Autor:
Antonio José Ponte, geboren 1964, ist Ingenieur, Professor für Literatur, Drehbuchautor, Schriftsteller. 2003 aus dem kubanischen Schriftstellerverband ausgeschlossen, lebt Ponte seit 2006 im Exil in Madrid. Er ist Herausgeber der Exilzeitschrift Encuentro de la cultura habana und veröffentlicht seit 1997 regelmäßig Essays, Gedichte und Erzählungen.
Kurzbeschreibung:
Havanna, Stadt der Liebe und der Musik, Schauplatz einer einst hoffnungsvollen Revolution und ihres unaufhaltsamen Niedergangs sie ist Antonio José Pontes Heldin. Hier wohnt der Protagonist dieses Buchs, so wie es aussieht der letzte, der auf Kuba eines Tages das Licht ausmacht.
In Havanna läuft es nicht gut für ihn: Die Behörden halten ihn für einen Agenten, der Schriftstellerverband hat ihn ausgeschlossen, für die Kollegen im europäischen Exil ist er ein Idiot, weil er von seinen Reisen in den Westen immer wieder heimkehrt in die vertrauten Ruinen. Er aber bleibt Ruinenwächter und Chronist des äußeren und inneren Zerfalls. Sein roter Faden ist die heimliche Wiederkehr der Fiesta nach Havanna: Die alten Männer aus dem Buena Vista Social Club spielen die Musik dazu, und nachts, wenn der Strom ausfällt, sammeln sich um die leuchtenden Dollar¬hotels die Habenichtse und bringen den Sex und das Verbotene zurück. Für ein paar Dollar mehr machen sie die Perle der Karibik wieder zu dem, was sie einst berüchtigt werden ließ.
Buena Vista Social Club, Sartre, die Beatles, Graham Greene, Europa, Berlin und immer wieder Havanna wer wissen will, wie das zusammengeht, wie es in Havanna und in den Kubanern aussieht, der sollte dieses Buch lesen. Roman, Tragikomödie, Satire, politisches Brevier? Sicher das Ungewöhnlichste, was die kubanische Literatur in den letzten Jahren hervorgebracht hat.
Meine Meinung:
Eigentlich ist mit dem letzten Abschnitt des obigen Klappentextes schon alles gesagt. Dies ist ein sehr ungewöhnliches Buch, scheinbar total durcheinander geschrieben, aber letztendlich doch mit System erzählt.
Es gibt vier Teile:
1) "Unser Mann in Havanna (Remix)" widmet sich im Wesentlich dem Roman von Graham Greene und wie der Autor selbst zum Mann in Havanna wird.
2) "Fiesta Black Box" befasst sich u.a. mit dem Aufenthalt von Jean Paul Satre in Havanna.
3) "Parenthese der Ruinen" hat das Oberthema "Ruinen" und meint damit nicht nur die Baufälligkeit der Häuser, aber des gesamten kubanischen Systems.
4) "Ein Besuch im Geheimdienstmuseum" führt den Autor erst nach Berlin, er trifft Menschen, die nach dem Fall der Mauer von ihren Stasi-Akten erzählen und endet mit, tja, eben einem Besuch des Geheimdienstmuseums in Havanna.
Ponte schafft es, alles in kubanische Perspektive zu bringen und springt von Ernesto "Che" Guevara zu Susan Sontag und ihrem Besuch erst in Havanna und dann in Vietnam, verbindet die Ruinen Havannas mit Ruinen deutscher und britischer Städte nach dem zweiten Weltkrieg, er erzählt von seinem einsamen (gewollt!) Jahr in Porto/Portugal und wie er in Havanna bespitzelt wird. Wer sich für Kuba, für Havanna, interessiert, wird an diesem ungewöhnlichen, etwas unorthodoxen aber intelligent erzählten Buch seine Freude haben.
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