Brüder - Yu Hua

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    Zitat

    Zwei Brüder – zwei Leben. Li ist ein gerissener Geschäftsmann. Er verkauft Müll und abgetragene Anzüge aus Japan. Li scheffelt Millionen. Bruder Song ist besonnen, ein Schöngeist und ewiger Pechvogel. Ein bisschen zu gut für das moderne China – den wilden Kapitalismus. Aber auch er will am Wirtschaftswunder teilhaben. Also lässt er sich seine Brust vergrößern, um den Landfrauen ein Gel zu verkaufen, das den Busen praller macht. ›Brüder‹ ist die tragikomische Geschichte von Li und Song, die die Schrecken der Kulturrevolution überleben und im neuen China ihr Glück versuchen. Yu Hua weiß um die Widersprüche Chinas, aber er weiß auch, dass man den Humor nie verlieren darf. ›Brüder‹ ist die Kehrseite des Wirtschaftsrausches in China – traurig, klug und sagenhaft komisch.


    Meinung:


    Glatzkopf-Li und Song Gang haben es von Anfang an nicht leicht - beide wachsen (zunächst in getrennten Familien) in ärmlichen Verhältnissen in der kleinen Stadt Liuzhen auf. Als jeweils ein Elternteil von ihnen stirbt, findet sich wundersamerweise eine neue glückliche Familie zusammen: Glatzkopf Li und seine Mutter, sowie Song Gang und sein Vater. Doch das Glück ist nach kurzer Zeit bedroht, als in der Stadt die Kulturrevolution ausbricht.


    Schon in ihrer Jugend stehen die beiden Brüder schließlich als Waisen da und schwören sich für immer zusammen zu halten - komme, was wolle. Denn so unterschiedlich sie auch sind, verstehen sie sich doch prächtig. Bis sie sich eines Tages über der Liebe entzweien - beide haben sich in die Stadtschönheit Lin Hong verliebt. Und während Glatzkopf-Li zunächst noch selbstbewusst daran glaubt, dass Lin ihn liebt, und diese mit seinen Liebesbekundungen regelrecht bombardiert, hat sich Lin im Stillen in den schüchternen Song Gang verliebt... Dieser kann sein Glück zunächst gar nicht glauben, möchte die Liebe sogar seinem Bruder zuliebe aufgeben - bis sogar ihm schließlich eines Tages der Kragen platzt.


    So umfangreich wie das Buch ist (immer knapp 770 Seiten), kann man sich vorstellen, dass der Inhalt nur schwer zusammenfassbar ist, zumal ich ja nicht schon alles verraten möchte. Man erfährt jedenfalls das ganze Freud und Leid, dass die beiden Brüder erfahren müssen - ob nun getrennt oder zusammen. Insgesamt ist es auf jeden Fall sehr emotional geschrieben, stellenweise hätte ich mir fast gewünscht, dass manche Details nicht so genau beschrieben wären (wenn wiedermal jemand zu Tode geschlagen wird). Teilweise habe ich mich auch gefragt, inwiefern das Buch wirklich realistisch das Leben in China beschreibt - ob beispielsweise damals Gewalt wirklich so greifbar und üblich war, wie es in dem Buch zumindest in den Jugendjahren der beiden Brüder beschrieben wird. Aber leider kann man dies ja schlecht nachprüfen.


    Ansonsten ist das Buch aber gut geschrieben und regt zum Mitfiebern mit den beiden Hauptpersonen an - das Auf und Ab zweier gegensätzlicher und doch unzertrennlicher Brüder.

    "Es gibt einen Fluch, der lautet: Mögest du in interessanten Zeiten leben!" [Echt zauberhaft - Terry Pratchett]

  • Vielen Dank für die Rezi, ich habe jetzt zumindest ein klareres Bild vor Augen :wave

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Klappentext / Kurzbeschreibung des Buches:
    Zwei Brüder – zwei Leben. Li ist ein gerissener Geschäftsmann. Er verkauft Müll und abgetragene Anzüge aus Japan. Li scheffelt Millionen. Bruder Song ist besonnen, ein Schöngeist und ewiger Pechvogel. Ein bisschen zu gut für das moderne China – den wilden Kapitalismus. Aber auch er will am Wirtschaftswunder teilhaben. Also lässt er sich seine Brust vergrößern, um den Landfrauen ein Gel zu verkaufen, das den Busen praller macht. ›Brüder‹ ist die tragikomische Geschichte von Li und Sang, die die Schrecken der Kulturrevolution überleben und im neuen China ihr Glück versuchen. Yu Hua weiß um die Brisanz Chinas, aber er weiß auch, dass man den Humor nie verlieren darf. ›Brüder‹ ist die Kehrseite des Wirtschaftsrausches in China – traurig, klug und sagenhaft komisch.


    Meine Meinung:
    Für das Buch brauchte ich zwei Anläufe. Vor einem Jahr blind in einem Buchladen auf Empfehlung des sympathischen Verkäufers gekauft, sofort angelesen und nach 200 Seiten angewidert weggelegt. Vor kurzem wieder zur Hand gelegt und die restlichen 550 Seiten verschlungen.
    Das Buch ist besonders am Anfang der Zeitreise im Bereich der Kulturrevolution durch die knallharte, seitenlange Beschreibung, was Menschen sich gegenseitig antun können sehr hart. Es wird in gefühlten Ewigkeiten detailiert beschrieben, wie Menschen auf der Straße zusammengestiefelt werden, bis sie jämmerlich verrecken. Dennoch schafft der Autor für mich nach den Schrecken der Kulturrevolution die Kurve, so dass ich das Buch ohne Anwiderrung weiterlesen konnte. Er bringt immer wieder guten Humor und Tragik unter. Sein Schreibstil ist sehr flüssig und schafft auch die Banalitäten des Lebens der beiden Hauptdarsteller seitenlang fesselnt zu beschreiben.


    Edit: Bitte immer erst im Verzeichnis schauen, ob zu dem Buch schon eine Rezension existiert. Ich habe die beiden Threads zusammengefügt. LG JaneDoe


    Ein gutes Buch!

  • Mir ging es ähnlich wie dir. Ich habe den Roman nach etwa 50 Seiten beiseite gelegt, allerdings nicht angewidert, sondern eher etwas gelangweilt. Seitdem schlummert es auf meinem SuB, wird aber ganz sicher eine zweite Chance erhalten. Manchmal erfordert ein Buch eben die passende Grundstimmung des Lesers.


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann