Die Lieder des Mr. Blake - Tracy Chevalier

  • Originaltitel: "Burning Bright"


    Kurzbeschreibung


    1792: London ist durch revolutionäre Unruhen erhitzt. Auf den lauten und schmutzigen Straßen der Stadt fühlt sich die junge Maggie wie zu Hause. Doch dann begegnet sie William Blake, der ihr die Tür zu ganz neuen Welten aufstößt. Eine Geschichte von Freundschaft und Hoffnung, von Revolution und Leidenschaft.


    Die Autorin


    Dies ist der 5. Roman der Bestseller Autorin Tracy Chevalier. Sie wurde in Washington DC geboren und lebt auch heute noch dort zusammen mit Sohn und Ehemann.


    Meine Meinung


    Tracy Chevalier hat die besondere Gabe in ihren Romanen Geschichte zum Leben zu erwecken mit sorgfaeltigen Details, die die Gesellschaft und Umgebung beschreiben, und einer gelungenen Mischung aus historisch belegten Persoenlichkeiten und ganz durchschnittlichen erfundenen Personen des Alltags. Die Kulisse wird dabei ohne ueberfluessige Ausschweifungen auf nur 300 Seiten gemalt.


    Auch bei den "Liedern des Mr. Blake" fuehl ich mich durch die treffende Zeichnung des historischen Rahmens schon nach wenigen Seiten wie zu Hause in London im Jahre 1792. Die Atmosphaere in dem Arbeitsviertel, in die Familie Kellaway ganz neu aus dem doerflichen Dorsetshire eingezogen ist, wirkt absolut authentisch. Auch die Welt des Zirkus, der hier sein Sommerquartier hat, ist durchaus interessant beschrieben.


    Jem Kellaway befreundet schon bald Maggie, die diesen Teil Londons wie ihre Westentasche kennt. Diese Freundschaft bildet den Kern der Geschichte. Die beiden lernen auch William Blake, ein Nachbar der Kellaways, kennen. Blake, einer der wichtigsten englischen Dichter, bleibt aber eine kleine Nebenfigur - wo Buchtitel und Klappentext eigentlich etwas ganz anderes vermuten lassen.


    Doch trotz der schoenen Sprache und der treffend gemalten historischen Atmosphaere laesst mich das Buch ziemlich kalt. Die Geschichte plaetschert so vor sich hin und ihre Personen beruehren mich nicht wirklich. Ich hatte etwas mehr davon erwartet, hier auch tatsaechlich was von der politischen Situation dieser doch sehr spannenden Zeit zu lesen. Aber all das bleibt sehr am Rande.


    Ich muss auch gestehen, dass ich mit den Gedichten von William Blake nicht so viel anfangen kann. Ich hab die englische Ausgabe gelesen und entsprechend auch die Gedichte im Original vor mir gehabt. Auszuege der "Songs of Innocence and Experience" werden schon sehr passend in den Plot eingebunden. Aber gerade William Blake wird doch zu sehr auf Abstand gehalten. Tracy Chevalier haette den Leser doch etwas naeher an ihn ranlassen sollen.


    Fazit: Wie schon in "Maedchen mit dem Perlenohrring" malt Tracy Chavalier auch hier mit einzigartigem Schreibstil ein gelungenes Bild von London im Jahr 1792. Doch leider bleiben Plot und Charaktere eher leblos. Da haette ich mir mehr erwartet.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Meine Gedanken zu diesem Buch:


    Die Geschichte beginnt im März 1792, als ein Sohn von Thomas Kellaway, Stuhlmacher von Beruf, von einem Baum stürzt und stirbt. Die Mutter kommt über dessen Tod nicht hinweg und so zieht die Familie aus dem Dorf ins große, durch revolutionäre Unruhen erhitzte London.
    In dessen Straßen ist Maggie wie zu Hause, hier kennt sie sich aus. Jem Kellaway, der wohl mal in Vaters Fußstapfen treten soll, lernt Maggie beim Einzug kennen und hofft, durch sie London kennenzulernen.


    Der Klappentext ist hier wirklich sehr unglücklich gelungen. Maggie soll hier im London des Jahres 1792 den großen Dichter, Maler und Visionär William Blake kennenlernen. Der ihr auch noch die Tür zu ganz neuen Welten aufstößt. Das schafft er durch zwei, drei Gespräche? Der Klappentext ist maßlos übertrieben.
    Hätte da gestanden: Es wird das Leben im London des Jahres 1792 anhand zweier Familien erzählt, okay. Das hört sich natürlich nicht so spannend an.


    Aber viel Spannung gab es in diesem Buch auch nicht. Wir lernen wirklich zwei Familien kennen, die in London leben. Die Kellaways kamen von einem Dorf in die Metropole und Maggie Butterfield kennt London wie ihre Westentasche.
    Und durch Maggie lernen nicht nur Jem, Sohn der Kellaways, London kennen, sondern auch ich.


    Ich kenne bisher nur das literarische London von Helene Hanff, die so begeistert darüber schrieb. Durch Maggie lerne ich ein wenig das alte London kennen: Die Themse, die zum Himmel stinkt, die schmutzigen Straßen und noch schmutzigeren engen Gassen, in denen sich die Huren rumdrücken, die ihre Krankheiten weitergeben. Die Londoner Straßen werden so toll beschrieben, dass ich das Gefühl habe, mit den Figuren zusammen durch London zu streifen.


    Und so ganz nebenbei spielt auch die Französische Revolution eine Rolle. Und wir erfahren ein wenig über Mr. William Blake, der ein paar Weisheiten an die beiden Jugendlichen weitergibt und ihnen auch ansonsten hilft. Aber anhand des Klappentextes hatte ich mir seine Rolle größer vorgestellt.
    Das hat mir aber nicht mein Lesevergnügen genommen.