Basierend auf einem Roman von Douglas-Adams-Spezi Neil Gaiman hat der amerikanische Regisseur Henry Selick einen Puppentrickfilm abgeliefert, der ästhetisch "The Nightmare Before Christmas" sehr ähnelt - auch für diesen Film zeichnete Selick verantwortlich, obwohl er häufig Tim Burton zugeschrieben wird. Burton hatte "Nightmare" aber nur mitproduziert und die Kurzgeschichtenvorlage geliefert. "Coraline" läuft in einigen Kinos in einer 3D-Fassung (ich habe die 2D-Version gesehen). Der Film hat eine FSK-Freigabe ab 6 Jahren, was mich sehr wundert.
Die zehnjährige Coraline bezieht mit ihren Eltern eine rosafarbene Villa. Die Eltern haben wenig Zeit für die Tochter und sind ständig eingespannt; beide schreiben an einem "Gartenkatalog". Coraline ist pfiffig und abenteuerlustig. Bald entdeckt sie in einem Zimmer des Hauses eine verklebte Tür, doch als sie diese Tür öffnet, findet sie dahinter nur Mauerwerk. Aber als sie mitten in der Nacht abermals erwacht, ist hinter der Tür plötzlich ein leuchtender, wabernder Tunnel. Coraline durchquert ihn, aber dahinter ist nur wieder dasselbe Haus wie auf der anderen Seite. Mit einem wesentlichen Unterschied: Die Version ihrer Eltern, die dort lebt, hat viel Zeit für die Tochter. Mama kocht gut. Papa ist ein amüsanter Filou. Einen kleinen Makel hat diese bessere Familie allerdings durchaus: Anstelle der Augen haben die Figuren dort aufgenähte Knöpfe. Und wenn Coraline diese bessere Welt für sich haben will, muss sie sich auch Knöpfe in die Augenhöhlen nähen lassen. Natürlich ist alles nur Täuschung - hinter dieser wohligen, augenbeknopften Ersatzfamilie steckt das Böse.
Der knapp 100 Minuten lange Film ist handwerklich exzellent gemacht und besticht durch die sehr eigene, mysteriös-dunkelbunte Ästhetik. Er ist gruselig, manchmal sogar erschreckend, und meiner Auffassung nach alles andere als ein Kinderfilm. Es braucht schon ein paar Minuten, bis man sich an die schaurig-schönen Figuren mit den Knöpfen in den Augen gewöhnt hat.
Die perfekte Machart kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine sehr dünne, vorhersehbare Story erzählt wird, der es an einigem mangelt. So ist die Botschaft zwar relativ klar und wird auch recht plakativ erzählt (Die Kirschen in Nachbars Garten scheinen nur die besseren zu sein), aber der Funken will nicht so recht überspringen. Ganz im Gegenteil langweilt die Bilderflut alsbald. Die Nebenfiguren sind zwar herzig, aber bis auf den leicht trotteligen Wieby überzeugt eigentlich keine. Nach einer halben Stunde sehnte ich bereits das Ende herbei, und bis dahin ist auch nichts Überraschendes mehr passiert.
Mag sein, dass die 3D-Fassung stärker von der etwas linearen Story abzulenken vermag. Nichtsdestotrotz ist "Coraline" ein sehr aufwendiger und interessant anzusehender Film, der dramaturgisch wenig zu bieten hat. Und wer mit Scheißbären ins Kino geht, sollte für die Nacht danach schonmal beiseiterücken - sie werden nicht alleine schlafen wollen.