Hallo, Kamelin.
Journalisten befassen sich mit Themen, nicht selten aufgrund eines persönlichen Kontakts, weil sich ein Betroffener gemeldet hat. Sie recherchieren dann, befragen die Protagonisten, und im Verlaufe dessen oder danach entwickeln sie daraus einen Beitrag - einen Artikel, eine Reportage, meinethalben sogar einen Sachbuchtext. Sie beleuchten Einzelschicksale und/oder decken Missstände auf. Das tun sie vor dem Hintergrund, für ein Medium tätig zu sein, das die entstehenden Beiträge veröffentlichen wird, wofür es die Journalisten bezahlt. So gut wie jede Nachricht, die Du zur Kenntnis nimmst, ist auf diese Art entstanden. Es gibt zwar auch Freizeitjournalisten und andere umtriebige Personen, die eigene Websites betreiben oder ähnliches, und die sich auch auf Themen stürzen, um Hintergründe zu recherchieren und Storys zu entwickeln, aber die weit überwiegende Mehrheit tut das professionell, berufsmäßig. Mit jeder Nachricht, mit jeder Geschichte ist der Verkauf eines Mediums verbunden, das wiederum überhaupt ermöglicht hat, dass sich jemand mit dieser Geschichte befassen konnte. Sie wird durch Käufer und Werbekunden finanziert. Zumeist besteht ein persönliches Interesse der Journalisten abseits der beruflichen Tätigkeit nicht. Das würde diese Leute auch überfordern, die täglich Dutzende Storys zu sichten haben und Reportagen am Fließband abliefern.
Das Medium, für das wir die Rico-Beutlich-Story ehrenamtlich (!) entwickelt haben, ist der "Autorenkalender" des "42erAutoren - Verein zur Förderung der Literatur e.V.". Dieser Verein, dem die drei Autoren angehören, hat seine Kontakte genutzt, um uns bei der Recherche zu unterstützen, etwa solche zum VS (Verband deutscher Schriftsteller in der ver.di) oder zu anderen Schriftstellerorganisationen, nicht zuletzt zum Fairlag-Bündnis und Andreas Wilhelms Montségur-Forum. Ohne den Verein im Hintergrund und das Medium als Publikationsorgan wäre diese Geschichte nicht entstanden. Er hat Rechtsberatung organisiert und Unterstützung geboten. Er ist indirekter Nutznießer, da die Honorare aus den Verkäufen des Autorenkalenders in die Vereinskasse fließen - zum Beispiel, um später ähnliche Aktivitäten finanzieren zu können, aber vor allem, um Autoren zu fördern. Die Verfasser haben für diese Story viel Aufwand in Kauf genommen, und sie sehen sich als Autoren des Textes dem Risiko ausgesetzt, Gegenstand von Klagen und Rufmordkampagnen zu werden, die in diesem Bereich nicht unüblich zu sein scheinen.
Die Geschichte entstand, wie sehr viele vorher und weitere, die folgen werden, eben für jenen Kalender, der keine Massenpublikation ist, an der die Autoren sehr viel Geld verdienen, sondern ein bescheidener Helfer mit pittoresker Auflage, an dem die Autoren exakt: nichts verdienen. Im Gegensatz also zu "normalen" journalistischen Publikationen, die in den allermeisten Fällen Medien zur Verbreitung vergleichbarer Storys sind, verdient hier bestenfalls ein Verlag - aber voraussichtlich auch nicht nennenswert viel. Vermutlich hat der Spiegel-Redakteur umgerechnet mehr für seine Reportage bekommen. Und auch der Spiegel hat das ja nicht veröffentlicht, weil es der gesamten Redaktion so am Herzen liegt, sondern (auch), um für sich zu werben und (anteilig) ein bisschen Geld zu verdienen. Deshalb geschieht derlei.
Natürlich hätten wir uns auch ohne den Autorenkalender als Veröffentlichungsmedium hinsetzen und diese Geschichte durchziehen können. Was wäre dann daraus geworden? Das weiß man nicht. Die große Öffentlichkeit, die jetzt entstanden ist, war jedenfalls nicht zu erwarten.
Sorry, aber für mich bleibt der Eindruck, dass diese "Kritik" ein wenig an den Haaren herbeigezogen ist.