Menschenhafen - John Ajvide Lindqvist

  • Klappentext
    "Papa, was ist das? Da drüben auf dem Eis?" Ein strahlend schöner Wintertag. Anders steht mit seiner sechsjährigen Tochter Maja im Leuchtturm der Insel Gåvasten und schaut aufs Meer hinaus. Eis, überall Eis. Und Schnee. Was hat seine Tochter in der Ferne erspäht? Da ist doch nichts. Kurz darauf läuft Maja hinaus, um nachzusehen und der Alptraum beginnt. Obwohl sie auf der freien Eisfläche nicht verschwinden kann, passiert genau das. Plötzlich ist sie weg. Spurlos verschwunden. Anders und seine Frau haben kein Kind mehr ... Jahre später erreichen Anders mysteriöse Botschaften. Lebt Maja etwa noch?



    Über den Autor
    John Ajvide Lindqvist, geboren 1968, ist aufgewachsen in Blackeberg, einem Vorort von Stockholm. Dort leben auch Oskar und Eli, die Helden seines Romandebüts So finster die Nacht. Nach einer Karriere als TV-Standup-Comedian hat er mit dem Schreiben von Thrillern mit Horrorelementen begonnen. Mit großem Erfolg. So finster die Nacht wurde von Lesern und Kritikern mit Begeisterung aufgenommen, und John Ajvide Lindqvist gilt in Schweden als eines der größten Talente der Literaturszene.



    Eigene Meinung
    "Menschenhafen" ist kein Thriller im eigentlichen Sinne. Da er im Buchladen so eingeornet wird und auch "Thriller" drauf steht, stell ich ihn auch hier ein. Aber im Grunde ist es ein Schauerroman mit leicht übersinnlichen Zügen.


    Es beginn ungefähr so wie im Klappentext beschrieben. Auf einem Ausflug zum Leuchtturm der (erfundenen) Insel Domarö verschwindet ohne jede Spur die kleine Maja. Die Ehe der Eltern zerbricht daran und Anders kommt 2 Jahre später aus Stockholm zurück nach Domarö, um das Erlebniss zu verarbeitet. Er leidet schwer unter dem Verlust.
    Eine weiter zentrale Figur ist Simon, Anders' Großvater, ein ehemaliger Varietézauberer. Er lebt mit seiner Lebensgefährten Anna-Greta auf der Insel. In Rückblicken lernen wir einiges über Simons Vergangenheit.


    Anders fühlt schon bald merkwürdige Dinge. Und nach und nach erfährt er mehr und mehr über das Geheimnis der Inselbewohner. Sie haben einen Pakt mit dem Meer. Das Meer fordert Opfer, immer wieder sind im Laufe der Jahre Leute verschwunden. Nun tauchen einige wieder auf, irgendwas ist aus dem Lot, und Anders glaubt, Majas Gegenwart oder die ihres Geistes zu spüren.


    "Menschenhafen" beginnt spannend. Majas Verschwinden bleibt rätselhaft. Anders' Erlebnisse auf der Insel, Simons kleine Geheimnisse und nicht zuletzt Anna-Gretas Stellung auf der Insel lassen rätseln. Aber das Buch lässt sich Zeit. Es gibt viele, nicht uninteressante Einschübe über Simons Leben, über Anders' Kindheit. Und nach und nach erfährt man mehr über den Pakt mit dem Meer.
    Leider wurde das ganze für mich etwas wirr zum Schluß. Ich muss zugeben, das ich nur noch flüchtig gelgesen haben und mir nicht recht sicher bin, was mir der Autor zum Schluß über das ganze sagen wollte.


    "Menschenhafen" ist ein wirkliches Gruselmärchen. Das ein oder andere Mal hat es mich abends alleine beim Lesen schon etwas geschauert. Es gibt kaum Schockmomente, aber das leise Eindringen des Grauens in die Realität hatte schon etwas unheimliches. Die feinen mysthischen Elemente wurden gut eingeführt und erscheinen akzeptabel.


    Wie gesagt, richtige Krimileser sind hier falsch. Es gibt keine Leiche sondern ein verschwundenes Mädchen. Keinen Ermittler, nur einen tief verstörten und trauernden Vater. Die Geschichte ist ruhig und flüssig erzählt. Leider, wie ich schon sagte, krankt es für mich dann etwas zum Ende hin. Zum einen dauerte es mir dann doch zu lange, und für meinen Geschmack wurde es auch zu krude.


    Insgesamt habe ich mich aber zu 2/3 des Buches gut und gruslig unterhalten gefühlt. Wegen des unübersichtlichen Endes gibt es aber von mir nur 7 Punkte.

  • Habe zwei Bücher von ihm gelesen und war begeistert.


    Das hört sich nach einem Büch für mich an.


    Landet sofort auf meiner Wunschliste.


    Danke für die geute Rezi. :wave

    Der Sinn des Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab. :grin


    :lesend Elfenzeit-Merlins erwachen von Cathrin Hartmann

  • Zum Inhalt


    Die Insel Domarö lag vor der Küste Schwedens einst tief unter dem Meer. Erst im Laufe der Jahrhunderte schob sie sich Zentimeter für Zentimeter an die Oberfläche und wurde bewohnbar. Heute gibt es dort vereinzelte Läden und die Bewohner leben u.a. vom Fischfang oder haben einen Job auf dem Festland.
    In den 1980er Jahren wohnen auch Cecilia und Anders mit ihrer sechsjährigen Tochter Maja auf der Insel. An einem schönen Wintertag machen sie zusammen einen Ausflug zum Leuchtturm. Auf dem Meer liegt eine dicke Eisschicht, sodass sie gefahrlos von einem Ufer zum anderen spazieren können. Die Luft ist klar und die Stimmung gut, doch als sich die Familie auf den Rückweg machen möchte, ist Maja verschwunden.
    Kurz zuvor fragte das Mädchen noch, was dort auf dem Eis sei, doch ihr Vater konnte nichts Ungewöhnliches sehen. Auf der Suche nach ihrer rätselhaften Entdeckung enden Majas Spuren im Nichts…
    Cecilia und Anders werden mit diesem Schicksalsschlag nicht fertig. Das Ehepaar trennt sich und Anders ertränkt seinen Kummer im Alkohol, doch die Erinnerung lässt ihn nicht los. Als gebrochener Mann kehrt er auf die Insel zurück und gibt die Suche nach Maja nicht auf, bis er schließlich eine mysteriöse Nachricht von ihr findet: Mit ihrer kindlichen Schrift hat sie eine merkwürdige Botschaft in den Küchentisch geritzt. Eine spannende Spurensuche beginnt…


    Kritik


    „Menschenhafen“ ist eine faszinierende Geschichte, die mich langsam aber stetig in ihren Bann gezogen hat!
    Bevor man mit dem Lesen beginnt, sollte man jedoch die Vorstellung, dass es sich um einen Krimi oder Thriller handelt, über Bord werfen. Es geschehen keine richtigen Verbrechen und es wird auch nicht ermittelt. Trotzdem passieren auf Domarö merkwürdige Dinge: Menschen verschwinden spurlos, die Stimmung innerhalb der Gemeinschaft wirkt bedrückt und hinter all dem scheint ein dunkles Geheimnis verborgen.
    Dadurch, dass Anders das Verschwinden seiner Tochter nicht akzeptieren kann, klammert er sich an jeden noch so kleinen Hinweis und dringt immer tiefer in Domarös Vergangenheit ein.
    Unterstützung bekommt er von seiner Großmutter Anna-Greta und ihrem Mann Simon. Die beiden sind bereits seit fünfzig Jahren ein Paar und können davon abgesehen jeder für sich auf ein bewegtes Leben zurück blicken. Außerdem gibt es eine handvoll Bewohner, die mehr wissen, als sie vorgeben.


    Jede dieser Personen hat genau wie die Insel selbst eine eigene Geschichte und ihre Lebensläufe werden Stück für Stück erzählt, bis sie schließlich ein Ganzes ergeben. Die Beschreibungen sind manchmal zwar etwas ausschweifend, Langeweile kommt jedoch nicht auf. Im Gegenteil, je weiter man in die Materie eindringt, desto fesselnder wird die Geschichte. Hat man sich erstmal zwischen all den Namen und Schicksalen zurecht gefunden, kann man dem Handlungsverlauf mühelos folgen und gerät in einen unwiderstehlichen Sog.


    Mord und Blut sind dabei keine tragenden Elemente. Vielmehr beeindrucken die gut durchdachte Konstruktion der Handlung und eine dichte Atmosphäre. Ich habe mich zwar nicht immer richtig gegruselt, doch hier und da bekam ich Gänsehaut und die interessanten Charaktere sorgen für eine rätselhafte, geheimnisvolle Stimmung.
    Lindqvist spielt nicht nur mit dem rauen Klima Schwedens und des Meers, sondern auch mit fantastischen Elementen, wie z.B. einem merkwürdigen Insekt, dass scheinbar magische Kräfte hat oder bestimmten Pflanzen, die vor dem Bösen schützen sollen.
    Trotzdem ist „Menschenhafen“ kein Fantasyroman! Es handelt sich vielmehr um eine Mischung aus Schauerroman, Familien- und Liebesgeschichte. Das Erzählte hat etwas von einer Sage oder einem Märchen, weshalb man beim Lesen nicht zu sehr an der Realität und Logik festhalten sollte.


    Fazit


    Wer bezüglich „Menschenhafen“ einen nervenaufreibenden oder blutrünstigen Thriller erwartet, könnte etwas verwirrt werden oder enttäuscht sein. Wer jedoch gerne geheimnisvolle Familiengeschichten und dunkle Sagen liest, wird in dem Buch fündig werden. Mich konnten der spannungsgeladene Aufbau und die düstere Stimmung durchaus gefangen nehmen und faszinieren, weshalb ich ganze fünf Sterne vergebe!

  • Ich habe "Menschenhafen" gelesen und habe es als gut befunden.


    Das erste Buch "So Finster die Nacht" hat mich fasziniert, allerdings zu "So ruhet in Frieden" habe ich absolut keinen Zugang gefunden, weshalb ich misstrauisch war.


    Die Atmosphäre in den Schären hat mich ihn ihren Bann gezogen, zumal ich im Sommer in Schweden war und somit einen Bezug zur Geschichte hatte. Teilweise war mir das Buch etwas zu langatmig und ich muste mich zwingen am Ball zu bleiben.

  • Die beiden sehr informativen Rezis machen sehr neugierig auf dieses Buch. Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich war von "So Finster die Nacht" sehr begeistert. "Menschenhafen" dagegen war zwar hübsch geschrieben, wirkte aber zeitweise zu sehr auf Literatur getrimmt. Zudem war die Storyline teilweise sehr wirr, als würde Lindqvist selber nicht wissen wo es nun hingehen soll. Und Langweilig war es auch meist. Hoffentlich reißt er sich nun wieder zusammen. :bonk

  • Zitat

    Original von HamburgBuam
    Ich war von "So Finster die Nacht" sehr begeistert. "Menschenhafen" dagegen war zwar hübsch geschrieben, wirkte aber zeitweise zu sehr auf Literatur getrimmt. Zudem war die Storyline teilweise sehr wirr, als würde Lindqvist selber nicht wissen wo es nun hingehen soll. Und Langweilig war es auch meist. Hoffentlich reißt er sich nun wieder zusammen. :bonk


    Ein Krimi ist doch aber auch Teil der Literatur..... :gruebel

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Himmel... Ja, klar. Aber... :bonk
    Gut, noch einmal deutlicher: Er scheint sich offenbar für einen richtig Hohen Literaten zu halten und schreibt anspruchsvoller als in seinen ersten Beiden Romanen in denen er sich einfacher ausdrückte.
    Bloß dass es nicht zur Handlung passt. :-)

  • Die Charaktere hat er in seinem Debüt zb. besser hin bekommen.
    Auch die Atmosphäre. Aber vieleicht fehlte mir da einfach der Bezug zu den Schären... Ich konnte mir die Insel nicht so recht vorstellen.
    Nun, wie dem auch sei. Im März erscheint sein neuer Roman auf Schwedisch. Laut verstümmelter Google-Übersetzung geht es darin um Zwei Mädchen mit wundervollen Stimmen, die scheinbar irgendetwas übernatürliches an sich haben. Musik scheint in dem Buch eine Große Rolle zu spielen. Aber da die Mädchen von ihrer Umwelt gemieden werden wehren sie sich. Mit blutigen Folgen...
    Klingt auf den ersten Blick zumindest nach einer guten Story :anbet

  • Um dieses Buch schleiche ich schon eine ganze Weile rum, aber da ich "So finster die Nacht" abgebrochen habe, würde mich interessieren, ob "Menschenhafen" im Gegensatz dazu eher mit der Atmosphäre und dem was zwischen den Zeilen passiert arbeitet (z. B. vergleichbar mit "Öland" von Theorin)?

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von grottenolm
    Um dieses Buch schleiche ich schon eine ganze Weile rum, aber da ich "So finster die Nacht" abgebrochen habe, würde mich interessieren, ob "Menschenhafen" im Gegensatz dazu eher mit der Atmosphäre und dem was zwischen den Zeilen passiert arbeitet (z. B. vergleichbar mit "Öland" von Theorin)?


    Also mit der Atmosphäre wird schon gearbeitet, allerdings doch anders als bei Öland. Bei Menschenhafen sorgen eher Geheimnisse, mysteriöse Vorgänge und alte Geschichten für eine unheimliche Stimmung.
    Ich finde, dass in Öland mehr mit der Natur gespielt wurde (Wind, Kälte, Dunkelheit...). Zwar gibt es auch in Menschenhafen solche Elemente, aber sie sind nebensächlicher.
    Hast du "Nebelsturm" von Theorin schon gelesen? Das könnte dir gefallen!

  • Mir haben "Öland" und vor allem "Nebelsturm" auch sehr sehr gut gefallen, und wegen der ähnlich klingenden Thematik bin ich auch an "Menschenhafen" geraten.
    Aber Theorin ist schon eine Liga für sich. Ich kenne "So finster die Nacht" allerdings nicht, aber "Menschenhafen" kommt von der Klasse, von der
    Dichte, von der logischen, nachvollziehbaren Geschichte nicht an "Menschenhafen" heran. Jedenfalls meiner Meinung nach. "Menschenhafen" war nett, recht gut. Theorins Bücher fand ich dagegen allerdings beeindruckend gut.

  • Also, gegen Lindqvists Debüt kann Theorin meiner Meinung nach einpacken. Aber das ist sicher auch Geschmackssache ob man die Horrorelemente mag oder nicht.
    Es ist halt nur so dass Lindqvist diese Qualität nicht halten konnte :cry

  • Das ist wirklich Geschmackssache. Ich fand "So finster die Nacht" absolut langweilig und der Plott war banal. Für mich hat in dem Buch nichts zusammen gepasst. Das war auch der Grund für mich, eigentlich kein Buch von Lindqvist mehr lesen zu wollen.
    Menschenhafen liegt ganz oben auf meinem SUB. Mal schauen, vielleicht schaffe ich es über die Ostertage.


    Bei dieser Gelegenheit - Du müsstest bitte Deinen Avatar ändern, HamburgerBuam. Bilder von Promis (auch wenn der auf Deinem Ava nicht gerade einer ist) sind hier nicht gestattet:


    Urheberrechte und Trafficklau


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  • Mitsou :
    ich kenne sowohl "Öland" als auch "Nebelsturm" von Theorin und fand beide beeindruckend.
    Mir ging es in meiner Frage überwiegend darum, ob die Horror- bzw Thrillerelemente i.S. von Gewaltdarstellung o.ä. in "Menschenhafen" sehr ausgeprägt sind oder ob es eher in Richtung klassischer Schauerroman geht und mit der Atmosphäre spielt (sei es jetzt auf Grund von Geheimnissen der Schärenbewohner oder auf Grund von Naturdarstellungen).



    Vielleicht warte ich einfach mal noch ab, ob sich Bouquineur an Ostern lesetechnisch auf die Schären begibt :grin

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)