Doris Lessing: Afrikanische Tragödie. (OT: The Gras is Singing) TB, 248 S. Fischer, Frankfurt 17.Aufl. 2000. ISBN: 3-596-25747-6; Preis: EUR[D] 8,90 / EUR[A] 9,20 / SFr 16,50.
Vorschautext laut VLB:
Die Farmersfrau Mary Turner ist von ihrem schwarzen Hausdiener ermordet worden. Der Fall wird als typisches Verbrechen eines minderwertigen Schwarzen heruntergespielt. Erst im Lauf der Erzählung, die in den dreißiger und vierziger Jahren in Rhodesien spielt, erfährt man, wie es unausweichlich zu diesem Mord kommen mußte. Mary ist in sehr ärmlichen Verhältnissen großgeworden. Enge Freundschaften, emotionale Bindungen geht sie nicht ein. Sie merkt nicht, daß sie dazu gar nicht fähig ist. Um nicht zur alten Jungfer zu werden, heiratet sie mit Dreißig den Farmer Richard Turner und geht mit ihm auf seine einsame Farm. Sie stellt fest, daß ihr Mann nie aus seiner finanziellen Misere herauskommen wird. Mary verfällt schließlich zunehmend in Apathie. Eines Tages wird der schwarze Farmarbeiter Moses, dem sie einmal jähzornig mit der Peitsche ins Gesicht geschlagen hat, als Diener ins Haus geholt. Mary hat Angst vor ihm. Sie ahnt, daß er sich für den Peitschenhieb, der ihn zutiefst gekränkt hat, rächen wird.
Über die Autorin:
Doris Lessing, 1919 als Tochter eines britischen Offiziers in Kermanshah/ Persien geboren, wuchs auf einer Farm in Südrhodesien auf und kam im Alter von dreißig Jahren nach England, wo sie 1950 ihren ersten Roman »Afrikanische Tragödie« publizierte. In Deutschland erlangte sie erst durch die Veröffentlichung ihres Hauptwerks »Das goldene Notizbuch« im Jahre 1978 Berühmtheit. Heute zählt Doris Lessing zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der Gegenwart.
(Quelle)
Meine Meinung:
Doris Lessing hat mich noch nie enttäuscht -- obwohl ich mich an das Goldene Notizbuch noch nicht rangetraut habe.
Afrikanische Tragödie erzählt die Geschichte einer Frau, die in einem halbwegs unabhängigen Leben in der Stadt ihr Lebensziel findet, aber die Zeit nicht anhalten kann. Als Mary erkennt, daß man sie schon als alte Jungfer abstempelt, heiratet sie überstürzt den Farmer Richard Turner, muß dann feststellen, daß dieser ein Taugenichts ist und kapselt sich von der Umgebung ab, um die Niederlage zu verhehlen. Eine Rückkehr in ihr Junggesellinnenleben erweist sich als unmöglich.
Als Richard erkrankt, muß sie die schwarzen Feldarbeiter beaufsichtigen; dabei rutscht ihr einem Arbeiter gegenüber die Hand mit der Peitsche aus.
Jahre später wird ausgerechnet dieser Mann, Moses, ihr Hausdiener. Nach anfänglichem Schrecken wird das Verhältnis zwischen Mary, die inzwischen in der Isolation den Verstand zu verlieren beginnt, und Moses immer enger, für Mary beängstigend enger. Als ein Verwalter auf dem maroden Hof eingesetzt wird und Richard und Mary zum ersten Mal Urlaub machen sollen, eskaliert die Situation.
Mit einer klaren, fein ziselierten Sprache analysiert Doris Lessing den Lebensweg von Mary Turner, die Sackgasse, in die sich die junge Frau durch ratloses Erfüllen vermeintlicher oder tatsächlich vorhandener Erwartungshaltungen manövriert und die in der Einsamkeit des Buschs unweigerlich in eine schwere Neurose abgleitet. Ein für eine 30jährige Autorin äußerst weises Buch!
Sehr empfehlenswert