Mary Balogh - Von dir kann ich nicht lassen

  • Kurzbeschreibung
    Lady Sara Jane Illingworth, sieht sich gezwungen als "Jane Ingleby" in London unterzutauchen, da ihr Mord und Diebstahl vorgeworfen werden. Auf dem Weg zu ihrer Arbeit unterbricht sie im Hyde Park ein Duell, mit dem Ergebnis, dass dem zielsicheren Jocelyn Dudley, Duke of Tresham, eine Kugel ins Bein geschossen wird. Der wutschäumende Duke stellt Jane als Pflegerin ein, und schwört, sie für ihre Einmischung büssen zu lassen.
    Während der 3 Wochen in Treshams Dienst befürchtet Jane, dass ihr Geheimnis herauskommt, zumal in seinem Haus ein reger Besucherstrom herrscht. Tatsächlich kommt Jocelyn schließlich hinter ihre wahre Identität, und nun bekommt Jane es auch noch mit ihm zu tun.




    kamelin meint
    Nach einigen staubtrockenen Biographien habe ich mir zwei Liebesschnulzen bestellt, so richtige Mantel & Degen-Romane, bei denen man nicht viel nachdenken muss, und sich einfach einmal nur entspannen kann.


    Von Entspannung konnte bei diesem Roman allerdings nicht die Rede sein. Beide Protagonisten waren mir so sympathisch, wie die brüllenden Blagen meiner Nachbarin, allen voran Jane Ingleby alias Lady Sara Jane Illingworth. Wenn es in der Literatur jemals eine größere Nervensäge gegeben hat, als die gute Jane, muss mir das bisher entgangen sein. Mit ihren gerade mal zwanzig Jahren redet sie daher wie eine siebzigjährige, die die Weisheit mit Löffeln geschluckt hat. Aus ihrem Mund klingt das allerdings wie das altkluge Geschwätz einer maßlosen Besserwisserin, die es nicht ertragen kann, einmal nicht das letzte Wort zu haben. Was den Leser als "energisches Temperament" entzücken soll, wirkte auf mich wie hohles Gewäsch, denn wie viel Charakter Miss Jane tatsächlich hat, zeigt sich letztendlich an ihren Taten.
    So gibt sie sich im ersten Drittel des Buchs als eine englische Mutter Theresa-Version aus, um dann, nachdem es ihr spontan besser in den Kram passt, urplötzlich eine Kehrtwende von der Heiligen zur Hure zu beschreiben.
    Eine steile Karriere, würde ich sagen, zumal ihr innerer Konflikt, sich von heute auf morgen zu prostituieren, nicht einmal zwei Buchseiten in Anspruch genommen hat.


    Einmal davon abgesehen, dass sich die Heldin damit als rückgratlose Phrasendreschrin entpuppt, kippt die Autorin mit diesem laschen Verlauf die komplette Glaubwürdigkeit der Story. Irgendwo in der Mitte des Buchs habe ich mir gewünscht, dass sich Jane bei einer Londoner Putzmacherin, ein hübsches Paar Zementschuhe kauft, und in die Themse springt - wir wären alle erleichtert.
    Leider malträtiert sie den Leser bis zum Schluss mit ihrem infantilen Gehabe, mit dem sie Duke Jocelyn Dudley in nichts nachsteht, denn der gute Duke benimmt sich kaum besser. Mal Hü mal Hott - in Köln würde man sagen er ist ein echter Höppemötz, jemand, der nicht weiß was er eigentlich will. Mir persönlich gehen solche Leute tierisch auf die Nerven, darum muss ich nicht auch noch in aller Ausführlichkeit darüber lesen.


    Was mir zudem übel aufgestossen ist, ist die Tatsache, dass sich die Autorin reichlich bei Georgette Heyer bedient hat. So gleicht Jocelyn Dudley Heyers "Justin von Avon" ("Der Page und die Herzogin") bis aufs i-Tüpfelchen. Fehlte nur noch, dass er, wie Justin, ständig Schwarz trägt. Die Heldin dagegen, ähnelte auffallend der puritanischen Heuchlerin, Maddy Timm aus "Triumph der Herzen", die mich mit ihrer impertinenten Biedermann Mentalität fast in den Wahnsinn getrieben hat.
    Im Grunde wünscht man dem Paar, dass es allen Widrigkeiten zum Trotz, irgendwie zusammenkommt. Die beiden haben sich - so wie sie sind - meiner Ansicht nach von Herzen verdient: Und so lebten die unglücklich, bis an ihr ... - sie wissen schon.


    Zusammenfassend waren mir die Charaktere, die Story und der Handlungsverlauf a) zu schwach, b) viel zu unglaubwürdig und c) komplett konstruiert, um nicht zu sagen zusammengeklemptnert. Wie man es besser macht, erfährt der Leser in Kinley MacGregors Liebeskomödie "Pirat meiner Sehnsucht" (Der Titel ist leider genauso scheußlich, wie die Umschlaggestaltung, aber der Leser dieses Genes scheint hier entweder abgehärtet zu sein, oder hat sich mit den peinlichen Covers abgefunden bzw. arrangiert). Hier zeigt die Autorin, dass man auch eine waschechte Liebesschnulze intelligent, extrem humorvoll wie gefühlvoll schreiben kann.


    Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Aufmachung des Buchs. Einmal davon abgesehen, dass das Cover ein optischer Schlag ins Gesicht ist, ist er zudem auch geschmacklos.
    Nur, weil es sich um eine Liebesschnulze handelt, heißt das noch lange nicht, dass ich als Leserin blind bin, und mich in die niveaulosen Gefilde einfallsloser Umschlaggestalter begeben muss. Leider sehen Cover von sog. Mantel- und Degengeschichten immer gleich aus, und beleidigen in ihrer Aufmachung die Intelligenz ihrer Leserschaft. Warum das so ist, muss mir mal jemand erklären, denn schon aus optischen Gründen ist das ein Grund für mich, die Finger davon zu lassen.