Schwestern. Streitschrift für einen neuen Feminismus - Silvana Koch-Mehrin
Verlag: Econ
Erscheinungsjahr: 2007
Seitenzahl:219
ISBN:3430300282
Über die Autorin:
Silvana Koch-Mehrin, Jahrgang 1970, ist promovierte Historikerin und Volkswirtin.
Nach ihrem Studium gründete sie eine Unternehmensberatung und seit 2004 sitzt sie für die FDP im Europaparlament.
Mit ihrem irischen Lebensgefährten und den gemeinsamen drei Töchtern wohnt sie in Brüssel.
Inhalt:
Die Europapolitikerin Dr. Silvana Koch-Mehrin wendet sich mit ihrer Streitschrift gegen die in Deutschland vehement geführte Debatte, wie eine Mutter ihr Leben zugestalten hat, ob sie neben Haushalt und Kindererziehung einer Berufstätigkeit nachgehen soll und wie ein Job mit der Kinderbetreuung in Einklang zu bringen ist.
Die Politikerin berichtet von ihren Beobachtungen und Erfahrungen,
wagt den Blick über den deutschen Tellerand und appelliert an die Leserschaft, sich für die Gleichberechtigung der Frauen einzusetzen.
Meine Meinung:
Mit ihrem Buch "Das Eva-Prinzip" brachte Eva Herman im Jahr 2006 den Stein ins Rollen. Zeitnah nahm sich auch die frisch ernannte Ministerin für Familie,Senioren und Frauen Frau Dr. von der Leyen des bislang vernachlässigten Themas Demografie und des Fortpflanzungsunwillens der deutschen Frauen an.
Seiten um Seiten wurden in den Wissenschaftsteilen großer Zeitungen
gefüllt und auf diesen Zug ist nun auch die bekannte FDP-Politikerin gesprungen. Herausgekommen ist eine Streitschrift, die in Zusammenarbeit mit Susanne Schumacher entstanden ist und bedauerlicherweise nicht erkennen lässt, welcher Beitrag den einzelnen Verfasserinnen
an dieser Streitschrift zugeordnet werden kann.
In sieben Kapiteln versucht Dr. Silvana Koch-Mehrin die Entwicklung der Frauenrolle von den 50-iger Jahren bis heute nachzuvollziehen und gleichzeitig eine Bestandsaufnahme der Frau in der Gesellschaft zu machen. Hierzu zieht sie immer wieder Artikel großer deutscher Tageszeitungen
und ihre persönlichen Beobachtungen heran, die letztlich im Gejammere darüber enden, dass der "Müttermythos eine Emanzipationsblockade" darstelle und es an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder in Deutschland mangele. Eine konsequente Analyse der beruflichen Stellung der Frauen quer durch alle Gesellschaftsschichten unterbleibt jedoch.
Stattdessen verharrt die Autorin mit ihren Beobachtungen in Akademikerzirkeln und stellt ihr beispielhaftes Leben in Brüssel vor, indem sie zeigt, wie eine gute Organisation in der Familie und die Eingebundenheit ihres Lebenspartners ihr eine Berufstätgikeit ermöglichen. Dabei dürften dem aufmerksamen Leser jedoch nicht die näheren Umständen, wozu kostengünstige Kindergartenplätze, spezielle staatliche Förderungen, kulante Arbeitgeber und flexible Arbeitszeiten gehören,
die dieses Leben ermöglichen.
Und so dürfte mancher deutschen Verkäuferin (und auch Wählerin) die Streitschrift dieser deutschen Politikerin wie eine Geschichte vom anderen Stern vorkommen, wenn sie (die Arbeitnehmerin) am Samstag zur Arbeit geht und sich eine Kinderbetreuung organisieren muss, weil der Kindergarten geschlossen hat.
Der Schreibstil der Autorin ist wie für eine Streitschrift nicht anders zu erwarten, emotional und kämpferisch gehalten und doch bemerkt Frau Koch-Mehrin nicht, dass sie sich - vielleicht auch unbewusst -
für eine privilegierte Schicht ereifert, die diese Probleme nicht als finanzielle Herausforderung betrachtet.
Im letzten Kapitel dieser Lektüre sprechen die Autorinnen endlich konkrete Forderungen an die deutsche Familienpolitik an und verweisen auf die beispielhafte Vorgehensweise in Frankreich und Schweden, wo sich kostenlose Kindergartenbetreuung, Vor- und Ganztagsschule bewährt haben.
In diesem Kontext wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Vorzeigefrau der FDP konkret geschildert hätte, wie sie ihre Forderungen in Form von Gesetzesinitiativen umsetzt und ihre Arbeit sichtbar macht.
Letztlich bleibt diese Streitschrift nur ein gutgemeintes Projekt, das im Feldversuch stecken bleibt.
Fazit:
Eine Empfehlung an alle, die einen Einblick in das Familienleben einer Europapolitikerin gewinnen möchten.