• Ich bin bekennender Heide, das heißt, ich hänge einer Religion an, die besteht, seit der erste Schamane nackt um ein Feuer gehüpft ist um die Geister der Jagd zu beschwören und die ersten Höhlenmalereien an die Felsen gekritzelt wurden.
    Auch wenn der Kult (bzw. die Kulte, es gibt verschiedene Ausrichtungen) neu gegründet ist (sind) und die Formen sich geändert haben ist es immer noch der alte Glaube.
    Eine Religion, die ein paar Tausend Jahre alt ist als neu zu bezeichnen neben einer Religion, die hundertausende Jahre alt ist (und das ist archäologisch belegt) finde ich schon gerechtfertigt.

  • Zitat

    Original von Dichterdämon
    Eine Religion, die ein paar Tausend Jahre alt ist als neu zu bezeichnen neben einer Religion, die hundertausende Jahre alt ist (und das ist archäologisch belegt) finde ich schon gerechtfertigt.


    Ich habe gerade ein Buch über Archäologie fertig gelesen; da standen naturgemäß auch ein paar Sätze zum Thema "Religion" drin (nämlich dieses da). Von "hunderttausende" in der Mehrzahl war da aber, wenn ich recht erinnere, nicht die Rede. Ich glaube nicht mal in der Einzahl. Da ich das Buch schon zurückgegeben habe, kann ich nicht mehr nachsehen. Aber das führt hier vermutlich ohnehin zu sehr ins OT.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Vulkan !
    Deine Argumente sind auch der Grund, warum ich mit dem Lesen der Bibel angefangen habe (und jetzt unbedingt durchhalten will) und das als Atheistin.


    Dichterdämon !
    Sicher gibt es Religion (oder zumindest religiöse Handlungen) schon viel länger als die Schrift existiert. Aber die Bibel hat unsere Kultur(Geschichte) sicher nachhaltiger beeinflußt als die Höhlenmalereien dies taten.
    Ich lese außerdem noch die "Reden des Buddha" in der Übersetzung von Karl Eugen Neumann. Die sind ja doch noch ein Stück älter als die Bibel. Oder ist Dir der Buddhismus auch noch zu jugendlich?


    Kann es sein, dass Du Dich da bei der Datierung der Höhlenmalereien um eine Null geirrt hast? Ich habe da mal gelesen, dass die ältesten - bis jetzt bekannten - so um die 40 000 Jahre alt sein sollen.

  • Das Buch Kohelet in seiner düster gefärbten Grundstimmung hat mir ganz gut gefallen. Es geht vor allem um die Sinnlosigkeit des menschlichen Strebens und Mühens.
    Im Buch des Propheten Jesaja, das ich eben gelesen habe, herrscht einerseits Untergangsstimmung, weil das Volk Israel nach wie vor ungehorsam gegen Gott ist. Andererseits will der Herr dieses Volk aber auch retten, seine Feinde vernichten und die Reste seiner Auserwählten in Jerusalem zusammenführen.
    So habe ich das zumindest verstanden.
    Was die anderen Propheten zu sagen haben, werde ich erst im nächsten Jahr erfahren.

  • Im Eingangsposting dieses Threads habe ich gerade noch mal den Satz gelesen: "Die Bibel ist DER Liebesbrief Gottes an uns Menschen".
    Ich habe gestern die prophetischen Bücher des AT zu Ende gelesen und kann den oben zitierten Satz so nicht unterschreiben. Vielleicht gilt das fürs NT, im AT habe ich von dem Gedanken nichts gefunden.


    Prinzipiell dreht sich alles um ein Thema: Gott will sein störrisches Volk, das seine Gebote nicht befolgt und fremde Götter verehrt, vernichten. Die Überreste zerstreut er unter die feindlichen Völker. Nun beschließt er eben diese Völker zu vernichten, weil sie sein Volk unterdrückt haben. Er sammelt die überlebenden Israeliten wieder zusammen, gibt ihnen das versprochene Land und läßt sie sein Heiligtum neuerlich errichten, damit er unter ihnen wohnen und ihr Gott sein kann.


    Ich kann mir nur vorstellen, dass die damals lebenden Menschen diese Theorien aufstellten, um eine Erklärung zu finden für die Katastrophen ihres Lebens wie Kriege, Hungersnöte, Krankheiten und Tod.


    Jetzt gibt's mal eine längere Pause und dann kommt noch das NT dran. Allerdings bin ich auch ein wenig stolz drauf, dass ich das AT von Anfang bis zum Ende in einem guten dreiviertel Jahr gelesen habe.

  • Zitat

    Original von Sylli7
    Jetzt gibt's mal eine längere Pause und dann kommt noch das NT dran. Allerdings bin ich auch ein wenig stolz drauf, dass ich das AT von Anfang bis zum Ende in einem guten dreiviertel Jahr gelesen habe.



    Ich hatte letztes Jahr im Januar mal das Projekt "Delphin liest jeden Tag 10 Seiten der Bibel" angefangen, aber bin schon irgendwo in Exodus gescheitert.

  • Zitat


    Dass die Bibel selbst Zeugnis einer Menschheitsepoche ist, ist eine andere Sache, wenngleich keine uninteressante. Unabhängig davon, welche Einstellung zu Religion man hat, kommt man meines Erachtens an diesem Buch nicht vorbei.


    So, Senf dazu gegeben. :wave


    Ich sehe das so: Ich lese Dinge, die mich interessieren. Ich werde wahrscheinlich kein Fantasy-Buch lesen, nur weil es von allen hochgelobt wird, da ich dieses Genre einfach nicht mag.
    Genauso ist es mit der Bibel. :wave

  • Delphin : Bei mir brauchte es auch einige Anläufe bis ich mit dem AT durch war. Beim 1. Versuch hat mich das Buch mit seinen Grausamkeiten abgeschreckt, und dann bin ich auch schon immer wieder bei den Büchern Mose gescheitert. Aber diesmal habe ich durchgehalten, weil ich das Buch der Bücher unbedingt lesen und nicht noch 10x wieder von Neuem beginnen wollte.


    Jasmin : Fantasy-Bücher würde ich auch nicht lesen, seien sie so hochgelobt wie sie wollen.
    Aber die Bibel hat immerhin unsere Kultur nicht unwesentlich geprägt und in vielen Werken der Literatur wird sie immer wieder zitiert.
    Dabei ist die Lektüre ja nicht uninteressant, für mich als Laien eher nur mühsam und jetzt, da ich sie gelesen habe, wundere ich mich noch mehr darüber, welche Taten Menschen im Namen dieser Schriften sowohl im negativen wie auch im positiven Sinne zu vollbringen imstande waren.

  • Komplett gelesen haben muss man die Bibel denke ich nicht, wenn man eben keine Lust drauf hat...zur Allgemeinbildung gehört es aber denke ich dazu, zumindest ein paar Geschichten daraus zu kennen.


    Überhaupt könnte ich mir denken, wenn man das Ding komplett liest, dass man sich durch einige Passagen ziemlich durchquälten muss, oder? Ich meine, einige Sachen sind ganz interessant, die Bergpredigt, Schöpfungsgeschichte, Auszug aus Ägypten usw. - aber dazwischen steht doch sicher auch einiges, was nicht so spannend ist?!
    Also ich denke, für mich wäre so ein Projekt "Bibel komplett lesen" nix. Da würde ich wahrscheinlich früh aufgeben. Aber ich hab eine zu Hause stehen und falls irgendwo das Thema "Bibel" auftaucht, schlag ich da auch mal was nach.

  • Du hast das ganz richtig erkannt, Glass, durch die meisten Bücher des AT habe ich mich bis auf wenige Ausnahmen schon ziemlich durchgequält. Recht gut zu lesen waren z. B. die Sprichwörter, das Buch Kohelet, teilweise auch die Psalmen, aber die Bücher der Könige oder der Chroniken konnten mich gar nicht begeistern. Und die Bücher Numeri und Deuteronomium sind schon sehr langweilig. Von den Büchern der Propheten habe ich mir auch mehr erwartet, aber da geht es immer nur um dasselbe Thema, wie ich oben schon geschrieben habe.
    Noch einmal werde ich das Buch der Bücher sicher nicht lesen, höchstens immer wieder mal nachschauen, wenn die Bibel an anderer Stelle zitiert wird.
    Die bekannteren Geschichten habe ich zwar schon aus Schulzeiten gekannt, aber ich wollte das Gesamtwerk mal von Anfang bis Ende lesen.
    Das AT war ja ein schwerer Brocken, demnächst kommt dann das NT dran. Das wird leichter sein. Dem fühle ich mich als ehemalige Katholikin ja auch näher und außerdem habe ich in Religion maturiert. Das werden zwar heuer schon 30 Jahre, aber so manches werde ich wohl noch wissen.

  • @Sylli7


    das mit dem Durchquälen kann ich verstehen, die Texte enthalten eine Menge schwer zugängliche über unverständliche bis unsinnige Inhalte. Das ist die übliche Überlieferunsgproblematik. Das Ganze ist ja einer der am meisten verstümmelten Texte überhaupt.


    In diesen Chaos gibt es aber Geschichten, die mich von Kind auf geprägt haben und die ich nicht missen möchte.
    Im Buch Richter die Erwähnung Deborahs, z.B. oder die grausame Episode um Jael und Sisera.
    Oder die komplett schräge Geschichte von Samson. Die Sache mit den brenennden Schwänzen der Füchse fand ich umwerfend. Mehr als die abgeschnittenen Locken.


    Josua, Moses' Nachfolger, ist überwältigend. Die Eroberung Jerichos, ich konnte stundenlang über Rahab nachgrübeln. Ich hab die purpurnen Schnüre, die sie aus den Fenstern hängt, regelrecht gesehen. Das hat mich mehr beeindruckt als die Mauern, die unter dem Trompetenschall zusammenkrachten. Und das war schon klasse!
    Von der Massenbeschneidung mit den Steinmesern gar nicht zu reden.
    :yikes


    Buch der Könige ist fabelhaft. Der Machtkampf zwischen Elias (boah, hab ich den veranscheut!!) und Jesebel. Wie sie von den Hunden zerfleischt wird!


    Ich habe gefiebert mit Esther und süße Tränen geweint mit Ruth.


    Und wenn Jesaja lostobt, wackelt die Welt. Boah, kennt der Verwünschungen.
    Jeremia ist auch nicht zimperlich. :grin


    Was auch immer. Oft sind es nur ein paar Verse, aber diese Geschichten!
    Saul und David und Jonathan. David und sein Verrat an Urias. Bloß wenn er zur Harfe griff und Gott lobte, fand ich ihn doof. Echte Männer klampfen nicht, jawoll. :lache
    Damals war ich halt noch minderjährig.


    Und die Hexe von Endor, hui. Macbeth läßt grüßen.
    Absalom war mein Liebling. Er trat für Tamar ein! Ich mußte nur die Augen schließen und sah ihn hängen, an seinen eigenen langen Haaren an diesem Baum.


    Etc. pp.


    Das NT kam mir im Vergleich dazu immer blutleer vor. Was konnte Jesus, das Elisa nicht konnte? Abgesehen von seinem Vornamen, der mir immer weiblich vorkam: Elisa!! und mich völlig verwirrte, beherrschte Elisa jeden Zauber. Unerschöpfliche Ölkrüge, Tote erwecken, null Problem.
    Übers Wasser gehen. Pöh.
    Früher war das nicht nötig, da streckte JHWH die Hand aus und die Fluten teilten sich - die Stelle mit den zwölf Steinen aus dem Jordan, hochdramatisch!! - , das war überzeugend.


    Jesus hat mich dramaturgisch nicht beeindruckt. Am besten ist er noch, wenn er sauer ist, etwa bei der Vertreibung der Händler aus dem Tempel oder wenn er die Ehebrecher in die Hölle wirft. Insgesamt fand ich die Akte, in denen er auftritt, aber eher blaß.
    Glücklicherweise gibt es die Apokalypse. Trotzdem, das NT ist nichts für mich.


    Ich setze allemal auf das AT. Blut und Schweiß und Tränen. Yeah.


    :grin



    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Delphin
    Jetzt bin ich wieder angefixt. :fetch :lache


    :wow


    Dantes Inferno ist spannender, da ist nicht soviel Füllmaterial zwischen den Action-Teilen.
    :grin


    Aber ernsthaft: sind diese Geschichten wirklich so wenig bekannt?
    O, je, ich werde wirklich alt.
    :cry





    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Magali!
    Du lebst ja richtig mit, mit diesen alttestamentarischen Gestalten, die mir so fern geblieben sind, als lebten sie auf einem fremden Stern. Für mich sind sie alle viel zu kurz aufgetaucht. Da konnte ich mich mit keiner einzigen Figur identifizieren.
    Umso schöner war es, Dein Posting zu lesen. Danke, das war ein Erlebnis!

  • :lache


    Die Kindheit, Sylli, die prägt eben. Es gab kaum Fernsehen, kein Internet, dafür viele alte Geschichten. Ein Teil stammte halt aus der Bibel.
    Für mich waren Rahab oder Moses oder Hagar mit der Zeit ebenso real wie die kleine Seejunfrau, Schneewittchen oder der kleine Muck.
    Nur bei Robin Hood wußte ich sicher, daß das Erroll Flynn ist!



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus