Marc Levy - All die ungesagten Worte

  • Über den Autor :write
    Marc Levy wurde 1961 als Sohn eines Verlegers in Frankreich geboren. Er ist von Beruf Architekt und entdeckte schon früh seine Liebe zur Literatur und zum Kino. Von 1983 bis 1990 lebte er in San Francisco, wo er studierte und sein erstes Unternehmen gründete. Sein erster Roman, "Solange du da bist", der von Steven Spielberg verfilmt worden ist, wurde zu einem internationalen Bestseller, genauso wie "Wo bist du?", "Sieben Tage für die Ewigkeit", "Bis ich dich wiedersehe", "Zurück zu dir", "Wenn wir uns wiedersehen" und "Kinder der Hoffnung". Seit seinem Welterfolg lebt Marc Levy als freier Schriftsteller in London und New York.



    Kurzbeschreibung :write
    Kurz vor ihrer Hochzeit erfährt Julia, dass ihr Vater an ihrem großen Tag nicht dabei sein kann. Dies wundert sie gar nicht, denn der Herr Papa hat sich ihr Leben lang durch Abwesenheit ausgezeichnet. Doch diesmal hat er einen guten Grund - und statt zu heiraten, muss Julia nun seine Beerdigung organisieren. Da bekommt sie ein seltsames Paket - einen »letzten Gruß« des Verstorbenen, der sie zurückführt nach Berlin, wo Julia kurz nach der Wende zum ersten Mal verliebt war ...



    Meine Meinung :write
    Julia erledigt mit ihrem besten Freund Stanley die letzten Vorbereitungen für ihre Hochzeit mit Adam, als sie telefonisch davon in Kenntnis gesetzt wird, dass ihr Vater, Anthony, verstorben ist.
    Für Julia anfangs kein Schock, denn in den letzten 20 Jahren gab es keine wirklich innige Vater-Tochter-Beziehung zwischen den beiden.


    Anthony war während Julia´s Kindheit und Jugend viel geschäftlich unterwegs und konnte ihr nicht die Nähe, Zuneigung und vor allem Zeit geben, die Julia sich von ihm gewünscht hat. Doch trotz alledem hat er seine Tochter geliebt, wollte stets das Beste für sie und hat sie wahrscheinlich doch besser gekannt als Julia dachte.


    Die Beerdigung findet am Tag ihrer geplanten Hochzeit statt, die daraufhin kurzfristig ausfällt.


    Ein paar Tage später wird Julia eine zwei Meter hohe Holzkiste geliefert. Nachdem sie diese geöffnet hat, ist sie schockiert: sie schaut ein Abbild ihres toten Vaters an.
    Erst denkt sie an einen üblen Scherz, aber dann wird sie mithilfe eines Zettels aufgefordert auf die mitgelieferte Fernbedienung zu drücken um ihren Vater damit zu “aktivieren”.
    Er ist eine Art Roboter und er und Julia haben nun sechs Tage Zeit für “all die ungesagten Worte” zwischen ihnen.


    Anfangs hält Julia von dieser Idee gar nichts, denn in ihren Augen gibt es nichts unausgesprochenes zwischen Vater und Tochter. Sie fühlt sich bevormundet und von ihm. Zu Zeiten, wo sie ihn gebraucht hätte, im Stich gelassen und Julia ist in den Augen ihres Vater der ewige Rebell.


    Der eigentliche Bruch zwischen Julia und Anthony kam, als Julia und zwei Kommilitonen mit 18 Jahren nach Berlin zum Mauerfall reisten. Dort lernt sie in der Euphorie über die neu gewonnene Freiheit, Thomas kennen und lieben.
    Sie beschließt kurzerhand bei ihm in Berlin zu bleiben, bis ihr Vater sie dort ausfindig macht und der Meinung ist, dass ein Mädchen aus dem Westen keinen Jungen aus dem Osten lieben kann.
    Mit Gewalt entreißt er seine Tochter aus Thomas´ Armen und verpasst dem Jungen aus dem Osten noch einen Kinnhacken.


    Thomas war ihre erste und wahrscheinlich einzige Liebe im Leben. Es verging kein Tag, an dem sie nicht an ihn und ihre kurze gemeinsame Zeit dachte.
    Als sie einige Jahre später von einem Unglück in einer Kriegsregion hört, unter den Toten war u. a. ein deutscher Journalist, “freut” sie sich erst, dass Thomas scheinbar seinen Lebenstraum, Journalist zu werden, erfüllt hat, dann überwog die Trauer, dass ihre Liebe wegen seines Traums gestorben ist und somit für immer aus ihrem Leben verschwunden ist.


    Sechs Tage haben Julia und Anthony, sechs Tage, die zwei Menschen zusammenführen soll und Klarheit für beide schaffen wird.
    Anthony will mit seiner Tochter verreisen, sie auf den richtigen Weg schicken und die Fehler, die er einst begangen hat, versuchen wieder gut zu machen.


    “All die ungesagten Worte” ist im üblichen Levy-Stil geschrieben: gefühlvoll, mit wahnsinnig viel Tiefe, einer guten Prise Humor und Romantik und absoluter Echtheit.


    Es gibt viele Szenen in denen man Julia einfach “wachrütteln” will, damit sie begreift, wie sehr ihr Vater sie liebt - sie immer geliebt hat. Aber an manchen Stellen will man auch einfach mit ihr tauschen, die Dinge erleben und in sich aufsaugen, die sie gerade durchlebt.


    JEDER sollte dieses Buch lesen. Und am Anfang des Buches beschreibt ein vierzeiliges Zitat von Albert Einstein, die kompletten 400 Seiten von Marc Levy absolut passend:


    “Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben:
    entweder so, als wäre nichts ein Wunder,
    oder so, als wäre alles eines.
    Ich glaube an Letzteres.”


    Von mir gibts ganz klar dafür 10 Punkte!!

  • Jaaaaaaaaaaa, darauf habe ich schon gewartet
    Danke für die schöne Rezi :knuddel1
    nach der für mich ganz klar ist :bruell ich muss dieses Buch haben
    ich liebe alle Romane von Marc Levy.


    Aber ohne LR, denn seine Bücher kann ich nur in einem Rutsch (ohne Unterbrechung) verschlingen :grin

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    :kuh:lesend

  • Bin total traurig,weil die Geschichte nun zu Ende ist. Über den Inhalt muss ich euch ja nicht wirklich berichten, aber meine Meinung kommt:


    Marc Levy schreibt mit *All die ungesagten Worte* eine berührende nicht ganz typische Vater-Tochter Geschichte, aber eigentlich ist es viel mehr.
    Zum einen ist da das Verhältnis oder Nicht-Verhältnis zwischen Julia und ihrem Vater, die nicht verarbeiteten Anschuldigungen und Probleme, die seit 20 jahren auf ihrer Beziheung lasten. Die stummen Vorwürfe Julias an ihren Vater, der einfach so durch die Weltgeschichte reist und Geld scheffelt, aber nie Zeit hat. Julia bekommt Einsicht in das Leben ihres Vaters, erhält Anwtort darauf, wie es für ihren Vater war, mitzuerleben, wie seine Frau allmähich dem Wahnsinn verfallen und ihm fremd geworden ist. Nicht nur Julia hatte Trauerarbeit zu leisten.
    Aber Julia verbindet noch mehr Unangenehmes mit ihrem Vater, war er es schließlich,der die Trennung zwischen ihr und ihrem Freund Thomas verschuldete und ihr fast zwanzig Jahre einen wichtigen Brief unterschlagen hatte.
    Marc Levy schreibt aber auch von den Wirrungen rund um den Mauerfall, berichtet von Revolution, Freiheitsgedanken und Verrat.
    Er schreibt oft in seiner für ihn typischen, fast blumigen Sprache, vor allem, wenn Julia stumme, gedankliche Worte an Thomas schickt. Manchmal liest sich das Buch ein wenig langatmig, man möchte Julia wirklich schütteln und aufrütteln, man möchte mit dem Vater schimpfen, man will,dass endlich etwas weitergeht in der Geschichte, aber dann lenkt Marc Levy wieder ein und die Geschichte bekommt neue, oft überraschende Wendungen.
    Darum war es traurig,dass ich sie so schnell zu Ende gelesen habe. So viele schöne Gedanken über ungesagte Worte, über Liebe, Erinnerungen....und der feine Humor kommt auch nicht zu kurz. Zum Knuddeln der schwule Freund Stanley, herrlich die Dialoge zwischen ihm und Julia und das Ende..sehr überraschend, brachte mich zum Lachen und Kopfschütteln...also wirklich....aber...lest selbst:-)


    Von mir 10 Punkte für das Gesamtwerk. :wave

  • Ich fange dann nachher auch damit zum lesen an, damit ich es diesen Monat als Wanderbuch verschicken kann :grin
    Freu mich schon drauf, bin doch Mark Levy Fan

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    :kuh:lesend

  • Ich bin nun auch mit diesem Buch durch und bin total begeistert.
    Den Anfang fand ich etwas schleppend und fragte mich des öfteren wo die Reise hingeht, was der Autor sich wohl diesmal für eine Geschichte ausgedacht hat.
    Spätestens ab Seite 200 hatte er mich an der Angel und ab Seite 300 war ich hin und weg.
    Ist mir schon lange nicht mehr passiert, aber wegen den tollen Dialogen, die mich berührt und nachdenklich gemacht haben, habe ich die letzten 100 Seiten noch einmal lesen müssen.
    Soooo schön! Mark Levy kann einfach wunderbar fabulieren.
    Manche seiner Sätze möchte man sich am liebsten an die Pinnwand picken und immer wieder lesen :anbet



    Von mir gibt es 9 von 10 Punkten (1 Punkt Abzug wegen dem nicht ganz so geglückten Anfang)

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  • Ich kann Eure Begeisterung leider nicht teilen - ich habe das Buch nach gut 100 Seiten abgebrochen.
    Ich fand schon diese Konstellation: weibliche Hauptfiugr mit schwulem besten Freund und einem zukünftigen Ehemann, den sie offensichtlich nicht leider kann, nervig. Und der Androiden-Papa war mir irgendwie zu albern. Mag schon sein, dass das Buch noch besser wird, aber ich habe keine Lust mehr darauf...

  • Ich habe das Buch auch gestern erst durchgelesen. Alles in Allem fand ich es sehr schön. Werde mir von Marc Levy wohl auch noch mehr besorgen.


    ABER:
    Kann mir jemand den Schluss erklären? Die letzte Szene mit Anthony? Ich kapiere es einfach nicht *kopfschüttel*

  • Ich war auch ganz überrascht von diesem Buch. Ich war eher skeptisch was den Autor betraf. Nach "Wenn wir zusammen sind" war ich enttäuscht. Ich war gespannt ob er ansatzweise an "Sieben Tage für die Ewigkeit" anknüpfen kann und mich somit überzeugen. Kurz: Ja er konnte.


    Julia war mir auf Anhieb sympathisch was sicherlich auch an ihrem besten Freund Stanley lag. Tolles Team die beiden. Vor allem der Wortwitz von Stanley gefiel mir sehr gut. Die Geschichte nahm aber erst dann richtig Fahrt auf als der Vater "Aufersteht". Erst fand ich den Gedanken etws befremdlich und auch albern. Aber während der Geschichte vergaß ich einfach dieses kleine Detail und genoß die Suche und das Finden von Julia.


    Ein schöner Herz-Schmerz-Schmöker. Nicht zu kitschig. Genau richtig.


    Punktabzug gab es wegen dem Ende. Das fand ich irgendwie nicht stimmig und auch unschön. :-(


    Von daher gibt es von mir 8 Punkte.

  • Irrtümer zählen nicht, Darling, sondern nur das, was wir leben. (Seite 367)


    Vielleicht sollte man das „leben“ noch durch den Begriff „lesen“ ergänzen, denn ich gebe zu, ich habe mich geirrt. Geirrt in Marc Levy und seiner Fähigkeit, gute Bücher zu schreiben. In einer Rezi zu einem seiner früheren hatte ich geschrieben, er sei „dem Thema nicht gewachsen“. Nachdem ich von zweien seiner Bücher enttäuscht war, hatte ich ihn (für mich) abgeschrieben. Dieses Buch hier habe ich darob nur als Wanderbuch gelesen, ich wollte kein Geld mehr ausgeben. Nun, ich werde sehr wohl Geld ausgeben, denn dieses Buch möchte ich als HC in meinem Bestand haben, um es noch einige Male öfter zu lesen. Und Marc Levy ist auch schwierigen Themen durchaus und voll gewachsen, wie mir „All die ungesagten Worte“ eindrucksvoll bewiesen hat.


    Andererseits ist es gerade bei Marc Levy gut, auch seine (mMn) schwächeren Werke gelesen zu haben, denn immer wieder tauchen Bezüge zu früheren Büchern auf. Erwähnt sei ein gewisser Herr Pilguez mit Frau Nathalie aus San Francisco (also ist deren Hochzeitsreise inzwischen beendet ;-) ). Oder auch der Maler Wladimir Radskin, der in „Bis ich dich wiedersehe“ eine Rolle spielte.


    Worauf ich auch nicht unbedingt gefaßt war ist, daß hier von einem Franzosen, der inzwischen in London lebt, der Fall der Berliner Mauer in einer Weise beschrieben wird, daß die ganzen verschütteten Erinnerungen aus den Tiefen der Versenkung auftauchen. Die Ereignisse gingen damals etwas an mir vorbei, weil 1989/1990 privat recht ereignisreich war und wir zu der Zeit schon in Hochzeitsvorbereitungen steckten. Sehr gekonnt hat Marc Levy die Ereignisse jener Zeit in Rückblenden in den Roman verwoben.


    Habe ich mich in meiner Rezi zu „Bis ich dich wiedersehe“ über eine fehlende sinnvolle Erklärung und Begründung für die Mystery-Elemente beklagt, so kann ich das hier nicht tun. Nach meiner Einschätzung ist die Sache mit dem Androiden
    (Achtung: spoilert meine Einschätzung und Interpretation des Endes!)


    Zwar wird nicht expressis verbis die Auflösung erklärt, jedoch gibt es mE genügend Hinweise im Buch, die nur eine sinnvolle Erklärung zulassen. Insofern sehe ich das etwas anders als hestia2312: das Ende ist für mich durchaus stimmig und auch schön.


    Gut haben mir die Unterhaltungen und Gedanken über das Verhältnis Eltern - Kinder gefallen. So manches mal habe ich mich gefragt, wie ich mich wohl in ein paar Jahren, wenn ich in Anthonys Situation komme und die Tochter flügge wird, verhalten werde.


    Was mich an dem Buch auch beeindruckt hat ist die Leichtigkeit der Sprache, mit der Marc Levy schreibt (wobei ich nur von der deutschen Übersetzung ausgehen kann). Da sitzt jeder Satz, auch an ernsten Stellen habe ich mich nie erschlagen, erdrückt oder deprimiert gefühlt. Wirklich gekonnt.


    Alles in allem ein Buch, das ich - obwohl eher widerwillig mit dem Lesen begonnen - in sehr guter Erinnerung behalten und sicherlich noch das eine oder andere Mal wieder lesen werde.


    Marc Levy kann es eben doch. :anbet

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")