Fragen an Birgit Fiolka

  • Hallo Birgit


    Ich stecke jetzt mitten im zweiten Leseabschnitt, irgendwo rund um Seite 130, und hätte da zwei Fragen.


    War es so das die Stellung, Akzeptanz, Freiheiten usw. der Frauen zu dieser Zeit in Ägypten höher einzustufen ist als jene in Mykene (Griechenland)? Waren die Ägypter in diesem Thema fortschrittlicher? Wenn ja vermute ich mal das es sich um bloss um feine und kleine Unterschiede handelt. Oder waren diese doch grösser?


    Thema Homosexualität - Wie haben dies die alten Griechen von der Akzeptanz her gehandhabt? Immerhin haben sie ja die Pädophilie, zumindest mit Knaben, anscheinend stillschweigend akzeptiert.

  • Hallo edler Herr Sapperlot ;-)


    bzgl. Ägypten ist es so, dass sogar in der Wissenschaft gemutmaßt wird, dass das Alte Ägypten aus einem Matriarchat hervorgegangen ist. Das zeigt sich einmal in der Stellung der Götter - weibliche und männliche Götter waren zwar verheiratet, aber trotzdem unterstanden die weiblichen Götter eigentlich nie ihren göttlichen Ehemännern. Die griechische Götterwelt war ja wieder extrem patriarchal veranlagt.


    Dann ist es wirklich so, dass die Stellung der Frau im Alten Ägypten zu anderen Kulturen dieser Zeit vergleichsweise frei und fortschrittlich war.
    Frauen durften Ämter ausüben (wenn auch meistens priesterliche etc.), Frauen durften sich scheiden lassen und hatten Anrecht auf Rückgabe ihrer Mitgift.
    Ein gutes Beispiel zum unterschiedlichen Verständnis gibt z. B. Herodot, der in der Spätzeit Ägypten bereist hat und fälschlicherweise geschrieben hat " ... bei den Ägypter sitzen die Männer im Haus und weben und die Frauen gehen zum Markt ... alles ist verdreht bei ihnen, und die Männer machen Frauenarbeiten, während die Frauen die Arbeit der Männer machen ... "
    Herodot ist fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Männer in den Häusern sitzen und weben, während ihre Frauen auf dem Markt die Waren verkauft haben.
    Natürlich saßen ägyptische Männer nicht unterdrückt in den Häusern und webten. Er sah Frauen auf dem Markt verkaufen (was in Mykene die Männer taten) und ging so einfach davon aus, dass die Männer dann im Gegenzug im Haus saßen und webten.
    Dass es eine eher tolerante Arbeitseinteilung in Ägypten gab, war für Herdots griechisches Verständnis nicht so leicht zu erfassen.


    Also - Ägypten war kein Emazipationsparadies für Frauen, Ehebrecherinnen konnte man trotzdem die Nase abschneiden und Frauen hatten auch in der Regel keine eigenen Gräber, sondern wurden im Grab des Mannes beigesetzt. Doch die Ehe bedeutete durchaus Gefährtenschaft und Freundschaft, was man auch an den Grabmalereien oder überlieferten Liebesliedern sehen kann.
    Auch durften ägyptische Männer mehrere Frauen haben, aber ein großer Teil verzichtete darauf und lebte monogam.


    Was die Homesexualität der Griechen anging - es wurde nicht wirklich wie unser Verständnis von Homosexualität gesehen. Erstmal besaßen die antiken Völker nicht unbedingt diese Grenze wie unsere moderne Gesellschaft, dass Homosexualität etwas abnormales ist. Das lief eher unter dem Motto: Es gibt verschiedene Geschmacksrichtungen der Lust.
    Dann war das Verhältnis zwischen zwei erwachsenen Männern aber bei Strafe verboten. Nur die Knabenliebe war gesellschaftlich etabliert, sie sollte als Beispiel der geistigen Erziehung des Knaben durch einen älteren Mann dienen. Es wurde als Lehrer/Schüler Verhältnis verstanden.
    Eigentlich war der wirkliche Verkehr (also in dem Fall Analverkehr) auch gar nicht erlaubt, der eigentliche Beischlaf wurde vom älteren Mann zwischen den Schenkeln des Knaben ausgeführt (man kann sich aber denken, dass so etwas nicht immer streng befolgt wurde).
    Das hat mitunter damit zu tun, dass es für den passiven Part einer demütigenden und weiblichen Haltung gleichgekommen wäre, sich in gebückter Stellung dem anderen "hinzugeben". Das blieb den Frauen vorbehalten.
    Ab einem gewissen Alter war ein Knabe dem Alter entwachsen, in dem ein älterer Liebhaber in umwerben durfte, aber die Freundschaften zwischen ehemaligen Liebhabern sollten der geistigen Bindung bis zum Tod einer der beiden Beteiligten dienen.
    Wahre Liebe, die Tugend, Ehre und Geist besitzt und gleichberechtigt sein kann, so verstand man es, konnte es nur zwischen Männern geben.

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  • Wichtig anzumerken bzgl. der Knabenliebe ist auch noch die Tatsache, dass es nur dem älteren Mann erlaubt war, Lust dabei zu empfinden. Für den Knaben geziemte es sich, alles kühl und unbeteiligt über sich ergehen zu lassen, sozusagen über den Dingen zu stehen.
    Wahrscheinlich ging es bei dieser Haltung darum, dass der Schüler eher dem Lehrer dienen sollte als umgekehrt und da die alten Griechen die Klarheit des Geistes über alles stellten, musste alles irgendwie in gesitteten Bahnen verlaufen und durfte nicht in beiderseitige Ekstasen abdriften. Nur dem Älteren, dem Lehrer, traute man wahrscheinlich zu, gemäßigt mit seiner Lust umgehen zu können und sie deshalb ausleben zu dürfen. Der Knabe wurde bewundert, wenn er seiner Lust entsagte.
    (Ich frage mich, wie viele Pärchen sich wirklich dran gehalten haben :gruebel )


    Es gibt z. B. eine Vasenabbildung, in der der Lehrer den Knaben schlägt, weil dieser durch die ausgetauschten Zärtlichkeiten ein errigiertes Glied hat.


    Ich denke, dass das Modell der Knabenliebe für unser heutiges Verständnis am schwierigsten aus der griechischen Kultur nachzuvollziehen ist, weil es für unser moralisches Erziehungsverständnis weder Sinn macht, noch ethisch akzeptabel ist.

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  • Viiieeelen Dank für die schnelle und kompetente Antwort!!! Auch wenn einiges schwer bzw. nicht zu verstehen ist. :hmm Die grundlegenden Aussagen und Fakten habe ich mir gemerkt. :learn


    Für Birgit :blume

  • Lipperin : Diese Frage fürchte ich zur Zeit immer ;-)


    ... vielleicht wird es noch einen dritten Band mit den Amazonen geben, der allerdings mit anderen Protagonisten und Jahrhunderte später spielt. So war es eigentlich auf lange Sicht gedacht, aber da gibts noch keine Entscheidung zu, und den müsste ich auch erst noch schreiben.


    Ansonsten denke ich, dass als nächstes ein rein epischer Fantasy-Roman erscheint, aber auch hier weiß ich erst Ende des Monats mehr.


    Leider zieht es sich ein wenig hin. :-(

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  • Lipperin : Ich schrei sofort, wenn ich was Neues weiß - ich warte ja selber ganz ungeduldig und mosere rum, weil ich die Leser noch immer vertrösten muss. :fetch

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  • Zitat

    Er sah Frauen auf dem Markt verkaufen (was in Mykene die Männer taten) und ging so einfach davon aus, dass die Männer dann im Gegenzug im Haus saßen und webten.


    *lol* Also da musste ich herzhaft lachen!! :lache


    Zitat

    Ich denke, dass das Modell der Knabenliebe für unser heutiges Verständnis am schwierigsten aus der griechischen Kultur nachzuvollziehen ist, weil es für unser moralisches Erziehungsverständnis weder Sinn macht, noch ethisch akzeptabel ist.


    Das ist korrekt!! Für allem für die Jungen!