Mathilda Savitch - Victor Lodato

  • Also ich dachte so bei mir, dass ich das alles aus Mathildas Perspektive sehe und eben auch nicht mehr weiß, als sie. Aber da Mathilda ja Fantasie hat, überlässt der Autor dies vielleicht dem Leser :gruebel.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Mathilda hat ihre große Schwester Helene verloren, weil ein unbekannter Mann sie vor den Zug gestoßen hat. Seitdem ist im Hause Savitch alles anders: Mathildas Mutter ertränkt ihren Kummer im Alkohol, ihr Vater verkriecht sich in Büchern und Arbeit und überhaupt bleibt das Zwischenmenschliche auf der Strecke - stattdessen wird geschwiegen. Nur in Mathildas Kopf sind die Gedanken laut und sie möchte herausfinden, wer ihre Schwester gestoßen hat und vor allen Dingen: Warum? Die Suche nach Hinweisen beginnt…


    Ich muss gestehen, dass ich vor dem Beginn des Buches etwas ganz anderes erwartet habe. Das Cover versprach große Geheimnisse und der Klappentext ließ eine Detektivgeschichte vermuten, in der ein kleines, cleveres Mädchen die Hauptrolle spielt. Irgendwie musste ich dabei an ein Märchen denken. Während des Lesens verschob sich dieses Bild jedoch. Zwar spielt in dem Buch wirklich ein kleines, cleveres Mädchen die Hauptrolle und der Leser erfährt die Geschichte aus ihrer Perspektive, jedoch hat ihre Ausdrucksweise wenig mit einem Detektiv-Märchen zu tun. Ich musste also erstmal etwas umdenken, um mich in den Stil einzufinden.


    Das Geschriebene ist sehr umgangssprachlich, manchmal voll kindlicher Phantasie, manchmal jedoch auch sehr nüchtern und direkt. Mathilda erzählt von ihren Schulkameraden und Nachbarn, ohne dabei ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Sie erklärt ihre Sicht der Dinge und wirft dabei einen schonungslosen Blick auf ihre Umwelt, nicht zuletzt auch auf ihre Eltern, mit denen seit Helenes Tod nichts mehr stimmt.
    Genau an dem Punkt merkt man recht schnell, dass hier nicht die Aufklärung des Verbrechens im Vordergrund steht, sondern das, was unter der Oberfläche liegt. Mathilda kämpft gegen das Schweigen ihrer Eltern und denkt sich dabei allerlei „Gemeinheiten“ aus, die doch alle nur einen Zweck verfolgen: das Erregen von Aufmerksamkeit und somit Wachrütteln ihrer Eltern. Es berührt, Mathildas Gefühle hinter der harten Schale zu erahnen und zugleich entlocken einem ihre Gedankengänge hin und wieder ein schiefes Lächeln.
    Es ist, als schaue man mit einer großen Portion Mitgefühl auf das Mädchen, weil man genau weiß, was hinter ihren Gemeinheiten steckt und man sie in ihrer Verwirrung und Trauer am liebsten in den Arm nehmen würde.


    Das Verbrechen bleibt dabei jedoch nicht außen vor. Der Mord an Helene ist zugleich Aufhänger und Leitfaden der Geschichte, wobei eine Wendung eintritt, die der Schlüssel zu Mathildas Verhalten ist. Ganz nebenbei erfährt der Leser dieses Aha-Erlebnis und doch wird der Blick auf die Geschehnisse vollkommen umgelenkt…


    Zusammenfassend handelt es sich bei „Mathilda Savitch“ also weniger um einen Detektivroman. Es geht um eine Familiengeschichte und was der Tod eines Familienmitgliedes und somit geliebten Menschen anrichten kann. Der Zusammenhalt bekommt einen Riss und wenn sich niemand darum kümmert, ihn zu kitten, fällt alles auseinander. Doch Mathilda kümmert sich – auf ihre ganz eigene, manchmal gemeine, aber doch liebenswerte Art. Eine Geschichte, die ich trotz einiger unbeantworteter Fragen am Ende des Romans weiterempfehlen kann.

  • Meine Rezension:


    Wenn man "Mathilda Savitch" von Victor Lodato liest, dann springt einem sofort der herrlich direkte und offen ehrliche Sprachstil ins Auge. Hauptsächlich enthält dieses Buch nämlich die Gedanken und Gefühle der jugendlichen Mathilda, und diese müssen selbstverständlich aufrichtig sein.


    Mathilda Savitch scheint in ihrer ganz eigenen Welt zu leben. Sie träumt viel vor sich hin, nimmt sich vor, immer gemein zu sein und macht die skurrilsten Dinge. Nahezu alles an Mathilda ist überraschend. Nach und nach wird dem Leser jedoch klar, dass Mathildas Verhalten wohl auf ein einjähriges Trauma zurückzuführen ist. Vor etwa einem Jahr starb nämlich ihre ältere Schwester und seit dem ist nichts mehr wie zuvor.


    Fast gleicht das Buch einem langen Monolog, in dem nach und nach immer mehr Mathildas Schmerz und Einsamkeit zum Vorschein kommen. Ihre Eltern stehen - verständlicherweise - seit dem Tod von Helene unter Schock. Ihnen fällt es zudem schwer, sich um Mathilda zu kümmern und zugleich lässt diese es auch nicht mehr wirklich zu.


    Was Mathilda wirklich wichtig ist, ist das Andenken an ihre Schwester zu bewahren. So kommt ihr auch die Idee von Helenes Email-Account, Mails an die verschiedensten ehemaligen Bekannten von Helene zu schreiben. Denn eins ist Mathilda klar: Irgendwie muss sie sich selbst und ihre Familie aus diesem trostlosen Leben retten. Möglicherweise bringen sie dabei ihre Nachforschungen in den Mails ihrer Schwester voran.


    Das Buch überrascht durch seine Andersartigkeit - der eigentümliche Schreibstil und Mathilda als Protagonistin der Geschichte schaffen es den Leser, trotz eines sonderbaren Gefühls im Bauch, zu fesseln. Erwartungsvoll folgt man Mathildas bizarren Gedankengängen und lernt sie mit der Zeit immer besser zu verstehen. Nach und nach entwickelt sich aus der anfänglichen Skurrilität eine immer größere Klarheit. Mathildas Figur bekommt mehr Tiefe!


    Obwohl "Mathilda Savitch" auch ein paar langatmige Abschnitte hat, durch die man sich ein wenig hindurchschlängeln muss, überzeugt es durch seine Tiefgründigkeit und die eindrucksvolle und bildhafte Sprache. Es lohnt sich definitiv, sich auf dieses ganz spezielle Buch einzulassen.

  • Ich kämpfe mich gerade ein bisschen durch das Buch. Am Anfang war ich sehr angetan, eben von diesem dreizehnjährigen, sehr intelligenten Mädchen, aber mittlerweile geht der Story die Puste aus. Ich weiß jetzt - nach 120 Seiten - auch nicht so genau, wo das ganze hinführen soll. Geht es um Trauerbewältigung in der Familie, geht es um Mathilda und die Pubertät oder geht es um Helene und die Aufdeckung ihres mysteriösen Todes?
    Die Gedankengänge und Mathildas Sicht der Dinge finde ich interessant (und meistens auch amüsant), aber irgendwie reicht mir das noch nicht. Bisher werden mir noch zu viele Baustellen aufgemacht (Trauerbewältigung, Pubertät, 9/11...). Ich bin gespannt, wie es sich am Ende auflöst.

  • Zitat

    Original von SueTown
    Ich kämpfe mich gerade ein bisschen durch das Buch. Am Anfang war ich sehr angetan, eben von diesem dreizehnjährigen, sehr intelligenten Mädchen, aber mittlerweile geht der Story die Puste aus. Ich weiß jetzt - nach 120 Seiten - auch nicht so genau, wo das ganze hinführen soll. Geht es um Trauerbewältigung in der Familie, geht es um Mathilda und die Pubertät oder geht es um Helene und die Aufdeckung ihres mysteriösen Todes?
    Die Gedankengänge und Mathildas Sicht der Dinge finde ich interessant (und meistens auch amüsant), aber irgendwie reicht mir das noch nicht. Bisher werden mir noch zu viele Baustellen aufgemacht (Trauerbewältigung, Pubertät, 9/11...). Ich bin gespannt, wie es sich am Ende auflöst.


    Ich kann mich da irgendwie anschließen. Die ersten Seiten waren super doch dann hatte ich einfach keine große Lust mehr es weiter zu lesen. Ich finde, ihre Gedankengänge super, aber irgendwie bin ich auch verwirrt worum es jetzt genau geht.
    7 Punkte von mir.

  • Zitat

    Original von Nachtelfe


    Ich kann mich da irgendwie anschließen. Die ersten Seiten waren super doch dann hatte ich einfach keine große Lust mehr es weiter zu lesen. Ich finde, ihre Gedankengänge super, aber irgendwie bin ich auch verwirrt worum es jetzt genau geht.
    7 Punkte von mir.


    Ich hatte nicht das Gefühl, dass viele Baustellen aufgemacht wurden.
    Ich denke, Trauerbewältigung ist das Stichwort. In meinen Augen geht es hauptsächlich darum, wie Mathilda, die dabei ist erwachsen zu werden, mit dem Verlust ihrer Schwester umgeht und auch damit, wie ihre Familie sich durch Helenes Tod verändert hat. Gerade in der Pubertät hat man viele Probleme, wenn dann noch die wichtigsten Ansprechpartner nicht mehr da sind und der sichere Halt der Familie verloren geht, muss man zwangsläufig ein bisschen durchdrehen.
    Ich glaube, Mathilda ist ziemlich verwirrt und traurig und weiß einfach nicht, wohin mit den Gefühlen.
    In meinen Augen geht es allein darum.

  • Mitsou : Du hast sicherlich recht. Sehr wahrscheinlich soll es in diesem Buch nur darum gehen. Dafür hat der Autor mir persönlich einfach zu sehr ausgeholt. Es waren Szenen enthalten, die der Geschichte nicht gut zugetragen haben (z.B. als Mathilda mit den beiden anderen, mir fallen jetzt die Namen nicht mehr ein, die Nacht verbringt - hat mich unsäglich gelangweilt). Mathildas Originalität war zu dem Zeitpunkt schon "normal" und somit für micht nicht mehr besonders originell. Ich konnte aufgrund der oben genannten Gründe keinen Bezug zum Thema (Buch) finden und habe es letztendlich auch abgebrochen.


    Allerdings hatte ich mir das Buch gekauft, weil ich auf youtube einen kurzen Ausschnitt einer Lesung gesehen hatte. Victor Lodato liest selbst ein paar Seiten vom Anfang vor. Und ich denke, wenn ich ein Hörbuch von dem Titel, gelesen von ihm, finden würde, würde ich es mir auf jeden Fall anhören. Der Autor liest äußerst unterhaltsam. Den Ton habe für mich beim Lesen nicht wiedergefunden.


    Unter folgender Eingabe erscheint das Video mit dem Lesungsausschnitt an erster Stelle bei youtube: "Victor Lodato, author of Mathilda Savitch"

  • Zitat

    Original von SueTown


    Allerdings hatte ich mir das Buch gekauft, weil ich auf youtube einen kurzen Ausschnitt einer Lesung gesehen hatte. Victor Lodato liest selbst ein paar Seiten vom Anfang vor. Und ich denke, wenn ich ein Hörbuch von dem Titel, gelesen von ihm, finden würde, würde ich es mir auf jeden Fall anhören. Der Autor liest äußerst unterhaltsam. Den Ton habe für mich beim Lesen nicht wiedergefunden.


    Unter folgender Eingabe erscheint das Video mit dem Lesungsausschnitt an erster Stelle bei youtube: "Victor Lodato, author of Mathilda Savitch"


    Den Ausschnitt habe ich gesehen, nachdem ich das Buch gelesen hatte und war selbst auch überrascht, welchen Ton er in das Geschriebene brachte. Der war so ganz anders als meine innere Stimme, da stimm ich dir zu!