Das Herz der Tänzerin – Victoria Hislop

  • Verlag: Diana, 2009
    Originaltitel: The Return
    Aus dem Englischen von Angelika Felenda


    Kurzbeschreibung:
    Eine Liebe in Zeiten des Krieges, ein dunkles Geheimnis, das Generationen überdauert
    Als Sonia nach Spanien reist, ahnt sie nicht, wie sehr die Geschichte des Landes auch das Schicksal ihrer Familie geprägt hat. Immer tiefer taucht Sonia ein in die Vergangenheit der Familie Ramírez, eine Vergangenheit, die auch für Sonia Folgen hat …


    Spanien in den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts: Die vier Kinder der Familie Ramírez aus Granada sind dabei, ihre Träume zu verwirklichen. Mercedes, die jüngste Tochter, liebt den Tanz über alles. Aber erst als sie den Gitarristen Javier Montero trifft, wird sie durch seine Musik zur erfolgreichsten Flamencotänzerin des Landes. Jede Bewegung zeugt von ihrer Zuneigung füreinander, jede Note besingt ihre große Liebe. Doch nach der Machtübernahme Francos bleibt nichts, wie es war. Die Familie droht an den politischen Konflikten zu zerbrechen, Mercedes und Javier verlieren sich in den Wirren des Spanischen Bürgerkrieges. Fieberhaft begibt sich die Tänzerin auf die gefährliche Suche nach dem Geliebten …


    Jahrzehnte später erfährt die zweiunddreißigjährige Sonia bei einem Spanienaufenthalt von der berührenden Liebe in Zeiten des Krieges. Fasziniert nimmt sie die Spuren der Vergangenheit auf, ohne zu wissen, wie sehr Mercedes’ Schicksal mit ihrem eigenen verwoben ist …


    Nach ihrem internationalen Bestseller „Insel der Vergessenen” erzählt Victoria Hislop erneut voller Intensität und Poesie von einer großen Liebe, die vom Unheil überschattet wird.


    Über die Autorin:
    Victoria Hislop unterrichtet Englisch an einem College in Oxford und schreibt unter anderem Reiseberichte für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften. Ihr Debütroman »Insel der Vergessenen« hat sich allein in Großbritannien eine Million Mal verkauft, er wurde in zwanzig Sprachen übersetzt und auch international zu einem großen Bestseller. Victoria Hislop lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Sissinghurst, Kent.


    Über die Übersetzerin:
    Angelika Felenda übersetzte unter anderen schon Martha Grimes, Adriana Trigiani, Mo Hayder, Amanda Hampson, Sarah Duncun, Elizabeth Arnold, Lesley Lokko und auch Victoria Hislops ersten Roman Insel der Vergessenen.


    Meine Meinung:
    Bei diesem Buch handelt es sich um einen mehrschichtigen, gut lesbaren Roman, der die Grenzen zwischen Unterhaltung und anspruchsvoller Literatur mit relevantem historischem Background verwischt.


    Der Mittelteil des Romans zeigt das Leben der Familie Ramirez in Granada, Spanien in den dreißiger Jahren. Pablo und Concha Ramirez haben vier Kinder, der älteste Antonio, der später gegen Franco im Krieg kämpfen wird, sein Bruder Ignacio, ein Macho und Stierkämpfer hingegen lässt sich von den faschistischen Ideen faszinieren. Darunter zu leiden hat der jüngste Bruder Emilio, der als Homosexueller in der spanischen Gesellschaft keine Chance bekommt. Er schwärmt für den Dichter Federico Garcia Lorca, der seine Homosexualität offen auslebte und zu den ersten Opfern des Faschismus in Spanien gehörte. Die jüngste und eigentliche Hauptfigur ist Mercedes, die sich in Javier verliebt und eine begeisterte und talentierte Flamencotänzerin wird.


    Diese Handlungsteil ist durch eine umfangreiche Rahmenhandlung mit der englischen Spanientouristen Sonia eingeleitet. Sonia hält sich in der heutigen Zeit in Granada auf um zu tanzen und ihren ungeliebten Mann zu entfliehen. Sie hatte eine spanische Mutter, aber über den spanischen Bürgerkrieg weiß sie wenig genaues.
    Vielleicht wird sie das mit nicht wenigen Lesern teilen, die Spanien nur als Badestrand und Urlaubsland kennen. Daher bietet Sonia sich als gute Identifikationsfigur an und ein alter Mann in einer Bar in Grenada erzählt ihr die Geschichte der Familienmitglieder Ramirez und die einer unerfüllten Liebe.
    Diese Erzählperspektive wird konsequent durchgehalten und funktioniert gut.


    Wenn sich ein Unterhaltungsroman einem schwierigen Thema wie dem spanischen Bürgerkrieg annimmt, ist nicht selten Kitsch zu erwarten, der die Ereignisse als Kulisse verwendet und dabei auch noch ungenau in den Details ist.
    Bei Victoria Hislops „Das Herz der Tänzerin“ hingegen, wird der Krieg nicht als Schauplatz für heroische Taten von Held und Heldin verwendet. Im Gegenteil verdeutlicht sie die Folgen für Spanien durch Bombardierung und Faschismus, indem sie zeigt, wie das Land sowie ganze Familien geteilt werden und was das für den Einzelnen bedeutet. Francos Putsch und der folgende Bürgerkrieg lässt auf den Seiten der Republikaner nur Verlierer zurück. Wer gegen Franco war, wird getötet oder unterdrückt. Das setzte sich auch noch nach Beendigung des Krieges fort. (Franco lebte bis 1975, die Bevölkerung brauchte lange, um die schlimmen Ereignisse und Folgen des Bürgerkriegs auch nur annähernd zu verarbeiten.)


    Es wird deutlich, dass das Schicksal der Familie Ramirez, die hier im Mittelpunkt stehen, letztendlich exemplarisch ist. Alle republikanischen Familien mussten leiden, Gefängnis und Folter, Massaker und Einschüchterungen waren an der Tagesordnung. In der Masse wirkt das ebenso beklemmend, wie die einzelnen Szenen des Kriegsgeschehens. Die Autorin wendet aber direkt keine Betroffenheitsmethode beim Erzählen an. Ihr Erzählstil besitzt sogar Lakonie, wenn sie trocken einen Satz einschiebt, wie: „Am 1.April 1939 verkündete Franco seinen Sieg. Er erhielt ein Glückwunschtelegramm vom Papst“ (Seite 411)


    Selbst die Liebesgeschichte ist relativ klein, sie kommt genau genommen kaum zustande, da die Liebenden durch den Krieg dauerhaft von einander getrennt sind. Javier landet im Gefängnis, Mercedes sucht Jahre nach ihm.
    Es bleibt der Flamenco als Musik und Tanz, der seinen Ausdruck im Individualismus findet, eine Form des inneren Widerstandes gegen die Zwänge von außen.


    Die Handlung in Spanien ist komplex, straff erzählt und auch spannend. Spät kehrt der Roman in die heutige Zeit zu Sonia zurück. Sonia erkennt ihre Wurzeln und der Originaltitel The Return enthält mehr Substanz als der inhaltslose deutsche Titel.
    Ansonsten ist die deutsche Übersetzung aber, soweit beurteilbar, stimmungsvoll und gefühlsmäßig gelungen.


    Durch den Aufbau der positiv besetzten Hauptfiguren und den Beschreibungen des Flamenco, der für Mercedes eine Befreiung bedeutet, baut die Autorin viel Atmosphäre auf und nimmt dem Roman so teilweise die Düsternis. Dazu passt dann auch das in schönen Farben gehaltene helle Cover.


    Bei „Das Herz der Tänzerin" handelt es sich um einen der selten Fälle, in dem wirklich anspruchsvolle Unterhaltungsliteratur zustande gekommen ist.

  • In diesem Buch der Autorin Victoria Hislop lernen wir zunächst die beiden Freundinnen Sonia und Maggie kennen, die gemeinsam nach Spanien gereist sind, um dort Maggies Geburtstag zu feiern. Sonia ist mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet und merkt in letzter Zeit immer deutlicher, dass in ihrer Beziehung etwas ganz anders läuft als es sein sollte und auch als sie es sich vorstellt. In Granda besucht sie mit ihrer Freundin in einer Bar eine Flamenco Vorstellung und ist von dieser Art des Tanzes von da an sehr fasziniert.


    Neben Sonia und ihren Problemen gibt es aber noch eine weitere Protagonistin, Mercedes, eine junge Frau, deren Familiengeschichte Sonia über den jetzigen Barbesitzer Miguel kennenlernt. Mercedes wächst als Tochter der damaligen Barbesitzer Pablo und Concha auf. Die Familie von Mercedes, Familie Ramirez, ist groß, denn Mercedes hat noch mehrere Brüder: Emilio, Ignazio und Antonio. Mercedes ist bereits als Kind dem Flamencotanz verfallen. Eines Tages lernt sie den Gitaristen Javier kennen, der aus einer Zigeunerfamilie stammt. Mercedes ist von ihm fasziniert und tritt von da an gemeinsam mit ihm auf. Der aufkommende Bürgerkrieg in Spanien jedoch entzweit die Liebenden und stürzt auch die Familie Ramirez in ein immer größer werdendes familiäres Chaos. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt und die Familie zerbricht. Mercedes macht sich auf, ihre Liebe Javier wiederzufinden.


    Das Buch lebt also eigentlich von zwei unterschiedlichen Handlungssträngen, die direkt wenig miteinander zu tun haben. Die Geschichte um Sonia bildet den Beginn und das Ende des Buches und die Geschichte von Mercedes und ihrer Familie den Mittelteil. Dennoch gehören die beiden Teile irgendwie zusammen.


    Das Buch ist eine Mischung aus historischem Roman und Frauenroman, wobei man sagen muss, dass der historische Teil eindeutig überwiegt. In diesem Buch steckt auch eine klare Botschaft. Hier beschönigt die Autorin nicht und führt den Leser nicht hinein in eine schöne Geschichte, sondern erzählt schonungslos das Schicksal einer Familie und einer jungen Frau. Der Krieg ist eben was er ist: Zerstörerisch und brutal, gnadenlos gegenüber allem, was sich ihm in den Weg stellt.


    Mir persönlich ist die Geschichte der Sonia und ihrer Ehe hier etwas zu kurz gekommen. Aufgrund der kurzen Leseprobe, die ich zum Buch gelesen habe, ging meine Vorstellung wohl etwas in eine andere Richtung und aus diesem Grunde war ich auch zunächst etwas enttäuscht von der Handlung. Im Nachhinein muss ich sagen: Dieses Buch muss man auf sich wirken lassen, die Geschichte braucht Zeit sich zu entfalten und dann kann man sagen: Dieser Roman ist gefühlvoll, authentisch und traurig zugleich. Man sollte ihn in Ruhe lesen.