Heute war mir schmerzlich klar, dass ich damals nur sehr wenig wusste - sowohl über das Leben als auch über das Sterben. (Seite 32)
320 Seiten, gebunden
Originaltitel: Where Mercy Flows
Aus dem Amerikanischen von Beate Zobel
Verlag: Gerth Medien GmbH, Asslar 2009
ISBN-10: 3-86591-293-1
ISBN-13: 978-3-86591-293-0
Das Buch wurde im Jahre 2007 mit dem Christy-Award als bestes Debüt ausgezeichnet. Absolut zu recht.
Kurzinhalt / Klappentext
Samantha ist 17 Jahre alt, als sie ihr Elternhaus verläßt und ihrer großen Liebe folgt. Doch sieben Jahre später kehrt sie ernüchtert zurück: allein, mit einem Sohn und schwer krank. Zu ihrer großen Überraschung empfängt sie ihr Vater mit offenen Armen. Nach und nach erkennt sie, daß sie sich in dem Mann, den sie immer nur den Richter genannt hat, nicht nur in dieser Hinsicht getäuscht hat. Beim Fliegenfischen am Fluß ihrer Kindheit beginnt Samantha, sich mit der Vergangenheit zu versöhnen und Vergebung zu finden. Doch ihre Krankheit schreitet erbarmungslos weiter fort.
- < Hier > gibt es eine Leseprobe auf der Website des Verlages (PDF-Datei)
Eine Direktverlinkung zur Artikelseite beim Verlag ist leider nicht möglich. Bei Interesse unter gerth.de nach „Karen Harter“ suchen.
Über die Autorin (Quelle: Verlagsangabe)
Karen Harter war Schriftstellerin und leidenschaftliche Anglerin. Aufgewachsen ist sie an den Flüssen im Nordwesten der USA. An ihrem Romandebüt „Der Fluss, der mich trägt“ schrieb sie acht Jahre lang. Leider war es ihr nur vergönnt, insgesamt zwei Bücher zu vollenden. Sie starb am 20. August 2008 an Krebs.
- < Klick > - Kurzbiographie sowie Interview mit der Autorin zu ihrem zweiten Buch aus dem Jahre 2007 (in englischer Sprache)
- < Klick > - hier ein Interview mit ihr auf der Homepage von Cindy Woodsmall zur RITA-Nominierung des zweiten Buches (dt. „Und über uns die Wolken“)
- < Klick > - ein (christlicher) Beitrag zu ihrem Tod
Vorbemerkung
Da sich die Handlung langsam entfaltet und teilweise sehr aufeinander aufbaut, spoilere ich (fast) alles, was auf bestimmte Ereignisse schließen läßt. Außer, wo angegeben, kann man die Spoiler lesen, ohne daß das Ende des Buches vorweggenommen wird. Nur der Spannungsbogen ist halt nicht mehr in dem Maße gegeben, wenn man Dinge, die im Laufe des Buches kommen, schon vorher weiß.
Meine Meinung
Das Leben und das Sterben. Die Autorin kannte sich wohl mit beidem aus, sonst hätte sie nicht so ein Buch schreiben können. Und vermutlich hat die Schlußkorrektur gleich nach der vorherigen begonnen, denn sonst hätte es nicht gleich zu Beginn zwei Satzfehler. Auf Seite 7 steht „Urgroßvater“, eine Seite weiter wird die gleiche Person als „Großvater“ bezeichnet; ferner gibt es auf Seite 13 noch einen Buchstabendreher („freuet“ müßte eigentlich „freute“ heißen). Dann hatte der Text wohl auch im Lektorat so gefangen, daß ich keine weiteren Fehler mehr bemerkte. Bis kurz vor Schluß ein fehlendes Leerzeichen, doch da hatte ich selbst einen so tränenverschwommenen Blick, daß ich auch keine Korrektur mehr hätte lesen können. Damit ist der pflichtschuldige Anteil an Kritik geäußert, denn mehr zu kritisieren habe ich nicht.
„Das Leben, die Wahrheit und die Liebe“ - auch darauf ließe sich das Buch reduzieren. Dennoch gibt es auch ganz praktische Lebensweisheiten, wie etwa die über Juristen:
Wie Anwälte eben sind - sie nehmen einen einfachen Sachverhalt, machen ihn so kompliziert wie möglich, bringen ihn zu Papier und lassen den Rest der Welt dann über dessen Bedeutung streiten. (Seite 91) Nachdem ich gestern wieder mal stundenlang wegen juristischer Spitzfindigkeiten und einem Urteil des europäischen Gerichtshofs im Internet recherchiert habe, was das nun für mich bedeutet, gebe ich dazu besser keinen weiteren Kommentar ab.
“Ich bin einfach zu müde, zu müde um zu leben.“ (Seite 205) Was alles muß passieren, damit eine 25-jährige Frau und Mutter eines fünfjährigen Sohnes sich zu dieser Aussage hinreißen läßt? Langsam, aus vielen kleinen Mosaiksteinen, entsteht im Laufe des Buches, das uns die die Protagonistin Samantha in Ich-Form erzählt, ein Bild, dessen Lücken immer kleiner, dessen Gesamteindruck immer vollständiger wird.
Es entsteht das Bild einer Person, die mit sich selbst nicht im Reinen ist.
Als schließlich (auf Seite 127f) klar wird, an welcher Krankheit Samantha leidet, was sie retten könnte, und was nicht, mußte ich erst einmal pausieren. Karen Harter hat die Geschichte so intensiv erzählt, daß es ist, als ob mir der Arzt mein eigenes Todesurteil gesagt hätte. Unwillkürlich dachte ich daran, meine Angelegenheiten zu regeln. Für den Fall der Fälle.
Sam lebt wieder bei ihren Eltern, weil sie keine andere Wahl hat und ihren Sohn versorgt wissen will. Im Laufe der Wochen und Monate kommt sie zur Ruhe, spricht sich mit vielen aus. Offene Dinge werden geregelt,
Schließlich bleibt nur noch die Frage, ob sie die Einschulung ihres Sohnes im nächsten Jahr erleben wird oder nicht. Das Buch ist alles andere als ein Weihnachtsbuch, dennoch kulminiert die Handlung schließlich in den dramatischen Geschehnissen des Weihnachtstages, obwohl
(ACHTUNG: massiver Hinweis auf das Ende!)
„Das Leben, die Wahrheit und die Liebe“ - eine ungemeine Spannweite von Themen wird in dem Buch behandelt. Dabei wirkt es auf mich weder aufgesetzt, wenn der Richter von Gott spricht (er ist nun mal ein religiöser Mensch) noch übertrieben schicksalhaft, wenn es um Samanthas Leben geht. Es scheint mir nur zu realistisch, zu sehr im Bereich des Möglichen zu sein.
Am Ende, am Ende steht (fast) alles wieder auf Anfang - das Leben, die Wahrheit und die Liebe. Nur die Anfrage an die Leser bleibt, wie sie denn mit diesen Problemen, diesen Themen umgehen würden. Fragen, in denen kein Kompromiß möglich ist.
„Es gibt Richtig und Falsch, Sam, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse. Dazwischen ist keine Grauzone, kein Niemandsland.“ (Seite 287)
Kurzfassung:
„Der wunderbare Erzählstil, die ergreifende Handlung und die lebendigen Bilder zeichnen diesen Roman aus. Eine echte Überraschung.“ (Faithful Reader)
Dem kann ich nichts hinzufügen.
Edit: Schreibfehler im Buchtitel berichtigt.
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