Libussa, Tochter der Fürstin Scharka, wird unverhofft und ungewollt Nachfolgerin ihrer Mutter als Fürstin der Behaimen.
Es ist kein leichtes Amt, welches die junge Libussa antritt, denn die Männer beginnen, angestachelt durch christliche Einflüsse, immer mehr an ihren alten Traditionen, der Frauenherrschaft, zu zweifeln. Trotzdem gelingt es Libussa mit Hilfe ihres Gefährten, des Bauern Premysl, die verschiedenen Stämme immer wieder unter ihrer Oberherrschaft zu vereinen. Doch der Frankenkönig und damit die neue Religion, das Christentum, rückt immer näher und bedrängt sowohl alte Traditionen, wie auch Libussas Herrscheranspruch.
Das Buch handelt von der Entstehung Prags, doch eigentlich ist es viel mehr als das – es ist die Geschichte der Menschen, welche die letzten Tage der alten Kultur und den Kampf um Tradition und Eigenständigkeit ausgefochten haben. Im Mittelpunkt steht zuerst einmal Libussa, später dann – nach einem Zeitsprung – ihre Familie, wie ihr Sohn Lidumir, ihre Tochter Scharka etc.
Einen Kunstgriff hat Tereza Vanek damit getan, dass sie nach dem Zeitsprung einen Großteil der Geschichte von Radegund, der fränkisch/christlichen Ehefrau des Sohnes Lidumir erzählen lässt. Hiermit wird dem Leser noch einmal ein anderer perspektivischer Blick auf die Kultur der Behaimen ermöglicht – der christliche.
Überhaupt besitzt die Geschichte durch ihre eigenwilligen und kantigen Charaktere einen besonderen Reiz. So bekommt der Kampf zwischen Christentum und Heidentum durch die krankhafte Zerrissenheit Radegunds noch einmal eine wichtige Nuancierung auf der emotionalen Ebene, was ich sehr gelungen empfunden habe, sind doch gerade Glaubensfragen immer subjektiv und emotional eingefärbt.
Überhaupt besitzt das Buch keine stereotypen Helden oder unfehlbaren Märtyrer. Tatsächlich straucheln die Protagonisten mehr als einmal, verzetteln sich oder verhalten sich nicht immer vorbildlich. Das macht die Geschichte für den Leser noch einmal spannender, denn er kann nicht wirklich einschätzen, ob die Personen sich im nächsten Moment klug verhalten oder eine Fehlentscheidung treffen.
Mein Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das mit überraschenden Charakteren und einer ungewöhnlichen Konfrontation von Christentum und Heidentum aufwartet und sich nicht nur auf eine Perspektive beschränkt. Es lässt Raum für die eigenen Gedanken, Diskussionen und Wertungen, und erfüllt damit für mich alle Voraussetzungen eines spannenden und gleichzeitig interessanten Buches, welches man schwer aus der Hand legen kann. 10 Punkte für dieses gelungene und individuelle Buch.