List Taschenbuch, 170 Seiten
Aus dem afghanischen Persisch von Susanne Baghestani
Kurzbeschreibung:
Ein Mann liegt da, überzeugt, tot zu sein. Er hört eine Stimme: »Vater«. Und ein schemenhaftes Gesicht ist wahrzunehmen. Ein Engel, dessen ist er sicher. Nur die Gebete, die ihm der Großvater beigebracht hat, können ihm weiterhelfen, hier, im Reich der Toten. Doch der junge Mann, der still in einem fremden Haus in Kabul liegt, ist nicht tot. Er ist dem Tode nahe aus der Gosse gezogen worden von einer Frau, die ihn bei sich aufnimmt, weil ihrem Ehemann in einer ähnlichen Situation niemand geholfen hat. Nur langsam erinnert sich Farhad, was ihm zugestoßen war: die Straßensperre der Fundamentalisten, das Losungswort, das ihm nicht einfallen wollte, weil er zu viel getrunken hatte, die Strafe der Wachen. Doch jetzt ist die Situation nicht weniger verzweifelt. Seine Angehörigen wissen nicht, wo er ist. Er gilt als tot und darf sich nicht sehen lassen. Dazu verwirrt ihn die Gegenwart der jungen Frau, bei der er Unterschlupf gefunden hat. Denn ihr kleiner Sohn und sie sind ebenfalls hilflos, schutzbedürftig und - liebenswert. –
Über den Autor:
Atiq Rahimi, 1962 in Kabul geboren, studierte Literatur an der dortigen Universität. 1984 floh er während des Kriegs mit der Sowjetunion über Pakistan nach Frankreich, wo er an der Sorbonne im Fach Audiovisuelle Kommunikation promovierte.
Meine Meinung:
Nachdem Farhäd von Soldaten zusammengeschlagen wird, versteckt ihn eine Frau mit Kind in ihrem Haus. Das Kind nennt ihn von Anfang an Vater.
Farhäd fühlt sich im Haus so gefangen, wie draußen in Gefahr. Seine Gedankengänge bilden die stilistische Grundlage für den Roman. Das ist ziemlich spartanisch und mit ein Grund, warum leider kein richtiger Kontakt zwischen den Figuren zustande kommt. Die Frau und das Kind bleiben dem Leser so fremd wie auch dem Erzähler. Irritierend der Satz, dass er sich der Frau so nah fühlt. Hier liegt anscheinend eine Diskrepanz zwischen der Intention des Autors und dem Empfinden des Lesers vor. Der Roman will mich leider nicht so richtig berühren.
Was hingegen doch gelingt, ist Farhäds Gefühl des aus der Welt Geworfenen zu transportieren.
Die Situation erinnert mich in abgeschwächter Form an den großartigen Roman „Die Frau in den Dünen“ von Kobe Abe, doch leider bleibt Atiq Rahimi weit dahinter zurück. Wenn sich Farhäd schließlich in einem Teppich gewickelt von einem Schlepper nach Pakistan bringen lassen will, wirkt das fast unfreiwillig komisch. Und unpassend.
Schlecht ist das Buch nicht, doch Atiq Rahimi hat mich mit seinem neuesten Roman „Stein der Geduld“ mehr überzeugt.