Tod im Roman

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  • Hallo liebe Eulen!


    Wie reagiert ihr, wenn eine Person aus eurem Roman / Buchprojekt stirbt?


    Zitat von der lieben Eule Iszla:
    "Na ja - irgendwie ist ja doch so, als wären es deine Kinder ... :-)"


    Liebe Grüße
    BunteWelt :wave

  • Muss das erweitern - es muss sich dabei NICHT um einen "echten" Antagonisten handeln. Also einen Fiesling oder so. Ich hab eine Figur, von der ich wusste, dass er sterben wird, noch bevor ich den ersten Satz am Projekt geschrieben hatte. Dann tut mir das auch nicht weh, es dann "zu tun". Ein anderer wächst an dessen Tod ...


    Es gibt Figuren, die ich gerne sterben ließe aber nicht kann ... nicht darf ... denen tu ich dann eben anders weh :schlaeger :schlaeger :schlaeger

  • Erinnert mich an einen Kommentar einer sehr lieben Freundin:


    "Bücher schreiben macht doch Spaß - man kann mit SEINEN Protagonisten machen was immer man will. Wenn man fertig ist, kann man sie einfach streben lassen, damit keiner versucht, da weiterzuschreiben und sie gehören dann nur dir." :lache


    Ich glaub, da hab ich ihr grade von Nicholas Sparks vorgejammert, der es sich ja zur Hauptaufgabe gemacht hat, dass irgendjemand, den man mag, sterben muss.

  • Zitat

    Original von BunteWelt
    Wie reagiert ihr, wenn eine Person aus eurem Roman / Buchprojekt stirbt?


    Ich weiss natuerlich auch von Beginn an, wenn ich jemanden sterben lasse. Trotzdem ist es fuer mich beim Schreiben ein Gaensehaut-Moment, weil etwas, das mir beim Plotten noch abstrakt erschien, ploetzlich greifbare Naehe bekommen hat. Denn jetzt kenne ich die Figur, sie ist mir nahe.


    Ich habe mal irgendwo gelesen, eine wichtige Figur sterben lassen ist auch ein Statement, dass der Autor es ernst meint. Dass die Bedrohungen echt sind und kein Weg hinausfuehrt und dass ein solcher Tod den Leser automatisch noch viel enger an die Ueberlebenden kettet. Denn nun beginnt er wirklich, um sie zu fuerchten.


    Schoene Gruesse,
    Andrea

  • Ich weiß selten vorher, wie sich meine Geschichten entwickeln. Darum bin ich auch immer selbst gespannt, wer überlebt. Solange es die Geschichte nicht zum Stillstand bringt, bin ich offen für alles - meine Protagonisten stehen nicht unter Naturschutz. Wenn die Handlung erfordert, dass sie sterben, zögere ich keine Sekunde - egal, ob sie Sympathieträger sind oder nicht.
    Sonst dürfte bei mir auch niemand sterben, weil mir auf einer gewissen Ebene alle meine Figuren sympathisch sind, selbst wenn ich mich bei einigen mit ihren Handlungen nicht anfreunden kann. Bei mir wird aber viel gestorben - Motto: unter zwölf Toten fange ich ein Buch gar nicht erst an. :grin

  • In meinem letzen Roman starben zwei Charas, die mir doch schon sehr ans Herz gewachsen waren. :-( Obwohl sie Anthagonisten waren, hatte jeder von ihnen eine Geschichte und einen Grund, warum sie "böse" geworden sind. :gruebel


    In meinem neuen Roman habe ich vor, einen guten Chara zu töten, das wird tragisch - aber es muss sein. :cry Man kann ja nicht immer nur die Bösen töten.


    Lg
    Verena

  • Im Grunde ist es eine fiese Angelegenheit, da man der Herrscher der Buchwelt ist und somit über das Schicksal der Protagonisten und Atagonisten entscheidet. Sehr lustig wird das in dem Film "Stranger than Fiction" aufgegriffen (Ein echter Geheimtipp für alle, die selbst schreiben!).


    Als Kind habe ich gerne Krimis geschrieben, in denen auch mal Leute ermordet wurden.
    Bei den drei ??? gilt allerdings vom Verlag aus, dass niemand sterben darf - es sei denn eine emotionslose Randfigur (und dann auch nur eines natürlichen Todes). Manchmal würde ich das gerne ändern. Andererseits: Wer möchte schon als die literarische Mörderin von Justus Jonas in die Geschichte eingehen?
    :grin

  • Für alle die es interessiert, hier noch der Link zu den Inhaltsbeschreibung des Films "Stranger than Fiction": Link


    Der Film beschäftigt sich mit einer Autorin, die überlegt, wie sie ihren Protagonisten töten könnte. Während sie von einer Schreibblockade heimgesucht wird, erfährt ihr Protagonist auf merkwürdige Weise, dass er Teil einer Geschichte ist. Und er erfährt, dass er nur noch wenige Tage zu leben hat. Mit Hilfe eines Literatur-Wissenschaftlers will er sich auf die Suche nach seiner Rettung machen.


    Das ganze ist ziemlich abgedreht, aber unheimlich schön erzählt.

  • Leute im "richtigen" Leben sterben, und Leute in Büchern sterben, weil man ja als Autor - zumindest teilweise - versucht, das richtige Leben (vereinfacht) abzubilden. Anders als im richtigen Leben hat das meiste, was in Büchern geschieht, irgendwie Sinn - wenigstens bezogen auf die Geschichte. Leser erwarten dramaturgische Konsistenz (nicht zu verwechseln mit Kontinenz :grin). Wenn einfach so jemand stirbt, der nicht alt oder krank war, stößt man den Leser vor den Kopf. Und wenn man Hauptfiguren sterben lässt, die man zuvor als Sympathieträger aufgebaut hat, muss das seine schlüssigen Gründe haben. Tod in Unterhaltungsromanen wird häufig (unverhältnismäßig häufig, wenn man reale Zahlen zugrundelegt) als Basis eines Kriminalfalls benutzt. Romane, in denen es um Liebe, Herzschmerz, Alltagsprobleme und Entwicklungen geht, meiden es zumeist, das Personal sterben zu lassen. Tod im Buch verlangt auch vom Autor ab, dass er damit umgeht und Reflexion anbietet. Aber der Tod wichtiger Menschen bietet auch Möglichkeiten. Wenn man Gegenwartsliteratur schreibt, die realistisch anmuten soll, gehört der Tod dazu. Alles andere wäre Leserbetrug. Bisher sind in jedem meiner Romane Leute gestorben, und zwar keineswegs Antagonisten. Sondern Freunde der Hauptfiguren. Lebenspartner. Geschwister. Aber es hängt eben davon ab, worüber man schreibt und schreiben will. Nicht wenige Autoren klammern das vollständig aus.

  • Es gibt literarische Todesfälle, die nehme ich den Autoren regelrecht übel. Da hat Elizabeth George lange vor dem entsprechenden Band angekündigt, dass eine ihrer Hauptfiguren aus den Lynley- und Havers-Krimis umkommen wird. Und dann bringt sie nur die zweitdümmste Kuh aus der Riege um. Ich bin heut noch sauer.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Mich als Leser ärgert es vor allem, wenn ein literarischer Tod sinn- und zwecklos ist, also nichts zum Fortgang bzw. der Entwicklung der Geschichte beiträgt. So finde ich es beispielsweise absolut notwendig, dass Melanie Wilkes née Hamilton in "Gone with the Wind" das Zeitliche segnet, selbst wenn sie ein absolut sympathischer und interessanter Charakter ist. Aber nur dadurch ergibt sich für Scarlett O'Hara eine Nullpunktverschiebung in ihrer Betrachtungsweise der Dinge. Insofern ist dies also ein absolut notwendiger Tod.


    Persönlich würde ich es weniger tragisch nehmen, wenn ich selbstkreierte Charakter (den Begriff "Kinder" halte ich für etwas überzogen) um die Ecke bringen müsste, denn das Schöne ist ja gerade, dass es rein fiktive Gestalten sind, die ich in meiner eigenen Vorstellung so oft ich will und gegebenenfalls sogar literarisch wieder zum Leben erwecken könnte.


    Ich denke, da ist es weit unangenehmer, eine Biografie über eine Persönlichkeit zu verfassen, die bereits tot, vielleicht sogar unter unangenehmen Umständen verstorben ist. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass deren Tod, mit dem man sich im Rahmen des Projekts ebenso wie mit dem Leben auseinandersetzen muss, wesentlich mehr berührt als der von Romanfiguren.


    Im Fazit: Lasst die Winnetous und Dumbledores dieser Welt in die ewigen Jagdgründe eingehen. Nichts ist schlimmer als ein sinnloser literarischer Tod, der womöglich sogar nur der Effekthascherei halber statt findet.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Mich persönlich ärgert am meisten, wenn Konflikte mit den Bösewichtern so billig dadurch gelöst werden, dass der Bösewicht stirbt (am blödsten noch von der Klippe in den Abgrund stürzt oder im Wahnsinn verbrennt oder so was, obwohl der Gute ihn sogar Alternativen anbietet). Das ist so einfallslos und so eine billige Hintertür, um sich vor der Auseinandersetzung mit den Konflikt zu drücken, um sich vor einer Antwort zu drücken, wie sich der Bösewicht nun entwickelt, wenn er besiegt ist. Ich hasse diese Sorte von Happy End. Wenn der Held ihn tötet, okay, der hat Gründe, aber der Bösewicht, der eben noch die Weltherrschaft oder sonstwas wollte, soll ich gefälligst nicht selbst in einen tödlichen Unfall oder so was stürzen und dem Helden so erstens vor den Gewisenskonflikt zu bewahren (hat gesiegt, ohne töten zu müssen) und die Gesellschaft zweitens vor den anderen Problemen zu bewahren (wohin mit diesem hochgefährlichen Typen?).

  • Also ich habe kein Problem damit meine Figuren sterben zu lassen. Ich liebe sie natürlich und mag sie auch, doch wenn es sinnvoll für die Geschichte ist dann lasse ich sie sterben.
    Es gehört dazu, das Personen sterben. Wenn ich so etwas jedoch mache, dann plane ich es so früh wie möglich, meistens bevor ich anfange zu schreiben damit ich sozusagen schon darauf vorbereitet bin. Denn wenn es spontan passiert dann zögere ich und weiß nicht immer recht ob das jetzt in die Struktur passt. Dann bringe ich es auch einfach nicht übers Herz die Person sterben zu lassen.

  • Zitat

    Original von Annorra
    Mich persönlich ärgert am meisten, wenn Konflikte mit den Bösewichtern so billig dadurch gelöst werden, dass der Bösewicht stirbt (am blödsten noch von der Klippe in den Abgrund stürzt oder im Wahnsinn verbrennt oder so was, obwohl der Gute ihn sogar Alternativen anbietet). Das ist so einfallslos und so eine billige Hintertür, um sich vor der Auseinandersetzung mit den Konflikt zu drücken, um sich vor einer Antwort zu drücken, wie sich der Bösewicht nun entwickelt, wenn er besiegt ist. Ich hasse diese Sorte von Happy End. Wenn der Held ihn tötet, okay, der hat Gründe, aber der Bösewicht, der eben noch die Weltherrschaft oder sonstwas wollte, soll ich gefälligst nicht selbst in einen tödlichen Unfall oder so was stürzen und dem Helden so erstens vor den Gewisenskonflikt zu bewahren (hat gesiegt, ohne töten zu müssen) und die Gesellschaft zweitens vor den anderen Problemen zu bewahren (wohin mit diesem hochgefährlichen Typen?).


    Vor dem "Problem" stehe ich - meinen "Bösewicht" kann ich nicht sterben lassen, denn der hat nachweislich nach dem Zeitpunkt, an dem die Story endet, noch weitere acht Jahre gelebt. Ich MUSS also eine andere Konfliktlösung finden (als ich anfing, die Geschichte zu schreiben, war dieser Konflikt gar nicht geplant, er hat sich aber zum Hauptkonflikt gemausert - wie hangelt sich mein Sympathieträger-Protagonist aus dieser Misere wieder raus?
    Stelle gerade fest, ich bin ein schlechter "Mörder-Autor". Ich schreibe eine Geschichte über den Krieg und von den Hauptfiguren (also den 8 bis 10 Figuren, die die Geschichte "fortbewegen") stirbt EINER. Wie sieht denn sowas aus? :pille

  • Ich bin da recht gnadenlos, obwohl es mir schon immer etwas an die Nieren geht, vor allem, wenn es ein wichtiger Charakter war, den ich auch gründlich ausgearbeitet habe. Aber der Tod eines Charakters muss für die Handlung schon einen Zweck haben. Einfaches sinnloses Wegmetzeln von Charakteren ist nicht so mein Ding.


    Andererseits trauen mir die Leute von der Stadtwache mittlerweile so ziemlich alles zu, nachdem ich einen wichtigen und beliebten NSC nach über 300 Seiten Abenteuer habe über die Klinge springen lassen. :-]

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Mich als Leser ärgert es vor allem, wenn ein literarischer Tod sinn- und zwecklos ist, also nichts zum Fortgang bzw. der Entwicklung der Geschichte beiträgt. So finde ich es beispielsweise absolut notwendig, dass Melanie Wilkes née Hamilton in "Gone with the Wind" das Zeitliche segnet, selbst wenn sie ein absolut sympathischer und interessanter Charakter ist. Aber nur dadurch ergibt sich für Scarlett O'Hara eine Nullpunktverschiebung in ihrer Betrachtungsweise der Dinge. Insofern ist dies also ein absolut notwendiger Tod.


    Passt jetzt vielleicht nicht wirklich zur Eingangsfrage, aber: Wieso findest du einen sinnlosen Tod so ärgerlich?
    Im Leben sterben die Menschen ja auch nicht, weil es wichtig für die "Handlung" ist. Wieso muss es das also in der Literatur sein? Nur, damit man sich als Leser an den Gedanken festklammern kann, dass der Charakter nicht "umsonst" gestorben ist?
    (Die Frage ist im übrigen auch an alle anderen gerichtet :wave)


    Mich stimmt es auch oftmals traurig, wenn ein Charakter stirbt. Dabei ist es egal, ob ich Leser oder Autor bin, wenn mir eine Figur sympathisch ist, dann will ich natürlich nicht, dass sie im Laufe der Handlung ins Gras beißt.

  • Dieser Forumspunkt hat es ja geschafft, mich zum Nachdenken zu bringen. :gruebel


    Als Teenager habe ich Krimis mit vielen Morden geschrieben. Jetzt, als Berufsautorin bin ich hingegen sehr friedlich und schreibe fröhliche, leichenfreie Texte. Aber nach der Lektüre dieses Forums juckte es mir plötzlich so in den Fingern.


    Seit einigen Tagen überlege ich jetzt, wie ich eine bestimmte Person wirkungsvoll ins literarische Jenseits befördern kann. :geist
    Natürlich muss ich jetzt noch mit einer befreundeten Ärztin über Todesursachen reden. Es muss ja alles Hand und Fuß haben ...


    Mal sehen, ob die Lektorin das mitmachen wird. Ich fürchte da kommt ein Veto. :rotekarte


    Außerdem fühlt es sich schon etwas komisch an. Da stimme ich einigen Vorrednern durchaus zu. Man begibt sich schon mehr oder weniger in die Rolle des Mörders. *schauder*