Norman Mailer
Die Nackten und die Toten
Originaltitel: The Naked and the Dead
Norman Mailer gehört zu den großen amerikanischen Autoren, die den Zweiten Weltkrieg beschrieben und mit dem Mythos dieses Krieges als guten und gerechten Krieg gebrochen haben. Der Autor beschreibt eine Kampagne auf einer fiktiven Pazifikinsel. Der Kampf der US-Army ist in der Tat wenig heroisch und die Soldaten keine Helden. Ihre Gedanken sind eher von der Lust auf Frauen und Alkohol und dem Überlebenstrieb geprägt, als von heldenmütiger Kriegsbegeisterung. Kämpfe werden in dem Roman kaum beschrieben, der Alltag der Männer besteht eher aus Langeweile, Streitigkeiten und Machtkämpfen untereinander und harter Arbeit. Norman Mailer ist mal als der Autor beschrieben worden, der am besten in der Lage sei, vollkommene körperliche und seelische Erschöpfung zu beschreiben. Dem kann ich nur zustimmen, über Seiten und Seiten. Dementsprechen anstrengend ist das Lesen manchmal auch. Dazu trägt auch, dass nur wenige Charaktere im Buch sympathisch sind Obwohl Mailer sich eines psychologischen Realismus bedient, ausführlich auf die Gefühle und Gedanken der Protagonisten eingeht und ihr Leben vor dem Krieg beleuchtet, bleiben einem die Charaktere seltsam fern.
Am eindrücklichsten fand ich, wie Mailer das Funktionieren der Armee beschreibt. Er unschreibt dies mit der Metapher "Angstleiter", die die Soldaten dazu zwingt, Dinge zu tun, die ihnen vollkommen fremd sind. Und das ist nicht unbedingt das Töten, denn viele Charaktere finden darin eine beängstigende Befriedigung. Es ist vor allem die Fähigkeit den eigenen Körper über jede Grenze hinaus zu zwingen.
Die grundsätzliche Botschaft von Mailers Text mag seinerzeit neu und schockierend gewesen sein, nämlich, dass Krieg nicht gut sein kann und das die Umstände des Krieges zwangsläufig das Schlechteste im Menschen hervorbringt. Mittlerweile ist dies ein Allgemeinplatz. Trotzdem lohnt sich die Lektüre von Mailers Buch, wenig Autoren ist es gelungen, Krieg so nüchtern dazustellen und das Funktionieren einer Armee wie mit einem Seziermesser auseinander zu nehmen.