Mary Wickford - Fabrice Colin

  • Zum Autor:


    Fabrice Colin, 1972 bei Paris geboren, ist Autor zahlreicher phantastischer Romane. Seine Prosatexte wurden bereits dreimal mit dem Grand Prix de l´Imaginaire ausgezeichnet. Neben Fantasy-Romanen schreibt er auch Szenarien für Comics und Graphic Novels und arbeitet als Drehbuchautor für das radio. Mary Wickford, sein Roman über eine verwunschene Welt voller Magie und Abenteuer, hat in Frankreich große Erfolge gefeiert. Fabrice Colin ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Paris.


    Kurzbeschreibung laut amazon:


    Mary Wickford und das Erbe der Hexen
    Als die junge Waise Mary Wickford zum ersten Mal einem Drachen begegnet, spürt sie, dass in ihrem Leben nichts mehr so sein wird, wie es einmal war. Niemals hätte sie jedoch erwartet, dass eine geheimnisvolle Gabe in ihr schlummert, die das Gefüge der ganzen Welt ins Wanken bringen wird. Fabrice Colin hat eine faszinierende Welt voller zauberhafter Überraschungen geschaffen. Wer Christoph Marzis "Lycidas" mochte, wird "Mary Wickford" lieben!Entdecken Sie das Geheimnis einer verwunschenen Welt!



    Zum Inhalt:
    Mary Wickford wächst in einem Waisenhaus auf. Mit 17 Jahren muss sie dieses verlassen. Auf der Suche nach einer Anstellung kommt Mary nach Old Haven und spürt mit diesem Ort eine starke Verbundenheit. Hier erfährt sie auch, dass sie einem alten Hexengeschlecht entstammt. Schnell wird sie jedoch gejagt – von der Inquisition, von den Domilitinnen – Kreaturen, die halb Mensch, halb Fisch sind – und von Piraten. Hilfe erhält sie in den auswegslosesten Situationen immer wieder von einer geheimnisvollen Bruderschaft. So wird Mary in ihr Schicksal hinein gestoßen…


    Meine Meinung:
    Mary Wickford spielt in einem Amerika um 1700. Allerdings nicht wie wir es kennen. Beherrscht wird es von einem wahnsinnigen Imperator, unter der Knute der Inquisition und technisch fortgeschritten. Zwar gibt es keinen Strom, aber mechanische Apparaturen, wie Katzen aus Metall, die sich bewegen, Sänftenträger, Flugapparate usw. Und es gibt Drachen.
    Mary wird von allen Seiten bedrängt. Von Männern, die behaupten, sie zu lieben, wie der Pastor, bei dem sie ihre erste Anstellung erhält. Vom Imperator, der ihre Macht für seine Zwecke nutzen will und Tod und Teufel in Bewegung setzt, um Mary zu fangen. Dabei hat sie selbst keine Ahnung von ihren Kräften. Die erhält sie erst im letzten Drittel des Buches, wenn sie ihre Ausbildung bei der Bruderschaft beginnt und ihre Bestimmung annimmt.


    Mary ist eine seltsame Hauptperson. Das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben, man sieht die Welt also durch Marys Augen, aber Mary bleibt trotzdem absolut farblos. Sie scheint gefühllos wie ein Stück Holz. Sie erfährt, dass sie eine Hexe ist – keine Reaktion, man hätte ihr auch erzählen können, ihre Nachbarin sei schwanger, das scheint genauso aufregend zu sein wie die Tatsache, dass man eine Hexe ist. Sie wird immer wieder gejagt und gefangen genommen und erfährt nichts, dass sie Angst hätte, nein, die Situation wird ganz nüchtern beschrieben.
    Dadurch zieht sich das Buch ziemlich in die Länge, obwohl einiges passiert, ist man eher gelangweilt durch die bloße Aufzählung der Ereignisse. Jede Partei, die ihr Auge auf Mary geworfen hat, ist mal an der Reihe mit Jagen und Fangen, bis sie den Spieß umdreht und ihre Kräfte beherrschen lernt.


    Sehr verwirrend fand ich die vielen Personen und Namen, die immer wieder aus heiterem Himmel auftauchen, obwohl man mit ihnen schon abgeschlossen hatte. Ein Personenverzeichnis wäre hier äußerst hilfreich, ich habe etliche Male geblättert, um Personen richtig einordnen zu können.


    Außerdem wird mit Fast-Unsterblichkeit, Wiedergeburt, Seelenteilung und ich weiß nicht was noch alles gearbeitet, so dass man ein heilloses Kuddelmuddel zu entwirren hat. Absolute Drachenfans kommen vielleicht auf ihre Kosten, da die am Ende des Buches noch eine Rolle spielen, ich hätte das Geld für dieses Buch anderweitig besser investieren können!

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

  • Ging mir auch so. Chaotisches Buch ohne roten Faden. Ich hab es nach knapp dreihundert Seiten abgebrochen und bereue, es gekauft zu haben.
    Da werden Personen eingeführt, nur um wenig später zu sterben und die Figuren verhalten sich inkonsistent, so dass ich öfters mal "Hä?" gedacht habe. Dann wird ein Riesenwirbel um eine verfluchte Insel gemacht und dann passiert da noch nicht mal groß was und schon fliehen sie wieder. Dann hätte man auch eine x-beliebige normale Insel nehmen können. Ich glaub das Buch wird zu meinen Low-lights des Jahres gehören.

  • Dann scheint es doch mit dem Fantasy-Geschmack der Franzosen nicht weit her zu sein :gruebel.


    Bei Amazon ist es sogar noch krasser formuliert als in der Autorenbeschreibung, die Manuela mitgeliefert hat:


    Zitat

    Fabrice Colin, geboren 1972 bei Paris, ist in Frankreich der talentierteste Fantasy-Autor seiner Generation. Er hat bereits zahlreiche phantastische Romane, Drehbücher und Comics geschrieben und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.



    Noch habe ich das Buch nicht ganz aufgegeben. Wenn's Drachen gibt und Marzi genannt wird als Vergleichspunkt (was ich, wenn ich hier so lese, nicht mehr verstehen kann), habe ich noch Hoffnung.

  • Marzi als Vergleichspunkt nennen sie doch nur, um Leuten das Buch aufzuschwatzen. Da hätten sie auch "Das Beste seit "Herr der Ringe"" schreiben können, wie es auf jedem dritten Fantasy-Buch draufsteht, das wäre genauso abwegig gewesen.

  • An sich klingt das Thema interessant - ich liebe ja Lycidas und Steampunk. Aber die Rezensionen haben mich nun doch abgeschreckt. Ein Buch ohne interessante Charaktere, die auch mal Emotionen zeigen, geht für mich absolut nicht.

  • Ich hab´s auch in der Mitte abgebrochen. Hatte ich ja auch im entsprechenden Thread geschrieben...Es war wirklich so verworren und so lieblos, und das trotz der eigentlich schönen Idee und der Sprache. Schade.
    Das Cover, die Aufmachung und auch den Preis des Buches fand ich wirklich schön bzw. vertretbar, aber im Endeffekt war ich dann schon sehr enttäuscht. Ich hoffe mal, der neuen Besitzerin gefällt das Buch eher...

  • Zitat

    Original von Steena


    Noch habe ich das Buch nicht ganz aufgegeben. Wenn's Drachen gibt und Marzi genannt wird als Vergleichspunkt (was ich, wenn ich hier so lese, nicht mehr verstehen kann), habe ich noch Hoffnung.


    Marzi als vergleich ist absolut abwegig. Und die Drachen, naja, da hab ich auch schon besseres gelesen. Aber vielleicht gefällts dir ja besser...

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

  • Ich bin noch mitten im Lesen, stimme aber mit vielen Punkten überein. Mary verhält sich echt manchmal komisch... :gruebel Außerdem haben die Charaktere alle nicht viel Tiefe.
    Trotzdem gibt es immer wieder tolle Momente und tolle Ideen (z.B. der Prolog), sodass ich trotzdem noch dran bleibe.


    Was mich aber am meisten stört, sind diese Mini-Sätze, die meistens keine 2 Zeilen umfassen, und dadurch einen stockenden Schreibstil hervorrufen. Allerdings schiebe ich das nicht auf Colin, sondern eher auf die deutsche Übersetzung

    "Man sagt, wenn man die Liebe seine Lebens trifft bleibt die Zeit stehen - und das stimmt. Aber was niemand sagt, ist, dass sie danach viel schneller vergeht - um die verlorene Zeit wieder aufzuholen." (Tim Burtons Big Fish)

  • Ich lese das Buch gerade und mag die Sprache, die vielen Ideen und die schöne, düstere Atmosphäre ziemlich gerne.
    Mary ist für mich als Figur eigentlich auch ganz gut greifbar, viele andere Personen agieren manchmal aber ein bisschen sprunghaft. Manches wirkt auf mich daher auch recht verworren, aber ich hoffe, dass sich das mit der Zeit noch auflöst. Im Moment (Seite 234) bietet es mir dafür noch viel Raum für Spekulationen.

  • Danke für die Rezis! Ich halte aber erstmal Abstand zu dem Buch.

    Versuche zu kriegen, was du liebst, sonst bist du gezwungen, das zu lieben, was du kriegst
    :lesend"Herren der Unterwelt;Schwarzer Kuss" Gena Showalter

  • Rezension


    Amerika, 17. Jahrhundert: Mary ist Waise und in einem Kloster aufgewachsen, in dem sie zuletzt auch selbst unterrichtet hatte. Mit 17 Jahren muss sie den Ort ihrer Kindheit jedoch zurücklassen und sich in einer anderen Stadt eine neue Anstellung suchen.
    So führt sie ihr Weg in das malerische Küstendörflein Old Haven, zu dem sie sogleich eine unerklärliche Anziehungskraft verspürt. Besonders ein bestimmter Baum kommt ihr merkwürdig vertraut vor. Kurzerhand beschließt sie, sich in Old Haven niederzulassen und nimmt eine Stelle beim örtlichen Pastor an.
    Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Bald schon ist der jungen Frau die Inquisition auf den Fersen, allen voran der grausame Trevor Fear, der seinem Namen alle Ehre macht und schon unzählige vermeintliche Hexen auf den Scheiterhaufen gebracht hat.
    Auch Mary scheint Vorfahren mit magischen Fähigkeiten zu haben. Was sonst könnte der Grund dafür sein, dass der allmächtige Imperator, Schreckensherrscher über Amerika, Mary um jeden Preis in seine Gewalt bringen will?


    Gleich vorweg: Der Vergleich mit «Lycidas» vermittelt einen völlig falschen Eindruck von dem Buch, ist Marzis uralte Metropole doch wesentlich vielschichtiger und tiefgründiger als «Mary Wickford».
    Davon abgesehen besticht auch Fabrice Colin durch sein mitreißendes Erzähltalent und einen grenzenlosen Ideenreichtum. Mechanische Katzen, Fluggeräte, seelenlose Drachen, Magier, Dämonen, Piraten, ein Volk, das unter der Erdoberfläche lebt und Unsterblichkeit verspricht… Im Hinblick auf sein Personal zieht der französische Autor sämtliche Register, fordert seinem Leser aber gleichzeitig auch einige Konzentration ab, damit dieser nicht den Überblick verliert. Dabei schont Colin seine Figuren auch nicht. Viele Szenen sind ausgesprochen grausam, blutig und brutal, die Grundstimmung ist düster bis gruselig.


    Marys Erzählweise ist, obwohl sie in der Ich-Perspektive berichtet, trotz der schrecklichen Erlebnisse recht nüchtern und distanziert. Hält man sich vor Augen, dass sie mit einigem zeitlichen Abstand auf die damaligen Geschehnisse zurückblickt, ist das aber auch gut nachvollziehbar. Manchem Leser mag sie trotzdem etwas hölzern vorkommen und besonders facettenreich ist ihr Charakter tatsächlich nicht.
    Überhaupt hätte sich der Autor mit einigen Dingen ruhig mehr Zeit lassen dürfen. Auch das Erzähltempo ist stellenweise zu rasant und wirkt gehetzt. (Auch wenn Mary nach gut der Hälfte der Geschichte immer noch nicht zaubern kann.) So passiert es, dass man wichtige Informationen schnell mal überliest.


    Leider hat auch die Übersetzung so manch krummen Satz hervorgebracht und lässt z.B. «Soldaten aus dem Glied treten». Insgesamt ist der Erzählstil dennoch – auch trotz besonders hohem Adjektivanteil – flüssig zu lesen und die Seiten fliegen nur so dahin.
    Und obwohl einige Personen anfangs merkwürdig und sprunghaft agieren, klärt sich - mit Ausnahme von wenigen kleineren Ungereimtheiten - zum Ende hin alles weitgehend zufrieden stellend auf und die Geschichte wirkt längst nicht so verworren, wie der erste Eindruck noch vermuten ließ.
    FAZIT: Ein ungemein spannender Fantasy-Roman, aus dem man locker eine Trilogie hätte machen können. Was vielleicht auch besser gewesen wäre.


    Wertung: 4/5

  • Ich bin jetzt etwas hinter der Hälfte und kann bereits die ersten Rezensionen unterschreiben :rolleyes. Ich werde es nicht abbrechen, da es sich alles in allem doch recht flüssig lesen lässt, aber ich lese das Buch etwa so, wie die Protagonistin ihr Leben hinnimmt :chen. Gefühlskalt und ohne jegliche Regung.
    Interessant finde ich auch immer wieder, wie der Autor krampfhaft versucht, allerhand Themen einzubauen. Mir wird das neben der Fantasy-Thematik immer wieder in Usher deutlich, dem schwarzen Ex-Sklaven, der wohl für die Ausgebeuteten-Quote im Buch zuständig ist.
    Bisher machen auch die Drachen noch nicht so recht einen Sinn, aber ein paar Seiten bleiben ja noch, um ihnen den zu geben :gruebel.

  • Ich kann mich den schlechten Beurteilungen hier nicht so ganz anschließen.


    Mir hat es Spaß gemacht das Buch zu lesen. Die Ideen des Autors fand ich ganz gut. Ich hatte bei der "Zeit-Zuordnung" so meine Probleme. So ganz einer Epoche konnte ich es nicht zuordnen. Irgendwann war es mir dann schlicht und ergreifend egal und ich habe die Geschichte und ihre Personen einfach genossen.


    Die Geschichte mit den Drachen hätte was länger sein dürfen. Sie kamen mir einfach zu wenig vor. Schade eigentlich.


    Das Buch lässt sich ziemlich flüssig lesen. Ich bin aber auch der Meinung, dass man aus dieser Geschichte eine Trilogie hätte machen sollen. So hätten einige Figuren und vor allen Dingen einige Handlungsweisen von Mary wesentlich besser herausgearbeitet werden können.


    Fazit: Ein etwas anderes Fantasy-Lese-Vergnügen, was trotz der vielen Seiten nicht langweilig wird und immer wieder neue Überraschungen aufbietet.


    Von mir gibt es dafür 8 Punkte.

  • So viele schlechte Meinungen, aber nur 4 Bewertungen bisher, das Buch steht bei 7,0. :gruebel


    Also ich hab bisher erstmal nur 60 Seiten gelesen. Was mich aber bereits stört, ist (mal wieder) dieses "junge, starke, eigensinnige Heldin"-Image, gepaart mit unglaubwürdig "plötzlich" auftauchenden Szenen...


    Naja, mal sehen, was noch so passiert.


    Edit: Ich habe das Buch jetzt abgebrochen.


    Meine 3 "Lieblingssätze" dazu übrigens:
    "Wo will ein so schönes junges Fräulein um die Uhrzeit denn hin?"
    "Sagt mir, wie ich wieder ein Lächeln auf euer Gesicht zaubern kann."
    "Ich weiß nicht, was [Person] in euch sieht, aber..."


    Klischeehafter geht es wohl gar nicht mehr. :bonk :bonk :bonk

    Sorry, I can't hear you over the sound of my awesomeness. :putzen

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Dori ()

  • Zitat

    Original von Eskalina
    :-( Ohje, das sind ja wirklich nette Standardsätz, da weiß man schon in etwa, wie sich das Ganze liest. Ich hätte mich beinahe von diesem schönen Cover ködern lassen, bin aber froh, den Thread hier verfolgt zu haben. :wave


    Sei froh.


    Ich weiß schon, was beim nächsten Eulentreffen auf dem Büchertisch landen wird... ;-)

  • Zitat

    Original von Dori


    Sei froh.


    Ich weiß schon, was beim nächsten Eulentreffen auf dem Büchertisch landen wird... ;-)


    Schade, da weiß ich nicht, ob ich da sein kann. Sonst hätte ich es mir gegrabscht :grin ich schleiche halt doch immer wieder drumherum, auch wenn die Meinungen nicht so dolle sind. So manches Buch, was nicht so gut bewertet wurde, war dann genau meins...

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)