Was auf der Rückseite des Taschenbuches steht:
Ein Toter im Dom. Eine falsche Reliquie. Eine Frau auf der Suche nach der Wahrheit.
Aachen, anno 1412: Der Geselle Klas liegt erschlagen im Dom. Verdächtigt wird sein Meister, der Reliquienhändler Reinold Markwardt. Dessen Frau Marysa glaubt an eine Verschwörung. Unterstützt von dem Mönch Christophorus stößt sie bei ihren Nachforschungen auf einen Handel mit gefälschten Reliquien. Doch ihre Feinde sind mächtig: Marysa wird der Ketzerei angeklagt und soll auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden. Und die Zeit arbeitet gegen Christophorus...
Zu der Autorin vermerkt das Taschenbuch:
Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet mittlerweile freiberuflich als Lektorin und Schriftstellerin. Nach „Tod im Beginenhaus“, „Mord im Dirnenhaus“ sowie „Verrat im Zunfthaus“, ihren historischen Romanen um die Apothekerstochter Adelina, folgt hier nun der Auftakt zu einer neuen historischen Romanreihe der erfolgreichen Autorin.
Eine Meinung habe ich auch und zwar diese:
Mit Kurzbeschreibungen, wie sie auf der Rückseite eines Taschenbuches oder in demselbigen stehen, ist es immer so eine Sache. Nicht direkt falsch, aber sind sie deshalb automatisch richtig? In diesem Fall kann die Kurzbeschreibung im Groben als Inhaltsangabe herhalten. Was sie verschweigt, ist, dass der Mönch Christophorus, der auch als Ablasshändler und Inquisitor tätig wird, einen denkwürdig geheimnisvollen Eindruck hinterlässt und dass Marysa eigentlich gar nichts mit ihm zu tun haben möchte. Nachforschungen, wie sie die Kurzbeschreibung erwähnt, stellt auch Marysas Gemahl an, der allerdings dafür eine Rechnung präsentiert bekommt, die er mit seinem Leben bezahlt. Und angeklagt wird Marysa noch nicht, auch wenn sie inhaftiert ist, denn Aachen muss feiern, nämlich die Heiltumsweisung, und während dieser Zeit ruht die Gerichtsbarkeit. Verschwiegen wird auch, dass Marysas Ehe nicht unbedingt das ist, was man eine glückliche Verbindung nennt. Ebenfalls verschweigt die Kurzbeschreibung das übrige handelnde Personal, und das ist in diesem speziellen Fall wirklich schade, denn beispielsweise Marysas Mutter Jolanda und Milo, ein pfiffiger Gassenjunge, sind allemal eine Erwähnung wert, Jolanda wegen ihres Temperaments und Milo, nun ja, weil er eben Milo ist, gewitzt, aber nicht verschlagen, nie um eine Antwort verlegen, stets mit leerem Magen und großem Appetit. Mit einem Wort: ein Bengel zum Gernhaben.
Mit dem Formulieren der eigenen Meinung ist das auch immer so eine Sache, jedenfalls in meinem Fall. Wie sage ich das, was ich zu sagen habe, ohne in den Geruch der Lobhudelei zu kommen, wie merke ich an, was mir nicht gefallen hat, ohne der Autorin, dem Autor zu nahe zu treten, ohne zu verletzen? Versuche ich es mal auf diese Weise:
Sehr gut gelungen ist Petra Schier nach meiner Meinung die Beschreibung der Zeremonie, bei der die Reliquien gezeigt werden. Es muss eine ganz außergewöhnliche Erfahrung sein, bei einer solchen Gelegenheit einmal dabei zu sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Eindruck, den man dort gewinnt, ein geradezu überwältigender ist, dass vielleicht sogar für die Dauer der Zeremonie eine Zweiflerin wie ich ins Grübeln kommen kann. Nur: wie viel bleibt beim Verlassen des Doms übrig von dem dort Gewonnenen?
Die Beschreibungen des täglichen Lebens mit seinem Tun und Lassen, aber auch die Beweggründe Marysas, eine Ehe einzugehen, die für sie zunehmend zum Gefängnis wird, ihre Gedanken und Gefühle ihren Gemahl betreffend haben mich sehr für das Buch eingenommen.
Gut gefallen haben mir drei Personen und zwar in der Reihenfolge ihrer Nennung: Christophorus, Milo, Jolanda. Sie haben mir gefallen, obwohl der Mönch doch ein etwas zweifelhafter Geselle ist, obwohl Milo halt durchaus ein Lausebengel, aber einer mit einem großen Herzen, ist, obwohl Jolanda eine für meinen Geschmack viel zu kleine Rolle hat. Mit Marysa habe ich so meine Probleme, was aber nicht unbedingt gegen das Buch spricht, sondern eher dafür, dass sie lebendig gezeichnet ist. Die übrigen Nebenfiguren sind nach meinem Eindruck zum Teil doch etwas blass. Die Handlung ist schlüssig, die Auflösung ist durchaus überraschend.
Die historische Nachbemerkung der Autorin ist lesenswert; ich habe sie, meinem üblichen Leseverhalten entsprechend, zunächst gelesen und ich war froh darüber. Das zum Schluss aufgeführte Rezept ist zwar etwas aufwendig, es lohnt sich aber nachzumachen, denn es ist schon etwas für Leckermäulchen wie mich (wer es auch nachmachen möchte: Ich habe die Variation mit der Marzipanrohmasse gewählt, das geht etwas schneller. Leider ist nichts mehr übrig, sonst würde ich ein Löffelchen zum Probieren reichen).
So, nun könnte ich ja eigentlich schließen. Allerdings...
Tja, da wäre noch eine Kleinigkeit. Nämlich diese: Das Buch ist wirklich gut und flüssig zu lesen, aber es ging mir alles etwas schnell. Ein historischer Roman mit gerade mal 342 ½ Seiten reiner Romanhandlung ist für mich ein wenig kurz. Ich habe es lieber etwas länger und dafür vielleicht etwas ausführlicher. So hatte ich das Gefühl, durch die Handlung mehr zu laufen als zu spazieren; auch hätte ich gerne einige der Nebenfiguren etwas detaillierter dargestellt gehabt. Ein Personenregister wäre wohl hilfreich gewesen, auch ein Glossar bietet sich meiner Meinung nach bei historischen Romanen fast durchweg an.
Für ein kurzes und kurzweiliges Lesevergnügen, das auch Appetit auf den Nachfolgeband macht, vergebe ich sieben Punkte.
Edit lässt mich noch erwähnen, dass es zu dem Buch eine Leserunde gibt.
ASIN/ISBN: 349924862X |