Briefe, Blitze, Lästereien
Verlag: Galiani Berlin bei Kiepenheuer & Witsch Verlag
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
September 2009
Kurzbeschreibung:
Vor seinem Witz sind alle gleich. »Ich will sein, was ich bin. Ich will reden, wie mir s beliebt, und wenn man mich nur kauft, so verlangen ich und mein Buchhändler nicht mehr.« Ein Zwerg an Gestalt und an Geist ein Riese, »ein Plato mit dem Feuer und den Gebärden eines Harlekin« (Melchior Grimm), »ein frecher, freier Geist ... einer der tiefsten, scharfsichtigsten und zugleich schmutzigsten Menschen seines Jahrhunderts« (Nietzsche), an allem interessiert und nie langweilig all dies ist Ferdinando Galiani (1728 1787). In seinen unnachahmlichen eigenen Worten: »So bin ich nun einmal: Zwei verschiedene Menschen, die in einem zusammengeknetet sind, und doch nicht einmal den Platz eines einzigen ausfüllen.« Nichts Menschliches war ihm fremd, vor seinen Witzen waren alle gleich. Als Zweiundzwanzigjähriger schrieb das verwachsene Genie den Klassiker Über das Geld, den auch Karl Marx sehr schätzte, später einen Skandalerfolg mit seinen Dialogen über den Getreidehandel und die Regierungskunst, »eins der besten, lehrreichsten, und zugleich witzigsten und unterhaltendsten Bücher, das seit hundert Jahren zum Vorschein gekommen ist« (C. M. Wieland).
In Paris war er als neapolitanischer Gesandtschaftssekretär mit den Enzyklopädisten befreundet, hielt einen Affen, empfing Besucher bis in die Mittagszeit am Bett. Er ließ das Trommelfeuer seiner Witze auf die Tischgesellschaften der Salons herabregnen und glühte vor Vergnügen, wenn die Tafelrunde in brüllendes Gelächter ausbrach. Doch sein Höhenf lug wurde jäh unterbrochen: Nach einem diplomatischen Unfall wurde er aus Paris verwiesen. Doch Galianis Unglück wurde zum Glücksfall für die Literaturgeschichte: Sein Briefwechsel mit den Pariser Freunden ist nicht nur ein kulturhistorisches Dokument, er ist ein Bündel an Witz, Esprit, tiefen Gedanken und tollem Unsinn. Die vorliegende Auswahl aus Briefen und Schriften stellt Galiani als glanzvollen Stilisten, genialischen Denker, melancholischen Grübler und witzigen Alleinunterhalter in all seinem Glanz und all seiner Erbärmlichkeit vor.
Über den Autor:
Ferdinando Coelestinus Galiani wurde 1728 in Chieti/Abruzzen geboren und starb 1787 in Neapel. Von 1759 bis 69 war er in diplomatischen Diensten in Paris, danach, hochdekoriert und kreuzunglücklich, in Neapel. Er veröffentlichte zu Lebzeiten u. a. einen Nachruf auf einen neapolitanischen Henker, den nationalökonomischen Klassiker Über das Geld, seine bisweilen Machiavellis Fürst gleichgestellten Dialoge sowie diverse Satiren, Opern und gelehrte Abhandlungen.
Meine Meinung:
Durch dieses Buch wird dem deutschen Publikum der fast vergessene italienische Schriftsteller Abbé Galiani vorgestellt.
Bei der Einleitung durch Wolfgang Hörner bin ich skeptisch, ob es so glücklich ist, zuerst mit Lichtenberg eine andere Person als Vergleich heranzuziehen und dann vordergründig das missratene Aussehen von Galiani so sehr zu betonen. Er wirkt dadurch erst einmal wie eine Comicfigur auf den Leser. Es wäre günstiger gewesen, seine Persönlichkeit sich dem Leser erst einmal durch die dann folgenden Briefe entfalten zu lassen, bevor man ihn so beschwert.
Dafür sind die Zwischentexte Wolfgang Hörners gut gelungen.
Durch die Briefe wird intensiv und mit vielen Details ein Bild von Neapel in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts gezeigt. Seitens Galiani gibt es viel Wehmut an sein Paris. Dort war er Gesandter, wurde aber abberufen.
Die Briefe gehen über einen Zeitraum von über 30 Jahre und nehmen den Großteil des Buches ein. Galianis Briefe nehmen einen größeren Raum ein als die Antworten seiner Briefpartner. Ausnahme bildet ein langer Brief der Königin Karoline von Neapel gegen Ende.
Es folgen dann noch ausgiebige Auszüge aus den Werken Galianis:
- Über das Geld
- Dialoge über den Getreidehandel
Dabei geht es nicht wirklich nur um den Getreidehandel, sondern um die Kunst des Regierens“ S.224
- Die Horazstudien
Abschließend dann Blitze und Splitter, mit einer Menge an Sprüchen und ironischen Weisheiten Galianis, die überwiegend wirklich amüsant sind.
Ironie und Lästereien, wie sie durch z.B. Oscar Wilde erreicht wird, darf man nicht ganz erwarten. Dafür sind Galianis Bemerkungen zwar ähnlich geistreich, aber auch viel sympathischer und weniger zynisch.