Inhalt
“Der Leidensgenosse” soll der erste Roman von Jesper Lier heissen und er wird genial, das ist keine Frage! Nicht umsonst verschanzt sich der 20-Jährige seit längerem in seiner schäbigen Kellerwohnung in Berlin und konzentriert sich voll aufs Schreiben.
Freunde hat Jesper fast keine und der Kontakt zu seiner Familie in München beschränkt sich auf das wöchentliche Pflichttelefonat mit der Mutter. Viel lieber schlängelt er sich mit Lügengeschichten und seinem Teilzeit-Praktikum in einer Zeitung durchs Leben. Genau so tote Hose herrscht im Liebesleben des jungen Mannes, bis er die sympathische Studentin Miri kennenlernt. Innert kurzer Zeit melden sich dann auch noch die beinahe vergessenen Freunde, Gustav und Franz, und tauchen bei Jesper auf. Dadurch erhält sein einsiedlerisches Leben wieder etwas Abwechslung.
Zusammen mit den beiden zieht er durch die Stadt. Zwischendurch schreibt er an seinem Roman weiter, doch dies tut er immer seltener in nüchternem Zustand. Inspiration findet er zunehmend nur noch in Alkohol und langen Nächten. Jespers Leben gerät immer mehr aus den Fugen. Per Zufall entdeckt Jesper das unerwartete Geheimnis von Gustav und Franz, zudem kassiert er von Miri eine bittere Abfuhr. Als dann auch noch sein Ersatzvater stirbt, steht er verzweifelt am Abgrund. So kann das Leben nicht mehr weitergehen!
Meine Meinung
„Spinner“ trägt nicht ohne Grund diesen Titel. Für die Hauptperson wäre „Versager“ aber gerade so passend gewesen. Benedict Wells schreibt nach der Midlifecrisis in „Becks letzter Sommer“ über die jungen Erwachsenen. Entstanden ist ein Roman voller Probleme, Ängste und Hoffnungen, die einen Mann beim Erwachsenwerden beschäftigen.
Die Handlung von „Spinner“ erscheint nicht immer realistisch, denn was Jesper während einer einzigen Woche erlebt, passiert andern im ganzen Leben nicht! Der Autor erzeugt jedoch mit seiner natürlichen Sprache und der humorvollen Erzählweise eine grosse Authentizität. So werden auch die Fantasien des Protagonisten beinahe Wirklichkeit und tragen Wesentliches zur Stimmung des Buches bei. Im Gegensatz zu Wells Erstling erscheint „Spinner“ noch dramatischer und macht vor allem nachdenklicher. Trotzdem fesselt die Geschichte des schreibenden Jesper Lier, der mit dem Schreiben und dem Leben zu kämpfen hat.
Einmal mehr hinterlässt Benedict Wells mit diesem Buch einen positiven Eindruck von seiner Erzählkunst.