"Die Einsamkeit der Primzahlen" ist meinem Empfinden nach eine Art zweischneidiges Schwert - einerseits ist es - anders kann man es nicht nennen - großartig, voller Tiefsinn, Melancholie, Gefühl. Anderseits gibt es aber auch ein paar Dinge, die mich gestört haben. Ein Handlungsstrang hat mich besonders aufgebracht, ja so wütend gemacht, dass ich das Buch am liebsten abgebrochen hätte.
Doch das ist gleichzeitig auch eine große Stärke dieses Buches - es bewegt.
Dies liegt wohl an dem Schreibstil des Autors; seine Worte scheinen immer direkt den Punkt zu treffen, aber dennoch sind seine Sätze oft träumerisch, beinahe poetisch.
Paolo Giordano gelang es tatsächlich, mir seine beiden Hauptcharaktere - Mattia und Alice - nahe zu bringen, sodass ich mit ihnen mitgefiebert habe. Und dabei kann ich es normalerweise nicht ausstehen, im richtigen Leben sowie in Büchern, wenn Menschen in ihrer Traurigkeit versinken und nichts oder nur wenig tun, um wieder auf den richtigen, glücklichen Pfad zu kommen.
Die Handlung des Buches ist gut aufgebaut, und obwohl oft nicht viel, vor allem nichts "Actionreiches" geschieht, ist immer eine unterschwellige Spannung vorhanden, die einen zum Weiterlesen zwingt. So habe ich das Buch gestern angefangen und trotz vieler von der Außenwelt erzwungener Unterbrechungen heute fertig gelesen. Dem Sogeffekt konnte ich jedenfalls nicht widerstehen.
Leider gefiel mir ein Handlungsstrang, der etwas später einsetzt, gar nicht, und dieser ist auch der Grund dafür, dass ich dem Buch einen halben Punkt abziehen muss. Zwar hatte es noch andere Schönheitsfehler, doch die haben den Gesamteindruck nur verbessert. Auch das Ende hat mir gefallen, da es gut zum Rest passte und dennoch eine leichte Fröhlichkeit beziehungsweise Lebensfreude durchblicken ließ.
Insgesamt gebe ich der "Einsamkeit der Primzahlen" 9,5 von 10 Punkten und spreche eine Empfehlung aus.