Captain's surrender/Alex Beecroft

  • Bermuda 1779


    Midshipman Joshua Anders dient auf der „Nimrod“ unter dem bösen Captain Walker, der sein Geheimnis kennt oder zumindest vermutet: Josh ist homosexuell, betrachtet sich selbst aber als verachtungswürdigen, von Gott und der Gesellschaft ausgestoßenen Sodomiten. Walker hat es sich zum Ziel gemacht, ihn zu überführen und an den Galgen zu bringen. Daher ist es wenig hilfreich, dass Josh sich sofort zum neuen Ersten Offizier, Lieutenant Peter Kenynon hingezogen fühlt. Es entwickelt sich eine innige Freundschaft und mehr zwischen ihnen. Doch kann Josh nicht zulassen, dass sein Geliebter ebenso tief sinkt, wie er selbst.


    Autorin:
    Alex Beecroft wurde in Nordirland geboren und ist aufgewachsen in England, wo sie (!) heute auch mit ihrer Familie lebt. Mit 11 Jahren begann sie zu schreiben und hat nicht mehr aufgehört. Unter ihren Danksagungen erwähnt sie u.a. Lee Rowan, die mit „Ransom“ und „Winds of change“ ebenfalls zwei Romane über homosexuelle Offiziere der British Royal Navy geschrieben hat. Mir scheint aber, dass Beecroft besser ist als ihr Vorbild.


    Meinung:
    Vorangestellt: Das Cover ist eine Gemeinheit, denn das hier ist nicht, was wir – in Kontrast zu den sog. Nackenbeißern – so liebevoll „Eierbeißer“ getauft haben, wie das scheußliche Cover vermuten lässt. Tatsächlich würde ich dieses Buch nicht einmal als Liebesroman bezeichnen, weshalb ich es auch unter „Historisch“ eingereiht habe. Auch der kitschige Titel ist nicht hilfreich.


    Dieses Buch ist ein marinehistorischer Roman, dessen Hauptpersonen eben homosexuell sind, im Gegensatz zu einem Liebesroman vor exotischer Kulisse. Aber, wir haben alles, was ein marinehistorischer Roman braucht: Schiffe, einen bösen Captain, viele hübsche Fachbegriffe und sogar eine Seeschlacht.
    Außerdem, und das zeichnet das Buch aus, ist eines der wichtigsten Themen hier die Verfolgung und Angst, unter der homosexuelle Offiziere und Mannschaftsmitglieder leben mussten, denn auf „Sodomie“ stand die Todesstrafe. Außerdem ist Josh, der sich seiner Neigungen bewusst ist, alles andere als selbstbewusst, sondern er ist ein Kind seiner Zeit und verachtet sich selbst zunächst und tut in selbstlosem Opfer alles, um Peter davor zu bewahren, wie er zu enden. Josh muss erst lernen, sich selbst zu erkennen und zu begreifen, dass die Gesellschaft im Irrtum ist. Ob er sich letzten Endes erlauben wird, von Peter geliebt zu werden, sei hier nicht verraten.


    Sehr schön ist auch, dass der Fokus nicht allein auf den beiden Männern liegt, sondern nebenbei auch die Geschichte einer jungen Frau erzählt wird, die Peter als Ehefrau im Auge hat. Sie, ihr Vater und der Mann, den sie eigentlich liebt, sind sehr nette und interessante Nebenfiguren. Peter dagegen blieb mir ein wenig fremd. Wir erfahren zwar immer wieder, welche Charaktereigenschaften er hat, aber er lebt sie zwischen den Zeilen für mich nicht wirklich aus. Josh konnte ich besser zu fassen bekommen.


    Marinehistorisch hat sich Beecroft schon den einen oder anderen Lapsus geleistet. So hätte kein noch so blighiger Captain never ever einen Offizier auspeitschen lassen können. Auch erscheint der Karriereweg manchen Offiziers ein wenig gar steil. Doch letzteres passiert auch in herkömmlichen Romanen dieses Untergenres.


    Ich habe eben gesehen, dass sie mit „False colours“ ein vergleichbares Buch geschrieben hat, das ich soeben gern gemerkzettelt habe. Es gibt besser geschriebene Bücher, aber dies ist das erste, das zwei Subgenres, die mich faszinieren, Marine und Homosexualität, auf gute und interessante Weise vereinigt. Dafür gebührt ihr ein Kompliment.


    Keine deutsche Version.

  • Ach, es gibt Chancen, ich fand es ja inhaltlich interessant, weil die Themen angesprochen wurden, die ich bei einem Roman mit diesem Inhalt lesen will. Geschrieben fand ich es nicht so toll. Meist schlägt der Fluch ja nur bei den Büchern zu, die ich großartig finde und wo Du Dich dann zu Tode langweilst.
    Außerdem ist das kaum ein Buch, mit 190 Seiten eher ein Buchilein. :grin

  • "Captain's Surrender" von Alex Beecroft habe ich kurz nach Erscheinen, im März 2008, gelesen. Ist also schon eine Weile her und ich kann mich auch nicht mehr an Einzelheiten erinnern. Grisels Rezension und Meinung decken sich aber insgesamt mit meiner Meinung zum Buch.


    Auch als Kind mochte ich schon die Piratenfilme mit Errol Flynn oder Burt Lancaster, generell Filme und Geschichten mit dem Thema Seefahrt (habe ich mir da auch schon Slash reingedacht? :gruebel) - und bei "Captain's Surrender" gibt es als zusätzlichen Anreiz eine Beziehung zwischen den männlichen Protagonisten, da hat mich auch das Cover nicht abschrecken können, das Buch zu kaufen und zu lesen. ;-) Marinehistorisch ist Grisel die größere Expertin, zu fachspezifischen Fehlern kann ich nichts sagen, sie sind mir entweder nicht aufgefallen oder ich habe es schon wieder vergessen.


    Positiv ist mir aber auch aufgefallen, dass die Geschichte kein Liebesroman vor marinehistorischer Kulisse ist, sondern einen richtigen Plot hat und die Liebesgeschichte von Josh und Peter nur einen Teil der Geschichte ausmacht. "Captain's Surrender" ist zwar nicht DAS herausragende außergewöhnliche Buch, aber eine sehr nette Geschichte, die ich gerne und mit Vergnügen gelesen habe.



    Das Cover ist ja ein inzwischen typisches m/m Romance Cover. Zufällig habe ich gerade einen Beitrag dazu von Alex Beecroft gesehen.


    Cover Art Torsos



    Fazit:


    Alex Beecroft hätte lieber so ein Cover gehabt:




    Rechtlich geschützte Bilder sind für Cover für Bücher bei kleinen Verlagen aber zu teuer. Nach Marktforschung verkaufen sich Bücher, die vom Verlag in die Kategorie Romance eingeordnet werden - auch wenn sie wie dieses Buch nicht wirklich Romance sind - mit einem "sexy Cover" angeblich besser, daher ist die Lösung des Problems der nackte Männertorso mit ein bisschen buntem Photoshop drumherum für Titel und Autorennamen.


    Wieder was dazu gelernt. ;-)

  • Zitat

    Original von Uta
    Auch als Kind mochte ich schon die Piratenfilme mit Errol Flynn oder Burt Lancaster, generell Filme und Geschichten mit dem Thema Seefahrt (habe ich mir da auch schon Slash reingedacht? :gruebel)


    Och, im Prinzip sind diese Geschichten mit ihrem Buddy-Motiv ausgesprochen slashable. Ich stehe ja auf einander zugeneigte Männer in jeglicher Erscheinungsform und hatte einen erfreuten Herzsprung, als Lieutenant Bush mal Lady Barbara gegenüber zugibt, daß er Captain Hornblower liebt, auch wenn ihm das Wort in dem Zusammenhang doch ein wenig peinlich ist. Und dann sind da Jack und Stephen, Kydd und Renzi ... Viel slashbares Material, wenn man genug Fantasie hat. Aber das schöne daran ist, daß ich das Buddytum auch als Buddytum schätze.


    Dies als kurzer Ausflug zu spontanen Gedanken über marinehistorisches und Slash.


    Zitat

    Marinehistorisch ist Grisel die größere Expertin, zu fachspezifischen Fehlern kann ich nichts sagen, sie sind mir entweder nicht aufgefallen oder ich habe es schon wieder vergessen.


    Auch nicht wirklich. Technisch kann man mir fast alles verkaufen. Eher im Sozialverhalten wittere ich es, wenn es nicht ganz stimmig ist.


    Zitat

    Das Cover ist ja ein inzwischen typisches m/m Romance Cover. Zufällig habe ich gerade einen Beitrag dazu von Alex Beecroft gesehen.


    Sehr interessant, danke dafür!
    Wirklich verstehen kann ich die Beweggründe der Marketer aber auch nicht. Wenn ich noch keine Erfahrung mit Mogelpackungscovern habe und bei dem hier entsprechend dem Bild etwas sehr viel erotischeres erwartet hätte, wäre ich bitter enttäuscht gewesen. So war es genau andersrum, ich habe mich darüber geärgert, daß ein historischer Roman in eine Ecke gedrängt wird, in die er nicht gehört.

  • Das Cover ist wirklich scheußlich und sieht aus als hätte das irgendein DKZ-Autor selbst per Photoshop erstellt (im Buch drin steht auch noch was von "Cover Art"). Das Cover, das sich die Autorin gewünscht hätte, hätte mich viel mehr magisch angezogen. Aber die ersten 60 Seiten des Buches lasen sich schon mal gut, was will man mehr.


    Man könnte das schönere Cover in der richtigen Größe ausdrucken und einen Schutzumschlag draus machen. :lache

  • Ich wollte einen richtig schönen m/m Liebesroman. Und eben den habe ich mit Beecrofts Captain's Surrender bekommen.
    Der marinehistorsche Hintergrund it schön gemalt, einschließlich einer einrdrucksvollen Seeschlacht. Der böse Kapitän ist schauerlich, der Herr Pfarrer ausreichend unsympathisch, die Gegenwelt einer Gesellschaft, in der auch schwule Männer ihren Platz haben, wunderherrlich.
    Der Konflikt der weiblichen Nebenfigur überzeugend, auch wenn Emily eine Spur blaß bleibt. Ich schätze, das gehört zum Genre.


    Nicht blaß bleiben die beiden Hauptfiguren. Was mich berührt hat, war dabei weniger die Frage, wann sie sich kriegen, sondern vielmehr, die Bemühungen der Autorin, ihre Geschichte so zu erzählen, daß die beiden unter den gegebenen schwierigen Umständen in Würde ein Paar sein können. Gleichberechtigung, gegenseitiger Respekt, Selbstrespekt, solche Schlüsselbegriffe finden sich in eher unterhaltenden Liebesromanen doch selten.
    Damit ist es natürlich zugleich ein moderner Roman. Ich habe es daher als eine Diskussion zeitgenössischer Werte vor historischem Hintergrund gelesen.


    Warum wird so etwas eigentlich nicht übersetzt? Das Buch könnte man wirklich empfehlen.
    Und ja, das Umschlagbild ist abartig doof.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Und ja, das Umschlagbild ist abartig doof.


    Darüber haben wir uns ja schon oben unterhalten, hieran sieht man aber auch die Entwicklung der Cover der Romance E-Books, die "erste Generation" waren diese unsäglichen computergenerierten Figuren, die "zweite Generation" dies hier, nochmal verlinkt wie oben:



    .

  • Und die neueren Romance E-Books sehen vom Cover her oft (aber bei weitem nicht immer) schon besser aus, wie diese Neuauflage von "Captain's Surrender" von Samhain Publishing zeigt. Das ist doch eigentlich ganz hübsch, zeigt durch Schiff und Bekleidung die Zeit und das Thema und durch die zwei Männer, davon einen mit nacktem Oberkörper, weiß die Leserin/der Leser auch worum es geht. ;-)



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  • Uta


    danke für die Hinweise.
    Das Problem war, daß ich aufgrund des Covers befürchtete, einen Porno in der Hand zu haben. Ich wollte aber einen Liebesroman.
    Gekauft hätte ich das Buch nicht, wenn ich das Cover gesehen hätte. Ich hatte es ausgeliehen und selbst in dem Fall hätte ich es beinahe wieder weggelegt.


    Das neue Umschagbild paßt besser.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Das Problem war, daß ich aufgrund des Covers befürchtete, einen Porno in der Hand zu haben. Ich wollte aber einen Liebesroman.


    Als würde ich Dir einen Porno leihen, wenn Du nach Liebesroman fragst.



    Das neue Cover zieht mich magisch an, aber ich hab's ja schon.