Der Autor: Der 1937 geborene Brite Brian Lumley begann nach der Beendigung seiner Laufbahn beim Militär zu schreiben, zuerst fantastische Horrorgeschichten in der Tradition Lovecrafts, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg. Den hatte er erst mit seinen Romanen um den Totenhorcher Harry Keogh, von denen die ersten beiden bei Heyne erschienen sind, die Bände III und IV folgen im November bzw. im März.
Das Buch: Der Untote Thibor Ferenczy sowie sein Kumpan, der "Totenleser" Dragosani sind besiegt und tot, doch die Gefahr, die von den Untoten ausgeht ist längst nicht gebannt. Aus den Tiefen seines Grabes heraus ist es dem Vampir gelungen, seine Saat in den Körper eines ungeborenen Kindes zu pflanzen, und diese Saat ist nun aufgegangen und droht, neues Unheil über die Menschheit zu bringen.
Yulian Bodescu braucht seine Zeit, bis er sich seiner übernatürlichen Kräfte voll bewusst ist und sie beherrscht, doch nun, wo er beinahe ebenso stark ist wie sein "Vater", ist er bereit, dessen Erbe anzutreten.
Meine Rezension: Der erste Teil der Necroscope-Geschichten besteht hauptsächlich aus den parallel verlaufenden Handlungssträngen um Dragosani und sein Streben nach Macht und das Aufwachsen und Heranreifen von Harry Keogh, der die Gabe besitzt mit Toten sprechen zu können. Nur hin und wieder schweifte der Autor ab, und ließ hin und wieder die Hintergrundgeschichten, vor allem die Geschichte Ferenczys, erzählen.
Der hier vorliegende zweite Band besteht nun zu einem Großteil aus diesen Hintergrundinformationen und der Geschichte Faethor Ferenczys, welcher damals den Wallachenkrieger Thibor zu einem der Seinen machte. Diese Rückblenden webt Lumley geschickt in die Haupthandlung, den Kampf gegen Bodescu, ein, wobei, mehr noch als im ersten Teil der Geschichte, Harry Keogh zunächst nur eine Nebenrolle spielt.
Wieder ist Brian Lumley ein packendes Vampirepos gelungen, das in seiner Konsequenz und Komplexität sicher seinesgleichen sucht. Geschickt erweitert er den Vampirmythos, greift altbekanntes auf und fügt etwas eigenes hinzu, und auch wenn er in dem vorliegenden Buch wieder einige Geheimnisse preisgibt, bleibt noch genug Geheimnisvolles und Mystisches für die Folgebände übrig.
Der erste Roman war ein ausführlich erzähltes, episch breites Buch (ohne dabei langatmig oder gar langweilig zu sein!), der zweite Teil ist nun wesentlich handlungsreicher und turbulenter, ohne das Lumley hier auf plumpe Action- und Gemetzel-Szenen zurückgreift. Er nimmt sich wieder viel Zeit, dem Leser die Mythologie hinter der von ihm erdachten Handlung des Romans darzulegen. Das schafft er ohne Langeweile aufkommen zu lassen, den alten Legenden folgt der Leser mit ebenso atemloser Spannung wie der eigentlichen Handlung.
Allerdings mutet Lumley der Vorstellungskraft und Fantasie seiner Leser so einiges zu. Harry Keoghs gesamte Existenz, seine Fähigkeiten sowie der Hintergrund seines Vampirmythos sind zuweilen sehr abstrakt, hier muss der Leser entscheiden ob er sich darauf einlässt und es akzeptiert, oder ob er sich dem verweigert und den Roman abbricht. So manches mag dem Leser möglicherweise zu weit hergeholt, "zu viel des Guten" sein, ich selbst bin allerdings sehr gespannt, mit was Lumley im nächsten Roman aufwartet.
Lumley hat es wieder geschafft mich ebenso in seinen Bann zu ziehen wie die Vampire in seinem Buch es mit ihren Opfern tun. Allerdings verspüre ich nicht den Drang nach Blut, sehr wohl aber den nach Lumleys nächsten Roman!