Inhalt:
Die Tochter des asturischen Grafen Roderich wird auf dem Weg zu ihrem Bräutigam, dem Bruder des Frankenkönigs, überfallen. Hinter diesem ungeheuerlichen Raubzug auf die schöne Ermengilda steckt niemand anders als die junge Maite, die einst von Roderich gefangen genommen wurde und ihm und den Seinen seitdem ewige Rache geschworen hat. Zunächst ist Maite beglückt, weil ihr Plan gelungen ist. Doch dann muss sie erkennen, dass sie durch Ermengildas Entführung die Unterstützung ihrer Sippe verspielt hat, die nun die Vergeltung der Franken fürchtet. Maite flieht mit ihrer Gefangenen in die Berge, wo die beiden in höchste Gefahr geraten. In letzter Sekunde werden sie von zwei draufgängerischen fränkischen Kriegern gerettet, aber damit sind ihre Abenteuer noch lange nicht vorbei – Abenteuer, die die beiden ehemaligen Feindinnen allmählich immer stärker aneinanderschmieden. Doch werden die ungleichen Frauen je das Glück finden können, von dem sie als Mädchen geträumt hatten?
Meine Meinung:
Die Rose und die Distel, Ermengilda von Asturien und die Waskonerin Maite sind die beiden weibliche Hauptpersonen dieses Buches. Die Rose besticht durch ihre Schönheit, alle Männer liegen ihr zu Füßen. Sie wird allerdings an Edward, den Halbbruder von König Karl, verheiratet, der aber eigentlich jemand anderen, und dann auch noch vom anderen Geschlecht, liebt. Die Distel ist eine patente junge Frau, die beherzt ihr Leben lebt und sich durch Intelligenz und Mut auszeichnet. Leider ist sich nicht besonders hübsch, deshalb wird sie von den meisten Männern gar nicht erst beachtet. Ein Fehler, denn sie beweist immer wieder, dass sie jederzeit mit den Männern mithalten kann und in Gefahrensituationen einen kühlen Kopf bewahrt.
Als Gegenpol zu den beiden Frauen gibt es auch zwei Männer. Zum einen den jungen Konrad von Birkenhof, ein Franke, der sich mit Männern aus seinem Dorf dem Heer anschließt. Und zum anderen Philibert von Roisel, einer der Männer aus dem Gefolge von Edward, Karls Halbbruder, der spätere Ehemann von Ermengilda. Konrad ist noch jung und möchte sich gerne beweisen, er ist intelligent und verwegen, deshalb steigt er schon sehr schnell in der Achtung seiner Männer und König Karls. Philibert ist mit Edwards Lebensführung nicht einverstanden, aber da er nicht gleichrangig ist wie Edward, kann er auch nichts dagegen unternehmen. Beide Männer entbrennen in Liebe zu Ermengilda und setzen mehrmals ihr Wohl über ihr eigenes, gehen unnötige Risiken ein, nur um ihr Leben zu erleichtern.
Pferde spielen auch eine große Rolle. Während des ganzen Buches wird geritten, gekämpft, gemordet und ein Krieg vorbereitet, der dann aber doch nicht stattfindet. Eigentlich spielt es die meiste Zeit auf dem Rücken der Pferde, das Buch handelt von dem Feldzug Karls, der aus dem Frankenland das ferne Spanien von den maurischen Unterdrückern befreien will. Hauptsächlich wird also von Ort zu Ort geritten, unterwegs wird mal ein bisschen gekämpft, Bären oder Eber erledigt, Vorräte aufgetrieben und Ermengilda umschwärmt.
Verrat spielt auch eine große Rolle, jeder ist nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Iker, Maites Vater, wird als Erstes verraten, und Maite wird lange Zeit nur von dem Gedanken an Rache an dem Verräter getrieben. Aber das ist lange nicht der einzige Verrat, man bekommt immer mehr den Eindruck, dass keinem zu trauen ist. Die Mauren wollen die Christen besiegen, die Christen wiederum die Mauren und dann gibt es noch unzählige Grenzstreitigkeiten kleinerer Völker, die alle akribisch aufgeführt werden.
Seitenweise wird nur von den Feldzügen durch die Landschaft berichtet. Konrad von Birkenhof, der junge Franke, der durch Intelligenz und viel Glück sehr schnell die Anerkennung von König Karl und auch der anderen Kriegshelden erringt, erlebt ein Abenteuer nach dem anderen. Er lockt die Mauren in Hinterhalte, erledigt Bären und Keiler und steigt mit jedem schlauen Schachzug in der Anerkennung seiner Männer. Sein einziges Manko ist Ermengilda, deren Schönheit auch er erlegen ist – dabei würde Maite um einiges besser zu ihm passen. Aber sie ist ja nur ein Mädchen und auch nicht besonders hübsch. In Ermengildas Gegenwart wird er zum stammelnden Narren, mehr als einmal muss Maite ihn aus gefährlichen Situationen retten, weil er nicht in der Lage ist, logisch zu denken wenn Ermengilda in der Nähe weilt.
Zwischendurch blitzt immer mal wieder das eigentlich Erzähltalent von Iny Lorentz auf, wenn sie zwischenmenschliche Begebenheiten schildert, dann fliegen die Seiten auch nur so dahin. Leider ist dies aber viel zu selten und so quält man sich Seite um Seite mit langweiligen Ortsbeschreibungen oder tagelangen Ritten durch die Landschaft Spaniens. Ein paar hundert Seiten weniger wären viel besser gewesen. Erst die letzten dreihundert Seiten sind richtig spannend, und auf den letzten beiden Seiten blitzt noch so richtig schöner Humor durch, das hätte man sich schon viel eher gewünscht.
Wenn ja wenigstens noch Krieg wäre – aber es kommt einem so vor, als ob das ganze Heer nur ziellos durch Spanien streift. Als sie in Saragossa ankommen, etwas in der Mitte des Buches, werden ihnen auch dort die Tore nicht geöffnet. Da mittlerweile die Sachsen versuchen, die Franken anzugreifen, dreht das Heer also unverrichteter Dinge wieder um und zieht endlos durchs Land. Zwischenzeitig machen sich Konrad und sein Freund Phillibert zum Narren, da sie alles für Ermengilda aufgeben wollen und mit der Zurückweisung nicht zurechtkommen.
Die Charaktere sind unausgegoren. Sie handeln oft sehr sprunghaft und ihrem eigentlichen Wesen nicht angemessen. Ist Ermengilda anfangs immer sehr vernünftig, wird sie hinterher doch sehr nervös, weinerlich und unberechenbar. Konrad und Philibert, eigentlich recht intelligente und vernünftige junge Männer, kommen mit der zeitweiligen Zurückweisung von Ermengilda überhaupt nicht zurecht, sie reagieren überzogen und unvernünftig. Selbst Maite, die eigentlich sehr halsstarrig und blutdürstig ist, leitet Überfälle und wundert sich dann, warum ihre Mitmenschen ihr nicht trauen. Leider kann man mit keinem Charakter so richtig anfreunden, man wundert sich mehrmals, warum Iny Lorentz ihre Helden so agieren lässt. Sie werden in Stereotype gedrängt, sie zeigen einfach keine Vielschichtigkeit.
Der Stil ist recht schnörkellos, brutal und einfach, große Gefühle gibt es nicht. Es ist allerdings sehr gut recherchiert, eine besondere Stärke der Bücher von Iny Lorentz. Mit bildhaften Worten versetzt sie uns ins Spanien des Jahre 778, Berge und Landschaften entstehen vor dem inneren Auge und man leidet mit den Protagonisten mit, wenn sie gefoltert werden oder in eine Schlacht ziehen müssen.
Das Cover ist wunderschön gewählt, das Buch allerdings mit über einem Kilo recht schwer. Der Titel ist zwar sehr passend für das Buch, allerdings spricht er doch mehr die Zielgruppe der Frauen an. Das ist sehr schade, denn auch Männer sollten das Buch in die Hand nehmen, sie würden es nicht bereuen.
Fazit
Eine falsche Titel- und Coverwahl sprechen leider die falsche Zielgruppe an. Männer werden das Buch kaum gewollt in die Hand nehmen, dabei dürfte es für sie genau das richtige sein. Eine schöne Frau, der man anbetend zu Füßen liegt und viele Abenteuer zu Pferde, wo Männer beweisen können, dass sie echte Kerle sind. Je länger man das Buch liest, desto mehr fühlt man sich in einen Karl May Roman versetzt. Fast erwartet man, Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah zu treffen. Für Historienfreunde aber unbedingt zu empfehlen, denn man erfährt doch eine Menge an geschichtlichen Fakten sowie über die damalige Lebensart.