Karl ja schon einige Zeit vor ihrer Hochzeit gekannt ha. Sie hat ihn schon öfter gesehen und sich mit ihm unterhalten. Da hätte sie eigentlich mitbekommen müssen, was für eine Art von Mann er ist.
    Zum Ende des Abschnittes tut Emma mir dann richtig leid und ich kann verstehen, dass es ihr total langweilig und einsam sein muss. Sie hat keine Aufgabe, keine Beschäftigung und ist den ganzen Tag über alleine ohne Ansprache. Sie hat auch keine Freundin oder Verwandte mit der sie sich austauschen könnte. Und ihre Schwiegermutter ist dann auch nicht die netteste.
    In so einer Situation ist es wohl kein Wunder, wenn man depressiv wird. Karl scheint davon nichts mit zubekommen. Für ihn ist Emma noch die einzige große Liebe.
    Sehr schön finde ich auch in diesem Abschnitt wieder die ausführlichen und anschaulichen Beschreibungen und Schilderungen zum Beispiel von dem Ball.
    Mir macht das Lesen des Buches viel Spaß nur leider werde ich die nächsten Tage nicht mehr so viel zum lesen kommen wie ich gerne möchte.

  • Zitat

    Original von Rouge
    Emma stellt also in diesem Teil fest, dass sie doch nicht die große Liebe für Karl/Charles empfindet und dass sie von ihm eher genervt und gelangweilt ist. Ein bisschen wundert mich das zuerst schon, weil sie Karl ja schon einige Zeit vor ihrer Hochzeit gekannt ha. Sie hat ihn schon öfter gesehen und sich mit ihm unterhalten. Da hätte sie eigentlich mitbekommen müssen, was für eine Art von Mann er ist.


    Emma hat durch Romane ein sehr romantische Vorstellung von der Ehe bekommen. Offensichtlich war Emma überhaupt nicht in Charles verliebt, sondern nur in ihre Vorstellung davon.
    Kann man romantische Vorstellungen von Ehe mit Verliebtsein verwechseln?

    Zitat

    Original von Rouge
    Zum Ende des Abschnittes tut Emma mir dann richtig leid und ich kann verstehen, dass es ihr total langweilig und einsam sein muss. Sie hat keine Aufgabe, keine Beschäftigung und ist den ganzen Tag über alleine ohne Ansprache. Sie hat auch keine Freundin oder Verwandte mit der sie sich austauschen könnte.


    Mitleid kann ich nicht aufbringen. Romantische Phantasien, die Emma im Kloster kultiviert hatte, regen sich jetzt bei ihr. Dazu kommt Langeweile. Sie hat ja nicht wirklich was zu tun. Außerdem hat sich bei ihr die Vorstellung festgesetzt, dass wirkliche Liebe nur in dem Rahmen, wie er in den Romanen beschrieben ist, nämlich in Reichtum und mit Festen, entstehen kann. Sie hat den Bezug zur Realität verloren und schafft sich eine Traumwelt und wartet darauf, dass sie bald von jemanden abgeholt wird. Kein Wunder, dass ihr Mann den Vergleich mit ihrer Traumwelt nicht standhält.
    Mit tut eher ihr Mann leid. Allerdings hat er keine Ahnung, was in Emma vorgeht.

  • Bei der Beschreibung von Emmas Erziehung im Kloster hatte ich den Eindruck, dass versucht wurde, die erwachenden romantischen Gefühle in Richtung Religion zu kanalisieren, was dann bei Emma doch nicht funktioniert hat.


    Damals konnten junge Mädchen durch Heiligengeschichten und Romane ins Schwärmen kommen, heute braucht man dazu eine Boy-Group. :lache


    Der Ball hat den Samen der Unzufriedenheit ist Emma ins Herz gepflanzt. Schon auf der Heimfahrt mit dem kaputten Zaumzeug wird der Unterschied zwischen dem Ehepaar Bovary und der "besseren Gesellschaft" klar.


    Ich vermute, dass Emma in der Zeit danach auch deswegen so launisch ist, weil sie es nicht selbst in der Hand hat, etwas an ihrem Leben zu ändern. Sie ist ausgeliefert. Sie muss auf eine Gelegenheit warten.


    Das Ende ist sehr symbolträchtig, der verbrannte Brautstrauß.
    Ist sie schwanger? Darauf habe ich schon lange gewartet. Bringt ein Kind sie auf den Boden der Tatsachen zurück? Ich glaube kaum, denn sonst wäre Emmas Geschichte ja kaum romanfähig.

  • Ich habe erst Kapitel 6 gelesen. Da ist Emma ihr früheres Leben sehr intensiv geschildert. Jetzt wissen wir, dass das Leben im Kloster sie doch sehr geprägt hat und ihre Fantasie sehr beeinflusst hat.
    Dieses Kapitel macht Lust auf andere Klassiker wie die Braut von Lammermoor. Die daraus resultierende Oper liebe ich.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von made
    Mit tut eher ihr Mann leid. Allerdings hat er keine Ahnung, was in Emma vorgeht.


    Mit dem Mann kann ich bis jetzt gar nicht mitfühlen und für ihn kann ich auch kein Mitleid aufbringen. Obwohl er es theoretisch verdient hätte. Aber ich finde über ihn wird aus so großer Distanz geschrieben, dass ich mir über seine Gefühle gar keine Gedanken machen kann. Und ich glaube auch, dass er sich gar nicht groß die Mühe macht nachzuforschen, was in Emma vorgeht oder ob sie glücklich ist. Er nimmt das einfach als gegeben hin solange er selber glücklich und zufrieden ist.

  • Zitat

    Original von Rouge
    Aber ich finde über ihn wird aus so großer Distanz geschrieben, dass ich mir über seine Gefühle gar keine Gedanken machen kann. Und ich glaube auch, dass er sich gar nicht groß die Mühe macht nachzuforschen, was in Emma vorgeht oder ob sie glücklich ist. Er nimmt das einfach als gegeben hin solange er selber glücklich und zufrieden ist.


    Ich denke, Emma und Charles hatten sehr unterschiedliche Erwartungen an die Ehe. Für ihn haben sie sich erfüllt, für ihn ist die Welt in Ordnung, für Emma ganz und gar nicht. Sie wird ja bereits kurz nach der Hochzeit unzufrieden. Was hat sie sich nur vorgestellt?

  • Zitat

    Original von made


    Ich denke, Emma und Charles hatten sehr unterschiedliche Erwartungen an die Ehe. Für ihn haben sie sich erfüllt, für ihn ist die Welt in Ordnung, für Emma ganz und gar nicht. Sie wird ja bereits kurz nach der Hochzeit unzufrieden. Was hat sie sich nur vorgestellt?


    Die Bücher im Kloster waren wohl auch nicht alle jugendfrei. Und die Erfahrungen von Charles in Sachen "eheliche Pflichten" waren wohl mehr als gering. Es steht ja auch im Buch sinngemäß Karl war in der Hochzeitsnacht jungfräulicher als Emma.


    Ich finde auch die Übersetzung schrecklich. Nicht nur, das der Eigenvorname Charles übersetzt worden ist, dass wäre nicht tragisch. Aber es tauchen auch immer wieder Wörter auf, die aus dem Französischen ins Englische übersetzt wurden. Das stört einfach den Lesefluss. Ich überlege dabei, gibt es das Wort auch im Deutschen?


    Groom, Dogcart, als Beispiel.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

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