Caravaggios Geheimnis - Tilman Röhrig

  • Kurzbeschreibung
    Der steinige Weg zum berauschenden Ruhm, das unlösbare Band einer besonderen Liebe, die wahnsinnige Tat grausamer Verzweiflung und die spektakuläre Flucht übers Mittelmeer: In intensiven Farben schildert Bestsellerautor Tilman Röhrig das faszinierende Leben eines der größten europäischen Maler.
    Im Schatten des imposanten Petersdoms sinnt Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio, auf Rache. Es ist das Jahr 1593, und der junge Maler will nach harten Lehrjahren in Mailand nun endlich in Rom, der Stadt der Meister und Mäzene, sein Talent unter Beweis stellen. Aber immer wieder erntet das verkannte Genie nur Spott - bis Caravaggio die Kunstwelt Italiens in Erstaunen versetzt. Er provoziert mit seinen Kompositionen von Licht und Schatten und schafft sich dadurch Neider und Feinde. Um seinem Ruhm ein Ende zu bereiten, sind diese zu allem bereit. In die Enge getrieben, begeht Caravaggio eine furchtbare Tat. Allein seine große Liebe Paola kann ihn jetzt noch retten. Wäre da nicht sein künstlerischer, manchmal fast sogar zerstörerischer Freiheitsdrang.


    Über den Autor
    Tilman Röhrig wurde 1945 in Hennweiler/Hunsrück geboren. Er besuchte die Staatliche Schauspielschule in Frankfurt und hatte Engagements in Frankfurt, Bonn, Hannover; außerdem war er sieben Jahre bei den Städtischen Bühnen Köln. Seit 1973 arbeitet er als freischaffender Schriftsteller, Film-, Funk- und Fernsehautor. Er schrieb zahlreiche Fernsehdrehbücher, z.B. für die Serien "Neues aus Uhlenbusch", "Löwenzahn" und "Schüler-Express" (ZDF), Spielfilmserien für den WDR und das ZDF. Als Referent ist er an Schulen, Volkshochschulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen tätig. Mit seinen Büchern begeistert er jugendliche und erwachsene Leser gleichermaßen. Seine Bücher wurden übersetzt ins Englische, Holländische, Spanische, Dänische, Schwedische, Finnische, Isländische, Japanische und Kroatische. Tilman Röhrig lebt in der Nähe von Köln. 2005 erhielt er den 6. Voerder Jugendbuchpreis für sein Lebenswerk.


    Meine Meinung:
    September 1571. In Caravaggio, einem kleinen Ort bei Bergamo in der Lombardei, kommt ein Knabe zur Welt, der viele Jahre später die Kunstwelt revolutionieren wird. Bis dahin wird der Junge mit dem Namen Michelangelo Merisi allerdings einen langen und steinigen Weg zurücklegen müssen, Tiefschläge einstecken und zunächst nur Hohn und Spott ernten. Auf dem Gipfel des Ruhms wird er sich nur kurz ausruhen können, denn der Abstieg ist schon in greifbarer Nähe.


    Tilman Röhrig erzählt in größeren und kleineren Abschnitten, meist ohne erkennbare Zeit- oder Jahresangaben, die Lebens-, Leidens-, und Erfolgsgeschichte des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio, der als einer der Begründer der römischen Barockmalerei gilt und dessen Werke sich durch einen besonderen Realismus auszeichnen. So wie auch seine Modelle fast ausschließlich aus dem Volk kamen, Huren, Gärtner oder fahrendes Volk waren, so blieb auch Caravaggio sein Leben lang einer aus dem Volk, auch als ihm der einsetzende Ruhm in die höchsten Kreise Roms führte. Sein Leben verschrieb er der Kunst, persönliche Verbindungen hatten daneben kaum einen dauerhaften Platz.


    Tilman Röhrig zeichnet ein leidenschaftliches Bild des Malers, aber beileibe kein romantisches. Caravaggio ist jähzornig, aufbrausend, duldet keinen Widerspruch, keine Einmischung in seine Arbeit. Wer sich nicht daran hält, muss mit körperlichen Angriffen und Attacken rechnen. Caravaggio ist wie ein Vulkan, der kurz vor dem Ausbruch steht und diese latent gewalttätige Stimmung liegt auch über dem ganzen Roman. Trotzdem ist hier kein düsteres Buch entstanden sondern eines, dass einen von der ersten Seite an einsaugt und wie ein Strudel mit sich reißt. Ebenso wenig wie die die Menschen aus Caravaggios Umfeld kann sich der Leser dem Maler entziehen, zu groß ist das Charisma und die Ausstrahlung, die ihn umgeben. Den Menschen in seinem Umfeld wird das zum Verhängnis, denn Caravaggio kann, will sich nicht entscheiden, für wen sein Herz schlägt. Seine Leidenschaft gehört mehr als nur einem Menschen und er unterscheidet nicht nach Geschlecht. Für ihn zählt der Mensch dahinter, dem es für eine Weile gelingt, sein Herz zu erreichen. Caravaggios einzig wahre Liebe aber gehört nur der Kunst. Für sie ist er bereit, alle Widrigkeiten auf sich zu nehmen. Es ist aber nicht nur die ständig spürbare Gewalt, die über dem Buch liegt, sondern auch Caravaggios ausgeprägte Sexualtität. Röhrig ergeht sich nicht in ausschweifenden Liebeszenen. Die, die es gibt, sind eher nüchtern und frei von jeglicher Romantik, fast schon unbeholfen. Dafür liegt in den Szenen, in denen nur angedeutet wird, und das sind nicht wenige, eine unglaubliche Sinnlichkeit und Erotik. Röhrigs Caravaggio ist ein Mann aus Fleisch und Blut, der Spaß an der Lust und der körperlichen Liebe hat und das Leben genießt. Dies kommt im Buch immer wieder deutlich zum Tragen, nimmt aber nie Überhand. Röhrig zeigt alle Facetten Caravaggios: die schlechten, die guten und die, die den verletzlichen, empfindsamen Caravaggio zeigen, der auf Niederlagen mit Wut und auf Schicksalsschläge mit Trauer reagiert, diese aber zumindest zeitweise schnell verdrängen kann, bis die Wut eines Tages die Oberhand gewinnt und den Maler die Kontrolle über sein Leben verlieren lässt.


    Caravaggio war ein Virtuose der Farben und des Spiels mit Licht und Schatten. Röhrig ist ein Virtuose der Worte, der mit dem Spiel der Sätze einen Mann wieder auferstehen lässt, dessen Periode des Schaffens fast 400 Jahre zurückliegt. Ein Virtuose, der aus den Farben Rot und Schwarz ein Kaleidoskop der Emotionen, Eindrücke, der Gerüche und des Geschmacks erschafft, das den Leser hypnotisiert, einfängt, umhüllt und nach dem Lesen satt und zufrieden zurücklässt. Zusammen ergibt das eine einzigartige Symbiose aus Geschichte und Fiktion. In Caravaggios Geheimnis wird daraus eine Lebensgeschichte nah an den historischen Erkenntnissen und mit einem ganz persönlichen Gespür für diesen außergewöhnlichen Maler.

  • Was für eine schöne Rezi. Bin gerade mitten drinnen in diesem Roman und kann nur all Deinen Beschreibungen zustimmen. Vor allem Caravaggios jähzorniges und unbändiges Wesen kommt sehr gut rüber. Röhrigs kraftvolle schnörkellose Sprache passt sehr gut zu diesem ungewöhnlichen Maler, dessen Bilder ich bereits in Rom und München bewundert habe. Die Leidenschaft des Künstlers springt hier aus jedem Gemälde. Man wird von den Bildern und dem Buch gleichermaßen berührt.
    Ich lese heute abend mit Vorfreude und Genuß weiter.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Meine Meinung:


    Manchmal muss man Experimente wagen, auch in der Bücherwelt. Historische Romane sind für mich eine besondere Herausforderung und liegen so fern ab meiner normalen Lesegewohnheiten wie der Mond von der Erde entfernt ist. Im übertragenen Sinn natürlich. Und somit ist dieses Buch, das ich bei Vorablesen gewonnen habe, ein großes Experiment für mich, von dem ich nicht viel erwartet habe und nun positiv überrascht worden bin.


    „Caravaggios Geheimnis“ erzählt die Lebensgeschichte des berühmten Malers aus der Lombardei und beleuchtet sein Leben in all ihren Facetten, dabei beschönigt es nichts, weder sein Jähzorn noch sein übermäßiger Alkoholgenuss werden verschwiegen. Eingerahmt wird die Erzählung, die von hervorragender Recherche und einer Liebe des Autors zu dieser Zeit und dieser Person zeugt, von einem Prolog und einem Epilog, die in den 1960er Jahren spielen und den Diebstahl der Natività thematisieren, was die offenkundig intensive Beschäftigung des Autors mit dem Thema unterstreicht.


    Danach wird man entführt ins Italien des 16. Jahrhundert und begleitet Michelangelo Merisi auf seinem Weg zum gefeierten und berühmten Maler. Nach seiner künstlerischen Ausbildung in Mailand, wo Michele, wie er genannt wird, auch mit sexuellen Übergriffen durch den Gesellen seiner Meisters konfrontiert wird, führt ihn sein Weg nach Rom, wo er sich mit der Zeit immer mehr einen Namen macht. Doch Michele ist kein einfacher Mann, er ist jähzornig, dem Alkohol zu sehr zugetan und er kann sich nicht entscheiden, welchem Geschlecht –oder welcher Person- er mehr zugetan ist; sowohl Paola, die er schon seit Kindertagen kennt als auch Mario, den er in seiner Anfangszeit in Rom kennen lernt und für Michele schnell Vertrauter, Freund, Modell und Geliebter wird, kämpfen um seine Aufmerksamkeit und Liebe.


    All dies spiegelt sich auch im Stil des Buches wider, der gradlinig und schnörkellos ist, dabei den Leser aber ohne Probleme ans Buch fesseln kann. Röhrig weiß mit Worten umzugehen, er weiß wie er Stilmittel benutzen muss, um es spannend zu machen, ganz besonders auffallend ist seine Kunst, Dinge nur anzudeuten und das Kopfkino des Lesers anspringen zu lassen. Nur selten geht er bei den Sexszenen ins Detail, diese erscheinen dann eher unbeholfen, ja fast grob, während häufiger Andeutungen gemacht werden, die viel mehr von Intimität und Erotik zeugen.


    Doch so zurückhaltend der Autor mit Micheles Sexualität ist, desto deutlich beschreibt er seine Wut und die Gewalt, vor der Michele nicht zurückschreckt. Trotzdem gelingt es Röhrig, den Protagonisten dem Leser näher zu bringen, ihn dem Leser sympathisch zu machen und mich beeindruckt wie leidenschaftlich der Autor seine Figuren zeichnet. Bis zu den unwichtigsten Nebencharakteren verleiht er ihnen Tiefe und ein Gesicht und schnell hat man seine Favoriten gefunden, bei mir besonders Mario mit seiner verletzlichen, sanften, aufopferungsvollen Art. Doch auch die weiblichen Charaktere sind ihm gut gelungen, es sind keine schwachen Damen, die zu allem Ja und Amen sagen, sondern sie haben durchaus ihren eigenen Kopf und Willen, was ich sehr begrüßte, denn vor nichts mehr schrecke ich beim Thema historische Romane vor nervigen, naiven Frauenzimmern zurück, die für die Geschichte nicht förderlich sind.


    Insgesamt kann ich also festhalten, dass dieses Experiment eine wirklich positive Überraschung war, wenngleich ich trotzdem nicht zu einer bekennenden Leserin historischer Romane mutieren werde. Von mir gibt es 9 von 10 Punkte.

  • ***Worum geht’s?***


    In diesem Roman wird das Leben von Michelangelo Merisi da Caravaggio gezeichnet.
    Gesegnet mit einem schier unglaublichen Talent steht er seine harten Lehrjahre durch, sowie die Beglückungen durch den Gesellen seines Meisters. Danach zieht es ihn nach Rom, wo er auf Ruhm hofft. Er schlägt jedoch nicht den leichten Weg ein und lässt sich nicht von Marcheza Constanza Sforza, die ihm noch von seiner Kindheit her zugetan ist, die Türen öffnen, sondern will es unbedingt aus eigener Kraft schaffen.
    Dabei brüskiert er jeden auf seinem Weg, sei es Freund oder Feind, und steht sich mit seiner Jähzornigkeit oft selbst im Weg. Mit seinen Bildern jedoch setzt er sich schnell durch und er könnte eigentlich zufrieden sein mit sich und der Welt. Seine Neider lassen ihm aber ebenso wenig Ruhe wie er ihnen und schließlich kommt es durch seine cholerische Art zum Eklat und damit zum Anfang vom Ende.


    ***Meine Meinung:***


    Tilman Röhrig bringt uns hier einen Künstler näher, der mit seinen Bildern für Aufruhr gesorgt hat. Er hatte seine ganz eigenen Ideen, hat bewusst auf den Hintergrund verzichtet und sich ganz auf die dargestellte Szene konzentriert. Dabei hat er weniger die Schönheit idealisiert, wie es zu der Zeit üblich war, sondern seine Modelle von der Straße geholt und wirkliche Menschen gemalt, mit allen Ecken und Kanten. So ließ er beispielsweise für viele weibliche Heilige Huren Modell stehen. Es sage noch einer Lesen würde nicht bilden: Um mir einen Eindruck davon zu machen, was an seinen Bildern denn so aufrührerisch war, habe ich gegoogelt. Und ja, einen alten, faltigen Mann nur mit Lendentuch bedeckt zu malen mag zu dieser Zeit provoziert haben.


    Wie wird Caravaggio dargestellt?
    Er war wohl ein sehr jähzorniger Mensch, der durchaus seinen Anteil an Schlägereien, Saufgelagen und Ausschweifungen mit beiderlei Geschlecht hatte. Doch wirklich wichtig war ihm nur die Malerei. Und in die flüchtet er sich, wenn mal wieder etwas nicht nach seinem Sturschädel läuft. Sei es, dass sein Geliebter gezwungen wird zu heiraten, oder seine Freundin das Kind verliert. Es gibt für ihn nur seinen eigenen Schmerz, alles andere ist nebensächlich.
    Er wird von manchen Menschen unerschütterlich geliebt und behandelt sie dennoch immer wieder wie das Letzte.
    Genauso unerschütterlich wird er jedoch von einem Konkurrenten gehasst, was sich wie ein roter Faden durchs Buch zieht und Caravaggio schließlich zu einem Mord treibt.


    Was mir jedoch gefehlt hat, um dieses Buch zu einem wirklich gelungenen historischen (oder was auch immer) Roman zu machen:
    Ein Einblick in seine Gedanken, seine Beweggründe. Dass die Zofe Paola ihn bis zur Selbstaufgabe liebt ist klar, aber was ist mit ihm? Irgendetwas bedeutet sie ihm wohl, ebenso sein Geliebter Mario. Nur was?
    Man hüpft von seiner Episode in seinem Leben zur nächsten, ich empfand Caravaggio als cholerischen Typen mit Knall und habe nur darauf gewartet, dass ihn sein Jähzorn und Größenwahn endgültig zur Strecke bringt.


    Manche Stellen strotzen vor farbigen Worten und seine Kunst wurde mir wirklich nahe gebracht, aber insgesamt konnte mich seine Geschichte nicht wirklich faszinieren.

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

  • Meine Meinung


    "Caravaggios Geheimnis" zeichnet - offenbar biographisch sehr korrekt - das Leben des Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571 - 1610) nach. Der Charakter des Malers wird deutlich mit all seinen Stärken und Schwächen herausgearbeitet: Michele ist talentiert und selbstbewusst, aber auch äußerst cholerisch, "sinnenfroh" (bisexuell) und dem Alkohol zugeneigt, wodurch er sich nicht selten in Schwierigkeiten bringt. Zu stolz, um die von einflussreichen Persönlichkeiten angebotene Protektion anzunehmen, will er seinen Weg allein machen und ist dabei immer wieder den Intrigen neidischer Malerkollegen ausgesetzt. Michele hat zwar auch Freunde und eine langjährige Geliebte, die absolute Priorität in seinem Leben nimmt jedoch seine Malerei ein, so dass er sich im Umgang mit anderen Menschen recht egozentrisch und wenig einfühlsam zeigt.


    Das Buch ist in einer sehr ansprechenden Sprache geschrieben und stellenweise atemberaubend spannend. Man sollte sich allerdings ein wenig mit italienischer Kunstgeschichte auskennen, sonst kann man diesen komplexen Roman nur langsam lesen, weil man viel im Internet recherchieren muss. Mir persönlich hätte es gefallen, wenn die wichtigsten, im Buch immer wieder genannten Werke Caravaggios, abgedruckt gewesen wären, zumindest befindet sich im Einband die "Natività". Hilfreich ist der chronologische Kurzüberblick über Caravaggios Leben im Anhang, da es im Text manchmal nicht ganz einfach ist, den Zeitsprüngen zu folgen.


    Insgesamt ist dieser Roman, wie auch andere Bücher von Tilman Röhrig, keine leichte Kost, aber als Lektüre sehr lohnend.

  • Eingebettet in einen Prolog und Epilog, in dem es um den Raub des Gemäldes „Natività“ Caravaggios aus Palermo geht, widmet sich Tilman Röhrig in diesem Roman dem bewegten Leben Michelangelos Merisi da Caravaggio.


    Im September 1571 geboren, verbringt Michele seine Kindheit in Caravaggio, einem kleinen Ort in der Lombardei. Schon früh zeigt sich sein Talent zum Malen und so schickt ihn seine Mutter nach dem Tod von Vater und Großvater in die Lehre nach Mailand, zu dem Maler Peterzano.
    Nach Abschluss der harten Lehrjahre hat Michele nur ein Ziel: er will nach Rom, für ihn das Zentrum der Malerei, er will sein Talent zeigen, berühmt werden. Protektion, auch durch die der Familie zugetanen Marchesa Constanza Sforza, lehnt Michele ab. Voller Tatendrang will und muss er es allein schaffen.


    Doch in Rom erlebt Michele zunächst nur Tiefschläge und Demütigungen. Mit dem Malen von Heiligenbildchen und Porträts muss er sich durchschlagen, erhält dann jedoch eine Chance an der Akademie des berühmten Malers Guiseppe Cesari d'Arpino. Dieser erkennt wohl Micheles Talent, aber Neid auf Seiten d'Arpinos und das hitzige Temperament Micheles versperren auch diesen Weg.
    Das Blatt wendet sich, als der Kunstmäzen Kardinal del Monte Michele, inzwischen als Caravaggio bekannt, entdeckt und ihm die Türen zu einflussreichen Kreisen öffnet.


    Obwohl Caravaggio Freunde findet, insbesondere den Maler Mario, gleichzeitig auch sein Modell und Geliebter, und seine Jungendliebe Paola, bringt der Erfolg auch immer mehr Neider mit sich.
    Caravaggios Werke polarisieren. Mit seinem Spiel mit den Farben, mit Licht und Schatten und seiner Vorliebe für Modelle aus dem einfachen Volk, da diese „mehr Leben im Gesicht haben“, erntet er oft nur Hohn und Spott.
    Durch seine jähzornige und cholerische Art ist Caravaggio wiederholt in gewalttätige Auseinandersetzungen verstrickt bis eines Tages eine Katastrophe passiert und er Rom fluchtartig verlassen muss.


    Tilman Röhrig gelingt es in diesem Roman die schillernde Person Caravaggio tiefgründig auszuleuchten. Man spürt fast körperlich seine Leidenschaft für die Kunst, aber auch wie schnell Wut und Zorn bei ihm Überhand nehmen und sein Handeln bestimmen. Darunter erkennt man aber auch die verletzliche Seele Caravaggios, die Liebe, Zerrissenheit und Einsamkeit eines genialen Malers.
    Neben dem Lebensweg Caravaggios gibt der Autor aber auch tiefe Einblicke in die Verhältnisse und das Leben in Italien Ende des 16./Anfang des 17. Jahrhunderts.


    Sprachlich kraftvoll, klar, ohne Schnörkel entsteht so ein lebendiges, pralles und facettenreiches Bild des tragischen Künstlerlebens Caravaggios, der als Mitbegründer der italienischen Barockmalerei gilt.


    Mich haben diese zeitlichen Sprünge nicht gestört. Ich konnte mich immer schnell in die jeweilige Szene einfinden.
    Was Caravaggio für seine Mitmenschen, insbesondere jetzt für Paola und Mario, wirklich empfunden hat, ist sicher selbst für (Kunst)historiker ein Rätsel. Wie selbst bezogen Caravaggio war - ich kann da nur meine Fantasie bemühen.


    9 Punkte von mir.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ein gelungenes Portrait


    Der Roman handelt vom Leben des Malers Michelangelo Merisi aus Caravaggio. Schon als kleiner Junge ist er bekannt für seine Wutausbrüche, mit denen er sich allerorten Feinde schafft. Einzig Paola, die er von klein auf kennt und die Familie, der sie dient, halten stets zu ihm. In der Lehrzeit wird er nicht immer gerecht behandelt und muss auch "Zudringlichkeiten" von seiten des Gesellen über sich ergehen lassen, die seine sexuellen Neigungen nachhaltig prägen. Überhaupt scheint sich im Rom jener Zeit fast jede höhergestellte Persönlichkeit einen "Lustknaben" zu halten. Aber dies nur nebenbei bemerkt. Nach einem langen Fußmarsch endlich in Rom angekomen, will er aus eigener Kraft den Aufstieg zum inneren Zirkel der Maler schaffen und lehnt nicht nur diverse Hilfsangebote ab, sondern setzt sich auch immer wieder über die "Regeln" der "Alpha"-Maler hinweg. Was natürlich auf wenig Gegenliebe stösst... Nicht nur einmal muss er Angriffe sowohl gegen ihn selbst als auch gegen seine Kunst fürchten oder gar ertragen. Als er schließlich bei einer großen Prügelei in Notwehr seinen Feind ersticht, muss er aus Rom fliehen und findet fortan keine Ruhe und keine neue Heimat mehr. Weder bei seinem "Milchbruder" Fabrizo in Neapel, noch bei den Kreuzrittern auf Malta, nicht bei Mario und dessen Familie und auch nicht in einem Kloster in Palermo. Endlich erhält er die Nachricht, dass der Landesverweis (aus Rom) gegen ihn aufgehoben wird und er zurückkehren kann. Und so begibt er sich auf seine letzte Reise...


    Tilman Röhrig hat einen sehr detaillierten und gut recherchierten historischen Roman geschrieben, dessen Charaktere lebendig werden und in dem man so manches über die Entstehung der Gemälde Caravaggios erfahren kann. Die ganze Lebensgeschichte Caravaggios ist eingebettet in den Bericht über den Diebstahl der "Natività", deren Verbleib bis heute ungeklärt ist. Alles in allem ein sehr gelungener Roman, der mir gut gefallen hat; aber das Tüpfelchen auf dem i hat für mich leider gefehlt. Denn obwohl ich das Thema ansprechend und interessant fand, hat es mich nie sonderlich dringend zum Lesen gezogen, ja teilweise musste ich mich fast schon zwingen. Aber ich denke, das ist eine persönliche Sache, Röhrigs Schreibstil liegt einfach nicht zu 100% auf meiner Wellenlänge, mag jemand anderem ganz anders ergehen.

    Liebe Grüße :wave


    Waldmeisterin


    Every day I give my family two choices for dinner: take it or leave it!


    Nulla unda tam profunda quam vis amoris furibunda

  • Im Jahr 1969 wurde aus einer Kapelle in Palermo ein Gemälde gestohlen, welches bis heute nicht wieder aufgetaucht ist. Ob im Besitz der Mafia oder einer reichen Einzelperson, der Verbleib des Bildes ist unbekannt.


    Die Rede ist vom Gemälde „Nativita“ von Michelangelo Merisi da Caravaggio. Dieser Diebstahl ist der Auftakt zu Tilman Röhrigs Buch über das Leben des italienischen Malers.


    Im Jahr 1571 geboren, wächst Michele, wie er nur genannt wird, wohlbehütet im Städtchen Caravaggio auf. Schon früh erkennt sein Großvater die Liebe des Jungen zur Malerei und schickt ihn in die Lehre bei einem Maler. Doch die Lehrjahre sind hart. Michele muss sich nicht nur gegen die Bedrängungen des älteren Gesellen des Malers wehren, sondern auch, nach Ende seiner Lehre, gegen den Spott anderer, die seinen Malstil für zu schlicht halten. Denn Michele malt revolutionär: statt den Hintergrund auszuschmücken, hält er ihn dunkel, statt antike Statuen verwendet er einfache Leute aus dem Volk, um die Heiligen in seinen Bildern darzustellen.


    Trotz der Kritik lässt sich der junge Mann nicht unterkriegen. Überzeugt von seinem Talent, ist er fest entschlossen, einen reichen Gönner zu finden, der seine Karriere fördert. Und das gelingt ihm auch. Bald schon wird er mit Aufträgen überhäuft. Doch auch seine Neider bleiben nicht untätig. Man lässt ihn ausspionieren und mehrmals werden Anschläge auf seine Leben verübt, um ihn vom Malen abzuhalten. Als Michele bei solch einem Anschlag jemanden tötet, muss er aus Rom fliehen…


    Röhrig zeichnet ein komplexes Charakterbild des Malers: einerseits verabscheut er Ungerechtigkeit und will unbedingt durch seine eigenen Anstrengungen berühmt werden, statt nur durch die Hilfe anderer. Andererseits ist er doch auch jähzornig, sehr selbstbezogen und leicht reizbar. Eine Mischung, die ihn mir nicht sonderlich sympathisch gemacht hat. Meine Sympathie gehört eindeutig seiner Jugendliebe Paola, die durch Micheles diverse Liebschaften tief verletzt wurde und doch nicht von ihm loskommt. Trotzdem hat mich das plötzlich endende Schicksal des Malers am Ende mitgenommen. Die Handlung endet abrupt und man erfährt leider nichts mehr vom Schicksal der anderen Charaktere.


    Desweiteren versteht es Röhrig gut, die Schauplätze und Nebencharaktere durch klangvolle Beschreibungen zum Leben zu erwecken. Zeitweise haben mich die Beschreibungen der verkommenen Obrigkeit oder brutaler Szenen sogar schockiert, doch das zeigt nur, wie gut es Röhrig gelingt, das Bild der damaligen Gesellschaft zu vermitteln.


    Mein Fazit: ein schöner historischer Roman aus dem Italien des 16. Jahrhunderts, über einen charaktervollen Maler, der sich gegen jede Widerstände durchsetzt, um Ruhm zu erlangen. Mir hat’s gefallen!