Für wen schreiben?

  • Mich interessiert jetzt mal folgendes:


    Ich war auf irgendeinem Forum, hab dort ein Gedicht oder so (liegt schon ein Stück zurück) reingestellt und gefragt, wie die da das finden. Da hat einer geantwortet, das wäre doch egal, ich würde doch für mich und nicht für andere schreiben, oder etwa nicht?


    Ich frage mich jetzt: Schreibt ihr für euch oder für andere?
    Ich schreibe irgendwie für andere, denn warum sollte ich Sachen für mich aufschreiben, ich hab sie doch in meinem Kopf?

  • wenn ich fach- oder sachbücher schreibe, schreibe ich für andere. wenn ich aber ein erlebnis verarbeite, auch wenn ich es veröffentliche, schreibe ich in erster linie für mich.
    bei romanen und erzählungen kann das pendel mal mehr nach der einen, mal mehr nach der anderen seite ausschlagen

  • Irgendwo hatten wir dieses Thema schon einmal und dort habe ich bereits ausführlich darauf geantwortet. Kurz gefasst, zuerst schreibe ich, weil es mir eingefallen ist und darauf drängt, festgehalten zu werden. Bereits dabei bemühe ich mich um "Perfektion", so, als würde mir ein neugieriger Mensch über die Schultern sehen. Mit anderen Worten, ich schreibe und korrigierre in einm Arbeitsvorgang. ich bin neugierig, was dabei herauskommt, aber der unsichtbare Betrachter ebenfalls.
    Bin ich fertig und zufrieden, drängt es mich, von anderen ihre Meinung zu hören. Klar schreibe ich Texte, weil ich gelobt werden will. Wer das Gegenteil behauptet, lügt sich selbst was vor. Klar würde ich auch gerne Erfolg haben und um meiner Texte willen geliebt werden. Ich bin ein wenig narzistisch veranlagt, ich gehe gerne an die Öffentlichkeit und trage meine Texte inmitten von Publikum vor. Genauso gerne verschwinde ich nach diesen Adrenalinabenden dann aber wieder in meinem Arbeitszimmer. Ich schreibe für andere Menschen und freue mich über jedes Feedback. :wave

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

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  • Was war denn das für einer? :lache


    Im Ernst: Nur für sich selbst zu schreiben ist m.A.n. eine reine Beschäftigungsttherapie -- man schreibt sich etwas von der Seele.


    Aber ganz davon ab: "für sich selbst schreiben" -- was bedeutet das eigentlich? Wenn man Tagebücher o.ä. schreibt, um später nachlesen zu können, wie es mal war, dann schreibt man doch auch nicht "für sich selbst", sondern für das Ich, das man -- so Gott will -- einmal sein wird. Und das ist erfahrungsgemäß nicht identisch mit früheren Ichs, sondern immer nur eine Art Zwischenstand einer kontinuierlichen Entwicklung. Also kann man gar nicht "für sich selbst schreiben". :grin


    Den von dir zitierten Ausspruch kenne ich zur genüge -- und mir fällt dabei jedesmal unwillkürlich Spitzwegs Armer Poet ein.
    Vermutlich hängt das damit zusammen, daß der Vorgang des Schreibens durch eifriges Psychologiesieren schlichtweg überbewertet wird: Der Schreibende, der im stillen Kämmerlein eine Welt aus sich selbst erschafft.


    Meiner Meinung nach ist das kompletter Blödsinn! :lache
    Schreiben ist nichts anderes als eine andere technische Umsetzung von Sprechen. Also von Erzählen.


    Man kann auch keine Welt aus sich selbst erschaffen, denn alles, was man von sich gibt, ist eine Reproduktion von Erlebtem und Gelerntem, aufbereitet durch geistige Vermögen wie Erinnerung, Phantasie, Verstand und Vernunft (rationales Denken).
    Was die Erschaffung eigener, andersartiger Universen (wie z.B. das Brontësche Andria oder Tolkiens Mittelerde allerdings um keinen Deut herabsetzt! Denn eine solche Konstruktion ohne krasse logische Brüche muß man erst einmal zustande bringen!


    Um auf meine Wenigkeit zurückzukommen: Ich betrachte das Erzählen als Kommunikation mit den möglichen Lesern (deshalb sind Leserunden auch für mich ein großer Gewinn). Es ist, als wenn man einem Kind ein Buch vorliest oder eine (selbst erfundene oder aufgeschnappte Geschichte erzählt -- das tut man ja auch nicht ohne "Hintergedanken" oder Absichten, die jenseits der liegen, dem Kind eine Freude zu machen.


    Aber die vordringlichste Verpflichtung, die man eingeht, wenn man "für andere schreibt", ist die, diesen anderen Freude zu bereiten. Wenn einem das gelingt, kann man auch die dahinterliegenden eigentlichen Absichten verfolgen und die Saat, die man säen möchte, fällt nicht unter Dornen oder auf Sand.

  • ich schreibe weil es in meinem kopf sonst zu voll wäre. das muss raus aufs papier.
    doch erlebnise schreibe ich jedoch selten ins tagebuch. das ich mit lex schluss gemacht habe z.b. habe ich noch gar nicht hineingeschieben.
    es ist gemsich. ich schreibe für mich damit mein kopf frei wird und stelle es ins net für andere und freue mich über jedes feedback.
    aber tagebuch für mich selbst - nein.
    ich will das meine texte gelesen werden.

  • Ich schreibe, um anderen eine Freude bzw. ein paar schöne Stunden zu bereiten.
    Wenn ich nur für mich und Gheron eine Geschichte erzählen möchte, tue ich das ohne die Worte niederzuschreiben. Wir erzählen uns viele Geschichten, entweder im Rahmen eines Free-Style-Rollenspiels oder während der (theoretischen) Planungen für ein neues Buch. Niedergeschrieben wird davon nur wenig und das Wenige landet meist in einem Verlag
    Gruß
    Sysai

  • Du hast schon recht, aufzuschreiben was man doch eigentlich selber weiß ist eigentlich unsinnig. Wenn ich aber schreibe, kann es schonmal passieren, das ich eine Kurzgeschichte einfach lösche bzw. wegwerfe auch wenn es über 50 Seiten sind. Irgendwie schon blödsinnig. Aber trotzdem ich schreibe eben doch irgendwie auch für mich. Ich erwecke ja mit meinen Geschichten ja meine Ideen zum Leben und das ist doch das selbe wie wenn ich Computer spiele und irgendetwas aufbaue. Ich spiele auch nur zum Spaß, für mich halt. Genauso schreib ich auch nur für mich.

  • :write


    Ich schreibe für mich. :-) Erst bei der Überarbeitung denke ich an die Leser. Denn wenn ich beim Schreiben dauernd das Gefühl habe, alles soll perfekt sein, weil ich für andere schreibe, bekomme ich Schreibblockaden... Beim Überarbeiten versuche ich so kritisch wie nur möglich zu sein.

  • Ich schreibe für mich. Positive Resonanz in solchen Foren strebe ich eigentlich nicht an, lese ich aber nur noch :grin . Negative hat mich anfangs irritiert. Habe dann mal spaßeshalber einen Text von Hemingway reingestellt, der auch prompt als "Stümperei" (und das waren noch die milden Verrisse :anbet ) niedergemacht wurde .....

  • Zitat

    Habe dann mal spaßeshalber einen Text von Hemingway reingestellt, der auch prompt als "Stümperei" (und das waren noch die milden Verrisse Anbeten ) niedergemacht wurde .....


    Dem würde ich mich generell anschließen, was Hemingway anbetrifft. Einer der überschätztesten Schriftsteller überhaupt.

  • Zitat

    Original von Tom


    Dem würde ich mich generell anschließen, was Hemingway anbetrifft. Einer der überschätztesten Schriftsteller überhaupt.


    Ich mag das, was er geschrieben hat, auch nicht ;-)
    Ist nicht mal so, dass ich es grottigschlecht finden würde, sondern einfach, dass ich null Zugang zu seinen Texten bekomme. Da spricht mich gar nichts an, weder Inhalt noch Schreibstil.


    Zur Ausgangsfrage dieses Threads:
    Ich will gelesen werden, also schreibe ich natürlich für eine Zielgruppe. Aber der gehöre ich selbst auch an, das, was ich schreibe, ist aus dem Genre, das ich selbst auch sehr mag und Bücher daraus nur so verschlinge.
    Also schreibe ich gleichzeitig auch das, was ich selbst gerne mag.

  • Das Zitat ist zwar abgenutzt, aber immer noch richtig:


    Beim Schreiben ist es wie bei der Prostitution. Zuerst macht man es aus Liebe, dann für ein paar Freunde und schließlich für Geld.
    (Molière)


    Am Anfang sind das Schreiben und das sonstige Menschsein noch zwei Dinge, die nicht notwendigerweise eines ergeben. Dann wird die Tätigkeit mehr und mehr Bestandteil des Selbst, untrennbar mit der eigenen Vita verbunden. Gleichzeitig entwickelt man eine Art, die Welt zu sehen, die sehr eigenartig ist. Man prüft vieles, eigentlich alles dahingehend, ob es eine Geschichte oder einen Bestandteil einer Geschichte ergeben könnte. Man entwickelt eine Art Schriftstellerblick. Der hat dann nach und nach auch etwas damit zu tun, wie Leser lesen. Anfangs sind diese Leute noch ziemlich egal. Dann rücken sie mehr und mehr in den Mittelpunkt des Interesses (bei mir war das ziemlich früh). Und irgendwann ist man dann Schriftsteller. Schreiben wird zu einer Arbeit, an deren Ende ein Produkt steht, das Leute kaufen, um es zu lesen, und das ist der Zweck des ganzen. Diese Leute sind die Zielgruppe. Das bedeutet nicht, daß man nicht auch noch für sich selbst schreibt, irgendwie, aber die betrachtende Distanz, die Bücher auch brauchen, um für viele Leute zu funktionieren, wird größer. Die Geschichten werden vielleicht nicht unpersönlicher, aber allgemeiner. Was ihre Verstehbarkeit und ihr Identifikationspotential anbetrifft. Ich schreibe nicht für mich. Jedenfalls nicht die Geschichten, die ich veröffentliche. Und ein Tagebuch führe ich schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Ich mag Fotos lieber.


    Meiner Erfahrung nach haben Autoren, die für sich selbst schreiben oder "schreiben müssen", nach wenigen Veröffentlichungen ihr Pulver verschossen, und es machen sich Leere und Langeweile breit. Schriftsteller ist aber ein Beruf und keine Sonderform von Psychotherapie.

  • Zitat

    Original von Tom
    Schriftsteller ist aber ein Beruf und keine Sonderform von Psychotherapie.


    Das ist einer der Sätze, der in zwanzig Jahren mal in irgendeinem Forum zitiert werden wird. Und alle werden Applaus spenden :lache


    Aber mal im Ernst. Ich stimme Tom in vielen Dingen zu. Allerdings bin ich trotzdem der Meinung, dass man beides tun kann. Für sich selber und für die anderen Schreiben. Meinst sind die Dinge, die man für sich selber schreibt aber so spezifisch oder vielleicht auch persönlich, dass man sie eh keinem breiten Publikum vorstellen möchte.


    Ich blogge seit 2002 und das tue ich in erster Linie für mich. Aber direkt dahinter folgen auch schon alle anderen, denn wenn ich ausschließlich für mich selber schreiben würde, könnte ich Tagebuch führen und müsste dies nicht öffentlich tun. Dennoch ist das etwas ganz anderes, als einen eigenen Text (vielleicht auch kommerziell) zu publizieren. Bei Auftragsarbeiten ("Hier, das ist das Thema ... bitte machen sie was mit Happy End daraus") ist das Gefühl und die Intention zum Schreiben natürlich eine völlig andere, als beim "drauflos schreiben und mal gucken, was dabei raus kommt." Ich hab lange Jahre Werbetexte etc. schreiben müssen. Das ist dann so ziemlich die stumpfste und liebloseste Form des Schreibens.


    Ich denke, die Mischung macht es. Ein bisschen für die Schublade, ein bisschen fürs Ego und ein bisschen für die Massen.


    Liebe Grüße,
    Pia

  • Astrid Lindgren hat es mal sehr schön ausgedrückt: "Ich schreibe für das Kind, das ich einmal war und nicht mehr bin." (Quelle: Astrid Lindgren Biographie von Sybil Gräfin Schönfeld, Rowohlt 1987)


    Diese Einstellung finde ich - zumindest für Kinder- und Jugendbuch-Autoren - sehr gut. Wenn man in diesem genre anfängt, für die Kritiker und die Journalisten zu schreiben, hat man am Ende ein vielschichtiges, aufgeblasenes Kunstwerk, das an der Zielgruppe vorbei zieht.


    Dennoch ist es sicherlich schwer, sich von den lesern (besonders von den kritischen) zu lösen. Insofern hat man es beim ersten Buch wohl etwas leichter.
    Spiele ja direkt mit der Überlegung, mal einen Threat zum Theam "Angst vor dem 2. Buch" zu posten, aber vielleicht wird das Thema ja hier irgendwo schon behandelt.

  • Wenn ich dafür bezahlt werde, würde ich auch etwas schreiben, das mir weniger liegt, sofern ich es kann.


    Das für sich selbst schreiben sollte man aber nicht aus den Augen verlieren, da es auch eine prima Fingerübung ist, wenn man z. B. eine Szene schreibt, die man gerade überhaupt nicht zum aktuellen Text gebrauchen kann. Später kann man sie vielleicht verwenden, ich hab vorgestern erst eine solche Szene recycelt, stammte aus einer uralt-Story von mir, stilistisch natürlich furchtbar, aber die Idee gefiel mir und war genau passend für einen aktuellen Text.


    Man kann so auch gut ausprobieren, was einem liegt, ohne den Druck zu haben, dass es Lesern, bzw. vorher Lektoren ;-) gefallen muss, damit es veröffentlicht wird.

  • *lach*
    Das Moliere-Zitat ist klasse!


    Demnach bin ich eindeutig in Stufe 3: Lohnschreiber. Ein bisschen was schreib ich nebenher noch "aus Liebe" und blogge es, um vorbeikommende Leser zu unterhalten. Manchmal verkauf ich dann doch das eine oder andere davon.


    Es ist nix dagegen einzuwenden, wenn jemand aus therapeutischen Gründen für den Eigenbedarf schreibt. So haben viele in ihrer Teeniezeit angefangen, ehe eine Profession daraus wurde.


    Zur Ausgangsfrage: Wenn jemand schon einen Text in ein Forum stellt und um Urteile bittet, muss man ja davon ausgehen, dass derjenige gerade den Bereich Eigenbedarf verlässt und prüft, ob seine Texte publikumstauglich sind. Der Kommentar: "Eh wurscht, was wir denken, du schreibst ja nur für dich" ist in dem Zusammenhang unangebracht. Finde ich.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Was ich schreibe mag in gewisser Weise noch leicht kindisch oder unmöglich sein, doch schreiben beruhigt mich und macht mich glücklich. -Also schreibe ich für mich.


    Egal wie meine Texte, Geschichten etc. auch sein mögen, ein paar meiner Freunde bzw. Geschwister lesen sie immer. Das schöne ist, dass sie es mir sagen wenn ihnen was nicht so gut gefallen hat. Meinstens jedoch gefallen sie den meisten, was sie mir auch ehrlich sagen. Und das ist dann wieder ein Ansporn weiter zu schreiben.
    Also schreibe ich für andere.


    -Kurzum: Ich schreibe um Glücklich zu machen. Seien es jetzt meine Bekannten oder ich.


    Lg, TaPe :wave

  • ich schreibe nicht unbedingt um des schreibens willen, sondern für das produkt. eines, das andere begeistern soll. mich begeistert es sowieso :-]
    außerdem schreibe ich, um mit einem oder mehreren büchern auch nach meinem tod weiterzuleben quasi. also schreibe ich auch ein wenig für die ewigkeit :D