Das meschuggene Jahr - Memo Anjel

  • Zum Autor:
    Memo Anjel, der eigentlich José Guillermo Anjel heißt, stammt aus einer sephardischen Familie und wurde 1954 in Medellín geboren. Er arbeit als Professor für Soziale Kommunikation an einer der vielen Universitäten der Stadt und schreibt daneben auch Kolumnen für die Tageszeitung El Colombiano. Ferner hat er eine regelmäßige Kultursendung im Rundfunk und veröffentlicht Romane, Erzählungen und Essays.


    Kurzbeschreibung von Amazon.de
    Schauplatz ist die kolumbianische Großstadt Medellín, aber nicht das Medellín der Drogenkartelle und der Gewalt, das wir aus den Medien kennen. Der Autor zeigt uns, daß hier, im jüdischen Stadtteil Prado, hauptsächlich gelebt wird - gelebt, geträumt, geliebt, gewerkelt, erzählt, erfunden, gesponnen, getanzt, gefeiert, gesündigt, verstoßen und vergeben. Mit den Augen eines dreizehnjährigen Jungen erleben wir die täglichen Glücksmomente und häuslichen Katastrophen einer zehnköpfigen sephardischen Familie und ihrer Gäste, das Wechselspiel von Erwartung, Enttäuschung und Erfüllung rund um einen großen Traum: eine Reise in die Stadt aus Gold, Jerusalem.
    Memo Anjel erzählt mit feinem Humor und kraftvollen Bildern und zeichnet seine Figuren mit liebevoller Hand. So entstand ein ganz und gar ungewöhnliches Werk lateinamerikanischer Literatur.


    Meine Meinung:
    Bei diesem Roman handelt es sich um eine kleine Perle. Familienromane sind normalerweise nicht mein bevorzugtes Genre, doch Anjels Stil sich der sephardischen Großfamilie anzunähern und ihre tägliche Träume und Katastrophen auszubreiten ist bezaubernd. Als Leser wird man Teil eines Tollhauses skuriller, absurder und verrückter Gestalten, die von Anjel menschliche und liebenswerte Züge erhalten. Dies ist die besondere Leistung Anjels: Trotz aller Absurditäten macht er seine Figuren nicht zum Teil einer "Freak-Show", die man mit Staunen und Befremden verfolgt, sondern erklärt ihre Handlungen und Gefühle mit genauer Beobachtungsgabe und gibt ihnen ein zutiefst menschliches Antlitz. Fazit: Sehr lesenwert!

  • Christian, vielen Dank für die schöne Rezi.
    Dies wir dann mein zweites Buch von Memo Anjel werden. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Sie wollen nach Jerusalem, in diesem meschuggenen Jahr, nach dem sie so viele Jahre nicht nach Jerusalem gefahren sind. Und dieses Mal sieht es auch gar nicht so schlecht aus, hat der Vater doch nach vielen Stunden in seiner Werkstatt, eine geniale Brotbackmaschine erfunden, die sie reich machen wird. Theoretisch, denn das Gerät entpuppt sich als nicht ganz frei von Kinderkrankheiten, der Beauftragte für den Vertrieb versagt auf ganzer Linie und Arbeiten an der Optimierung des Gerätes führen zu lebensgefährlichen Komplikationen.
    Doch das sind nicht die einzigen Schwierigkeiten. Unerhörte famliäre Verwicklungen lasten auf der Mutter, was aber bei dieser schrägen Verwandtschaft eigentlich kein Wunder ist.
    Das alles wird beobachtet und kommentiert von dem namenlosen Jungen und seinen Geschwistern, die all diese großen und kleinen Katastrophen mit kindlichem Gleichmut kommentieren. Aber trotz dieser Sorgen ist diese Familie, laut, chaotisch, verrückt, eine Familie, wie man sie jedem Kind nur wünschen kann.


    Gabriel Garcia Marquez trifft Isaac Bshevis Singer, der vielzitierte magische Relismus geht hier eine wunderbare Verbindung mit dem jüdischen Humor ein. Auch wenn man nicht alles glauben sollte, was in diesem Buch steht: Vielleicht ist es genau so passiert.


    Ich habe übrigens die Taschenbuchausgabe gelesen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich kenne Mindeles Liebe zwar noch nicht, würde aber dringend empfehlen, das
    meschuggene Jahr vorzuziehen, zumal es gerade Mindele ist, die da an der Klippe hängt :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe dieses Buch gerade gelesen und bin bezaubert. Eine wunderbare "verrückte" Familie, zu der ich gerne gehören würde. :grin Ich kann den anderen Eulen nur zustimmen. Da es so schön war, habe ich jetzt auch direkt mit Mindeles Liebe angefangen.